Liebe Leute,
ich bin so froh, dass ich dieses Forum gefunden habe, denn ich muss meine Geschichte los werden, vielleicht schaffe ich es so, den Tod meines lieben Papas ein bisschen besser zu verarbeiten - ich vermisse ihn so sehr...
Ende Mai hat alles angefangen - mein Papa ist, nachdem er bereits seit einigen Tagen über Schmerzen im Kopf, Rücken und Bein geklagt hat, zu Hause zusammengebrochen und zum Arzt gefahren, der ihn sofort ins Spital eingewiesen hat. Am Anfang ging es ihm noch "ganz gut", er konnte sich lediglich die Schmerzen nicht erklären, die immer schlimmer wurden. Die Ärzte haben unzählige Untersuchungen gemacht (fast jeden Tag Blut abgenommen, mehrere CTs und MRTs, EEG, EKG, Augenärztliche Untersuchung, Untersuchung der Haut usw... - alle Befunde negativ). Wir haben uns am Anfang nicht allzu große Sorgen gemacht - nach dem Motto "wenn die Ärzte nichts finden, kann es wohl nicht allzu schlimm sein". Dann wurde ihm Nervenwasser abgenommen und auf die gängigen Erkrankungen untersucht (zB Borreliose) - wieder negativ. Nach der Entnahme des Nervenwassers war er dann auch über einen Tag schmerzfrei - wir und auch die Ärzte haben uns gefreut. Als die Schmerzen wieder begonnen haben, wollten ihm die Ärzte etwas Gutes tun und haben ihm wieder Liquor (dieses Nervenwasser, dass das Gehirn und das Rückenmark umspült) abgenommen. Dieses Mal blieb der Erfolg jedoch aus... Die Schmerzen wurden schlimmer und er bekam epileptische Anfälle. Zwischenzeitlich bekamen wir einen weiteren Befund der Nervenwasseruntersuchung - es wurden tumorähnliche Zellen gefunden, die jedoch nicht eindeutig zugewiesen werden konnten. Die Ärzte waren am Ende ihrer Weisheit angelangt und überstellten ihn in ein anderes Spital zu einer weiteren Untersuchung und zur weiteren Behandlung. Dort ist er dann Anfangs auf der Notaufnahme gelandet, wieder wurden ein CT und diverse andere Untersuchungen gemacht, jedoch ohne eindeutiges Ergebnis. Er erlitt wieder mehrere epileptische Anfälle mit einem anschließenden Absacken der Herzfrequenz. Die Ärzte dachten kurzfristig an eine Herzschwäche und haben überlegt ihm einen Herzschrittmacher einzusetzen, es hat sich aber herausgestellt, dass die Herzprobleme eine folge der Anfälle waren. So wurde Papa mit Medikamenten gegen Epilepsie behandelt, was auch Gott sei Dank diese Anfälle stoppte.
Wir waren guter Dinge, und hofften, dass es nun endlich aufwärts gehen würde. Zum gleichen Zeitpunkt wurden aber die Schmerzen immer schlimmer und sein Sehvermögen immer weniger (Mittags war es für ihn bereits so, als wäre es später Abend). Gut. Mama und ich haben also mit einem Tumor gerechnet, der entweder am Hirn oder irgendwo in den Rückenwirbeln sitzt - alles kein Problem, wir sind stark und überstehen alles - das war schon immer unsere Einstellung.
Doch leider kam alles ganz anders... einige Tage darauf wurde Mama die Diagnose mitgeteilt: Hautkrebs mit Metastasen im Hervenwasser! Überlebenschance 0!! Das war ein Schlag ins Gesicht! Wir konnten es einfach nicht glauben, dass Papa sterben würde, er war doch erst 51!!! Er war noch voller Tatendrang, hat sich über sein neues Auto, sein Motorrad, seinen kleinen Teich, meine neue Wohnung gefreut! Hat zu Mama noch gesagt, dass sie im Urlaub endlich mal entspannen könnten und nichts arbeiten müssen, da ja endlich alles am Haus fertig war! Und jetzt sowas?! Wie konnte das nur sein???? Er war immer so stark, hatte alles im Griff, er war ein Bär von einem Mann!!!
Noch dazu kam, dass der Hautkrebs nicht lokalisiert werden konnte (die Ärzten hatten nur den Verdacht, dass er sich auf der Hirnhaut befindet, da äußerlich nichts zu sehen war - und in seltenen Fällten kann sich auch ein Melanom auf der Hirnhaut oder auf den Schleimhäuten bilden), und mein Papa mittlerweile ganz blind war. Gleich darauf bekam er die erste Chemotherapie - die Ärzte meinten, wenn die nicht hilft (was sehr wahrscheinlich ist) hat er noch ein paar Wochen zu leben, wenn er darauf anspricht, noch ein paar Monate (was aber nicht seinen derzeitigen Zustand bessern würde). Zusätzlich bekam er permanent Morphium, um seine Schmerzen zu bekämpfen. Mama und ich haben beschlossen, ihm nichts von seinem bevorstehenden Tod zu sagen, denn er war ja nicht mal mehr in der Lage etwas zu regeln oder noch mal nach Hause zu kommen - und das hätte ihm sicher sehr weh getan. Also sind wir noch 1 1/2 Wochen jeden Tag zu ihm ins Spital gefahren, haben ihm Mut zugesprochen, ihm gesagt er soll stark bleiben und uns so liebevoll und "gut gelaunt" wie möglich versucht zu helfen. Es war aber wahnsinnig schlimm mitanzusehen, wie sich sein Zustand zusehends verschlechterte. Die letzten Tage hat er bedingt durch das Morphium fast nur mehr geschlafen und musste durch eine Sonde ernährt werden und ist schließlich in der Nacht auf den 1. Juli verstorben - genau 5 Wochen, nachdem er ins Spital gefahren ist.
Es ging so unheimlich schnell, und wir hätten nie gedacht, dass es überhaupt soweit kommen würde!!!! Und es war so schlimm zu sehen, wie es ihm immer schlechter ging, wie er langsam mit den stärker werdenden Schmerzen und dem verlieren des Augenlichts auch seinen Stolz verloren hat (er war immer ein sehr stolzer, selbständiger und willensstarker Mensch). Und es war schlimm, dass wir am letzten Tag nicht mehr bei ihm waren, weil die Ärzte ihm eigentlich noch mal Nervenwasser entnehmen wollten, und uns gebeten haben, an diesem Tag nicht zu kommen, da er in seinem Zustand nach so einem Eingriff sehr viel Ruhe braucht - das Nervenwasser wurde aber doch nicht entnommen, was wir erst am späten Nachmittag erfahren haben. Angeblich hat er an seinem letzten Tag noch viel geredet und anscheinend wollte er mir auch noch etwas sagen, aber er war zu schwach, um sich verständlich zu formulieren...
Seit seinem Tod quälen mich unendliche Schuldgefühle - weil ich ihm nie gesagt habe, wie sehr ich ihn lieb habe (wir haben oft gestritten und diskutiert, weil ich "ganz der Papa bin" und wir beide riesige Sturköpfe sind), und dass wir nicht rund um die Uhr bei ihm waren (wir - oder vor Allem Mama - waren jeden Tag 8 Stunden bei ihm - aber ich kann mir gar nicht ausmalen, wie es ihm die restlichen 16 Stunden gegangen ist, weil er schmerzbedingt nie wirklich schlafen konnte), und vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn wir es ihm gesagt hätten, wie es um ihn steht (obwohl er das gegen Ende sicher gespürt hat)... Es gibt einfach noch so viele unausgesprochene Dinge, so viel, was wir noch gemeinsam erleben sollten. Er und Mama haben sich so auf die kommenden Jahre gefreut, er wird mich nie zum Altar begleiten können und nie seine Enkel kennen lernen (er wäre sicher ein wahnsinnig stolzer Opa gewesen).
Noch dazu kommt, dass meine Mama unter schweren Panikattacken leidet und nun nicht weiß wie alles weitergehen soll (weil ich nicht mehr zuhause wohne und die ganze Woche nicht zuhause bin). Und ich verstehe einfach nicht, warum er gehen musste... viel zu früh.... er war immer hilfsbereit, für alle da... hat immer nur gearbeitet (LKW-Fahrer - die ganze Woche unterwegs; am Wochenende Feuerwehr und Haus mit allem Drum und Dran). Und ich kann den Gedanken einfach nicht ertragen, dass Mama und ich jetzt alleine sind, dass Papa nie wieder zurück kommen wird, wir ihn nie wieder sehen werden!!!
Ich hoffe, ich habe euch nicht zu sehr belästigt, aber ich musste es einfach los werden - es gibt zwar eine Menge Leute die für uns da sind, und uns unterstützen möchten, aber ich hoffe, dass es hier Leute gibt, die vielleicht auch so ein ähnliches Schicksal hinter sich haben, und die vielleicht Tipps für mich haben, wie wir das überstehen können.
Ganz liebe Grüße
Claudia