Bruder gestorben, Nachlass, wie geht Ihr mit Erinnerungsstücken um? Nach welchen Kriterien sortiert Ihr?

  • Mal n ganz "praktischer" Aspekt:


    In unserer Familie wurde schon immer viel gesammelt. Jeder Brief, Bilder, Trauerkarten aller Beerdigungen (zurückgehend bis in die 50er), Alben, Briefwechsel, Ausschnitte aus Zeitungen, Todesanzeigen. Da hat sich in den letzten Jahren bei mir und meinem Bruder viel angesammelt in Kartons, Koffern etc. Hinzu kommen noch Erinnerungsstücke meiner eigenen Geschichte.


    Nun ist vor drei Wochen mein Bruder gestorben, abgesehen von dem unendlichen Schmerz den ich hier nicht weiter beschreiben muss gibt es halt auch einige ganz profane Dinge und Fragen die mich beschäftigen.


    Ich sitze nun abends da und stöber in den alten Aufzeichnungen, Aufschriebe von Tante, Onkel, Mutter. Die Briefe und Notizen sind teils strotzend vor Jammer und Wehklagen (war in unserer Familie üblich) teils von belanglosem Inhalt.


    Ich habe das Gefühl das dieser ganze "alte Bettel" mich selbst zu sehr in der Vergangenheit und in meiner Familiengeschichte "gefangen" hält. Ich halte ein Brief von meinem angeheirateten Onkel X in der Hand, geschrieben etwa 1950 und adressiert an meine Tante, und ich hab das Gefühl das geht mich doch gar nix an, das ist ned mein Ding.
    Ich würd einen Großteil der Sachen in den Schredder geben, habe aber die Befürchtung es in vielleicht 20 Jahren zu bereuen weil ich dann sozusagen keinen Zugang zu meiner geschichte mehr hab.


    Die Ratio sagt mir ich soll 90% in den Schredder lassen, und ein zwei Fotoalben aufbewahren. Ich mein, sorry , ich bin ned der Vollzeit-Familienhistoriker und ehrlich gesagt es interessiert mich einen Bettel ob in den 30ern mein Opa vom Nachbar einen Esel kaufte und sich dann herausstellt dass er hinkte (der Esel, nicht der Nachbar) und daraus ein 30-jähriger Rechtsstreit entstand. Und ich kann doch ned jeden zettel meiner Mutter zum Erinnerungsstück erklären wo sie aufschrieb was sie nachmittags aus der Stadt besorgen wollte.


    Kennt Ihr das? Wie bewertet Ihr Eure Sachen die Ihr vererbt bekommt und irgendwie sortieren müsst? Tut Ihr Euch auch schwer mit wegwerfen obwohl Ihr genau spürt dass Ihr die Schachtel mit Tantes gesammelten Handtaschen (incl. jeweils einem Gesangbuch,Spiegel, Taschentuch und 4711-Notration) die nächsten 10 Jahre nicht mehr anrühren werdet?


    Ihr spürt dass ich trotz tiefer Trauer meine Humor ned verloren habe, und dass muss so sein, da war ich mit meinem Bruder ganz ähnlich....



    Grüßle an Alle


    chuck

  • Hallo Chack!


    ich denke Du hast deine antwort schon :.... ich bin ned der Vollzeit-Familienhistoriker ...


    es kommt immer der besondere moment im leben, wo man loslassen soll/muss um irgendwo einen punkt zu setzten.


    Vertrau auf Dich, du wirst das richtige tun


    herzlichst maki

  • Hallo Chuck


    Vorerst eine herzliches Willkommen hier im Forum. Zum Verlust Deines Bruders mein aufrichtiges Beileid.


    Deine Frage nach dem Nachlass, da gibt es, glaube ich sagen zu können, keine "Kriterien". Es wird immer individuell sein, wie man mit Nachlässen umgeht. Es gibt Leute, die rufen einfach Wohnungsräumdienste an, um ja nicht mit diesen Dingen, die ja auch sehr aufwühlen können, konfrontiert zu sein. Andere wiederum horten alles in Keller und auf Dachböden. Andere sortieren in langen Jahren aus. Immer wieder etwas, womit sie dann wirklich nichts mehr anfangen können, oder auch wollen. Da bleibt halt für Dich guter Rat teuer. Meine damit. Am Besten Du wartest noch etwas zu, wenn Du kannst, und lässt dann Dein Bauchgefühl sprechen. Oder vielleicht sendet Dir auch Dein Bruder inzwischen eine Nachricht dazu. Also halt Ausschau danach.


    Lieb Gruss


    Walter (... :huh: ...)