Zwei Todesfälle innerhalb von vier wochen

  • Hallo ihr lieben,
    ich habe schon einige Beiträge gelesen und ich bekomme ein wenig Angst wenn ich lese, wie lange man mit der Trauer zu kämpfen hat.


    Erst am 10.8.11 ist mein Vater gestorben mit 55 Jahren, plötzlicher Herztod, ich habe ihn als letzte lebend gesehen und gesprochen, als ich den Anruf bekam dass er gestorben ist, war ich gerade auf einem Klassentreffen. Meine Mutter hatte ihn aufgefunden und mein Bruder hat den Notarzt verständig. Damals wussten wir noch nicht, dass auch mein Bruder bald darauf versterben wird.
    Mein bruder ist am 6.9.11 mit 23 jahren gestorben, an einer Massenhirnbltung, als es passierte war ich mit meinem Freund im Urlaub, wir waren gerade zwei tage da, als wir auch schon wieder hemfahren mussten, wieder hat meine mutter meinen bruder gefunden. Jetzt sind wir nur noch zu zweit und es ist so still in unserem Haus. Für meine Mutter ist das alles besonders schlimm, denn richtig feste Freundschaften hat sie nie gepflegt und mein Papa war ihre nahestehenste Person obwohl sie seit 8 Jahren geschieden waren (er lebte trotz scheidung bei uns im haus, sie waren wie beste freunde für einander). Ich habe irgendwie das gefühl für meine Mutter stark sein zu müssen, weil sie sich nicht aufraffen kann, die wichtigen dinge zu erledigen, die nunmal jetzt zu erledigen sind, ich will nicht dass sie sich gehen lässt, auch wenn ich ihre trauer natürlich verstehen kann. Ich habe viel mit meinem freund über das ganze reden können und ich weine auch gelegentlich, doch glaube ich dass ich noch nicht wirklich damit zurecht komme, ich leide seit einer woche an kopfschmerzen und schwindelgefühl, ich war auch schon beim kardiologen und bei der radiologie um herz und kopf durchchecken zu lassen und da war alles ohne befund, deshalb glaube ich dass das alles psychisch bedingt ist, aber ich weiß iwie nicht, ich kann nicht mehr trauern als wie ich jetzt trauere und ich habe auch nicht das gefühl, dass ich etwas verdränge, aber vielleicht ist das ganze unterbewusst...ich weiß es nicht und ich kann auch nicht richtig darüber nachdenken.
    es tut aufjedenfall schonmal gut mir hier einwenig von der seele zu reden, auch wenn das glaub ich sehr durcheinander jetzt geraten ist.


    lg kathi

  • Hallo Kathi,
    herzlich willkommen bei uns und mein herzliches Beileid zum Tod deines Vater und deines Bruders! Jeder Todesfall hier ist schlimm und schwer und braucht seine Verarbeitung. Zwei Menschen in so kurzer Zeit zu verlieren ist aber ein ganz besonders schlimmes Zusammentreffen und stellt dich jetzt natürlich vor eine umso größere Herausforderung in der Bewältigung.


    Erstmal ist es normal, dass du noch nicht richtig trauern kannst. Denn der Schockzustand ist ein besonders schwerer und er hat die Aufgabe, dich zunächst zu schützen und die Realität erst allmählich in kleinen bewältigbaren Dosen zuzulassen. Zudem kannst du die Trauer nicht richtig durchbrechen lassen, weil du das Gefühl hast, für deine Mutter stark sein zu müssen. Das führt auf lange Sicht für beide auf eine ungesunden Bahn: Wer nur stark ist, wird irgendwann später zusammenbrechen, wenn die Last zu groß wird. Der, der immer nur schwach ist, verliert den Boden unter den Füßen, verliert an Selbstvertrauen und beginnt chronisch zu trauern.


    Um das "Gleichgewicht" wieder herzustellen, wäre es gut, wenn ihr euch im Starksein und Schwachsein abwechseln könntet. Ich verstehe die Situation deiner Mutter sehr gut, aber es würde ihr rasch etwas besser gehen, wenn sie


    1. einen gut strukturierten Tagesablauf für die nächsten Wochen streng einhalten würde: Immer zur gleichen Zeit aufstehen, schlafengehen, essen etc. Diese Art von Struktur gibt uns Menschen Sicherheit.
    2. sollte sie allmählich wirklich kleine Dinge wieder selbt erledigen: mal putzen, kochen und kleine Einkäufe erledigen. Sie braucht sicher Unterstützung und Hilfe (das brauchst du auch), aber wer merkt, "ich kann einige Dinge trotzdem noch", der bekommt allmählich wieder Boden unter den Füßen.


    Ganz schlecht ist es, wenn sie alltägliche Notwendigkeiten versucht zu vermeiden. Vermeidungsstrategien führen zu immer mehr Vermeidung und schließlich dazu, dass man den Faden zum Leben gänzlich verliert.


    Bitte lies mal in unserem Trauerratgeber die Artikel: "Trauer, was ist das?" und "Wann ist Trauer krankhaft?", außerdem findest du noch andere für dich/euch hilfreiche Artikel. Es ist wichtig, dass du ein wenig Orientierung bekommst, was im Trauerprozess alles passiert und was "normal" und was "nicht normal" ist. Hier ist der Link:


    ASPETOS Trauerratgeber


    Und sonst kann ich nur sagen: Wir sind für dich da. Wir können dich vielleicht nicht trösten, aber wir können dir zuhören und alle hier wissen von was du spricht!
    AL
    Christine

  • danke für die schnelle Antwort,
    ich habe mir auch gleich die beiden themen durchgelesen und mich vorallem in den verschiedenen trauerphasen wiedergefunden.
    ich werde das meiner mutter auch zum lesen geben und hoffe das ihr das auch etwas hilft.
    Es gibt zwar zwischendrin auch bei ihr "bessere tage" doch am 26ten september ist die beerdigung von meinem bruder und je näher dieser tag rückt, desto schlimmer geht es ihr, oft weiß ich dann auch nicht mehr wie ich ihr dann beistehen soll.


    lg kathi

  • Liebe Kathi,
    dass ihr dieser Tag vor Augen steht, das ist ganz klar. Bitte denkt darüber nach, was für euch an diesem Tag wichtig ist. Es ist wichtig, dass der Abschied euren Bedürfnissen entspricht und nicht nach dem Programm anderer Personen abläuft. Wie habt ihr den Tag geplant, wie soll der Abschied gestaltet werden? Habt ihr euren Bruder nocheinmal in Ruhe sehen und verabschieden können oder könnt ihr das noch machen .... ? Das wichtigste ist es an diesem Tag, dass in irgendeiner Form ein Kontakt hergestellt wird zu deinem Bruder und euch und dass ihr in Wort oder Gedanken nocheinmal mit ihm "sprechen" könnt. Dann wird der Abschied für dich und deine Mutter tröstlich werden.
    AL
    Christine

  • Ich hab immer 4 Fragen, die ich den Angehörigen für die Vorbereitung des Abschiedes stelle:


    Was möchtet ihr für euren Verstorbenen noch tun?
    Was möchtet ihr ihm noch sagen? - Wie wollt ihr es ihm sagen: Laut, in einem Brief oder in Gedanken?
    Was wollt ihr ihm mitgeben?
    Was wollt ihr von ihm behalten, dass ihr mit ihm in Verbindung bleiben könnt?


    Wenn ihr diese 4 Fragen für euch beantwortet und dies in die Feier einbaut, dann wird sie für euch "gut" werden. Das ist meine Erfahrung.
    AL
    Christine

  • Sehen können wir meinen bruder nicht mehr, denn die beerdigung ist eine urnentrauerfeier und das datum der verbrennung ist uns nicht bekannt, genauso lief es bei meinem vater ab. die beerdigung haben wir schon gut geplant, meine mutter hat wieder eine redegeschrieben, darüber wie mein bruder gelebt hat, wie er vom character her war, zusammen mit seinem bestenfreund haben wir lieder frü die beerdigung heraus gesucht, die zu ihm gepasst hätten, meiner mutter waren sie erst zu rockig, doch dann hat sie sich mit einer therapeutin unterhalten und die hat ihr dann auch gesagt, dass es ruhig bei meinem bruder, da er ja auch so jung war, etwas schnelleres oder rockigeres sein darf...auch eine grabbeigabe soll es geben, neben blumen, etwas was mich, seine freunde und ihn verbunden hat.
    ich denke, die beerdigung hätte ihm gefallen...was uns auch für immer in gedanken bleiben wird, an der beerdigung unseres vaters hat er noch witze über seine eigene beerdigung gerissen, dass dort wohl nich mehr als 2 leute auftauchen würden, da konnte ja keiner wissen, dass wir kurz darauf seine beerdigung organisieren.


    lg kathi

  • o.k. das ist gut!
    du könntest mit deiner mutter noch 4 steine (wir machen das mit glassternen) suchen/kaufen. jede von euch bekommt zwei. ihr bittet den bestatter, dass er mit euch jeweils einen stein in die urne gibt und den anderen behält jede von euch - als zeichen der verbindung zu ihm. manche angehörige treffe ich noch jahre nach dem abschied und sie ziehen den glasstern aus der tasche, tragen ihn bei sich. andere bewahren ihn zu hause bei den erinnerungen an den verstorbenen auf.
    AL
    christine

  • Liebe Kathi...


    ich möchte Dich auch hier bei uns Willkommen heissen- Du bist hier gut aufgehoben in unserer Mitte, denn wir kennen die Verzweiflung, die Du auch gerade durchlebst. Mein allertiefstes Mitgefühl für den grossen Verlust zweier wichtiger Menschen, den Du innerhalb von 4 Wochen erleben und durchleben musst....Es übersteigt sämtliche Vorstellungskraft. Mir fällt es unsagbar schwer, jetzt das wirkliche Gute und Richtige zu schreiben. Bitte verzeih mir. Ich kann mich Christine in allem nur anschliessen.....


    Die Idee von Christine mit den Steinchen ist wunderbar. Ich habe es bei meinem Päpelchen auch gemacht. Leider wusste ich davon nicht vorher. Ich habe ihm Steinchen in Herzform mitgegeben. Ein für ihn, eins für meine Mami. Das dritte Herzsteinchen ist in meinem Portemonnaie.


    Gerne würde ich Dir mehr Trost geben....


    Schreib immer hier. Hier ist immer jemand, der Dir zur Seite steht...


    Ein stiller Gruss
    Deine Manuela

    Memento
    Vor meinem eigenen Tod ist mir nicht bang,
    nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.
    Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?
    Allein im Nebel tast ich todentlang
    und lass mich willig in das Dunkel treiben.
    Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.
    Der weiß es wohl, dem Gleiches widerfuhr -
    und die es trugen, mögen mir vergeben.
    Bedenkt: Den eignen Tod, den stirbt man nur;
    doch mit dem Tod der anderen muss man leben.

  • Hallo Kathi!
    Sei willkommen bei uns.Es tut mis sehr leid,das du in so extrem kurzer Zeit zwei so liebe Menschen verlohren hast.Wie du dich fühlen musst, kann ich mir vorstellen.Auch ich habe in kurzer Zeit gleich liebe Menschen verlohren.Erst meinen Vati, 2,5 Jahre später ganz plötzlich mein Bruder und wieder knapp 6 Monate später meine Tochter.
    Diese gesundheitlichen Symptome hatte ich am Beginn meiner Trauer auch (besonders schlimm als meine Tochter starb).
    Wir haben ins Grab (und auch in den Sarg meiner Tochter) Briefe mitgegeben.Dahinein habe ich alles geschrieben was ich ihr gern noch gesagt hätte.Ich hab ihr auch eine Stoffpuppe mit in den Sarg gegeben.
    Es ist gut,das ihr als Familie so zusammenhaltet,deine Mama,die Rede selbst schreibt.Das ist sehr persönlich.
    Ich wünsch dir einfach nur ganz viel Kraft für die kommenden Tage.
    Liebe Grüße
    Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Hallo Kathi!


    Solche schweren Schicksalsschläge verkraftet man nicht so schnell, am Anfang ist ja erst einmal der große Schock da, das Nichtglauben- und Nichtwahrhabenwollen, es wird verdrängt, als Schutzmechanismus um nicht vollends zusammenzubrechen. Am 6.9. wäre mein Sohn 22 Jahre alt geworden. Du hast an diesem Tag Deinen geliebten Bruder verloren, und kurz davor Deinen Vater, der auch noch viel zu jung war!


    Ich habe dasselbe erleben müssen, letztes Jahr im Dezember, aus heiterem Himmel, alles freute sich auf Weihnachten und alles war so normal, bis zu jenem 16. Dezember, als mein Sohn tot im Bett war, 11 Tage danach starb mein Schwiegervater, der auch bei uns gelebt hatte, dasselbe Grab wurde wieder geöffnet, alles war wie eine Wiederholung in einem superschlechten Film, doch leider war es die Realität.


    Wir haben auch für unseres Sohn einen sehr langen Brief geschrieben, seine beiden Brüder und wir als Eltern und die Oma haben jeder das geschrieben, was wir unbedingt noch sagen wollten und ich habe ihm noch die schönsten Foros vom vorherigen Weihnachtsfest ausgedruckt und einlaminiert, seine beiden Lieblingsbärchen, die er schon als Baby bekommen hat, sind auch bei ihm, ohne sie konnte er nicht gut schlafen, und weil ja bald Weihnachten war, habe ich ihm noch ein paar von seinen allerliebsten Plätzchen gegeben, er hat sich immer so gefreut, wenn ich sie gebacken habe.


    Das Schicksal ist so grausam und fragt uns nicht, es bricht einfach nur so über unsere vermeintlich heile Welt herein und erst dann kann man erkennen, was im Leben wirklich wichtig ist.
    Liebe Kathi ich wünsche Dir und Deiner Mama ganz viel Kraft, ich denke für eine Mutter oderVater ist es das allerschlimmste, ein Kind zu verlieren, das sind Schmerzen, die man fast nicht tragen kann. Sei für Deine Mama da, Dein Verlust ist riesengroß, aber irgendwie tragen Geschwister anders daran als Eltern. Ich sehe es an meinen Kindern, ich denke es ist das Vorrecht der Jugend auf Leben, es ist alles so schlimm und voller Schmerzen. Deine Kraft ist aber auch nicht unendlich, pass auf Dich auf und haltet zusammen, nur so kann man es schaffen ohne das es einen erwürgt. Ich muss auch immer vorsichtig sein, das ich meine Kinder nicht überfordere, für Morgen wünsche ich Euch ganz ganz viel Kraft.


    Mona

  • Hallo Kathi,


    auch von mir ein Willkommen bei uns im TrauerForum - Deine Geschichte ist sehr traurig und es ist schwer vorstellbar, was Du - und natürlich auch Deine Mutter - jetzt tragen müsst! Die Tipps von Christine sind sehr hilfreich - wenn Du das Gefühl hast, dass deine Mutter sich innerhalb von 4 - 6 Wochen nur schwer oder gar nicht in den kleinen Dingen des alltäglichen Lebens einfindet, könnte es sein, dass sie professionelle Hilfe benötigt. Bitte halte uns auf dem laufenden!


    Für die morgen stattfindende Trauerfeier für Deinen Bruder wünsche ich euch viel Kraft und dass es eine würdige Feier wird, die seiner Person und seinem Wirken gerecht wird!


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Hey,
    danke für eure lieben Worte.
    Heute war die Beerdigung und sie war für mich nocheinmal schwerer als die von meinem papa, ich hatte auch die tage davor ein ganz mulmiges gefühl.
    Die Trauerfeier selbst war sehr schön, das haben uns auch die Gäste mittgeteilt, sie fanden sie sehr persönlich und so sollte sie auch sein, wir hatten 3 redner, die alle sehr liebe worte gesagt haben. Mein Freund und ich haben in das Grab Karten aus einem Kartenspiel, was wir sehr gerne, viel und mit vollerbegeisterung gespielt haben beigegeben, sie haben für uns viel bedeutung und wir hoffen dass sie meinen bruder begleiten und beschützen auf seinem weiteren Weg. (Kartenspiel: magic the gathering) Auch die Kränze waren alle sehr schön, hell bunt und freundlich, so hätte es ihm gefallen, denn er war ein heiterer mensch.
    Seit der Beerdigung ist mir das ableben meines Bruder viel bewusster als davor und ich denke dass die trauer bei mir bei mir jetzt erst richtig beginnt. Denn jedesmal wenn ich ein Bild von ihm betrachte hab ich einen richtigen Kloß im hals, und das war davor noch nicht.


    lg

  • Liebe Kathi,
    das klingt nach einer liebevollen Abschiedsfeier! So wie du beschreibst, geht es vielen: Die Trauer kommt erst nach den Trauerfeierlichkeiten richtig durch, vorher ist man durch Schock und Organisation der Bestattung nicht in der Lage die Gefühle richtig wahrzunehmen. Lass dir jetzt Zeit und nimm dir Zeit für deine Trauer.
    AL
    Christine

  • Hallo Kathi!


    Auch ich möchte dir mein tiefes Mitgefühl zum Tod deines Vaters und Bruders aussprechen. Es ist schlimm, was du durchleben musst und auch mir fällt es schwer die richtigen Worte zu finden. Ich wünsch dir ganz viel Kraft!


    Lg Melinda