Trauer als Chance..

  • Hallo ihr Lieben,


    da ich mich hier "abgemeldet" hatte, werd ich mich halt auch hier wieder zurückmelden ;) .
    Bin heute spät abends nach vier Tagen mit Mutti in Wien wieder hier in unserer "Einöde" eingeschlagen.
    Waren sehr schöne, entspannte Tage mit ein klein wenig "Kultur", einkaufen, durch Geschäfte flanieren und ein bissel "technische" Hife in Muttis Wohnung.
    Bin jetzt aber ganz schön platt, werde jetzt ev. noch ein wenig hier lesen, aber zum schreiben bin ich wirklich schon zu müde.


    Bis morgen - ups, ist ja schon wieder heute! :D
    Schlaft alle gut
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Liebe Jutta,


    herzlichst willkommen zurück! So eine kleine Auszeit hat doch was schönes nicht war? Damit meine ich die Zeit in der man eine Pause vom üblichen Alltag und all dem was er mit sich bringt machen kann.


    Und weil man es nicht gewöhnt ist kann ich es gut verstehen das es Dich völlig platt gemacht hat. Ich habe mir meinen neuen und nun sehr anderen Alltag so eingerichtet das ich wärend der Woche so viel erledige und am Haus arbeite wie geht, um dann an einem Tag wo nichts Wichtiges ansteht einfach nur die Flügel hängen zu lassen - im Zusatz zum Wochenende. Das sind dann Tage wo ich es mehr oder weniger so mache wie Du in Wien, bzw. etwas Kultur - wenn es sich ergibt - etwas herum bummeln, ein bisschen shopping und auswärts essen. Eben das volle Kontrastprogramm zum Üblichen, weil es gut hilft den Kopf wieder frei zu bekommen von all Dem was sich so angesammelt hat. Wenn sie Zeit hat treffe ich mich mit meiner Mutter und das ist auch etwas was ich nun sehr genieße wo wir es über so unendlich viele Jahre nicht mit einander einfach hatten.


    Dennoch merke ich auch immer wieder das obwohl Berlin eine echt tolle und herrlich quirlig-bunte Stadt ist, sie mich auch wiederum meist sehr anstrengt. Oft dauert es nicht lange bis mir vielen Menschen um mich herum zu viel werden, und ich mich völlig überladen fühle von all den Ein-
    drücken, Angeboten und der großen Vielfältigkeit von Allem. Allerdings hat das auch wieder sein Gutes,denn dadurch merke ich immer wieder wie schön es sich anfühlt in einer Gegend zu wohnen wo sich Fuchs und Igel gute Nacht sagen. Finde dann die schöne Ruhe um mich herum dop-
    pelt so genüßlich nach dem ganzen Trubel der Großstadt.


    Nun hat das Wochenende angefangen und da ist gemächliches Wuseln angesagt nach einem gestrigem Ausflug in die Stadt. Liebe Jutta, was nun in meinem neuen Leben sich so sehr verändernt hat ist meine Zeit-und Arbeitseinteilung, und ich gestehe das ich diese beiden Dinge sehr genieße. Natürlich vermisse ich meinen Mann, aber nach so langer Zeit wo mein Lebensrythmus sich nur noch um sein Wohlbefinden drehte, und all die Dinge die ich gerne gemacht hätte immer wieder auf der Strecke blieben, genieße ich es nun sehr Alles ruhiger und gelassener angehen zu können. Das ist mir gerade vorgestern sehr bewußt geworden als ich zu meiner Mutter ging um ihr ihre kleine Küche zu renovieren. Konnte mir dafür Zeit nehmen und mit ihr nach geschaffter Arbeit noch essen zu gehen war auch kein Problem mehr. Ja, es fühlte sich unendlich gut an nicht ständig auf die Uhr schielen zu müssen um rechtzeitig wieder zuhause zu sein damit Mann versorgt war. Nicht zu vergessen die Freiheit am nächsten Morgen etwas ausschlafen zu können da es am Ende mit meiner Mutter recht spät geworden war.


    So, meine Liebe, nun werde ich 'mal wieder Schluß machen um zu gucken was ich dem heutigem Tag für schöne Dinge abgewinnen kann. Im-
    merhin läd das schöne Wetter ein um etwas im Garten zu wuseln, und die restlichen Dinge zu erledigen um ihn komplett winterfest zu bekom-
    men.


    Sei dicke gedrückt,


    Hanna

  • Hallo, ihr Lieben alle <3 ,

    bin nur mal ganz schnell "hier", weil ich gleich mit meinen Hunden die Runde drehe....
    hechel, hechel von uns Drei... bei mir hoffentlich nicht :D


    Ein sehr schöner und produktiver Tag liegt bis jetzt hinter mir :8: .. dazu später mehr...
    Habe mir auch Gedanken ... unter anderem über den Charakter und die Durchsetzungskraft von Einzelkindern gemacht... Davon später mehr.... Aber keine Sorge, es ist nichts Schlimmes was ich da so denke, liebe Jutta und liebe Hanna...


    Fühlt euch umarmt und dann bis später...
    die Umarmung geht hier an ALLE in diesem Forum :24: :24: :24: :24:
    Licht und Liebe
    sendet euch eure Amitola

  • Liebe Amitola,


    ehe ich noch ein wenig malen gehe ehe der Magen anfängt tüchtig zu knurren müssen ein paar Zeilen an Dich drin sein. Ja, auch hier ein sehr ge-
    nüßlich produktiver Tag draußen in der herrlich durftenden Natur bei unglaublich mildem und sonnigem Wetter. Dann kurz für das Wochenende einkaufen gegangen, wo ich erneut einen kleinen Schritt in mein nun alleinstehendes Leben machte.


    Ja, lache nur, aber heute wurde ich zum Kürbis konvertiert! Und dies einzig und alleine nur weil ich heute die Zeit und Gelassenheit hatte 'mal was für mich völlig neues auszuprobieren anstatt wieder nur wie so unendlich oft in meiner Vergangenheit durch die Gegend rasend. In meinem nahe gelegenem Supermarkt war eine Dame die neue Produkte mit einem von ihr gekochtem Gericht promovierte, und dabei waren in der Pfanne ge-
    dünstete Kürbisscheiben, die nun auf meinem Probiertellerchen gelandet waren. Erst haderte ich ein wenig damit aber nach dann war es purer Genuß auf einen Biss. Der Grund warum man mich bis heute mit Kürbis über alle Berge jagen konnte, hatte etwas mit einem Kindheitserlebnis zu tun.


    Als Grundschulkind war ich nach Hause gekommen blos um von den Nachbarn begrüßt zu werden weil meine Eltern plötzlich beide aus dem Haus mußten. So verweilte ich nebenan und bekam auch prompt einen warmen Teller Suppe vor die Nase gesetzt - süßsaure Kürbissuppe! Da ich so erzogen war immer Alles dankbar uns stillschweigend anzunehmen würgte ich das Zeugs runter obwohl es mir überhaupt nicht schmeckte. Ja, und kaum war ich fertig mit meinem Teller hohlten mich meine Eltern auch schon ab. Liebe Amitola, kaum war unsere Wohnungstür aufgeschlos-
    sen rannte ich ins Badezimmer und konnte nicht mehr aufhöhren zu kotzen. Seit dem Tag - bis heute - waren Kürbis und ich die größten Feinde.
    Eigendlich sehr schade nachdem ich heute entdeckt habe wie sehr lecker er schmecken kann. Du hast es erraten, ich tauschte mich dann noch mit der netten Dame aus um herauszufinden wie sie dieses leckere Gericht gekocht hat - denn da waren noch gefüllte Ravioli und angemachter Rucola Salat dabei - ehe sämtliche Zutaten in meinen Einkaufswagen wanderten.


    Was das Thema Einzelkind betrifft kann ich dazu sagen das ich es als solches gewiß nicht einfach hatte. Noch weniger dank dem enormen Altersunterschied meiner Eltern von knapp 35 Jahren. Als ich noch klein war wünschte ich mir Nichts sehentlicheres als ein Geschwisterchen. So sehr das man meiner Mutter oft genug zu ihrer Schwangerschaft gratulierte weil ich wieder einmal herum erzählt hatte das Nachwuchs unter-
    wegs war! Erst später erfuhr ich das meine Eltern versucht hatten ein zweites Kind zu adoptieren wo sie nun schon mich als Eigenanbau hatten.
    Dies scheiterte jedoch weil damals die Gesetze noch anders waren und man meinte mein Vater wäre zu alt gewesen um ein guter Vater zu sein.
    Eigendlich echt bescheuert, denn er hatte einen gutbezahlten Beruf der uns ein gutes Leben ermöglichte, und ehe er starb war ich schon verheiratet.


    Was mir das Leben als Einzelkind so schwer machte war das sich Alles auf mich alleine fokusierte was Erwartungen und Leistung betraf. Mein Vater hatte seine Vorstellungen was aus mir werden sollte, und meine Mutter - die ja so sehr viel jünger war - völlig Andere. Und wenn bei uns richtig dicke Luft herrschte hatte ich niemanden mit dem ich sie teilen konnte. Umso weniger ich die Erwartungen meiner Eltern erfüllte um so schwerer hatten wir es miteinander weil ich einfach nicht daran interessiert war eine bombige Karriere zu machen, und eben auch kein Supertalent war wie es von mir erwünscht wurde. Ja, für mich war schon immer der Beruf etwas was man haben muß um sich damit seine Existenz zu finanzieren, aber er war nie mein vorrangiger Lebensinhalt. Folgedessen war es mir stehts wichtiger daß das was ich machte mir Freude bereitete auch wenn es oft sehr schlecht bezahlt wurde und ich mich mit meinem Gehalt "nur" über Wasser halten konnte.


    Betrachte ich das Thema "Verantwortung" als Einzelkind, kann ich Dir da nur recht geben liebe Amitola, denn nun ist meine Mutter wieder allein-
    stehend, ist in einem Alter wo ihr Vieles immer schwerer fällt und dreimal darfst Du raten auf wen sie nun schaut wenn sie an die Zeiten denkt wo sie Pflegefall sein könnte. Und dreimal darfst Du raten wer sich um sie kümmern wird sollte sich ihr Leben so entwickeln, da sie ja sonst niemanden hätte. Nicht umsonst sprach sie mich neulich auf das Thema Patientenverfügung an.


    Eben auch ein Los was ein Einzelkind zieht egal wie gut oder schlecht das Verhältnis mit den Eltern ist. Fragst Du mich glaube ich das die Kinder die von ihren Eltern total verhätschelt werden weil sie ein Einzelstück sind eher eine große Ausnahme sind. Die meisten von uns haben die ganze Masse der Träume und Vorstellungen unserer Eltern alleine zu tragen, müssen immer wieder hart kämpfen um ihre eigenen Ideen von Zu-
    kunftsplanung durchzusetzen, und am Ende sind wir es auch die für den letzten Weg der Eltern Verantwortung tragen müssen - ganz egal wie unser eigenes Leben sich bis dahin entwickelt hat, und ganz unabhängig von unserer eigenen Situation.


    Allerdings sehe ich als Einzelkind auch einen großen Vorteil in meiner Situation weil es nie Jemanden gab mit dem man mich ständig hätte ver-
    gleichen können, mit dem ich nicht Alles teilen mußte oder wegen Dem ich ständig den Kürzeren zog. Nicht zu vergessen das mir meine Eltern vielleicht auch nur Vieles ermöglichen konnten weil sie nicht selbiges für ein weiteres Kind hätten liefern müssen. So denke ich das sich unter dem Strich dann letztlich doch die Vorteile und Nachteile eines Einzelkindes ausgleichen und ich wirklich keinen Grund habe es großartig zu bedauern das ich ohne Geschwister aufgewachsen bin.


    In diesem Sinne macht nun das Einzelstück 'mal wieder Schluß und wünscht Dir noch einen schönen gemütlichen Abend nach all dem munteren heutigem Schaffen.


    Sei dicke gedrückt,


    Hanna

  • Hallo ihr Lieben,


    heute hatte ich einen Tag der meiner Meinung nach sehr gut zu diesem Thread passen würde, denn heute war der Tag wo ich nach einer gefühlten Ewigkeit erneut in das Hospiz fuhr wo ich vor knapp 5 Monaten meinen Mann verabschiedete. Dies weil man heute dort eine Gedenkfeier für alle Patienten die dieses Jahr verstorben waren organisiert hatte.


    Wie Ihr ja von meinen anderen Postings wißt hatte ich besonders wärend der letzten Tage einen immer größeren Bammel vor dieser Gegebenheit, und heute Abend schreibe ich erfüllt mit Dankbarkeit, einer enormen inneren sehr gelassenen Entspanntheit. Die Feier selbst hätte kaum emotio-
    naler, würdevoller und bewegender sein können, und zum ersten Mal habe ich mich meinem Mann so nah gefühlt wie noch nie seit seinem Tod. Dies nachdem ich so unendlich viel Wut und so sehr viele Enttäuschungen in mir getragen hatte und es eine Zeit nach seinem Tod gab wo ich es mir gar nicht vorstellen konnte jeh noch einmal in absoluter Liebe an ihn denken zu können.


    Ja, der heutige Tag war für mich auch ein sehr großer Schritt voran mich meinen Flashbacks einer sehr traumatischen Zeit zu stellen. Sie auf sehr intensive Weise zu verinnerlichen und mich von ihnen gut verabschieden zu können. Dies weil ich mich dazu überwunden hatte noch einmal ins Hospiz zu gehen obwohl die Gedenkfeier fernab davon in der Cafeteria des dazu gehöhrigen Krankenhauses stattgefunden hatte. Ich denke Ihr könnt es Euch alle vorstellen wie unendlich schwer es mir gefallen ist noch einmal vor dem gewissen Gebäude zu stehen, das Licht in seinem ein-
    stigen Zimmer für einen neuen Patienten leuchten zu sehen. Aus dem Fahrstuhl kommen und den gewissen Geruch in der Nase zu haben und plötzlich wieder vor seiner einstigen Tür zu stehen. Und dennoch tat es unendlich gut bei Allem seine Nähe so stark zu spühren wie noch nie zuvor. Plötzlich fühlte sich Alles so unendlich richtig an.


    Da dieser Thread "Trauer als Chance" heißt, ereignete sich dann noch etwas recht kurioses was ich fast schon als einen kleinen Wegweiser in meine Zukunft betrachten könnte. Als ob mein Schicksal mir eine Bestimmung zuflüstern wollte. Ich traf auf die dortige Oberschwester zu der ich schon immer ein gutes Verhältnis hatte und als wir ins Gespräch kamen erwähnte sie das sie in 2 Wochen für einen Monat nach Indien gehen würde um dort ehrenamtlich an dem Aufbau einer medizinischen Station mitzuwirken. Als ich erwähnte das ich selbst einst ein knappes Jahr in Indien gelebt und gearbeitet hatte dauerte es nur wenige Minuten bis sie mir ihre Email Adresse in die Hand drückte. Mit den Worten das sie sich nach ihrer Rückkehr sehr auf ein Treffen mit mir freuen würde zum regen Austausch.


    Es mag komisch klingen, aber desdo mehr ich über diese völlig ungeplante Begegnung nachdenke, umso mehr kann ich mir vorstellen mich in solch einem Projekt einzubringen. Natürlich nicht im medizinischem Bereich weil mir dazu die Qualifikationen fehlen aber vielleicht auf ganz andere Art und Weise wo Indien ein Land ist was nie genug helfende Hände hat. Anbei gesagt etwas was ich schon ein paar Mal im Internet beäugelt hatte aber dann immer wieder mit großem Bedauern feststellen mußte wie oft auch da gegen Alter diskriminiert wurde. Dabei erinnere ich mich noch an ein Projekt wo Leute zum Aufbau einer Schule mit Gemüsegarten gesucht wurden - aber bitte nicht über 45! Dabei denke ich das gerade die "reiferen" oft viel mehr Ausdauer und Gelassenheit mitbringen als das Junggemüse, nebst einer Menge Lebenserfahrung, Knowhow und in vielen Fällen eine Menge körperlicher Fitness.


    So war der heutige Tag nicht nur ein Tag von enormer Trauer sondern vielleicht auch die "Chance" auf etwas Neues.


    Ich wünsche Euch alles Liebe,


    Hanna

  • Liebe Hanna,


    ich bin total berührt von deinem Bericht...
    Schon wieder könnte ich schreiben, dass da ja eigentlich nichts zu kommentieren ist, weil dir so viel KLAR geworden ist.
    Aber... wir wollen uns ja austauschen... uns bestärken ... uns MUT machen...


    In zwar völlig abgewandelter Form habe ich das hier ja tagtäglich. Wenn ich wie gesagt, hier am PC sitze ist das ja in dem Raum, in dem Burkard gegangen ist...Jedes Mal, wenn ich diesen Raum durchquere ,
    ( du und ihr alle wisst ja jetzt ...keine Türen) habe ich das Gefühl, alles ist bisher RICHTIG verlaufen...


    Du hast heute dich deinen sensibelsten Liebesgefühlen und auch " Abschied nehmen Gefühlen" gestellt...
    meine Hochachtung... Ja , wirklich...


    Die Wahl deiner Worte beschreibt einfach, welche innerliche Bürde von dir abgefallen ist ... UND... zumindest empfinde ich das genauso wie du, hast du eben die Liebe hinter all dem Chaos und dem nicht so Schönen ... wieder entdeckt...


    Ja, ich denke wirklich, das TRAUER eine CHANCE ist. Es ist alles in uns vorhanden, aber es muss auch wieder die Möglichkeit haben nach oben zu kommen ...
    Du weisst ja, ich bin ein "Ritual -Freak"...
    Könntest du noch etwas detaillierter beschreiben, wie dieses Treffen gestaltet wurde? Es interessiert mich einfach...


    Völlig Recht gebe ich dir, dass man gerade im "höheren Alter" ;) sehr viel mehr durch seine Lebens- und Arbeitserfahrung sich weitaus BESSER HILFREICH engagieren kann, wie häufig in jüngeren Jahren..
    Wenn man jünger ist hat man durchaus sehr viel Elan und auch schon häufig die grösseren körperlichen Kräfte..Obwohl???
    Ich empfinde es tatsächlich als ein Zeichen , von ja wem... deinem Mann?... der Existenz?... egal... Du willst etwas machen, etwas bewirken !!! und das ist einfach gut...Jaa, Indien braucht wahrhaftig immer wieder "helfende Hände"...
    Ich wünsche dir auf diesem.. auch wieder einige "weitere Schritte in dein NEUES ICH -LEBEN"
    das Allerbeste dazu...


    Licht und Liebe und Kraft
    von deiner Amitola

  • Liebste Amitola,


    Deine Zeilen haben mich auch sehr sehr berührt weil sie mir immer wieder sagen wie sehr gut Du meine heutigen Empfindungen und Gedanken verstanden hast. Nicht nur die Postiven, sondern auch die sehr beklemmenden die mich etliche Überwindung gekostet haben.


    Damit meine Antwort auf Dein sehr berührendes Posting nicht den gesamten Rahmen sprengt erzähle ich Dir gerne wie die heutige Gedenkfeier abgelaufen ist da ich weiß das Du es verstehen würdest warum sie mich total überwältigte. Das Emotionale fing eigendlich schon am Eingang der Location statt. Jeder eingeladener Angehöhriger sollte ein im Glas eingefaßtes Teelicht in Empfang nehmen um es angezünded vor das Namens-
    kärtchen seines lieben Verstorbenen zu stellen was sich auf der "Bühe" auf einem Tisch befand. Ja, der ganze Raum - und besonders die "Bühne" war von Nichts anderem erleuchtet als von unzähligen Kerzen in allmöglicher Größe. Links und rechts große Blumengestecke in weiß.


    Als Alle ihren Platz gefunden hatten ging die künstliche Beleuchtung aus und man hatte Nichts mehr zu tun als inne zu halten und sich gedanklich mit seinem Lieblingsmenschen zu verbinden. Dabei spielten zwei Damen auf einem Klavier und einer Geige wundervolle besinnliche Musik. Als diese aufhöhrte hielt die Hospizleiterin eine wunderbare Ansprache die nicht besser die Emotionen Derer ausdrücken konnte die einen lieben Menschen im Sterbeprozess begleitet hatten. Ja, in jedem Wort was sie sprach erkannte ich mich wieder. Danach kiamen 3 Damen auf die "Bühne" in weißen fließenden Gewändern und spielten auf wundervolle sanfte, zarte Weise auf ihren Gongs - die Töne durch den Raum schwingen lassend wie das Rauschen von Engelsflügeln. Was mich danach noch mehr bewegte war die Dame die anschließend ein wundervolles Stück auf ihrer Leier spielte, denn sie war die Selbe die sich bei der Verabschiedung meines Mannes mit ihrem Instrument auf ein altes irisches Lied in englischer Sprache eingelassen hatte. Anbei erwähnt war sie die Musik Therapeutin des Hospizes.


    Und dann geschah etwas wo ich nur noch dachte das es so sein sollte. Mein Mann hatte sich für seine Bestattung das Lied "Over the Rainbow" von dem hawiianischen Sänger gewünscht aber leider konnte ich ihm das nicht ermöglichen da Musik nicht Teil einer stillen Urnenbestattung war.
    Hätte ich damals darauf bestanden hätte ich nich auf eine Kapelle einlassen müssen wo es Strom für einen CD spiieler gab und mein Mann hatte sich ja gegen all so etwas entschieden. Jedenfalls mußten wir Alle ein paar Worte hawaiianisch lernen da wir es Allesamt gemeinsam singen sollten - begleitet von Klavier und Geige. Das Lied hieß "Eo Wahipana La" und angeblich wird es auf Hawaii den Verstorbenen gewidment um ihre Seelen unter uns Lebenden willkommen zu heißen. So hat es mich irre glücklich gemacht das mein Mann auf diese Weise seinen Wunsch doch noch erfüllt bekommen hatte - auch wenn es nicht das Selbe war. Und ehrlich gesagt war das Heutige noch viel viel schöner da gespielt und gesungen von echten Menschen in Trauer - und nicht kommerziell herunter genuddelt von einem CD Spieler in einem nicht wirklich zutreffendem Ambiente. Ja, und am Ende des Ganzens kam noch eine Gruppe Ehrenamtlicher zusammen die den Kanon "Herr bleibe bei uns" sangen.


    Anschließend wurden wir Alle in die Cafeteria auf Kaffee und Kuchen eingeladen, und auch da war der ganze große Saal unendlich liebevoll ge-
    schmückt. An den Gardinenstangen der Fenster waren lauter Adventskränze befestigt an denen lauter Stern hangen. Sie waren nach den Monaten dieses Jahres beschriftet und die daran hängenden Sterne trugen den Namen, das Geburst-und Sterbedatum jedes Patienten der dieses Jahr zu dem Zeitpunkt gegangen war. Ich denke Du wirst es verstehen, aber wärend die Meisten ihren Stern in die Handtasche packten trug ich den Meinigen mit jeder Menge Stolz an meinem Handgelenk wie ein tolles Schmuckstück. Auf jedem Kuchenteller lag ein kleines liebevoll verpacktes Röllchen was einen Spruch enthielt und ich denke Du kannst Dir meine Überraschung vorstellen als ich den Meinigen las da er nicht hätte besser zu mir passen können. In Anbetracht der Sache das mein Mann und ich leidenschaftliche Flieger waren stand darauf ... Mit den Flügeln der Zeit fliegt auch die Traurigkeit davon.


    Wie Du ja weißt hatte ich bisher nie etwas mit Spiritualität und Esotherik am Hut, aber heute habe ich meinen Mann ganz doll in meiner Nähe ge-
    spührt. Besonders als ich für eine Weile mit mir alleine auf dem Sesselchen gegenüber seiner einstigen Tür saß. Irgendwie hatte ich dort das Ge-
    fühl das er auf mich gewartet hatte und riesig enttäuscht gewesen wäre wenn ich nicht gekommen wäre. Ja, meine liebste Amitola, der heutige Tag war für mich mehr als heavy aber er hat mir wiederum auch so unendlich viel Gutes gebracht. Vor Allem eine Menge inneren Frieden. Ein Frieden - wie Du es selber sagtest - der mich mein neues Leben deutlich glücklicherer leben lassen wird.


    Wo mein kleines Pinboard in meiner kleinen Büroecke noch voller Postkarten von meiner Mutter war als sie ihre Weltreise machte hängen nun nur noch der heutige Stern und der schicksalshafte Spruch daran der auf meinem Kuchenteller lag. Wo ich mich einst zum heutigen Tag von ihm ent-
    gültig verabschieden wollte habe ich beschlossen das er für immer ein Teil meines Daseins sein soll. Nicht als Mensch der mich einst so unend-
    lich unglücklich machte, sondern als der Jenige der im Grunde den kunterbunten Vogel aus mir machte der ich heute bin.


    Was die Geschichte mit Indien betrifft wird die Zeit es bringen was daraus werden wird, und wenn ich 'mal kurz ganz doof esotherisch denke würde es mich nicht wundern wenn er mir diese Frau heute geschickt hat. Immerhin wußte er schon zu Lebzeiten das ich in meinen Gedanken so manches Mal mit einem sozialem Engagement dort gespielt hatte.


    Liebste Amitola, ich möchte nicht den Rahmen des Forums sprengen - was ich warscheinlich schon oft genug getan habe - und so schließe ich Dir einen ganz dicken Drücker schickend,


    Hanna

  • Liebste Sandra,


    ja, siehste. Manchmal denkt man man hat all seine Gefühle super cool unter controlle und dann kommt plötzlich doch Alles ganz anders. Ehrlich gesagt kann ich Deinen Mangel an Worten sehr gut verstehen, denn auch nich hat der heutige Tag sehr überrollt.


    Kann nur noch auch für Dich hinzufügen ... Alles wird irgendwann wieder gut auch wenn man es oft nicht glauben kann/will.


    Besonders wenn man bereit ist seine alten Prioritäten zu verändern und Neues zuzulassen egal wie beängstigend es erscheinen mag. Ich vermute stark das Du das Wummern meines Herzens bis nach Mallorca gehöhrt haben mußt als ich in den Fahrstuhl stieg der zur Hospiz Etage führte. Völlig durchwühlt nach der tollen Gedenkfeier, völlig durch den Wind mit all meinen vielen Gedanken und Emotionen - blos um so viel herzlicher Liebe zu begegnen als ich in den dortigen Empfangsbereich trat. Liebste Sandra, es mag komisch klingen, aber wenn ich auf mein Leben zurück schaue habe ich in meinem ganzen Leben noch nie so viel bedingungslose Zuneigung, Unterstützung und Mitgefühl erfahren wie von den Leuten die uns beide wärend unserer schwersten Zeiten begleiteten.


    Ich hätte es beinahe vergessen zu erwähnen. Der erste Mensch der mir bei dieser Feier schon am Eingang entgegen gekommen war, war meine einstige Hospizbegleiterin. Sie hatte Ausschau nach mir gehalten nachdem sie meinen Namen auf der Liste der Zusagen gesehen hatte und mir einen Platz neben sich "reserviert". Ja, und fast die ganze Zeit hielt sie mich an der Hand oder legte ab und zu einen Arm um meine Schulter.


    Und die absolute Krönung des heutigen Tages war die liebe Post die ich von Dir und Amitola bekommen habe wäred es meinem "realen" Umfeld völlig am Allerwertesten vorbei gegangen war was ich heute für einen schweren Tag hatte. Dies obwohl sie es wußten wieviel Bammel ich davor hatte. Ja, die bedingungslose Zuneigung die ich von Dir, Amitola und den anderen Lieben erfahren habe spended mir imner wieder unendlch mehr Wärme und Geborgenheit als all Das was mir mein alltägliches Umfeld liefert.


    Ich wünsche Dir eine geruhsame Nacht voller schöner Begegnungen - you know what I mean?


    Sei in Gedanken liebevoll gedrückt ... anbei zum gestrigen Thema Musik gesagt - mein neuester Ohrwurm ist "Hello" von Adele.


    Hanna

  • Liebe Hanna,


    jetzt tatsächlich einfach nur kurz, ... weil es diese unvergleichliche,...,,, ja man könnte es tatsächlich "heilige Stimmung " sonst "wegschreiben"...


    Berühend ,
    von DIR... von den wahrhaftig "Berufenen des Hospizes... dem spirit deines Mannes ... einfach ALLES...


    Fühle dich umarmt und in ALLEN Gefühlen und Erlebnissen verstanden....
    jetzt schreibe ich wirklich einmal
    Namaste
    weil ich denke, dass du weisst, wie ich es jetzt meine...
    und natürlich
    Licht und Liebe und Kraft
    von deiner Amitola

  • Liebe Hanna, <3


    gerne schreibe ich dir hier in diesem Beitrag meine Gedanken und Gefühle, für deine sooo gemischten Gefühle in Bezug auf die Kreuzfahrt...
    und HOFFE natürlich sehr, dass du diese Nachricht noch lesen kannst... vor deiner Abreise...


    Liebe Hanna, <3


    die eigene Wohnung, das eigene Haus gibt einem trotz des Verabschiedens eines geliebten Menschen doch einen tiefen emotionalen Halt und Schutz... Man ist darin mit diesem Menschen verbunden ... Meiner Meinung nach bleibt ein Teil des spirits darin....


    Du bist bewunderungswürdige Schritte gegangen...
    Hast deinen Mann wieder aufgenommen, obwohl du wusstest, dass euch eine SEHR schwere Zeit bevorsteht...
    Dafür meine absolute HOCHACHTUNG...
    Dann hast du dich in einen sehr zwiespältigen "Wust" an Gefühlen in deine "Trauerarbeit gestürzt"..
    Dann hast du angefangen ... DEINEN Stempel " dem Haus zu verleihen... zu geben...
    und ...
    JETZT...
    JETZT...
    Kannst du wirklich anfangen, dein "ICH LEBEN" zu leben...Du MUSST gar nichts... Alles was du
    INNERLICH möchtest ... wird passieren...weiil DU es WILLST...
    Das ist zwar wieder so "esoterisches Zeugs" ;)
    aber... ich glaube tief innerlich bist du gar nicht so abgeneigt , das anzunehmen...


    BITTE,BITTE...
    reisse deine Schutzmauern mehr und mehr nieder...
    und GLAUBE das viele Menschen dir
    durchaus WOHL GESONNEN sind....
    Dich gern haben... dich NICHT verletzen...
    Dann
    wirst du das Leben mehr und mehr ENTSPANNT geniessen...


    All diese Lebensabschnitte sind past... die zwar uns geprägt haben, aber ... wie ich meine.. auch uns mehr Weisheit und Lebenserkenntniss GESCHENKT haben ...
    Also...


    "innere Schwimmweste angezogen" ... KEIN Panzer...
    und dann wird einmal mehr entspannter und fröhlicher diese Reise mit allen "ozeanischen Gefühlen" durchschwommen...

    Wirklich...
    herzliebe und sehr aufmunternde Grüße an dich <3
    sendet dir deine Amitola

  • Liebste Amitola,


    eigendlich sollte ich mich langsam in die Federn hauen wo es morgen bestimmt ein langer und anstrengender Tag werden wird, aber ich konnte nicht einfach so abhauen ohne Dir ein paar Zeilen zu hinterlassen.


    Du hast ja in sehr Vielem so sehr recht was die Mauern betrifft die ich mir aufgebaut hatte. Ehrlich gesagt wünsche ich mir ja auch Nichts sehnlichers als sie los zu werden, aber es fällt mir eben immer noch sehr sehr schwer. Hinzu kommt auch das wärend der letzten Jahre mein Selbstwertgefühl sehr gelitten hat, und Du kennst das ja vielleicht selbst das wenn man sich nicht selber mag erwartet man es meist auch nicht von Anderen gemocht zu sein. Wenn man sich nicht in der eigenen Haut wohl fühlt, und für so lange Zeit immer wieder bitter enttäuscht wurde. Und dabei meine ich nicht nur meinen Mann.


    Und dennoch habe ich sehr viel Zuneigung und menschliche Wärme von den Mitarbeitern des Hospizes, von Dir und den anderen Lieben und einer Handvoll Menschen bekommen von denen ich es überhaupt nicht erwartete. Liebste Amitola, das muß erst einmal ein wenig sacken und wirklich verinnerlicht werden. Etwas was ich hoffe sehr gut auf meiner Reise tuen zu können. Nehme mir auch ein paar Bücher mit die in Richtung Ver-
    gangenheitsverarbeitung und Neuanfang gehen.


    Und wie ich schon ein einem anderen Posting erwähnte habe ich beschlossen auf meiner Reise wirklich Urlaub von der Trauer zu machen und einfach nur SEIN zu wollen.


    In diesem Sinne mache ich jetzt Schluß, und drücke Dich ganz doll mit großer Vorfreude auf unser baldiges "Wiedersehen",


    Hanna