Beiträge von Niobe

    ich habe hier auch vieles aus mamas wohnung mitgenommen und jetzt sieht es sehr vollgstellt aus bei mir. ich kann es aber nicht entsorgen...sind doch Mamalines sachen:33:

    NEEEIIIN .... nicht entsorgen! Es geht um Bewahrung, nicht um Entsorgung (wer hat uns diesen Blödsinn vom Loslassen eingeredet? Sigmund Freud, der sich aber später, nach dem Tod seiner Tochter und dem eigenen Verlusttrauma selbst korrigierte). Die Sachen bleiben da, solange du das brauchst. PUNKT.

    Bettinalein, ich kann dich so gut verstehen! Die sinnlose Trennung von unserem DU überschattet jeden nur denkbaren Lebenssinn. Welchen Sinn sollte ein Leben haben, an dem der geliebte Mensch nicht mehr teilnehmen darf....


    Lass uns erstmal ohne Sinn weitermachen, ja? Überleben tun wir doch auch ohne jegliche Motivationsstrategie - ob wir wollen oder nicht. Wir müssen nicht wollen, hab ich beschlossen. Wir halten das Unaushaltbare aus und überleben die Trennung ohne irgendetwas tun, schaffen, sollen, wollen, werden zu müssen.


    Mich überkommt die Todessehnsucht auch mehr als oft. Ich stelle mir dann vor, was alles zu organisieren und zu regeln wäre ... das ist mir dann auch zuviel, sodass ich weitere Vorhaben in diese Richtung bis auf weiteres "vertage".


    Bitte verzeih mein besserwisserisches Getexte - sieh es als den Versuch einer Ertrinkenden, einander Rettungsringe zuzuwerfen...


    🫂 *** Niobe

    Manchmal hoffe ich,ich sterbe einfach so..:33:

    ....Ich auch... aber damit können wir leider nicht rechnen. Wenn du einem ernstzunehmenden Arzt von deinen Gedanken und Wünschen erzählst, dann sollte er dich erst einmal krankschreben können ("depressive Verstimmung" - völlig egal welchen Namen das Elend hat, Hauptsache du bekommst zumindest ein wenig Abstand von der Arbeitssituation)


    *** Niobe

    Liebe Bettinalein,


    Mein absolutes mitfühlendes Verständnis für deine Worte. Solche Gedanken habe ich auch oft. Warum ich sie nicht umsetze, wurde ich in einer Therapiestunde gefragt, woraufhin ich nicht antworten konnte. "Weil Sie nicht gewalttätig sind, auch nicht gegen sich selbst...", las der Therapeut in meinem Wesen.


    Ich versuche, nicht nach Sinn und Lösung zu fragen. Es gibt für mich weder das eine noch das andere. Zur Zeit reicht mir meine Nicht-Gewalttätigkeit als Grund, mir (vorerst?) NICHT das Leben zu nehmen, auch wenn es gute Gründe gibt, die dafür sprächen.


    "Bevor ich mich umbringe, kann ich jetzt auch dies oder jenes...." versuche ich dann zu denken. Das habe ich von

    Von Joyce Carol Oates (Meine Zeit der Trauer) übernommen: "Eine Tatsache der Witwen*-Existenz: alles geht gleichermaßen in die Tiefe und ist dabei gleichermaßen trivial, vergeblich und sinnlos. Genauso sind alle Tätigkeiten und Handlungen – alles Tun - für die Witwe** Alternativen zum Selbstmord und daher von mehr oder weniger gleicher Bedeutung"


    *und Waisen-

    ** oder Waise


    Ganz herzlich

    *** Niobe

    Niobes Trauerbibliothek 5-7


    5.

    Roland KACHLER, Was bei Trauer gut tut


    "Gibt es tatsächlich etwas, das Ihnen in Ihrer Trauer gut tut und was heilsam ist? Kann und darf es das geben?

    Natürlich darf es Dinge geben, die Ihnen gut tun. Aber zunächst ist es nicht das, was man landläufig denken könnte und was Trauernden immer wieder empfohlen wird. Für Trauernde ist das, was ihnen gut tut, zunächst etwas ganz anderes. Das ist für Nichtbetroffene überraschend, vielleicht sogar unverständlich. Zunächst tut dem Trauernden gut, was dem Verstorbenen gut tut.

    Wie könnten Trauernde sich etwas Gutes tun oder Gutes geben lassen, wenn ihr geliebter Mensch nicht mehr leben darf? Welchen Sinn hätte es angesichts dieser schlimmen Erfahrung, jetzt danach zu streben, dass es mir als Trauernden wieder besser oder sogar gut geht? Wäre das nicht ein egoistisches Ansinnen? Sind nicht gerade die Trauer und der Schmerz auch ein Zeichen dafür, dass es jetzt nicht um mich, sondern ganz um meinen geliebten Menschen geht? Tun Sie zunächst das, was Sie für Ihren geliebten Menschen tun möchten, gerade jetzt nach seinem Tod."


    "Trauerkrisen sind schwer auszuhalten, weil neben der Trauer die Gefühle von Leere, Ohnmacht und Verzweiflung dominieren. Deshalb sollten wir in solchen Zeiten besonders achtsam und fürsorglich mit uns umgehen. Zunächst scheint eine Trauerkrise nur noch weiter in die Tiefe zu führen. Immer dann, wenn wir wieder ein Stück mehr realisieren müssen, dass der geliebte Mensch tatsächlich nicht mehr lebt und nicht mehr kommen wird, haben wir das Gefühl, dass das Leben ohne ihn keinen Sinn macht. Wir fragen uns, ob wir den Trauerweg überhaupt gehen können. Doch die Trauerkrise stellt nicht nur eine weitere Stufe in der Trauer dar. Vielmehr stellt sie uns mit Nachdruck die Aufgabe, unsere Liebe zu unserem Menschen zu vertiefen."


    "Bei schweren Verlusten gilt es, das erste Jahr zu überleben, den Schmerz und die Trauer auszuhalten und die Liebe zum geliebten Menschen zu bewahren. Trauernde sollten nicht das Ziel haben, dass es ihnen in dieser Zeit schon wieder gut geht. Das sollten auch Angehörige und Freunde nicht erwarten. Wenn Trauernde im ersten Jahr allmählich spüren, dass sie leben wollen und dass es ihnen immer wieder auch ganz ordentlich geht, dann ist das angesichts einer persönlichen Lebenskatastrophe schon sehr viel."


    6.
    Roland KACHLER,
    Hypnosystemische Trauerbegleitung


    "Für die Trauernden gibt es zunächst nur einen Wunsch: Der Verstorbene soll wieder leben und in der äußeren Realität präsent sein.

    Für Trauernde wäre dies die beste Lösung. Kognitiv wissen Trauernde – mehr oder weniger eindeutig –, dass dies nicht mehr möglich ist. Emotional wünschen Trauernde sich die beste Lösung.

    Viele Trauernde haben am Beginn des Trauerprozesses eine tiefe Angst, den Verstorbenen zu vergessen und ihn damit auch innerlich zu verlieren. Angesichts der äußeren Realität ist die beste Lösung nicht zu realisieren. Dies ist unendlich schmerzlich und muss in der Trauerarbeit immer wieder gewürdigt werden. Der Trauerweg ist wie die nun beschriebenen zweitbesten Lösungen etwas Erzwungenes, das Trauernde eigentlich so nicht wollen."


    "Die erste erzwungene! – zweitbeste Lösung besteht darin, dass Trauernde allmählich den Tod und die Abwesenheit des Verstorbenen realisieren müssen. Positiv formuliert, können die Hinterbliebenen lernen, mit der äußeren Abwesenheit des geliebten Menschen zu leben und ihr Leben ohne ihn zu gestalten. Aber – und das gilt es würdigen – diese Lösung kann das Leben mit dem geliebten Menschen nicht ersetzen und nicht über den Verlust »hinwegtrösten«.

    Die zweite – erzwungene! – zweitbeste Lösung ist eng mit der vorigen zweitbesten Lösung verbunden. Sie besteht darin, den geliebten Menschen im Inneren wiederzufinden, ihn dort zu bewahren und eine innere Beziehung zu ihm zu kreieren und zu leben. Allerdings – und auch das ist zu würdigen – bleibt es eine innere, imaginative Beziehung, die eine Realbeziehung nicht ersetzen und über die reale Abwesenheit des geliebten Menschen nicht »hinwegtrösten« kann."


    "Den Trauernden sollte vermittelt werden, dass es [zunächst nur] darum geht: das zu überleben, was eigentlich nicht zu überleben ist: nämlich einen unendlich großen Verlust -dem standzuhalten, dem eigentlich nicht standzuhalten ist: nämlich dem Tod eines geliebten Menschen -das auszuhalten, was eigentlich nicht auszuhalten ist: nämlich die dauerhafte Abwesenheit des geliebten Menschen."


    7.

    Roland KACHLER, Traumatische Verluste


    "Ein Verlusttrauma umfasst den schweren Verlust eines geliebten Menschen, die Traumatisierung des Verstorbenen (!) und der Hinterbliebenen, die erlebten traumatisierenden Verlustsituationen und die sich gegenseitig beeinflussenden Trauma-, Trauer- und Beziehungsreaktionen der Hinterbliebenen. ... Die Traumatisierung bei einem schweren Verlust beeinflusst massiv die Trauer- und Beziehungsreaktion. Die Trauer- und Beziehungsreaktion gibt umgekehrt auch der Traumareaktion eine andere Dynamik. Dies wird häufig übersehen, sodass viele Trauerbegleitungen und -beratungen die Traumareaktion übergehen und versuchen, bei der Trauer einzusetzen. Nach einem traumatischen Verlust kommen die Betroffenen jedoch zuerst als Traumatisierte, die zugleich spüren, dass sie vom Trauma betroffene Trauernde sind, und erst später dann im eigentlichen Sinne zu Trauernden werden."


    "Der Tod eines nahen Menschen hat bei den meisten betroffenen Hinterbliebenen in aller Regel hohe traumatisierende Wirkung, wenn folgende Kriterien zutreffen:

    Existenzielle Bedeutung des Verstorbenen: Je wichtiger der verstorbene Mensch für die Betroffenen ist, je näher und fester die Bindung zum ihm ist und je intensiver die Beziehung gelebt wurde, desto schwerer wird der Verlust gerade dieses besonderen Menschen erlebt.

    Totalität des Verlustes: Bei einem schweren Verlust spüren die Betroffenen sofort, dass der Tod ihres nahen Menschen alles umfasst, alles trifft und alles zerbricht– alles ist anders, nichts ist mehr so, wie es bisher war. Diese Totalität des Verlustes erfasst die ganze Person der Betroffenen ganz und gar, das ganze bisherige Leben ist verändert, in Frage gestellt und vernichtet.

    Unzeitigkeit des Verlustes: Der Tod des nahen Menschen kommt meist insofern unerwartet, als dass mit ihm zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu rechnen war. Er läuft allen Erwartungen zuwider und wird als viel zu früh erlebt, besonders dann, wenn der nahe Mensch noch Kind oder Jugendlicher ist oder aber auch deutlich jünger, als es der normalen Lebenserwartung entspräche. Dieses Zerbrechen der berechtigten Erwartungen und der üblicherweise vorauszusetzenden Regelhaftigkeit des eigenen Lebens wird als traumatisch erlebt, weil nun alle bisherigen Denk-, Fühl- und Handlungsroutinen abrupt abgebrochen und verunmöglicht sind."


    "Auch wenn für die Hinterbliebenen das Trauma des Verstorbenen im Vordergrund steht, sind sie doch durch die Erfahrungen des Schrecklichen, der Vernichtung des nahen Menschen, der erlebten Todesnähe und der eigenen totalen Ohnmacht ... auch selbst traumatisiert. Das eigene Trauma der Hinterbliebenen ist ihnen aber meist kaum zugänglich, weil der Verlust und das Trauma des Verstorbenen im Vordergrund stehen. ... Je massiver das Trauma des Verstorbenen und je intensiver die Liebe zum Verstorbenen, desto weiter reicht das Mitgefühl für den Verstorbenen mit seinem Trauma. Das geht oft bis zur Identifikation mit dem nahen Menschen und seiner Traumatisierung."


    "Das erste Jahr ist entgegen landläufiger Meinung im engeren Sinn nur begrenzt ein Trauerjahr, vielmehr herrschen Schock und Dissoziation vor. Der Verlustschmerz und die Trauer sind oft eingefroren und betäubt, sodass auch die Realisierung weitgehend ausgesetzt wird und allenfalls bruchstückhaft stattfindet. Es kommt natürlich immer wieder zu intensiven Durchbrüchen des Verlustschmerzes und der Trauer, die aber als Überflutung erlebt werden und deshalb für die Betroffenen bedrohlich sind. Die innere Beziehung zum Verstorbenen ist im ersten Jahr häufig suchend, verzweifelnd festhaltend und eng gebunden ... Praktisch immer ist sie auch selbst traumatisiert und oft durch Schuldgefühle, durch ungelöste Beziehungsthemen oder durch Vorwürfe gegenüber dem Verstorbenen geprägt... Im ersten Jahr geht es für viele Hinterbliebene um die Frage, ob sie überleben können und angesichts der erlebten Sinnlosigkeit und des kaum aushaltbaren Verlustschmerzes überhaupt weiterleben wollen. So ist im ersten Jahr der Wunsch des Nachsterbens sehr häufig."


    "Das zweite Jahr– Das eigentliche Trauerjahr: Die mit dem ersten Todestag einsetzende intensive Realisierung des Traumas und des Verlustes lässt nun den Verlustschmerz und die Trauer intensiver werden, sodass nun das eigentliche Trauerjahr beginnt. Hinterbliebene berichten häufig, dass es nun »schlimmer« oder »schlechter« wird; dies ist auch für die Angehörigen häufig überraschend. Wir erklären den Hinterbliebenen die dazugehörigen Prozesse und deuten die »Verschlimmerung« als angemessene Intensivierung der Trauer, die nichts anderes ist als die nun stärker zu Tage tretende schmerzende Liebe zum Verstorbenen."

    Ach, liebe Birgit,


    dass solche verletzenden Äußerungen von Ahnungslosen wohl niemandem von uns erspart bleiben, macht mich inzwischen ziemlich wütend.


    Nein, sie können sich es sich nicht vorstellen und sie könnten die Vorstellung, den oder gar die wichtigsten Menschen zu verlieren, auch nicht eine Sekunde lang aushalten. Doch wir müssen nicht nur diese Vorstellung aushalten, sondern so ist unser schweres Leben. Es ist unsere Wirklichkeit und zwar unser Leben lang, nicht nur einen Gedanken lang.


    Es ist für Ahnungslose nicht nachvollziehbar, aber man hält sich mit Ratschlägen zurück, wenn man keine Ahnung hat.


    Ich verstehe deine Enttäuschung und deinen Schmerz


    Sei mitfühlend umarmt

    :24:Niobe