Guten Tag!
Durch Zufall bin ich heute auf der Homepage gelandet und fühle mich sehr davon angesprochen......
Ich finde es richtig gut, das es eine Plattform für Trauernde gibt und das man sich auch gegenseitig austauschen kann.
Nachdem ich mir die verschiedenen Foren angesehen habe, bin ich - für mich - zu dem Schluss gekommen, ich schreibe in dieses Forum.
Denn in meinem Leben habe ich schon einige Verluste hinnehmen müssen, deshalb ist es mir einfach nicht möglich, nur bei einem zu bleiben.
Ich bin 47 Jahre alt und komme aus Norddeutschland.
Schon im frühen Alter habe ich meinen älteren Bruder - den ich als kleine Schwestee angehimmelt habe - durch einen Unglücksfall verloren.
Eine schreckliche und schwierige Zeit in der meine Eltern, aber auch mein mittlerer Bruder drohten, daran zu zerbrechen. Mein Bruder ist nie drüber hinweg gekommen und hatte in den folgenden Jahren richtig Depressionen.
Wir haben - so gut es ging und mit viel Arbeit - gelernt, mit diesem Verlust fertig zu werden. Immer weiter gemacht, ohne viel nachzudenken......wobei wir es immer in uns trugen und das Heimweh nie ganz weg ging.
Meine Eltern waren selbstständig und hatten wenig oder kaum Zeit. Trotzdem hatte vor allem meine Mutter für mich und meinen Bruder immer Zeit, sie nahm sie sich einfach, und war für uns - aber auch für viele andere Menschen (die in Not waren) immer hilfreich da.
Irgendwann im Laufe der Zeit würde ich immer kraftloser und schwächer bis ich letztendlich im Rollstuhl saß......eine neurologische Erkrankung, aber trotzdem ging es weiter - man nahm es natürlich nicht so einfach hin und es gaben auch viele schwere und schreckliche Zeiten.....
Durch eine verschleppte Grippe bekam mein anderer Bruder eine Herzunsuffizienz an der er 4 Jahre später verstarb.
Es war schlimm und ich hatte zu meiner eigenen Trauer große Angst um meine Mutter......es ging uns allen schlecht aber meine Angst vor dem totalen Zerbrechnis der Familie war anscheinend so groß, das ich mit all meiner Möglichkeiten, Hoffnung und Kraft meine Eltern und auch andere Verwandte, anfeuerte, weiterzumachen und auf keinen Fall aufzugeben. Immer weiter und weiter, weitermachen zum Überleben trotz aller anderer Widrigkeiten.
Einige Tage später sind auch noch plötzlich eine Freundin meiner Mutter und ihre eigene Mutter plötzlich verstorben.
Es war ein schweres und grauenvolles Jahr......
Die Zeit vergeht und man vermisst die geliebten Menschen immerzu, trotzdem lebt man selber weiter und die Welt dreht sich auch weiter, obwohl man es einfach nicht verstehen kann.
Nach dieser Zeit habe ich viele schöne Dinge mit meinen Eltern und Freunden unternommen wie in die USA reisen, Konzerte besuchen und auch andere schöne Dinge, an denen man sich erfreuen kann.
Auch wenn andere Menschen es nicht verstehen können. Aber auch wenn ein Mensch im Rollstuhl sitzt, kann er das Leben genießen.
Und das habe ich getan.....oft fiel es mir unsäglich schwer, aber bin gegen meinen inneren Schweinehund angegangen.
Im Jahre 1998 bekam ich dann plötzlich Dolch eine schwere Lungenentzündung das ich fast daran gestorben wäre. Lange Rede, kurzer Sinn......ich musste daraufhin nachts ein Beatmungsgerät nutzen um meine Lunge zu entlasten.
Auch damit kam ich klar, war nur schnell tagsüber außer Atem und habe mich auch ein bisschen dafür geschämt.
Das Leben ging weiter und meine Mutter und ich waren fast wie eine Symbiose, wir bräuchten uns gegenseitig und machten viel zusammen und verstanden uns immer.
Vor vier Jahren habe ich das gleiche noch einmal mit einer Lungenentzündung und Blutvergiftung erlebt, ich war vierzehn Tage ins künstliche Koma gelegt worden und eigentlich hat man mich aufgegeben. Außer meine Mutter, die hat unentwegt für mich gebetet und gehofft.
Ich weiß nicht warum und weshalb es so ist, aber ich habe diese schwere Krise damals überlebt......und diese 3 Monate im Krankenhaus waren wirklich die Hölle. Ich kann es nicht weiter ausführen, aber normalerweise wäre ich längst nicht mehr da.
Seitdem benötige ich mein Beatmungsgerät viel - auch am Tag. Aber auch damit kann man leben, ich war immer eher mobil und gerne unterwegs.
Obwohl ich mich sehr dafür geschämt habe und ich mich am liebsten - immer noch - verstecke, weil viele Menschen mich schon dadurch anstarren (nicht alle, aber einige schon).
Aber meine Mutter hat mich in den Jahren so gestärkt und beschützt, das ich mich immer daran erinnere.
Sie sagte oft das sie stolz auf mich wäre und ich mich nicht verstecken brauche.
An diesen Satz denke ich oft wenn ich mal wieder Angst habe oder etwas tun muss, was mir schwer fällt.
Ich hatte sie immer an meiner Seite. Sie war meine Stütze und Stärke. So lange konnte mir nichts passieren......
Vor zwei Jahren ist sie dann urplötzlich mittags nicht mehr aus dem Mittagsschlaf erwacht.....sie hatte einen ganz bösen Schlaganfall und starb 3 Wochen später.
Die Welt blieb dieses Mal richtig für mich stehen......es konnte nicht sein und es dürfte nicht sein.
Es war schrecklich und dieser Verlust war nicht mehr auszubügeln oder zu ersetzen.
Ich wollte mich damals wirklich umbringen. Mit Insulin. Durch den Tod meines Bruders habe ich damals eine Art Zuckerschock bekommen und war seitdem Insulin- Pflichtig.
Eine Zeitlang war ich regelrecht lahmgelegt und nicht mehr handlungsfähig, ich wollte nur noch sterben.
Allerdings hielt mich der Gedanke in dieser Zeit hoch, meiner Mutter noch eine wunderschöne und einzigartige Abschiedsfeier zu bereiten. Und das habe ich auch durchgesetzt.
Ich bin mir sicher das es ihr gefallen hat und sie zufrieden war.
Ich glaube fest daran, das wir uns irgendwann wiedersehen und das dann alles gut ist.
Eigentlich bin ich fest davon überzeugt.....
Ich bin immer noch da und mache trotz unendlicher und unentwegter Sehnsucht nach meiner Mutter weiter. Aber sie fehlt mir in jeder Sekunde und es tut mir immer noch so leid.
Mir fehlen gute Freunde. Ich habe zwar viele Bekannte und unternehme immer noch viel, aber ich sehne mich nach jemand, der das verstehen kann......