Meine Mutter war auch mein Lebensmensch / Thread von Reinhold

  • Lieber Reinhold


    Ich finde nicht, dass das egoistisch ist. Ich denke vielmehr, dass es von der Sehnsucht kommt. Der Sehnsucht nach der Beständigkeit der Vergangenheit und der Liebe, die wir erfahren durften. Und das ist doch wirklich verständlich und normal? Mir gehts jedenfalls auch oft so.


    Alles Liebe auch für dich und viel Spass beim Film schauen :24: (welchen hast du denn ausgesucht?)


    Sandra

    Auch wenn alles einmal aufhört -
    Glaube, Liebe und Hoffnung nicht.
    Diese drei werden für immer bleiben.
    Doch am höchsten steht die Liebe.

  • Lieber Reinhold!
    Ja, es stimmt. Nur die Trauernden verstehen die Trauernden oder diejenigen, die das selbst vor Kurzem erlebt haben.
    Diesen Schmerz, wie es sich anfühlt, wenn man einen geliebten Menschen verliert, kann man weder vorausahnen noch nachfühlen.
    Man muss es selbst erlebt haben, dann erst weiß man erst wie das ist.
    Ich glaube auch, viele wollen von meiner Trauer nichts mehr hören, weil sie nicht damit umgehen können, weil sie nicht wissen, wie sie reagieren sollen oder schlichtweg, sie wissen es nicht, wie weh es tut.
    Ich hatte letzte Woche Betriebsausflug und alle waren fröhlich, nur in mir wollte nicht so recht die Freude aufkommen. Aber es hat keiner gefragt warum oder wie es mir in meiner Trauer geht. Meine Taufpatin, die mich anfangs noch getröstet hat, meldet sich nicht mehr, selbst in meiner Familie fragt keiner mehr nach. Das ist leider auch noch traurig zusätzlich zur Trauer, die man sowieso schon hat, aber es ist halt so. Deshalb bin ich froh, dass ich hier im Forum auf andere Trauernde stoße, die viel Verständnis haben.
    Ich frage mich auch oft, bin ich vielleicht doch egoistisch, weil ich meine Mutter zurücksehne, weil ich gerne noch ihre Verbundenheit hätte, ihre Vertrautheit, Wertschätzung, ihren Zuspruch. Bin ich egoistisch, weil ich sie nicht ziehen lasse, weil ich sie nicht loslasse?
    Ich glaube, irgendwann wird es soweit sein. Aber ich glaube, es ist nicht egoistisch, wenn man sich nach dem Menschen sehnt, den man solange an seiner Seite hatte, der ein treuer Begleiter war, den man ja noch weiter lieben möchte, es nun aber auf eine ganz andere Weise tun muss. Trauer ist eben die Sehnsucht nach diesem Menschen, den man sehr geliebt hat und nun nicht mehr körperlich bei sich hat. Es ist das Umwandeln dieser Liebe in eine andere Art der Liebe. Und wir müssen unser Leben ausrichten auf ein Leben ohne den geliebten Menschen. Das ist auch nicht leicht.
    Dass du gerne deine Mutter, deinen Lebensmensch, an deiner Seite hättest, kann ich gut verstehen und ist sicher nicht egoistisch. Sie hat dich ja 50 Jahre begleitet und war für dich da und auf einmal ist alles anders. Das ist halt der Lauf der Dinge, sagt man, aber es braucht seine Zeit, bis man sich damit arangiert hat. Und der Mensch ist ja ein gemeinschaftliches Wesen, keiner ist gerne alleine.
    Es freut mich, dass du in der Pfarre so gut aufgenommen bist und auch den Film für den Filmabend selbst aussuchen konntest.
    Ich wünsche viel Spaß beim Anschauen und dass du wenigstens für einen kleinen Moment deine Trauer vergessen kannst.
    Liebe Grüße
    Ingrid

  • Liebe Ingrid, liebe Sandra,


    Eure Worte haben mir die Bestätigung gegeben, dass wir eben keine Egoisten sind, wenn wir die sehnsuchtsvolle Liebe zu unseren nun Verstorbenen Liebsten in der Trauer ausdrücken.. :30: :33: .
    Sandra, ich habe PETRUS-die wahre Geschichte mit Omar Sharif ausgewählt, ist eine moderne Interpretation der Apostelgeschichte... :005:


    Alles Liebe und DANK AN EUCH !!! :2:


    Reinhold

  • Lieber Reinhold


    Wie schön, diesen Film habe ich noch nie gesehen. Tönt aber gut...
    Hat es dir gefallen? Ich hoffe, es hat dich etwas ablenken können.


    Liebe Grüsse,
    Sandra

    Auch wenn alles einmal aufhört -
    Glaube, Liebe und Hoffnung nicht.
    Diese drei werden für immer bleiben.
    Doch am höchsten steht die Liebe.

  • Liebe Sandra, :2:


    ja--es ist ein recht schöner und wertvoller Film, halt auch zeitgemäß...Im deutschen TV ist er noch (?) nicht gelaufen, die DVD gibts aber schon lang. War eigentlich ein Geschenk für meine Mutter :005:
    Alles Liebe :30:


    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Da hast du einen tollen Film ausgewählt. Mir gefällt Omar Sharif auch sehr gut.
    Hättest du die DVD deiner Mutter schenken wollen? Oder hast du sie dir ausgesucht, weil sie deiner Mutter gefallen hätte?
    Liebe Grüße
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    nachdem meine Mutter und ich den gleichen Geschmack bei Filmen und Büchern haben (hatten :33: ...), hab ich Ihr damals (2010, Ostern) diese DVD zum Geburtstag geschenkt.
    Wir haben uns den Film gleich angesehen, Sie hat sehr weinen müssen, besonders bei der Schluss-Sequenz (Petrus wird gekreuzigt...)---aber er hat Ihr sehr gut gefallen. Omar Sharif war überhaupt einer Ihrer Lieblinge !! (Hab ich auch bei unserem letzten gemeinsamen Weihnachten 2010 DIE FRUCHT DES TROPENBAUMS mit Omar und Julie Andrews geschenkt).
    Oder MR.IBRAHIM UND DIE BLUMEN DES KORAN.


    Mir gefällt er auch sehr gut...so war es halt bei uns beiden, wenn einer dem anderen etwas geschenkt hat, war auch immer wie ein Geschenk für einen selbst.. :005: .


    Alles Liebe :24:


    Reinhold

  • Liebe Freunde,


    ich finde mich nicht mehr in diesem anderen Leben..Gestern war zwar wieder sehr nett, drei Mitglieder unserer Trauergruppe haben einander privat getroffen (Einladung bei einer sehr netten Schicksalsgenossin) mit gutem Essen und allem drum und dran :!: ...wir haben uns auch gut unterhalten können, ein bißchen unsere Situation beleuchtet, auch etwas gelacht...
    irgendwie unternehme ich eh alles, um in ein anderes Leben hineinzuwachsen. ?( ..aber beim Nachhausekommen dachte ich mir - oder fühlte vielmehr -, dass ich mich in diesem anderen (neuen...)Leben nicht finde ?( , ich erkenne mein neues Selbst gar nicht...bin sehr verwirrt und durcheinander 8| . Eigentlich will ich nur eines: mein richtiges (...)Leben zurück !!!! :13:


    Alles Liebe :2:


    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Ich glaube, deine Mutter hat sich immer sehr über deine Filme gefreut. Du hast Geschenke gemacht, die wirklich Freude machen.
    Es ist schön, dass ihr euch in eurer Trauergruppe auch privat trefft und untereinander austauscht. Das tut sicher gut. Aber ich kann dich auch verstehen, dass wenn du dann nachhause kommst, dich da die Trauer wieder einholt.
    Du musst Geduld mit dir haben. Sich ein neues Leben aufzubauen ist gar nicht so leicht und ich kann dir nachfühlen, wenn du dein gewohntes Leben zurück willst. Aber das geht leider nicht mehr, so traurig das auch ist
    Mir geht es genauso, dass ich immer noch die Sehnsucht habe nach den Begegnungen mit meiner Mutter, nach ihrer Nähe, ihrer Verbundenheit und Anteilnahme. Und es ist mir schmerzlich bewusst, dass das nur mehr in der liebenden Erinnerung so sein kann.
    Ich glaube wir müssen uns Schritt für Schritt an ein neues Leben ohne unsere geliebten Mütter herantasten.
    Alles Gute für dich
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    ja, es ist ein langer, schwerer Weg, der uns in ein anderes Leben - ohne unsere Mütter - führen wird---es ist halt schon schwer so ganz allein zuhause, wenn ich nicht mehr mit meiner Mutter sprechen kann, ihre Nähe, Ihre Liebe, Ihre Anteilnahme, all dies scheint nun von mir zu weichen und doch gibt´s Momente, da fühle ich ganz deutlich, das Sie in meiner Nähe ist...


    Wenn ich mal wo eingeladen bin, enttäuscht es mich schon, wenn kaum jemand von Freunden oder Verwandten meine Mutter mehr erwähnt. Dabei würde ich am Liebsten nur über Sie und unsere schönen (manchmal auch schweren) gemeinsamen Jahre sprechen...


    Nun gut, dies muss ich halt annehmen, hier bei Euch kann ich wenigstens meine wahren Gefühle zum Ausdruck bringen. Nun beginnt der Sommer, die Blumen, die ich am Balkon gepflanzt hab`, gehen ein, :13: es fehlt die Liebe meiner Mutter, glaub´ich. Und so allein setz`ich mir gar nicht erst `raus, wozu ?? :wacko: Verbringe viel Zeit vorm Fernseher oder vorm Internet. Irgendwie ist aber alles so "leeer"---



    Alles Liebe für Dich und recht viel Kraft :24: :24: :24:


    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Wie gut ich dich jetzt verstehen kann. Ganz alleine zu Hause zu sitzen, ohne Anteilnahme, ohne jemandem, der mit einem spricht oder um den man sich kümmert, einfach nur alleine mit sich selbst. Das ist wiklich nicht leicht.
    Du hast dich in den letzten Jahren intensiv um deine Mutter gekümmert, hast dich um sie gesorgt und nun ist sie nicht mehr da. Ich fühle mit dir, dass du momentan keine gute Zeit hast.
    Du vermisst ihre Anteilnahme, ihre Nähe,die Gespräche mit ihr. Das kann auch das Fernsehen oder das Internet nicht ersetzen. Aber es ist halt eine Ablenkung und eine Beschäftigung.
    Wenn meine "Männer" zuhause sind, sitzen sie auch oft vor dem Computer und ich bin alleine, aber es ist doch wer im Haus. Wir müssen lernen, damit zurecht zu kommen, dass wir nicht mehr mit unseren Müttern sprechen können oder ihre Fürsorge erfahren, einfach ohne diesem weiterzumachen und zurecht zu kommen.
    Ich spüre auch oft so wie du noch die Nähe meiner Mutter und das ist ein schönes Gefühl. Manchmal rede ich auch in Gedanken mit ihr oder spreche laut zu ihr, wenn keiner da ist. Das erleichtert mich auch und ich habe das Gefühl, sie versteht mich.
    Es ist enttäuschend, dass die, die nicht trauern, nicht mehr über die Toten reden wollen. Dabei wäre gerade das Gespräch über die Verstorbenen so hilfreich und tröstend. Vielleicht wissen sie einfach nicht damit umzugehen. Ich habe die Erfahrung bei meiner Nachbarin und guten Freundin Brigitte gemacht. Sie würde von sich aus nie nach meiner verstorbenen Mutter fragen oder wie es mir in meiner Trauer geht, aber wenn ich von mir aus was erzähle, hört sie mir schon zu und spendet mir Trost. Nur wer möchte schon von sich selbst aus damit anfangen. Ich jedenfalls tue es nur selten.
    Schade, dass du dich nicht mehr auf dem Balkon setzt. So alleine dort zu sitzen, ist sicher auch nicht lustig. Aber vielleicht probierst du es einmal an einem schönen Sommerabend. Ich sitze öfters mit einem Buch auf der Terrasse, höre den Vögeln zu oder schaue in den Himmel. Dieses Erleben der Natur ist eine kleine Freude für mich. Ja, die Liebe deiner Mutter kann nicht ersetzt werden, aber in Gedanken ist sie bei dir. Und du bist ja auch ein gläubiger Mensch, auch der liebe Gott ist bei dir.
    Ich weiß, das klingt jetzt wenig trostreich, in Zeiten des Leides und der Trauer fühlt man oft, dass der liebe Gott abwesend ist. Aber ich hoffe, er steht uns auch in dieser schwierigen Zeit bei.
    Ich kann deine Leere so gut verstehen und sende dir recht viel Kraft.
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    auch ich spreche oft - wenn ich zuhause bin - mit meiner Mutter oder frage Sie um Rat, wie es weitergehen soll---das hilft mir immer ein bißchen. Ich hoffe ich schaffe es irgendwann, wie Du schreibst, ohne meine Mutter in ein anderes Leben zu finden.
    Freunde fragen vielleicht wirklich nicht mehr, weil sie oft nicht recht wissen, wie ich reagieren würde, aber mir würde es helfen. So spreche ich halt mit meiner Therapeutin oder den Menschen in unserer Trauergruppe über meine Mutter, sie erzählen mir etwas über Ihre Lieben und auf diese Weise stützen wir uns gegenseitig, halt ein bißchen so, wie hier im Forum.
    Hab auch Deinen Thread weitergelesen...Kartoffeln mit Butter sind auch mir eine liebe Erinnerung, an meine Oma (Bäuerin), die ich immer so in Erinnerung ab: sie sitzt am Küchentisch mit einer großen Schüssel Kartoffeln und schält und schält gedudig.
    Ich mach mir auch öfters Kartoffeln mit Butter---
    Solange meine Mutter noch da war, bin ich eigentlich nie am Computer gesessen, wollte immer möglichst viel Zeit mir 'Ihr gemeinsam verbringen und vor dem PC ist es doch recht einsam,
    jetzt lenkt es mich halt etwas ab-und außerdem kann ich so mit lieben Menschen ein bißchen in Konakt treten (wie mit Dir zB).


    Alles Liebe und viel Kraft, :2:


    Reinhold
    (p.s. bei uns hier im südlichen NÖ) ist es auch glühend heiß...

  • Lieber Reinhold,
    sich in diesem neuen Lebensabschnitt zu finden, das geht nicht von heute auf morgen, dass du das Gefühl hast, nicht du selbst zu sein, dass du verwirrt bist und orientierungslos, das ist ganz "normal". Du musst dir einen neuen Platz in einem neuen Abschnitt finden. Und ich meine, dass du auf einem sehr guten Weg bist, weil du das ganze sehr aktiv angehst mit deinem Engagement in der Pfarre, deinen Therapiestunden, der Trauergruppe und dem Forum hier.


    Nun bekommst du eine Aufgabe von mir und da bin ich ganz streng ;) : Ich möchte gerne, dass du dich jeden Abend auf den Balkon setzt: Ein Buch lesen, ein gutes Glas Wein trinken, in NÖ gibts doch super Weine! Verwöhn dich ein bisschen. Tanke auch Sonne, das ist gut für die Psyche. Die dunklen Tage kommen früh genug und da sollte dein Tank voll sein mit Licht und Serotonin!


    AL
    Christine

  • Liebe Christine,


    danke für Deine Betrachtungen ! Ich verliere halt manchmal auch die Geduld mit mir selbst, aber es ist ja wirklich noch alles so frisch.. :33:


    Werde mich also bemühen, mich selbst mehr zu verwöhnen :thumbup: ---Du hast recht, bei uns gibt es gute Weine, und Bücher haben wir immer schon geliebt, da hab ich eine große Auswahl...


    Soweit es geht, werd`ich auch Sonne "tanken", bloß nicht gerade bei 38 Grad oder so... :wacko:


    Alles Liebe und DANKE ! :2:


    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Ich finde die Idee, dass du dich ein bisschen mehr verwöhnst, auch gut. Bei 38 Grad ist es wohl aber in den eigenen vier Wänden am angenehmsten.
    Kartoffeln mit Butter hast du auch gerne gegessen, wir haben immer Erdäpfeln mit Butter, dazu gesagt, das wirst du ja sicher kennen.
    Ich erinnere mich auch noch an Gebackenen Reis oder Scheiterhaufen. Das sind so meine Lieblingsgerichte aus der Kindheit.
    Liebe Grüße
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    bei dieser Hitze ist es natürlich am besten man bleibt zuhause, zumindesr tagsüber, wenn´s geht :wacko: . Meine Mutter hat auch immer unter Hitze gelitten---wir haben dann Ventilatoren angeschafft, das hilft ein bisschen...


    Ansonsten hast Du recht: Scheiterhaufen hab`ich schon ewig nicht gegessen, Erdäpfel mit Butter-da bleib`ich dabei.


    Gestern abend war´s wieder schwer, der Sommer steht wie ein gähnendes Loch vor mir :13: ...der erste Sommer allein---ohne meine liebste Mutter. Obwohl ich eh alles versuche,
    neue Kontakte zu knüpfen und alte Freundschaften unbedingt weiterzuführen (man muss auch daran arbeiten...), aber abends und nachts kommt manchmal die Trauer wie ein dunkler Mantel über mich und breitet ihre Schwingen aus...


    Ein Wort meines Freundes hat mich auch nachdenklich gemacht. Als ich ihm sagte, dass ich Freitag u n d Samstag eingeladen bin, meinte er (und ich denke er hat recht !) "jetzt reißen sich auf einmal alle um Dich"...


    Als hätte Sie nur darauf gewartet, dass ich allein bin, weiß auch nicht, vielleicht meinen sie es auch nur gut, aber da gibts noch einen Satz von einer Bekannten, der mich aufgregt hat: "Jetzt kannst Du wiederalles unternehmen,was Du willst." Darüber habe ich mich empört, denn dieses "alles" gibt mir (im Moment) überhaupt nichts...


    Was bringt es mir, wenn ich meinen liebsten Menschen, mit dem ich über alles sprechen konnte, nicht mehr an meiner Seite habe. Ich begreife schon, dass es Freunde und Bekannte oft nur "gut meinen", aber manchmal ist dieses "gut" übel und es weckt Aggressionen in mir... :4:


    Soviel zu meiner Lage derzeit.


    Alles Liebe :24:


    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Ich kann dich gut verstehen, dass das momentan schwer ist für dich, fröhlich zu sein, auszugehen und Freunde zu treffen.
    Du kannst es in deiner Trauer noch nicht so recht genießen.
    Meine Freundin Brigitte ruft mich jetzt auch öfters ein oder lädt mich zum Kaffee zu ihr ein und ich kann mich auch nicht so recht freuen, denke ich doch, wie schön wäre es, wenn meine Mutter jetzt anrufen würde oder ich mit ihr bei einem Kaffee sitzen könnte. Das ist die eine Seite, die andere ist, dass ich bei Brigitte dann ruhig mal über ganz banale Dinge sprechen kann, auf andere Gedanken komme oder das Grübeln mal für eine Zeitlang lassen kann.
    Ja, die Trauernden haben es nicht leicht, aber auch nicht die Angehörigen oder Freunde. Sie wissen oft nicht, wie sie mit den sensiblen Trauernden umgehen sollen und manchmal kommen oft gut gemeinte Ratschläge falsch an.
    Deine Freunde meinen es sicher gut, wenn sie sagen, jetzt kannst du wieder alles unternehmen, was du willst, aber dich trifft das an deiner verwundeten Seite, weil das eine völlig neue Situation für dich ist und dadurch möglich, weil deine Mutter ja leider nicht mehr da ist. Es ist sicher etwas unsensibel dahergesagt und momentan noch gar nicht angebracht, denn du willst ja noch nicht "alles" unternehmen, weil du ja noch in deiner Trauer bist.
    Ich würde es aber trotzdem zulassen, deine Mama hätte es sicher gewollt, dass du fröhlich bist und Freunde triffst. Alleine zuhause zu sitzen, ist ja auch nicht lustig.
    Du must es ja nicht übertreiben, aber hin und wieder eine Einladung anzunehmen, ist ja doch auch eine Ablenkung.
    Ich glaube nicht, dass deine Freunde darauf gewartet haben, dass du alleine bist, ich glaube, es ist ein Versuch, dich auf andere Gedanken zu bringen oder in deiner Trauer weiterzuhelfen, auf ihre Art.
    So bist du wenigstens für eine Zeit lang mit der Trauer nicht allein, abends kannst du ihr leider momentan sowieso nicht empfliehen, auch ich nicht.
    Aber ich hoffe für dich und für mich, dass es besser wird.
    Liebe Grüße
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    ich gebe Dir recht, ich werd´s nicht übertreiben, aber ich glaube jetzt auch wieder, dass meine Freunde mich halt einfach ablenken wollen :30: ---die Abende und Nächste sind wir dann eh wieder allein mit unserem "Trauermantel" :13: ...gestern abend war´s wieder sehr schlecht, bin erst gegen 2.30 Uhr eingeschlafen-nach einem sehr langen Fernsehabend. Sehe nun sehr oft, dass Gesicht meiner Mutter vor mir an jenem Tag im Spital, als sie nicht mehr am (physischen) Leben war... ?(


    Auch die eigene Endlichkeit wird mir voll bewußt---irgendwie erscheint mir demgegenüber vieles im Leben, was ach so wichtig erscheint, nichtig und klein !! :!:


    alles Liebe


    Reinhold :2: :2:

  • Lieber Reinhold!
    Jetzt habe ich dir gerade geschrieben und dann machte es plups auf der Tastatur und es war wieder alles weg. Ich hoffe, es passiert nicht nochmals und fasse mich kurz.
    Es tut mir leid, dass du öfters schlaflose Nächte hast. Auch ich kann hin und wieder nicht einschlafen, weil ich viel nachgrüble. Dann bin ich bald so müde, dass ich schnell einschlafe, wenn ich aber aufwache, kann ich wieder nicht einschlafen, und ich grüble wieder weiter.
    Und so hanteln wir uns duch das Leben, in der Hoffnung, dass es einmal besser wird und wir mit dem Verlust halbwegs leben können.
    Ich möchte aber keine Schlaftabletten nehmen und hoffe, dass sich das von selbst wieder einregelt, wenn die Trauer etwas weniger wird.
    Ich sehe auch noch oft das Bild meiner verstorbenen Mutter im Spital vor mir, sie sah etwas abgekämpft aus, aber doch mit einem zufriedenen Ausdruck, so als wolle sie sagen, jetzt habe ich es geschafft und das beruhigt mich etwas.
    Nach dem Tod meines Vaters vor 12 Jahren habe ich auch noch lange sein Bild gesehen, wie er so daliegt, nach dem 3. Schlaganfall auf dem Boden des Wohnzimmers, keine schönen Erinnerungen. Aber das ist mittlerweile verblasst und ich denke vielmehr an die schönen Momente mit ihm zurück.
    Und auch meine eigene Endlichkeit ist mir jetzt noch viel mehr bewusst geworden. Und ich denke mir oft, wenn doch die Leute wüssten, wie klein die Dinge eigentlich sind, die sie für so wichtig erachten. Du empfindest das ja genauso.
    Liebe Grüße
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    ja, wenn ich intensiv an diesen letzten Anblick meiner Mutter denke, so erscheint mir Ihr Gesicht auch irgendwie friedlich, zum Teil zumindest---aber diese Bilder haben sich halt in unser Gedächtnis eingebrannt, auch als Du Deinen Vater gesehen hast, schwer zu tragen all dies !!


    Trost spenden kann uns die Vorstellung, dass die Seele unsterblich ist---und unsere Liebsten über uns wachen und (in einer Dimension des Daseins) in unserer Nähe bleiben...
    Dieser Glaube hilft mir weiter.
    Einschlaf,- und Durchschlafstörungen sind unsere steten Begleiter, ich nehme Antidepressiva, versuch es mit Baldrian und - wenn es gar nicht mehr geht - mit gering dosierten Benzos (sehr selten wegen der drohenden Abhängigkeit..., also halte ich auch oft so durch bis ich vor Müdigkeit irgendwie schlafen kann)...
    Das Grübeln kenne ich auch nur zu gut, ist mir alles sehr vertraut, was Du schilderst.


    Liebe Grüße


    Reinhold :2: