Liebe Julia W,
Deine Gedanken lassen sich nicht zügeln. Mit der Endgültigkeit des Lebens kommen wir nicht zurecht und hinterfragen in alle Richtungen. Ohne Antwort bei mir, zumindest eine befriedigende.
Vernünftigerweise könnte man es so betrachten: Deine Mutter hatte 51 Jahre lang es geschafft, ein Leben im Haifischbecken zu überstehen. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, wie schnell und unerwartet ein Leben enden kann, das einem mit unermesslichem Glück geschenkt wurde. Krankheiten, Unfälle, etc.
Sie konnte sogar eigene Kinder bekommen, ein weiteres unermessliches Glück. Und eigene Enkelkinder. Und....
Ein wahrlich reiches Leben.
Es hätte mehr sein können, aber auch viel, viel weniger. Das Los, das sie gezogen hat, war keine Niete. Auch kein Hauptgewinn. Aber durchaus lebenswert.
So könnte man es mit Vernunft sehen. Emotional nicht.
Meine Mutter musste ich kürzlich mit 87 Jahren gehen lassen. Viel zu früh, weil sie eine Konstitution hatte, um 100 zu werden.
Ihr Los war fast ein Hauptgewinn. So könnte ich es sehen. Es kostet viel Kraft, das zu tun. Vielleicht kann ich das, wenn Zeit vergangen ist. Vielleicht auch Du.
Ich wünsche uns die Kraft.