Mein lieber Andreas, die Liebe meines Lebens, ist nicht mehr

  • Guten Morgen, liebe Lilifee!


    Ich hoffe, dein Essen ist gelungen. Allein zu essen oder auch nur für sich selbst zu kochen, ist für mich eine der Herausforderungen, die ich noch stemmen muss. Zu viele schöne Erinnerungen hängen an diesem essentiellen „Ritual“, weshalb ich es neu gestalten muss, um nicht dauernd getriggert zu werden….

    Ich bin jetzt aber erschüttert ohne Ende über Deinen Bericht. Was für Abgründe. Ich weiß natürlich nicht wie Dein Partner bis zu eurem Kennenlernen gelebt hat, aber entweder hat er in seinem Leben nicht sehr viel Liebe und Fürsorge erlebt. Oder er war ein Mensch dem es schwergefallen ist diese anzunehmen. So etwas gibt es ja. Da spielt dann sicher auch hinein wie man durch Kindheit, Elternhaus, Umgebung und spätere Lebenserfahrungen geprägt wurde. Ich kann aber sehr gut verstehen daß es ihn Überwindung gekostet hat seine Füße von Dir versorgen zu lassen. Das wäre mir auch so gegangen, denn ich bin ein Mensch der gerne gibt, dem es aber manchmal peinlich ist zu nehmen. Nur bei Andreas war das anders.

    Ja, Abgründe… das trifft es wohl.

    Ich weiß nur aus einzelnen kurzen Sätzen, wie sein Leben war, bevor wir uns kennen gelernt haben. Ich weiß aber, dass er auf Vieles nicht stolz war und daher wenig erzählt hat. Immer wieder Thema waren seine Eltern, die er hoch geschätzt hat. Um so schlimmer muss es gewesen sein, dass seine Mutter starb, als er sechs Jahre alt war. Eine Zeitlang kümmerte sich seine Großmutter um ihn und seinen Bruder, doch der Vater fand schnell eine neue Frau, die für die Kinder eine Stiefmutter, wie aus dem Märchen war: böse und brutal. Ich weiß nicht, ob das wirklich so war oder ob sein kleines, trauerndes Kinderherz die Stiefmutter aus Liebe zu seiner Mutter nicht anders in die Erinnerung schreiben konnte, jedenfalls erzählte er nichts Gutes von ihr.

    Für seinen Vater hatte er nur Worte größten Respekts, Wertschätzung und Dankbarkeit… ob da auch Liebe war, weiß ich nicht.
    Sein Leben als Erwachsener war turbulent und wie jedes Leben von Höhen und Tiefen geprägt. Eines aber war ganz deutlich: die Arbeit stand im Vordergrund. Es findet sich darin keine dauerhafte Beziehung, außer auf geschäftlicher Basis. Ich glaube, er hatte seine schwer auszuhaltenden narzisstischen Züge seiner Kindheit zu verdanken - und die machten es ihm unmöglich, sich dauerhaft zu binden. Er betonte oft, er hätte gerne ein idyllisches Familienleben gehabt…

    Sich auf ihn einzulassen, fühlte sich manchmal an, als würde ich einen streunenden Hund aufnehmen, der nicht aufgenommen werden wollte. Einerseits gab ich ihm, was er behauptete, haben zu wollen, andererseits musste ich immer damit rechnen „gebissen“ zu werden.
    Was er aber für mich tat, war für mich purer Luxus, sowohl im materiellen wie auch im emotionalen Sinne. Ich musste nie um irgendetwas bitten, wenn ich seine Hilfe brauchte. Er sah von sich aus, wo etwas klemmt und hat dafür gesorgt, alles in Ordnung zu bringen. Er hat sich mir von Anfang an an die Seite gestellt, hat Verantwortung mit übernommen und Lösungen gesucht und vorgeschlagen, ohne mir das Gefühl zu geben, dass ich „ausgebootet“, abgedrängt werde. Für meine Belange, sei es beim Haus, bei den Kindern, beim Auto… was auch immer, war die Gemeinsamkeit, das Teilen, die Unterstützung unschlagbar. Nach vielen Jahren, in denen ich das Leben mit all seinen Belangen allein gestemmt hatte, war da plötzlich jemand, der in dieses Abenteuer miteinsteigt. Jemand, der mich hier nicht herausreißen wollte, weil es nicht „sein Werk“ war. Jemand, der meine Leistung geschätzt hat, der den ideellen Wert eines „Lebenswerks“ erkannt und geschätzt hat - obwohl es nicht Seins war.
    Er hat mich auf Händen getragen… diesen Mann an meiner Seite zu wissen, gab mir Kraft und Mut. Er war Licht, Farben und Wärme.
    Doch wehe, es ging um seine Belange… still sein, zuhören… musste ich auch erst lernen… so war das Leben mit ihm…


    Vom Defi wusste ich. Den sieht man ja unter der Haut, er zeichnet sich deutlich ab. Ich wusste nicht, dass er damit ein Problem hatte. All die Dinge, die man rund um so ein Implantat auch als Angehöriger wissen sollte, wusste ich nicht. Ja, ich wusste nicht einmal, dass man als Angehöriger irgendetwas spezielles wissen sollte, also habe ich auch nicht danach gefragt. Er ging nach außen hin so locker damit um, dass ich keinen Anlass zur Sorge sah…


    Um eine deiner Fragen zu beantworten: einer der Notfallmediziner, mit denen ich nach seinem Tod gesprochen habe, sagte mir unverblümt: solche Patienten kann man nicht wiederbeleben. Bei aller Kunst und mit noch so viel Erfahrung als Notarzt würde eine Wiederbelebung in so einem Fall nicht funktionieren. Das wisse er aus vielen leidvollen Erfahrungen….
    An den Spuren in seiner Wohnung war zu erkennen, dass er tagelang vorher schon erhebliche, körperliche Probleme gehabt haben muss. Er hatte zehn Tage vor seinem Tod das letzte Mal die Wohnung verlassen. 5 Tage vor seinem Tod hatte er Besuch. Sein Besucher drängte ihn, ins Krankenhaus zu gehen, denn er würde nicht gut aussehen… er verweigerte.

    Das beantwortet eine weitere deiner Fragen: er wäre nicht bei mir Zuhause gestorben. Ich hätte ihn unter allen Umständen ins Krankenhaus bringen lassen. Er wäre trotzdem gestorben… vielleicht nicht so quälend… es war seine Entscheidung. Ich kann nichts ändern.


    Es ist schön, dass du mit Andreas einen so liebevollen Mann gefunden hast. Und um so tragischer, ihn dann beerdigen zu müssen. Einen Menschen, der so gut zu einem passt und der uns eigentlich vom ersten Augenblick an so nahe ist, findet man sehr selten. Manche finden ihn nie…


    Ich werde nun auch versuchen, etwas zu finden… nämlich die Motivation, um diesen Tag sinnvoll zu gestalten ;-)

    Alles Liebe,

    Puzzle

  • Liebe Puzzle,


    es ist gelungen und hat gemundet. Alleine zu essen ist für mich jetzt keine so große Herausforderung weil der Körper ja leider sein Recht verlangt. Für mich alleine zu kochen ist allerdings eine Herausforderung der ich mich längst nicht jeden Tag stelle. Mir hat es auch viel besser gefallen für UNS zu kochen und mit Andreas gemeinsam zu essen. Für ihn war mir nichts zu viel. Nur für mich alleine ist das anders, da siegt aber auch die Faulheit. Das muß ich ehrlich zugeben. Belegte Brote machen auch satt, und dann bleibt die Küche eben manchmal kalt in dem schönen Taunuswald. 8o


    Der frühe Tod der Mutter war für Deinen Partner ganz bestimmt ein traumatisches Erlebnis. Ob die Stiefmutter wirklich eine aus dem Märchen war oder nicht, ist vermutlich gar nicht so entscheidend. Dein Partner hat es so empfunden, und nur das zählt. So eine Erfahrung macht ja was mit einem. Und ob sein Vater das ausgleichen konnte ist offensichtlich fraglich. Es ist schön wenn man für seinen Vater Respekt, Wertschätzung und Dankbarkeit empfinden kann. Wenn aber Liebe gefehlt hat ist das sehr prägend, und nicht gerade positiv.


    Ich bin natürlich kein Psychologe, aber daß in seinem Erwachsenenleben die Arbeit im Vordergrund stand deutet schon darauf hin. Weil er offensichtlich nur im Beruf Erfolgserlebnisse und Wertschätzung gefunden hat, aber nicht im Privatleben. Hat sich Dein Partner im Elternhaus wertgeschätzt und geliebt gefühlt? Wurde ihm vermittelt daß er liebenswert ist, und damit meine ich wörtlich es wert zu sein geliebt zu werden? Möglicherweise nicht, und das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Bindungsfähigkeit.


    Es überrascht mich, daß Du von schwer auszuhaltenden narzisstischen Zügen schreibst. Dein Partner war ganz sicher ein Mensch mit zwei Gesichtern. Er war für Dich und Deine Belange da, hat Verantwortung übernommen und das alles freiwillig und wohl auch gerne. Du brauchtest um nichts betteln, er gab von sich aus. Hat selbst gesehen wo Hilfe und Verständnis gefragt waren, aber ohne Dich „klein zu machen“. Nur wenn es um ihn und seine Belange ging hat er geblockt. Das war natürlich für Dich nicht sehr schön, und gibt einem schon das Gefühl in mancher Hinsicht aus dem Leben des Partners ausgeschlossen zu sein. Damit umzugehen ist sicher nicht einfach, aber das ist nicht das Verhalten von Narzissten. Denen geht es nur um sich selbst und die eigenen Belange. Wünsche und Bedürfnisse von anderen Menschen zählen nichts. Narzissten sind auch nicht zu eigenen ehrlichen Emotionen fähig. Sie können allenfalls andere imitieren. So wie Du Deinen Partner schilderst konntest Du Dir, abgesehen von seiner Verschlossenheit in Bezug auf sich selbst, keinen besseren wünschen. Und so ist kein Narzisst. Ich kann mir nicht helfen, aber auf mich wirkt es so als ob das Leben Deines Partners von der Denkweise „ich bin es nicht wert geliebt zu werden, und daß etwas für mich getan wird“, geprägt war. Und entsprechend ist dann manchmal das Verhalten anderen gegenüber. Weil es solchen Menschen schwer fällt sich lieben zu lassen.


    Von dem Defi wußtest Du natürlich. Das läßt sich ja auch nur verheimlichen wenn man sich nicht zu nahe kommt. Aber von den Problemen wußtest Du nichts. Woher auch, wenn der Partner das mit sich abmacht. Sicher sollten Angehörige und ganz besonders Partner dieses und jenes wissen. Über den Umgang und mögliche psychische Probleme. Wie beim Diabetes auch. Aber das ist eben nur möglich so weit der andere das zuläßt. Und warum solltest Du Dir Sorgen machen wenn Dein Partner locker flockig damit umgeht, und Dir vermittelt keine Angst, ich habe alles im Griff.


    Die Angst meines Vaters war natürlich unbegründet, aber er hatte sie nun mal. Angst ist nicht immer rational. Er konnte aber ruhig und friedlich sterben weil er wußte, meine Mutter würde das gegebene Versprechen halten. Und für den Seelenfrieden meiner Mutter war es wichtig ihm diesen letzten Wunsch zu erfüllen. Das hat die Hausärztin zum Glück auch gleich verstanden, und gar nicht erst versucht es ihr auszureden. Sie hat es einfach getan, und dafür waren wir sehr dankbar.


    Warum Dein Partner diesen schweren Weg gewählt hat wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben, und ganz sicher war das kein Spaziergang. Trotzdem ging es aus seiner Sicht nicht anders. Nur, war es wirklich so, oder dachte er das nur? Immer wieder Fragen …


    Du schreibst, bei Dir zuhause wäre er nicht gestorben. Hättest Du ihn gegen seinen Willen ins Krankenhaus bringen lassen können? Hätte er das zu gelassen? Vielleicht wäre er trotzdem gestorben, dann aber nicht so qualvoll, vielleicht aber auch (noch) nicht. Man muß aber wohl davon ausgehen, daß er es wieder versucht hätte. Es war seine Entscheidung …


    Ja, es war ein großes Glück Andreas zu begegnen. Da war von Anfang an eine große Vertrautheit. Es war auch kein Problem den anderen ins eigene Leben zu integrieren. Das ist ja nicht immer so einfach wenn man keine zwanzig mehr ist, schon länger alleine gelebt und vielleicht die eine oder andere Eigenart und Gewohnheit entwickelt hat. Aber das hat sich alles wie von selbst gefügt. Wir haben uns im August kennengelernt und waren ab Dezember unzertrennlich. Abgesehen von zwei Nächten die Andreas wegen einer OP im Krankenhaus verbringen mußte, waren wir immer zusammen. Für manche ist das vielleicht der blanke Horror weil zu viel Zweisamkeit, aber wir wollten es so. Es wäre uns auch nie in den Sinn gekommen ohne den Partner irgendwo hinzugehen. Uns gab es nur im Zweierpack. Und wir waren jeden Tag froh und dankbar uns gefunden zu haben.

    Ich werde nun auch versuchen, etwas zu finden… nämlich die Motivation, um diesen Tag sinnvoll zu gestalten


    Das ist ein hehres Ansinnen. Vielleicht sollte ich das auch mal versuchen. Aber meine Motivation läuft meistens fröhlich winkend an mir vorbei. :8::8: Am liebsten morgens wenn ich noch im Bett liege, denn dann komme ich noch nicht so gut hinterher.:S Vielleicht kann ich sie ja irgendwann mal überlisten. Aber nicht gleich morgen oder übermorgen …


    Alles Liebe

    Lilifee

  • Guten Abend, liebe Lilifee.


    es ist so erstaunlich, wie du auf meine Erzählungen eingehen kannst. Ich schreibe hier immer nur von mir und stecke noch so in meiner Geschichte drin, dass ich mir sehr schwer tue, auf dich einzugehen…. Ich hoffe, du verzeihst, ich versuche mich zu bessern….


    Ja, das gemeinsame Essen war auch bei uns ein Fixpunkt. Wir haben beide gearbeitet, weshalb wir uns immer erst abends zusammensetzen konnten. Doch da lief jeden Tag das gleiche Ritual ab und das fehlt mir. Wie oft warte ich um 19:00 Uhr darauf, den Schlüssel in der Haustür zu hören…. Und da ist einfach nichts…. Stille…. Vermutlich wird es dir ähnlich gehen, doch vermutlich noch intensiver. Jeden Tag zusammen zu verbringen, blieb bei uns nur ein Wunsch… es muss eine sehr intensive Zeit für euch beide gewesen sein… :30:


    Zum Narzissmus:

    Es überrascht mich, daß Du von schwer auszuhaltenden narzisstischen Zügen schreibst. Dein Partner war ganz sicher ein Mensch mit zwei Gesichtern. Er war für Dich und Deine Belange da, hat Verantwortung übernommen und das alles freiwillig und wohl auch gerne. Du brauchtest um nichts betteln, er gab von sich aus. Hat selbst gesehen wo Hilfe und Verständnis gefragt waren, aber ohne Dich „klein zu machen“. Nur wenn es um ihn und seine Belange ging hat er geblockt. Das war natürlich für Dich nicht sehr schön, und gibt einem schon das Gefühl in mancher Hinsicht aus dem Leben des Partners ausgeschlossen zu sein. Damit umzugehen ist sicher nicht einfach, aber das ist nicht das Verhalten von Narzissten. Denen geht es nur um sich selbst und die eigenen Belange. Wünsche und Bedürfnisse von anderen Menschen zählen nichts. Narzissten sind auch nicht zu eigenen ehrlichen Emotionen fähig. Sie können allenfalls andere imitieren. So wie Du Deinen Partner schilderst konntest Du Dir, abgesehen von seiner Verschlossenheit in Bezug auf sich selbst, keinen besseren wünschen. Und so ist kein Narzisst. Ich kann mir nicht helfen, aber auf mich wirkt es so als ob das Leben Deines Partners von der Denkweise „ich bin es nicht wert geliebt zu werden, und daß etwas für mich getan wird“, geprägt war. Und entsprechend ist dann manchmal das Verhalten anderen gegenüber. Weil es solchen Menschen schwer fällt sich lieben zu lassen.

    Du hast völlig recht. So ist kein Narzisst. Deshalb sprach ich von narzisstischen Zügen.

    Es gibt auch diesen Wesenszug, wie jeden anderen auch, in verschiedenen Ausprägungen. Es gab Momente, in denen war er DER Narzisst schlechthin. Es gab einzelne Reaktionen, die so richtig Narzissten-Typisch waren. Ich nannte das immer das Narzissten-Theater.
    Da das Verhalten wie in Wellen kam, hab ich mir gedacht, es müsste Auslöser dafür geben. Und so war es auch. Ich lernte damit umzugehen. Und ich lernte, ihn in seiner „Suppe“ kochen zu lassen, falls er mal ganz unerträglich war und ich gar nicht an ihn herankam.
    Was ihm sehr typisch komplett gefehlt hat, war Selbstreflexion. Oder er macht nie irgendetwas falsch, schuld sind immer die anderen. Es war besonders wichtig, ihm das Gefühl zu geben, dass er bewundert wird. Lob war ganz wichtig. Um nur einiges zu nennen.
    Ein Vorteil auf meiner Seite war bestimmt, dass er schon Richtung 60 Jahre ging, als wir uns kennengelernt haben. Er war ein ausgesprochen intelligenter Mensch. Er hatte bereits gelernt, wie er diese Bewunderung, die ihm so überaus wichtig war, dauerhaft erhalten kann: indem er seine Partnerin umschwärmt, beschützt, behütet und ihr ein schönes Leben bietet… Er sagte mehr als einmal, ich hätte ihn als jungen Mann nicht gemocht.


    Ich ließ mich nicht vereinnahmen und kann mich gut vor narzisstisch motivierten Gemeinheiten verschließen. Ich hab da recht viel Übung, denn er war meinem Vater sehr ähnlich.

    Er war eine so interessante Persönlichkeit für mich, mir war nie langweilig ;) offenbar war er genau richtig für mich. Mit allen Kanten, Ecken und den schwierigen Momenten…. Wir liebten nicht WEIL, sondern OBWOHL…. :) zumindest kann ich das zweifelsfrei von mir behaupten :/



    Ja, ich hätte ohne seine Zustimmung die Rettung geholt bzw den Notarzt. Und der hätte ihn auch mitgenommen, darauf hätte ich vehement bestanden.
    Wir hatten da einmal eine Situation, in der es mir sehr mulmig war, dass er nicht ins Krankenhaus wollte. Ich sagte ihm, ich würde ganz genau bis…. warten und dann die Rettung rufen. Es wäre mir egal, ob er zu einem Arzt wollte oder nicht. Sein Leben könnte in Gefahr sein und ich würde auf keinen Fall wegen unterlassener Hilfeleistung ins Gefängnis gehen, also müsste er fahren. Das sah er ein, wir fuhren los. Es war dann nicht lebensbedrohend, was er hatte - aber das konnte eben nur ein Arzt feststellen. Und eines habe ich ja gelernt im Leben: wir alle haben nur ein Leben, wenn wir das verspielen, gibt es keine zweite Chance! Das Leben ist keine Generalprobe!

    Ich hätte ihn hier nicht sterben lassen. Aber ich bin sicher, dass er trotzdem gestorben wäre. Weil es einfach sein Schicksal war, an diesem Tag zu sterben. Und weil es auch sein Schicksal war, so zu sterben, wie es passierte, haben die ganzen Warum, wieso, weshalb Fragen keine Relevanz mehr. Ich hab viele Antworten, so viele wie ich nur irgendwie finden konnte, das muss genügen. Alles andere bleibt offen…. Runter vom Karussell… es bringt mich nicht weiter…


    Ach, das ist die Motivation, die täglich auch an mir vorbeiläuft?! Danke für den Hinweis. Ich dachte immer, es wäre das Sandmännchen, das sich vom Acker macht, nachdem es immer als letztes in jeder Nacht zu mir kommt ;)


    Siehst du, so lernen wir voneinander… man lernt ja nie aus.
    Einen schönen Abend wünsche ich dir, so schön es eben geht….


    Puzzle

  • Liebe Lilifee,


    du denkst noch an mich?

    Dankeschön für dieses Bild ❤️


    Wir haben heute den Geburtstag meiner beiden Jungs "gefeiert". Meine Tante aus Italien (ältere Schwester meines Papas) und meine Cousine sind gerade zu Besuch da und wir haben im engsten Familienkreis den Tag zusammen verbracht. Meine Tante war erst das 2. Mal hier und meine Cousine sogar zum 1. Mal. Mein Kleiner ist heute 2 geworden und der Große am Nikolaustag 4. Es war schön, dass die beiden da waren, aber es ist so traurig, dass mein Papa das nicht miterleben konnte. Er hat seine Familie immer so von Herzen geliebt.

    mein Kleinerer hat heute wieder nach langer Zeit den nonno (Opa) gesehen. Das hat er früher öfter, nun ist es eine zeitlang nicht mehr passiert. Es hieß immer nur: "Nonno im Immel". Aber heute war nonno genau da. Ich fragte: "Im Himmer?". Er erwiderte: "Nein, da." Und schickte Küsschen....


    Das war nun also der erste Geburtstag der Kinder ohne meinen Papa.

    Ich habe für jedes Jahr immer ein Geburtstagsvideo erstellt und in jedem Video war mein Papa der Star der Kinder. Es sind nur 3 Videos mit meinem Papa geworden. Die Restlichen werden ohne ihn sein...


    So wie du von dir und Andreas schreibst, waren auch Mama und Papa. Die beiden gab es fast ausschließlich im Doppelplack. Lediglich wenn mein Papa geschiedsrichtert hat, tat er dies allein. Es sei denn, sie durfte zuschauen. Ansonsten hatten die beide so viele gemeinsame Hobbys wie Tanzen, Spazieren, Gartenpflege, oder einfach nur gemeinsam entspannen.


    Ich wünsche allen hier viel Kraft.


    Traurige Grüße

    Annie

  • Liebe Annie,


    warum sollte ich nicht mehr an Dich denken? So schnell wird hier niemand vergessen. Ihr habt heute einen schweren Tag gehabt. Die ersten Geburtstage Deiner Kinder ohne den geliebten Papa und Nonno. Das war sicher sehr bedrückend. Interessant daß Dein Kleiner ihn sehen konnte, und ich glaube daß es so war. Warum sonst hätte er das sagen sollen. Dein Papa war bei euch, wenn auch unsichtbar. Um ihn sehen zu können braucht es vermutlich das unschuldige Herz und Gemüt eines kleinen Kindes. Wir Erwachsenen können das leider nicht mehr, aber nimm es als Zeichen von Deinem Papa. Durch die Augen Deines Kindes ist er sichtbar geworden.


    Die Geburtstagsvideos sind eine schöne Idee. Leider werden sie nun ohne Deinen Papa sein. Trotzdem ist er bei euch. Das ist jetzt noch kein Trost, ich weiß. Es wird sicher auch noch eine Weile dauern bis es ein Trost sein kann.


    Italiener sind allerdings absolute Familienmenschen. Meine Lieblingscousine ist mit einem verheiratet. Ein ganz lieber herzlicher Mensch. Andreas hat ihn auch sehr gemocht, und umgekehrt war es genauso. Und Dein Papa und Deine Mama waren auch ein Doppelpack. Gibt es also doch noch mehr Paare, denen so viel Zweisamkeit nicht zu viel ist. Andreas und ich haben uns keine Sekunde miteinander gelangweilt. Wir hatten uns auch immer was zu sagen. Und bei Deinen Eltern war es sicher genauso. Es ist ein großes Geschenk wenn man das erleben darf. Und ein umso größerer Verlust wenn es vorbei ist.


    Ich nehme Dich ganz fest in den Arm :24:

    Liebevolle Grüße

    Lilifee

  • Liebe Puzzle,


    es gibt nichts zu verzeihen, und Du brauchst Dich nicht zu bessern. Bleibe authentisch, bleibe einfach Du und schreibe weiter was Dich bewegt. Du bist noch so in Deiner Geschichte drin, was auch sehr verständlich ist. Was Du erleben mußtest ist ja noch viel schlimmer als wenn der Tod auf natürliche Weise kommt. Vielleicht können meine unbedeutenden Gedanken etwas beim Sortieren helfen. Deine Gedanken sind für mich jedenfalls sehr hilfreich. Ich glaube Dir gerne daß Du noch darauf wartest den Schlüssel in der Tür zu hören. Bei uns war das ein wenig anders. Mein Andreas hatte keinen Führerschein, deshalb habe ich ihn jeden morgen zu seiner Arbeitsstelle gefahren und nachmittags wieder abgeholt. Wir kamen immer zusammen nach Hause. Aber im Prinzip ist es das Gleiche. Etwas fehlt. Es ist nur noch Stille, genau wie Du schreibst.


    Unser Zusammenleben würden manche bestimmt als sehr intensiv bezeichnen. Für uns war es normal. Wir hätten uns nicht vorstellen können anders zu leben. Da war kein Zwang, kein Du mußt jetzt aber, es war einfach unser beider Wunsch. Darüber brauchten wir auch nicht zu reden, es war für uns ganz selbstverständlich.


    So wie Du es beschreibst gab es bei Deinem Partner wohl tatsächlich narzisstische Züge. Aber Du warst klug genug um in der richtigen Weise damit umzugehen, und hast erkannt daß es einen Auslöser dafür gab. Sich nicht vereinnahmen lassen, und ihn auch mal in der eigenen Suppe schmurgeln lassen war völlig richtig. Da hat natürlich die Erfahrung die Du durch Deinen Vater hattest sehr geholfen. Ansonsten ist es sicher nicht so einfach sich abzugrenzen und nicht zu verzweifeln. Man fragt sich in solchen Situationen ja gerne, was habe ich denn jetzt wieder falsch gemacht daß mein Partner so reagiert.

    Er hatte bereits gelernt, wie er diese Bewunderung, die ihm so überaus wichtig war, dauerhaft erhalten kann: indem er seine Partnerin umschwärmt, beschützt, behütet und ihr ein schönes Leben bietet… Er sagte mehr als einmal, ich hätte ihn als jungen Mann nicht gemocht.

    So völlig kann ihm die Selbstreflexion aber nicht gefehlt haben. Sonst hätte er das nicht sagen können. Narzissten bzw. Menschen mit narzisstischen Zügen können sogar sehr intelligent sein. Und interessante Persönlichkeiten sind sie gewiß, wenn auch keine einfachen. Für Dich war Dein Partner bestimmt der Richtige, und Du warst für ihn die Richtige. Deinen schönen Spruch kann man auch ein wenig umformulieren:


    Man braucht jemanden der einen liebt wie man ist, und weil man so ist.


    Das ist auch zutreffend.


    Du hättest die Rettung auch gegen seinen Willen gerufen, das ist klar. Und wenn Gefahr im Verzug ist darf der Notarzt vermutlich auch jemand gegen seinen Willen mitnehmen. Oder doch nicht? Jedenfalls konntest Du Deinem Partner sehr eindringlich erklären warum Du nicht einfach zugucken würdest. Und er hat es akzeptiert.


    Für vieles gibt es keine zweite Chance, das stimmt leider. Und Du hättest seinen Tod vermutlich nicht verhindern können. Es war wohl sein Schicksal an diesem Tag und auf diese Weise zu sterben. So wie es auch Andreas` Schicksal war an diesem verd… 02. Dezember zu sterben.

    Runter vom Karussell… es bringt mich nicht weiter…


    Nein, es bringt nicht weiter und es ändert auch nichts mehr. Wir können nur darauf hoffen und vertrauen daß es für unsere Männer genauso so richtig war.


    Es ist ganz bestimmt die Motivation die an Dir vorbeiläuft und nicht das Sandmännchen. Das ist nämlich längst weg wenn Du die Augen wieder aufmachst. Egal wie spät es gekommen ist. Und wir lernen voneinander. Drum eben ist ja auch die Unterhaltung mit Dir und Deine manchmal herzerfrischende pragmatische Art so hilfreich für mich.


    Oha, schon wieder ein Uhr vorbei. Jetzt husche ich ins Bettchen, vielleicht erwische ich meine Motivation morgen doch mal … :8::8:


    Ich wünsche Dir einen ruhigen Tag

    Liebe Grüße

    Lilifee


  • Das ist genau mein Humor… wie oft sag ich „blöd gelaufen…“ Danke für dieses Lächeln heute morgen.


    Einen guten Morgen, wünsche ich dir.


    Dieser verdammt 2. Dezember…. Welches Datum könnte ich nennen? Auch das ist in „meiner“ Geschichte unklar.


    Sein Vermieter hörte es an einem Samstag rumpeln in seiner Wohnung. Danach hat er meinen Partner nicht mehr erreicht. Erst am Dienstag darauf ließ er die Wohnung durch die Polizei öffnen. Vermutlich war er acht bis zwölf Stunden vorher verstorben. Also Montag Abend? Möglicherweise…. Was war von Samstag bis Montag?
    Ich denke an meine Nacht vor der Notoperation… lag er hilflos am Boden, wie er am Dienstag gefunden wurde und betete, dass Hilfe kommt, weil er sie selbst nicht mehr rufen konnte? Schreckliche Szenen laufen durch meinen Kopf…


    Und wieder: es war sein Schicksal. So sollte es sein. Ich kann es nicht ändern.

    Es passte so einiges nicht zu einem typischen Narzissten. Es gab viele Situationen, in denen er mein Wohl über das eigene gestellt hat. Sehr untypisch. Deshalb griff auch das Argument, er würde mir schaden, wenn er nicht ins Krankenhaus ging. Hätte ich damit argumentiert, dass man ihm helfen müsste und dass er sein Leben riskiert, wäre die Argumentation ins Leere gelaufen. Ihm aber klar zu machen, dass er mir in höchstem Maße schaden würde, indem er sich nicht in Behandlung begibt, das half.
    Das war dann aber auch der Grund, warum er den Streit vom Zaun brach und ging… ich hätte ihn nicht sterben lassen, nicht ohne Hilfe zu holen, weil ich sowohl emotional als auch rechtlich dazu gezwungen war. Er wollte das aber offenbar nicht, also musste er gehen. Wenn man in seiner Art über die Situation nachdenkt, ist sie logisch und klar. Allerdings, was ich ihm vorwerfe: er hat zu kurzsichtig gedacht.
    Ich denke, er hat nicht entschieden, dass er sterben möchte. Er hat lediglich entschieden, seinen Erkrankungen nichts mehr entgegenzusetzen. Er gab den Kampf auf. Ob er diese Entscheidung bereut hat, als er erkannte, dass er den Punkt überschritten hatte, an dem es kein Zurück mehr gab, und ihm klar wurde, dass dies sein Ende sein würde, weiß ich nicht….
    Was dieses Ende für mich bedeuten würde, das hat er nicht berücksichtigt. Ich glaube, er hat nicht realisiert, was ich für ihn empfinde, wie wichtig er mir war. Er war der Meinung, wenn er mich so lange provoziert, bis ich ihn wegschicke, würde ich leicht mit seinem Verlust umgehen können. Schließlich hatte ich ihn ja rausgeworfen…. Er lag sooo falsch…. So falsch, wie man nur irgendwie liegen kann….

    Und da sind wir wieder dort, was du auch schon festgestellt hast: er hielt sich selbst nicht für wertvoll genug, dass ihn jemand lieben könnte… wenn er meine Liebe zu spüren bekam, war er immer biestig und abwertend… er konnte das nicht annehmen und hielt es sogar dann noch für unmöglich, dass ihn jemand um seiner selbst Willen lieben könnte, als er es erlebt hat.


    Es war sein Schicksal. Ich kann nichts ändern….


    Und weil ich sein Schicksal nicht teilen möchte, werde ich mich heute erneut zum Arzt begeben, freiwillig, damit meine Lieben sich nicht fragen müssen, warum ihre Liebe mich nicht getragen hat….


    Hab einen ruhigen Montag, danke für dein Mitgefühl!

    Puzzle X/

  • Liebe Puzzle,


    irgendwie hatte ich so eine Ahnung daß Dir dieser Humor zusagt. Ich fand den Witz auch herrlich. Knochentrockener Humor eben.


    Meine Motivation konnte ich auch heute leider nicht einholen. Ich sah sie aber noch laufen, und hörte sie leise kichern. :) Folglich habe ich den heutigen Tag wieder ziemlich sinnfrei verbracht. Trotzdem ist er relativ schnell vergangen. Erstaunlich oder? Vielleicht lag es aber auch einfach nur daran daß ich erst um ein Uhr aufgestanden bin. Hatte vorher absolut keine Lust, und da ich mir den Luxus leisten kann bin ich eben liegen geblieben bis mich der Kaffeedurst aus dem Bett getrieben hat. :P


    Ja, an welches Datum kannst Du Dich halten? Es kommen leider mehrere Tage in Betracht, und das bietet viel Raum für Spekulationen. Einiges kannst Du als gesichert annehmen, anderes nicht. Das Kopfkino läuft zu Hochform auf und gibt keine Ruhe.

    Was Du über das Verhalten Deines Partners schreibst paßt auch nicht zu einem Narzissten. Und mit den narzisstischen Zügen tue ich mir immer noch schwer. Ich habe ihn nicht gekannt, Du hast ihn geliebt und mit ihm gelebt. Du schreibst, er konnte ruppig sein. Vielleicht sogar verletzend. Und Du mußtest damit rechnen „gebissen“ zu werden. Das klingt aber alles nicht narzisstisch, sondern doch eher nach seinem kleinen, trauernden Kinderherz. Nach der Angst vor weiteren Verletzungen, die er auch als Erwachsener nicht ablegen konnte. Und eben das Gefühl nichts wert und damit nicht liebenswert zu sein.


    Das kommt mir sehr bekannt vor. Genau das wurde mir im Elternhaus auch vermittelt, und das prägt auch das Erwachsenenleben. Wobei das nicht unbedingt Bissigkeit und Bindungsunfähigkeit zur Folge hat. Es fehlt aber das Urvertrauen das ein Mensch haben sollte. Stattdessen gibt es Unsicherheit. Das war auch ein nicht unerheblicher Grund warum zwei Beziehungen schief gegangen sind. Bei Andreas war das vom ersten Tag an anders. Wir konnten uns sofort vertrauen, und dieses Vertrauen wurde auch nie enttäuscht.


    Was genau in Deinem Partner vorgegangen ist läßt sich nicht mehr ergründen. Vielleicht wollte er tatsächlich nicht sterben, sondern „nur“ nicht mehr gegen seine Erkrankungen ankämpfen. Das hätte er bei Dir natürlich nicht gekonnt. Deine Argumente konnte er nicht einfach abtun, deshalb hat er sich zurückgezogen. Vielleicht hat er auch nicht damit gerechnet daß es so schnell gehen würde. Ob er seine Entscheidung bereut hat als er merkte, es wird ernst, kann leider niemand sagen.

    Er war der Meinung, wenn er mich so lange provoziert, bis ich ihn wegschicke, würde ich leicht mit seinem Verlust umgehen können. Schließlich hatte ich ihn ja rausgeworfen…. Er lag sooo falsch…. So falsch, wie man nur irgendwie liegen kann….

    Aus seiner Sicht war diese Denkweise völlig richtig und logisch. Er hat wohl angenommen daß Deine Wut auf ihn größer sein wird als die Trauer über den Verlust. Er hat sich wirklich sehr geirrt.


    Alles was Du über ihn schreibst klingt für mich doch sehr nach einem Menschen der sich ein Leben lang nach Liebe und Anerkennung gesehnt hat, aber wegen Erfahrungen in der Kindheit? unfähig war beides anzunehmen wenn jemand es ihm geben wollte. Das war sein Schicksal, traurig aber nicht zu ändern. Du hättest nichts ändern können.


    Warst Du bei Deiner humorvollen Ärztin? Am Samstag ist mein Schwager 83 geworden. Er ist noch sehr fit, hat aber natürlich das eine oder andere Wehwehchen, und mußte am Freitag noch zu einer Kontrolle beim Kardiologen. Als ich ihm telefonisch zum Geburtstag gratuliert habe sagte ich zu ihm „es ist schön daß es Dir noch so gut geht, und gesundheitlich hast Du bekommen was Dir altersmäßig zusteht“. Erst war einen Moment Stille, aber dann kam herzhaftes Gelächter. Danke an den Humor Deiner Ärztin. Ich hoffe Dein Arztbesuch war erfolgreich.


    Morgen werde ich -vielleicht- nochmal versuchen meine Motivation einzuholen. Wenn es mir wieder nicht gelingt gebe ich erst mal auf. X(:S


    Ich wünsche Dir einen möglichst ruhigen Tag

    Lilifee

  • *hehehe* sehr böse. Es heißt ja, der Stress zu Weihnachten ist selbstgemacht…. ;)
    Meine Schwester und ich gehören noch zu den Kindern, denen die Mandeln ohne Grund standardmäßig entfernt wurden. Das war damals Stand der Wissenschaft, die Dinger machen mehr Schaden als sie nutzen, hieß es und wurden entfernt. Also werde ich wohl zeitlebens auf „gebrannte Mandeln“ verzichten müssen…8o


    Guten Morgen, liebe Lilifee.


    Wie ist es mit der Motivation? War sie wieder schneller als du? Nimm’s nicht so tragisch, schließlich sind auch Gemütlichkeit und Ruhe ganz angenehme Lebensbegleiter. Es muss nicht immer alles Sinn ergeben. So manch Unsinniges hat doch auch seinen Reiz…. und hat am Ende vielleicht mehr Sinn ergeben, als zu erwarten war. Gerade das Unerwartete, das Unvorstellbare prägt unser Leben.

    Auch in deinen heutigen Zeilen trifft du wieder den Kern der Dinge.
    Ja, du hast recht, vermutlich konnte mein Partner sein kleines, verunsichertes und verletztes Kinderherz nie verheilen lassen. Was daraus im Erwachsenenalter wird, ist allerdings schwer zu verstehen und manchmal kaum auszuhalten. Der Narzissmus war dabei nur ein Teil seiner vielfältigen Persönlichkeit.


    Es hat wohl einige Monate gedauert, bis ich verstanden habe, was bei ihm los war. Solange wir zusammen waren, habe ich getestet, welches Verhalten was auslöst. Selbstverständlich hat er das mitbekommen, dumm war er ja nicht. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er mitgemacht hat. Das zeigte mir seinen Wunsch nach Familie und Ankommen. Er wollte, wie ich, dass das Zusammenleben funktioniert…


    Immer wieder hatte ich den Eindruck, er wäre wie Dr. Jekyll und Mr Hyde. Ich glaube, er hat es gehasst, wenn das Monster losbrach. Manchmal sagte er sehr Verletzendes und wirkte dabei, als wäre es ihm unangenehm, ja sogar peinlich, dass er die Worte gesagt hatte. Sein Mund sagte die Worte, sein Gesicht sagte: es tut mir leid…. Ab und zu hat er sich dabei auch geduckt, als würde er Schläge erwarten für seine Aussage… Dieses Ducken kenne ich, ich reagiere auch so, wenn mich jemand anschreit…. Das kommt aus der Kindheit.


    Manche verletzenden Aussagen kamen mir vor wie eine automatische Reaktion. So wie ich bei manchen Filmen immer weine oder wie man *au* sagt, wenn etwas plötzlich weh tut… Es waren keine bewusst gesetzten Gemeinheiten. Da war keine Berechnung dahinter, keine Absicht.
    Zum Beispiel: Es gab einige Monate, da kommentierte er jeden Satz von mir mit „Blödsinn“. Das war jedesmal wie eine Ohrfeige. Also habe ich getestet, ob es hier wirklich um eine Wertung meiner Aussage ging. Ich merkte mir einzelne Aussagen von ihm und gab sie ein paar Tage, manchmal eine Woche später wortgleich wieder. Und bekam auch „Blödsinn“ zu hören. Es war also unerheblich, WAS ich sagte, „Blödsinn“ kam als Reaktion. Da half es also nicht, wenn ich mein Verhalten ändere… Blöd, denn eigentlich tat ich das, damit ich mich auf ihn einstellen konnte. Ihn zu ändern, war nicht mein Ziel. Der einzige Mensch, den ich ändern darf, bin ich selbst.
    Diesmal aber musste ich ihn darauf aufmerksam machen. Er schaffte es tatsächlich, diese automatisierte Reaktion zu ändern. Vielleicht sah er wie ich die Chance Mr Hyde zu bändigen.


    Eine der vielen übergebliebenen Fragen ist auch, ob wir unsere Ecken und Kanten jemals so aneinander abgerieben hätten, dass wir zur Ruhe finden hätten können. Die Hoffnung hatte ich… er vermutlich nicht oder nicht mehr.
    Vielleicht war ihm auch das schwierige Zusammenfinden zu viel? Vielleicht wollte er einfach in Ruhe gelassen werden? Vielleicht waren die Dinge, die er mir in dem Streit vorgeworfen hatte und die mir so absurd und widersinnig vorkamen, ernst gemeint? Vielleicht sah er mich wirklich so? Vielleicht war er meiner überdrüssig und sein Tod kam nur „zufällig“ zu diesem Zeitpunkt?
    Auch das ist eine Möglichkeit…. Auch diese Fragen bleiben offen….


    Heute pfeife ich auf die Motivation, werde ihr *bäh* frech die Zunge zeigen und unabhängig davon, ob sie mir hilft oder nicht, einen ausgiebigen Spaziergang machen. Ich muss mein Hirn lüften, damit es sich entknotet :/


    Dir wünsche ich einen ruhigen Tag, ohne Karussell und ungelösten Fragen.

    Puzzle

  • Liebe Puzzle,


    meiner Schwester und mir wurden die Mandeln auch im zarten Kindesalter entfernt. Ich war 7, sie gerade 5. Aber nicht nur standardmäßig, sondern weil wir geschnarcht hätten. Und weil es ein Aufwasch war mußten noch irgendwelche Polypen mit dran glauben. Die Mandeln wurden mit örtlicher Betäubung entfernt (heute wohl nicht mehr denkbar), und für die Polypen gab es eine Vollnarkose. Das hieß damals, es wurde ein äthergetränktes Tuch vor Mund und Nase gedrückt. Ich glaube ich habe ganz schön um mich geschlagen, aber dann weiß ich nichts mehr. Die Narkose hat gewirkt ...


    Gebrannte Mandeln gibt es bei mir deshalb auch nicht, egal wie heiß der Glühwein ist. Macht aber nichts, denn die Dinger sind hart und die Zähne waren teuer.:P


    Meine Motivation war wieder schneller als ich. Mache jetzt erst mal Pause und höre auf sie zu jagen. Ich hab`s eh mehr mit Ruhe und Gemütlichkeit. Es muß auch nicht alles Sinn ergeben. Wie Du schreibst, das Unsinnige kann auch reizvoll sein. Leider tut sich bei mir aber weder Sinniges noch Unsinniges. Auch nichts Unerwartetes.:( Obwohl, heute hatte ich wieder ein sehr schönes ausgiebiges Telefonat mit meiner Schwägerin. Sie konnte mir berichten, daß ein Brief den ich am letzten Dienstag abgeschickt hatte, heute doch endlich angekommen ist. Damit hatten wir schon nicht mehr gerechnet, und man muß auch für die kleinen Dinge dankbar sein. Ich hatte nämlich die Zeitungsseite mit der Anzeige für Andreas an Schwager und Schwägerin geschickt. Beide wohnen in Berlin. Mein Schwager hatte seinen Brief schon am letzten Mittwoch bekommen.


    Was Du über Deinen Partner schreibst kann ich so gut nachvollziehen als hätte ich daneben gestanden. Was ein verletztes Kinderherz bis ins Erwachsenenalter anrichten kann ist sicher manchmal nur schwer auszuhalten, aber eigentlich nicht schwer zu verstehen. Die Ruppigkeit und das abweisende Verhalten waren nicht sein wahres Wesen. Es war ein Schutz um nicht selbst verletzt zu werden. An den Vergleich mit Dr. Jekyll/Mr. Hyde hatte ich auch spontan gedacht. Deshalb schrieb ich ja schon vom Mann mit zwei Gesichtern. Denn genau das war er wohl. Ganz sicher wollte er im tiefsten Inneren daß euer Zusammenleben funktioniert. Und wer weiß, wenn ihr mehr Zeit gehabt hättet. Wenn Dein Partner „nur“ mit seinen inneren Verletzungen hätte kämpfen müssen, und nicht auch noch mit dem Diabetes und seinen Folgen. Ich kann mir gut vorstellen daß Du sein verletztes Kinderherz geheilt hättest. Aber es sollte nicht sein. Vermutlich hatte er keine Kraft mehr zu kämpfen, konnte Mr. Hyde nicht besiegen, und es wurde ihm alles zu viel. Es war sein Schicksal. Wünschen wir ihm daß er Ruhe und Frieden gefunden hat.


    Mit Andreas gab es keine Kämpfe. Er hat mein verletztes Kinderherz sehr schnell und mühelos geheilt. Ihm konnte ich von Anfang an vertrauen, hatte zum ersten mal das sichere Gefühl geliebt zu werden. Das war ein großes Geschenk. Dafür kämpfe ich jetzt den schwersten Kampf meines Lebens. Durchhalten bis ich endlich wieder bei ihm bin.


    Für Andreas fühle ich nur Ruhe und Frieden, gönne es ihm daß er nach dem Schlaganfall nicht noch zum Pflegefall werden mußte. Aber der Schmerz wird mich bis zu meinem letzten Atemzug begleiten. Das wird bei Dir wohl auch so sein. Aber wir werden durchhalten. Du genauso wie ich.


    Und wenn ich meine Motivation morgen auch wieder kichern höre strecke ich ihr einfach die Zunge raus.8o Gute Idee, und mal sehen was sie davon hält. Hoffe Dein Hirn ist entlüftet, und das Karussell kommt zum Stillstand.


    In diesem Sinne wünsche ich Dir auch einen ruhigen Tag.

    Lilifee

  • Ach, liebe Lilifee, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten…. hatten wir nicht. Ende der Geschichte. Damit endet jeder meiner Gedanken. „…hatten wir nicht…“ „…waren wir nicht…“ „…konnten wir nicht…“ Ende der Geschichte. Und das finde ich so falsch. Sich darauf zu konzentrieren, was alles NICHT war, macht nur das Herz schwer.


    Am Anfang unseres Austausches erwähnte ich, ich wäre gerade dabei, aufzustehen und den Blick nach vor zu richten. Und doch habe ich nun viele Tage mit Zurückblicken, Erzählen und Erinnern verbracht und mit den vielen Fragen, die mir geblieben sind. Doch er war so viel mehr, als sein schweres Ende und die vielen offenen Fragen. Er war so viel mehr…. Für mich ist es falsch, an Wünschen hängen zu bleiben, die nicht wahr werden. Keiner weiß, was gekommen wäre, wenn…. Da gab es einmal ein Lied, in dessen Refrain es hieß: alles ist möglich, nichts ist fix.

    Dieser Mann hatte mich in vielen Belangen überrascht. Vieles, was ich mit ihm erlebt habe, hätte ich mir nicht ausdenken können. Warum sollte ich mir also jetzt eine Zukunft ausdenken können? Noch dazu eine Zukunft, die es nicht geben wird…. und wozu sollte ich das tun?

    Weh tut das Ganze von selbst, das muss ich nicht noch anfeuern…. also versuche ich, diese Gedanken zu stoppen. Ich versuchen mich auf „….wir hatten….“ „…wir waren….“ und „…wir konnten….“ zu konzentrieren. Dass auch diese Gedanken mit „Ende der Geschichte“ enden, ist schlimm genug.


    Ich kehre also zurück zu mir. Was wird nun aus mir? Werde ich hier sitzen und warten, bis meine Zeit gekommen ist? War mein Leben nur wertvoll, weil ich es mit jemandem geteilt habe? Kann es nicht auch aus eigener Kraft wertvoll sein?
    Ich glaube, jedes Leben ist wertvoll, weil es einzigartig und vergänglich ist. Jedesmal wenn ein Leben endet und wir mit der unbegreifbaren Endgültigkeit dieses Endes konfrontiert sind, sollte uns dies doch zeigen, wie wertvoll ein Leben ist. Oder ist dieser Wert ebenso unbegreifbar wie die Endgültigkeit? Sollte uns unser eigenes Leben nicht ebenso wertvoll erscheinen, wie das unserer Vorausgegangenen? Muss es tatsächlich erst vorbei sein, damit wir den Wert erkennen? Muss man etwas tatsächlich erst verlieren, um es schätzen zu können?
    Sind das nicht die sinnvolleren Fragen, als darüber zu sinnieren, was alles nicht war?
    Ist es nicht eigenartig, dass ich überall ungelöste Fragen finde, ob ich nun nach vor oder zurück schaue?


    Ich bin zu alt für eine Midlifecrisis ;) denn das würde bedeuten, dass ich über 110 Jahre werden müsste…. Nenene, nicht mit mir, liebes Schicksal.

    Ich habe meiner Tochter versprochen, ich werde 80 Jahre alt.
    Zwei Mal ist mir ein lebensveränderndes Ende begegnet, zweimal war es 29.05.;

    das erste und das zweite Mal liegen 27 Jahre auseinander.
    Rechnet man vom zweiten auf das dritte Mal wieder mit 27 Jahren, sind wir im Jahr 2047, da bin ich 80….

    Ich denke, ich weiß, wie viel Zeit ich habe ;)

    Merkt man, dass ich sehr oft und sehr viele Statistiken erstelle? ;) Ne, Puzzle, gaaaaaar nicht :P


    Ich brauche allerdings keine Statistik, um zu errechnen, wann ich heute wieder zum Notar gehen muss, um bei der Abwicklung der Verlassenschaft nach meiner Mutter dabei zu sein… Leider gibt es für diese Abwicklung keine gesetzlichen Fristen, sie darf nur nicht „unnötig verzögert werden“. Was für ein Gummiparagraf… und so schlagen wir uns auch 5 Monaten nach ihrem Letzten Weg noch mit bürokratischen Winkelzügen herum, anstatt sie endlich ruhen lassen zu dürfen… meine geliebte Mutter…

    Dass meine Motivation für den heutigen Tag nicht einmal grinsend vorbeigehuscht ist, sondern sich gleich gar nicht gezeigt hat, muss ich wohl nicht betonen… vermutlich hat sie sich in das tiefste Erdloch verzogen, das sie finden konnte und wird nun tagelang als Verschollen gelten… ob ich dafür eine Abgängigkeitsanzeige aufgeben kann und mir jemand beim Suchen hilft??? :/
    Lachen ist wohl der wirksamste Köder, um sie anzulocken…. Blöd nur, dass mir das Lachen ebenfalls abhanden gekommen ist….
    Puzzle, du musst anfangen Ordnung zu halten! Es hilft nichts, hunderte von Sachen zu horten, wenn du sie im Bedarfsfall dann nicht findest…. verflixt…. 8o


    Hab es gut, liebe Lilifee, so gut es geht…


    Puzzle, auf der Suche nach allem möglichen…..

  • Ja liebe Puzzle, da sind wir wieder bei hätte hätte Fahrradkette. Alles könnte, sollte, wäre doch, nutzt nichts. Die Vergangenheit läßt sich nicht ändern. Aufgrund der unterschiedlichen Situation hattest Du mehr und andere Fragen als ich. Du hast einige bestmögliche Antworten bekommen, ich keine einzige. In dieser Welt werden wir auch keine mehr bekommen. Damit muß man sich wohl abfinden. Eine höhere Macht bestimmt wer wann und wie stirbt. Wir konnten nichts daran ändern. Von daher ist es sinnlos sich mit Fragen zu quälen und über vergangenes zu grübeln. Es ist nur schmerzhaft und hilft nichts.


    Hoffentlich hat Dich unser Austausch nicht zu sehr vom Aufstehen und nach vorne gucken abgehalten. Natürlich war Dein Partner viel mehr als das schlimme Ende. Er war für Dich wertvoller als er das annehmen konnte. Aber über eine Zukunft nachdenken die so nie mehr sein wird, ist allerdings müßig und führt zu nichts.


    Jedes Leben ist wertvoll und ein Geschenk. Das ist grundsätzlich sicher richtig. Für mich kann ich mit dieser Aussage aber nicht viel anfangen. Ich wurde nicht gefragt ob ich dieses Geschenk haben wollte. Oder ob ich es so wollte wie ich es bekommen habe. Mein Leben war für mich wertvoll als ich es mit Andreas teilen konnte. Jetzt aber nicht mehr. Jeder hat ja eine eigene Vorstellung davon was das Leben lebenswert macht. Das ist auch gut und richtig so. Meine Vorstellung von einem lebenswerten Leben wird sich nicht mehr erfüllen. Es sei denn es geschieht ein Wunder, an das ich aber nicht glaube. Das ist nicht schön, aber damit werde ich leben müssen.

    Was wird nun aus mir? Werde ich hier sitzen und warten, bis meine Zeit gekommen ist? War mein Leben nur wertvoll, weil ich es mit jemandem geteilt habe? Kann es nicht auch aus eigener Kraft wertvoll sein?


    Das sind gute Fragen, und mit der Zeit wird es sicher auch Antworten geben. Wie die Antworten aussehen wird sich weisen. Vielleicht überraschend anders als man es sich heute vorstellen kann. Vielleicht wird es aber auch so absehbar wie man es sich heute vorstellt. Die Zeit wird es zeigen.

    Mit dem Versprechen an Deine Tochter warst Du ja mutig, aber die beiden einschneidenden Daten in Deinem Leben sind schon faszinierend. Vor allem weil Du bei einem dritten Datum tatsächlich 80 bist. Vielleicht kommt es ja tatsächlich so. Wer kann das wissen. Meine Schwägerin und ich sind ein Jahrgang, und sie will unbedingt 100 werden. Darf sie auch. Sie stellt sich aber vor, daß ich mit ihr zusammen 100 werde. Weil sie das natürlich nicht alleine erleben möchte. Aber Pustekuchen. Dann müßte ich noch 32 Jahre leben, und diese Vorstellung ist Albtraum pur. Ich sehe uns vor mir, wie wir mit wackelndem Kopf und klapperndem Gebiß den Rollator vor uns her schieben. :8::8: Und ganz dicht sind wir dann vielleicht auch nicht mehr. Neeneenee, nicht mit mir. Da möchte ich schon lange mit Andreas auf einer Wolke sitzen und ihr von oben zugucken. :5::5:


    Gummiparagraphen sind was Schönes. Die können einem den letzten Nerv rauben. Vor allem sind sie meistens nur für die anderen gut, aber nicht für einen selbst. Hoffe, Du hast den Notar überlebt. Daß Deine Motivation verstecken spielt mußt Du nicht betonen. Ich habe meine heute auch noch nicht gesehen. Habe ihr aber in Abwesenheit ganz lang die Zunge rausgestreckt und dreimal „bäh“ gesagt. Soll sie doch bleiben wo der Pfeffer wächst. Im neuen Jahr werde ich nochmal versuchen sie einzufangen. Aber wenn Lachen der beste Köder ist, habe ich ein ernsthaftes Problem. :( Ob eine Suchanzeige hilft, und ob es dann vielleicht heißt neues Jahr, neues Glück? Vermutlich eher nicht, aber mal sehen. Man soll ja die Hoffnung die man nicht mehr hat, nicht zu früh aufgeben. Oder bringe ich jetzt was durcheinander? :S Was schreibst Du wegen der Ordnung?


    Hab Du es auch so gut wie es geht.


    Lilifee, die nicht auf der Suche ist, weil sie nicht weiß was sie suchen sollte. :33:

  • Guten Morgen, liebe Lilifee…


    Heute mache ich’s der Motivation nach, ich husche nur kurz vorbei…. ich muss mein Flügerl wieder einrichten lassen…X/


    Abgesehen von einzelnen Sätzen und Aussagen versuche ich immer die Gesamtheit eines Textes aufzunehmen, den Eindruck, den der Text auf mich macht. Und bei dir ist es eine Frage, die sich mir zeigt: Warum grenzt du dich selbst aus der Hoffnung aus, die du anderen vermitteln möchtest?

    Jedes Leben ist wertvoll und ein Geschenk. Das ist grundsätzlich sicher richtig. Für mich kann ich mit dieser Aussage aber nicht viel anfangen. Ich wurde nicht gefragt ob ich dieses Geschenk haben wollte. Oder ob ich es so wollte wie ich es bekommen habe. Mein Leben war für mich wertvoll als ich es mit Andreas teilen konnte. Jetzt aber nicht mehr.

    Ein Geschenk hat nur Wert, wenn man es haben möchte? Wenn man es sich ausgesucht hat? Siehst du den Widerspruch auch, den ich sehe?
    Ich verstehe und kann sehr gut nachfühlen, dass ein Leben ohne Andreas keinen Sinn mehr für dich ergibt.
    Was ich dabei nicht verstehe: du bist ein so liebenswerter, mitfühlender, warmherziger Mensch. Meinst du wirklich, mit diesen Eigenschaften und deinem Leben ist nichts mehr anzufangen, als auf das Ende zu warten?


    Ich denke, ich würde viel finden, was du suchen könntest ;)


    Ich wünsche dir einen ruhigen Tag… und ein paar Fragen (von den richtigen) mehr in deinem Leben. ;)


    Puzzle, die heute wieder zur Folter muss….:rolleyes:

  • Du liebe gute Puzzle,


    es ist schlicht und ergreifend so daß ich für mich nicht mehr viel Hoffnung habe. Deswegen will ich aber trotzdem versuchen anderen welche zu vermitteln. Jedes Leben ist anders. Ich hatte in meinem nie sehr viel Glück, aber das muß ja nicht bei jedem so sein.


    Ich muß ein Geschenk natürlich nicht selbst ausgesucht haben damit es einen Wert hat. Und „normale“ Geschenke sind auch wertvoll, wenn sie mir nicht ganz so gut gefallen sollten. Alleine deshalb weil sich der Schenkende die Mühe gemacht hat etwas für mich auszusuchen. Denn das ist ja das eigentliche Geschenk.


    Für mein Leben sehe ich das aber anders. Nach zwei gescheiterten Beziehungen habe ich lange alleine gelebt bis Andreas und ich uns kennengelernt haben. Alleine leben beherrsche ich zwar, aber es war nie mein Wunsch und auch nicht freiwillig. Kein Glück in der Liebe. Es ist vermutlich nicht für jeden verständlich, aber für mich ist das Leben nur lebenswert wenn ich es mit einem lieben Partner teilen kann. Lieben dürfen und geliebt werden. Danach habe ich mich mein ganzes Erwachsenenleben lang vergeblich gesehnt. Dieses Geschenk habe ich nur für die viel zu kurze Zeit mit Andreas bekommen. Als wollte das boshafte Schicksal sagen, Du darfst mal abbeißen, aber mehr ist für Dich nicht vorgesehen. Genauso kommt es mir jedenfalls vor. Und nochmal eine neue Beziehung zu haben ist ungefähr so wahrscheinlich wie Schnee im August. :33:


    Natürlich könnte ich mir ein Ehrenamt suchen. Schrieb ich auch schon mal. Das soll ja sehr erfüllend sein. Ist es auch bestimmt, aber eben nicht für mich. Weil ich nun mal eine andere Vorstellung von Erfüllung habe. Ich will auch nicht jammern, anderen geht es viel schlechter als mir. Und sollte für mich tatsächlich noch etwas Schönes vorgesehen sein nehme ich das auch dankbar an. Ich hoffe nur nicht darauf, denn dann werde ich nicht enttäuscht wenn es nicht mehr so ist.


    Danke für Deine gute Meinung von mir, und gib mir bitte einen guten Tip was ich suchen könnte. Außer meiner Motivation...;)


    Ich hoffe, Dein Flügerl ist wieder gerichtet und die Folter war erträglich.


    Alles Liebe

    Lilifee

  • Guten Morgen, liebe Lilifee.


    Ja, so fühlt sich das Leben an, wenn einem der Sinn genommen wird…. für mich auch.
    Eine liebe Freundin schrieb mir einmal: 10% ist Schicksal, der Rest ist, was wir daraus machen.

    Mein Partner bedeutete das gleiche für mich, wie Andreas für dich. Auch ich war 17 Jahre lang ohne nennenswerte Partnerschaft, da und dort mal ein Versuch. Einer davon richtig grauslich… ich war so belastet… die beiden Kinder, der Job, das Haus… alles musste laufen… und ist auch gelaufen, nur ich bin dabei untergegangen…


    Und dann kommt dieser Kerl und zaubert das alles weg. Es war genauso schwierig, wie ich es brauchte, genauso schön, wie ich es brauchte; er hat alle meine Wünsche erfüllt. Dass er noch Vieles mitgebracht hat, was ich mir nicht gewünscht hatte, das steht auf einem anderen Blatt.
    Und kaum hatte ich von diesem Luxus gekostet…. *ätsch* das war’s dann…. schlägt das Schicksal einen Haken und *flusch* ist alles weg…. Wer würde sich nicht verar***** vorkommen?

    Ich verstehe dich sehr gut…

    Schei**** auf 10% Schicksal, wenn dadurch 100% Leben zerstört werden….

    So, nun sitz ich hier auf den 10% Schicksal… und rundherum ist alles… *bäh*… Monatelang habe ich es so gelassen. Als ich nach 23 Monaten dachte, es würde sich auch aus den Scherben etwas basteln lassen, was sich vielleicht wieder wie Leben anfühlt, starb meine Mutter…*zack* wieder alles dahin. So, als würde das Schicksal mir sagen: „du kommst nicht mehr auf die Beine und wenn du es versuchst, zeig ich dir, was ich noch alles kann….“ <X

    Also sind es jetzt 30 Monate….


    Nun ist aber der Tod doch ein „normaler“ Bestandteil des Lebens. Wir wissen, dass niemand ewig lebt und wir wissen, dass man sich nicht aussuchen kann, wen es wann trifft.
    Irgendwann hab ich Frieden geschlossen: Das Schicksal sitzt nicht grinsend in der Ecke und freut sich darauf mir Prügel vor die Füße zu werfen. Es wartet nicht irgendwo, um mir eine reinzuwürgen, wenn ich auftauche. Aus Sicht des Schicksals ist einfach nur passiert, was Leben bedeutet: es endet.

    Wie viele Menschen sind am gleichen Tag verstorben, an dem auch mein Partner starb? Wie viele Menschen wurden in dem Moment geboren, als er starb? Wie viele Menschen wurden gefoltert an diesem Tag? Wie viele Menschen haben die Liebe ihres Lebens gefunden und schwebten im Siebten Himmel?
    Schreckliches, Schönes, Gutes und Böses passiert. Gleichzeitig. Jeden Tag.


    Was aber wäre denn noch schön, wenn es nichts schreckliches mehr gibt?

    Warum fandest du Andreas so faszinierend? So toll, so unwiderstehlich… du hast es selbst geschrieben: weil du das Leben ganz anders kanntest, weil du auch „schlechte“ Beziehungen kanntest. Wären alle Beziehungen gut, schön und passend, hättest du ihn ja nie getroffen.
    Es gibt kein Gut ohne Böse…


    Wenn es also Gut und Böse geben muss, ist es doch nur logisch, dass dieses Böse, dieses Schreckliche auch jemand abkriegen muss. Diesmal bin es ich, die es abgekriegt hat. Und du und viele andere hier und draußen in der Welt… wir haben diesmal das Schreckliche abgekriegt, während andere das Schöne bekommen haben… und als wir das Schöne bekamen, bekamen andere das Schreckliche…

    Das ist nur logisch. Und für mich daher auch nicht weiter tragisch. Es darf mir schlecht gehen. Was ist daran schlimm?

    Die einzige Frage dabei ist lediglich: möchte ich, dass es so bleibt?
    Und wenn ich das nicht möchte: was kann ich ändern, damit es nicht so bleibt. Genau da stecke ich im Moment. Damit beschäftige ich mich im Moment.

    Und wenn ich dich richtig verstanden habe, steckst du auch dort. Die Frage ist also: möchtest du, dass es so bleibt? Wenn ja, ist alles in Ordnung.

    Wenn nein, kommt die nächste Frage: was kannst du ändern?
    90%… das ist viel 8)


    Puzzle, mit vielen Fragen und wenig Antworten….