Plötzlicher Verlust unseres geliebten Ulrichs

  • Liebe Melanie,


    du klingst gut, und das freut mich sehr.
    Auch, daß du deiner Trauer vorsorglich regelmäßig den "ihr gebührenden Platz" einräumst ist toll.
    Sicher wirst du Ulrich nie vergessen, er wird immer Teil deines Lebens sein, aber es ist schön zu hören, daß du wieder das Leben zulassen kannst.
    In deiner Aufzählung spüre ich, daß du das wirklich tust, die Schönheit der Welt um uns wieder sehen kannst.Und das ist ein großer, wichtiger Schritt.


    Und auch wenn es vielleicht einmal wieder etwas bergab geht (und erfahrungsgemäß ist das halt leider immer wieder mal so) - versuche nicht zu vergessen, was du gestern hier geschrieben hast, es wird dir durch das Tal helfen und dich wieder "bergwärts" tragen.


    Schön, daß es auch Johannes weiterhin Schritt um Schritt besser geht. Ich wünsche dir viele schöne Momente mit/durch/für ihn.


    Alles Liebe
    Jutta


    PS: ich seh gerade - ich hatte dich gar nicht begrüßt, als du dich voriges Jahr angemeldet hast - sorry!
    Also - sehr, sehr verspätet aber trotzdem - ein liebes Servus hier, schön, daß du zu uns gefunden hast.

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Hallo Jutta,
    hallo all ihr anderen Mittrauernden,


    bin gerade sowas von ärgerlich, dass ich mir echt mal Luft machen muss.


    Der Tod Ulrichs ist nun schon beinahe 1 Jahr her und die Staatsanwaltschaft hat es noch nicht mal geschafft unserem Rechtsanwalt Akteneinsicht zu gewähren. Ich habe sogar schon persönlich mit dem bisher zuständigen Staatsanwalt gesprochen und gefragt, woran das liegt, dass es so lange dauert. Der war sehr nett und hat mir erklärt, dass ein verkehrsrechtliches Gutachten von ihm angefordert wurde, damit zweifelsfrei geklärt ist, warum dieser schreckliche Unfall passiert ist. Er hatte mich dann nach Erhalt des Gutachtens auch selber angerufen und mir mitgeteilt, dass das Gutachten eindeutig belegt, dass Ulrich keinerlei Mitschuld an seinem Tod hatte. Zudem sicherte er mir zu, dass wir demnächst Akteneinsicht bekämen und das Verfahren beschleunigt bearbeitet wird. Das ganze war Ende Februar diesen Jahres. Nun haben wir morgen Juni und es ist immer noch absolut nichts passiert!
    Der bisher zuständige Staatsanwalt wurde Ende Mai nach Neumarkt versetzt. Ich versuche nun wieder mal bei der Staatsanwaltschaft jemanden zu erreichen, aber es geht einfach niemand ans Telefon.
    Mich kostet das soviel Kraft und Überwindung dort überhaupt anzurufen. Es zieht mich total runter. Warum wird ein Verfahren, das wohl eindeutig ist und bei dem es immerhin um ein Menschenleben geht, so lange liegen gelassen?
    Weiß jemand, ob es in Deutschland Fristen gibt, wie lange sowas maximal liegen bleiben darf?


    Ich bekomme zudem Druck vom Arbeitsamt, weil ich seit Ulrichs Tod dort aufstockend Bezüge erhalte, da mein Einkommen nicht zum Überleben reicht. Wenn dieses Verfahren durch ist, könnte ich endlich den Unterhalt, den Ulrich ja für Johannes gezahlt hat, von der Versicherung des Unfallverursachers fordern. Doch solange offiziell kein Urteil da ist, zahlt die Versicherung keinen Cent.


    Ich bin so deprimiert - das ist doch nicht gerecht! Jemand, der meinen geliebten Menschen tot fährt, lebt schon fast ein Jahr unbehelligt weiter, hat weder eine Geldstrafe bekommen noch sonst was. Und das, obwohl der eine ganze Latte an Verkehrsdelikten hat! Ihm wurde noch nicht mal der Führerschein entzogen...
    Mir ist fast schlecht bei dem Gedanken, dass er immer noch eine Gefahr für alle auf den Straßen darstellt.


    Und wir müssen schaun, wie wir weiter überleben können.


    Traurige Grüße an alle,


    Melanie

  • Liebe Melanie,


    leider "wiehert der Amtsschimmel" immer und überall. Ich kann gut verstehen, daß du ärgerliich und deprimiert bist. Für uns bleibt die Welt stehen, und die anderen leben weiter, als wenn nichts gewesen wäre. :24:


    Ich wünsche dir, daß es bald dieses Urteil gibt und du die dir zustehende Unterstützung erhältst.


    :24: dich, alles Liebe
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Hallo Jutta,
    hallo ihr lieben da draußen,


    die letzten Tage waren so bedrückend. Ich hatte frei, könnte die Zeit ein bißchen genießen, aber es fällt mir so schwer. Habe das Gefühl, alles steht still, es geht nichts voran. Alles ist mühsam und ich habe keine Geduld mehr, diese Schwere und Traurigkeit auszuhalten. Alles was in den letzten Wochen positives passiert ist, Menschen die mir näher gekommen sind, vergleiche ich mit dem was ich verloren habe. Wie sehr war ich in diesen Menschen verliebt und was hatten wir für ein Glück zusammen, vor allem mit unserem Kind, das wir uns gewünscht haben. Es ist ein Geschenk Gottes, da bin ich sicher.


    Heute Nacht hatte ich wieder mal einen Traum, in dem Uli so nah und echt war. Er war endlich wieder bei mir im Arm und ich habe ihn an mich gedrückt, er hatte ganz viele Haare verloren. Aber er war zurück - es war nur eine Krankheit gewesen und er war gar nicht tot! Ich hatte so eine Wut auf die anderen, die mir einreden wollten, dass Uli gestorben ist.
    Wie traurig war das Erwachen danach.


    Es gelingt mir nicht mehr, jemanden wirklich nahe kommen zu lassen. Ich kann mich innerlich noch nicht näher auf jemanden einlassen, Nähe wird mir ganz schnell zu viel und ich will dann wieder alleine sein. Es gibt durchaus Menschen, die mich oft anrufen, oft was mit uns unternehmen möchten und dann eben auch vielleicht noch mehr erwarten. Das geht aber nicht. Ich spür da ganz deutlich meine Grenzen.


    Leider hab ich auch meine Freundin ein bißchen verletzt, weil ich ihr ehrlich gesagt habe, dass ich mir nicht vorstellen kann eine ganze Woche zusammen mit ihr und ihrem Sohn zusammen Urlaub zu machen. Unsere Söhne haben einfach überhaupt keinen Draht zueinander. Da ist ein Tagesausflug oft schon recht schwierig und anstrengend. Nun ist der Kontakt ein bißchen belastet, zumindest empfinde ich es so. Aber ich wollte lieber jetzt ehrlich sein, als dass ich einer für mich unguten Situation zustimme.


    Ein bißchen stolz bin ich darauf, die zwei Urlaubswochen trotzdem regelmäßig Sport gemacht zu haben, auch wenn ich mich sehr dazu überwinden musste. Ich weiß, dass es mir langfristig gut tut. Und ich hab mir in der Sauna mal einen Ruck gegeben und einfach ein Gespräch mit jemanden angefangen. Sowas fällt mir unheimlich schwer, aber ich hab's gemacht. :-) Es war auch ein sehr nettes Gespräch und der junge Mann hat mir danach immer wieder mal zugelächelt.
    Seit dem Tod Ulrichs ist mir so ein Lächeln ganz viel wert. :-)


    Geht es eigentlich noch jemanden so, dass er Probleme mit der Grabgestaltung hat? Irgendwie möchte ich schon seit langem das Unfallkreuz verschönern und lange Zeit ist es daran gescheitert, dass Johannes total blockiert hat, nicht auf den Friedhof wollte und auch wenn wir zur Unfallstelle gefahren sind, ist er jedesmal im Auto eingeschlafen. Er wollte da auch nicht aussteigen...
    Inzwischen möchte er Papa Blumen bringen und wir haben nun auch schon mal ein paar Blüten auf's Grab gepflanzt. Ich schaffe es aber nicht so richtig, die Unfallstelle zu gestalten. Sie ist halt auch ziemlich weit weg von uns. Es steht bisher nur ein selbstgebautes Holzkreuz mit einem Bild von Ulrich, was Johannes mal von seinem Papa geknipst hat. Die eingepflanzten Pflanzen gehen total unter, da sie zu niedrig sind. Vielleicht wäre es besser etwas hochschlingendes einzupflanzen. Mir würde diese orangeblütene Pflanze gefallen, ich glaube sie heißt Susanne. Aber ob die dort dauerhaft wächst? So am Straßenrand, neben dem Wald?


    Möchte euch auch noch sagen, dass ich viel bei euch anderen mitlese, aber mich irgendwie selten aufraffen kann zu schreiben. Ich hoffe, ihr seid da nicht böse deswegen. Bin in Gedanken aber bei euch und teile eure Trauer um eure verlorenen Lieben.


    Wünsch euch allen ein trostreiches Wochenende mit vielen erholsamen Momenten,


    Melanie

  • Liebe Melanie!



    Oh jeh, das ist sehr ärgerlich, dass dein Rechtsanwalt noch nicht Mal Akteneinsicht machen konnte. Und du bekommst dann noch Druck vom Arbeitsamt! :4: . Dieses Anrufen und Nachhaken, dies alles kostet so viel Kraft, nicht wahr? :30:
    Du hast von deinem Uli geträumt, seine Nähe gespürt, im Traum kommt einem alles so real vor. Hat dir sicher einerseits gut getan, ihn wieder Mal zu "sehen", aber leider dann das traurige Erwachen, nicht wahr? ;(


    Super, liebe Melanie, dass du deine zwei Urlaubswochen mit Sport nützen konntest. :thumbsup: Da kannst du wirklich stolz auf dich sein. Auch, dass du ein Gespräch angefangen hast in der Sauna. Ja, so ein Lächeln kann viel wert sein. Das denke ich mir auch. Ich "sende" auch oft eins aus, und es freut mich dann, wenn ich eins zurückerhalte.


    Wegen Gestaltung der Unfallstelle kann ich dir leider keinen Rat geben. Habe leider keinen grünen Daumen. Aber vielleicht kann dir eine liebe Gärtnerin ein paar wertvolle Tipps geben? Jedenfalls kenne ich die Blume "Susanne" - die gefällt mir gut. Weiß eben aber leider nicht, ob sie dort geeignet ist.


    Auch wenn du deine Freundin ev. ein wenig verletzt hast, so denke ich, war es schon richtig, dass du ihr die Wahrheit gesagt hast. Sie ist ja eine gute Freundin von dir und wird es daher auch gut verkraften. Vielleicht war sie anfangs einfach nur ein wenig enttäuscht, dass du auf ihre, wie sie wohl meinte, "gute" Idee nicht so angesprochen hast. Aber eine Woche ist lang und wenn sich die Kinder nicht verstehen, hätte ich das auch nicht gemacht. Deine Kraft reicht vielleicht momentan nicht dafür, diese Streitigkeiten der Kinderlein dann immer zu schlichten. Ich denke, ihr findet sicher wieder zueinander.


    Liebe Melanie, fühl dich ja nicht verpflichtet zu schreiben. Man schreibt einfach, wenn man das Bedürfnis danach hat. Hier drinnen ist nie jemand böse, wenn nicht geschrieben wird. Wir alle kennen ja die schlechten Tage und die etwas besseren.


    Dein Problem mit der zu viel Nähe kann ich verstehen, ich denke, das ist ganz normal. Ist ja noch nicht lange her. Einerseits freut man sich, wenn einem jemand nachfragt und mitnimmt zu Unternehmunen, andererseits kann es dann gleich wieder zu eng od. zu viel werden.


    Konnte dein Schwager wieder Mal mit deinem Johannes spielen?


    Wünsche dir alles Gute und erzähl uns doch dann, wie es dir mit der Gestalung der Unfallstelle gegangen ist?


    Herzlichen Gruß


    Linda

  • Hi Melanie,


    ja, diese Träume sind so wunderschön und das Erwachen dann so schrecklich... Und trotzdem sind diese Träume ein grosses Geschenk - vielleicht sogar als Trost geschickt? Wer weiss das schon so genau? Und auch wenn Dein Erwachen schrecklich traurig war - ich hoffe, Du konntest ein Teil der Wärme des Traums in Deinen Tag hinüber retten?!


    Eine Schlingpflanze scheint mir eine gute Idee - die Susanne wird aber den Winter nicht überleben, von daher würde ich eher etwas Robusteres pflanzen - z.B. ein Geissblatt oder die ursprüngliche Clematis (C. alpina) oder vielleicht sogar nur Efeu?


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Hallo Linda,
    hallo Markus,


    danke für eure Tipps und lieben Worte.


    Ich bin immer noch unentschlossen, was ich an's Unfallkreuz pflanzen soll, aber eine Susanne dann wohl eher nicht, sonst haben wir nach dem Winter wieder das gleiche Problem. Bin leider auch so gar nicht mit dem Gärtnern vertraut. Vielleicht wäre ja wilder Wein was? Zumindest würde es zu ihm passen, da er Wein sehr gerne getrunken hat.


    Habe vor kurzem gleich nochmal von Uli geträumt und es meinem Sohn erzählt. Der meinte dann abends zu mir: "Mama, ich weiß, warum du so oft von Papa träumst. Das ist, damit du nicht so lange warten musst, bis du ihn wieder sehen kannst!"
    Ich war ganz gerührt von der Einfachheit und Überzeugtheit dieser Worte. Johannes glaubt inzwischen ganz fest daran, dass wir Papa nach unserem Tod im Himmel wieder sehen werden. Er fragt auch oft, wann ich sterbe und wann es bei ihm soweit ist.


    Gleichzeitig ist er inzwischen oft wieder so ein energiegeladenes Bündel Mensch, dass ich sehr glücklich bin, ihm zuzusehen, wie er sich weiterentwickelt. Jetzt hat er schon die erste Milchzahnlücke, spielt zum zweiten Mal beim Fußballturnier mit und lernt gerade schwimmen... es passiert soviel in seinem Leben. Schade, dass der Papa das alles nicht mehr aktiv miterleben kann.


    Es geht langsam, aber stetig bergauf, trotzdem bleibt die große Traurigkeit und das Vermissen nahezu jeden Tag.


    Wünsche euch allen viel Kraft die Trauer auszuhalten.


    Melanie

  • Guten Abend an alle,


    endlich haben mein Sohn und ich uns für eine Pflanze für's Unfallkreuz von Ulrich entschieden. Wir probieren es mit echten Wein. Johannes hat gleich gemeint, dass der Papa ja sehr gerne Wein getrunken hat, das passt dann.


    Allerdings hatte er die Vorstellung, dass wir einfach eine Flasche Wein kaufen könnten und diese dann in die Erde stecken, damit da Wein wächst... schon lustig, was Fünfjährige so denken.


    Mir ist bei diesen Überlegungen wieder eingefallen, dass an einer von Ulrichs früheren Wohnungen grüne Weintrauben an der Hauswand wuchsen und er sie öfters für Johannes gepflückt hat. Die waren gar nicht schlecht und Johannes hat sie immer gerne genascht.
    Ich hoffe nur, dass wir das mit dem Einpflanzen am Straßenrand hinkriegen. Der Boden ist dort doch sehr hart. Werde wohl eine große Packung Erde kaufen und ordentlich Gießwasser mit hinnehmen. Ist echt doof, dass die Unfallstelle doch so weit weg ist von uns.


    Am Sonntag waren wir auch wieder beim Grab und Johannes hat ganz eifrig gegossen. Ich bin ganz erleichtert, dass er sich schön langsam darauf einlassen kann, aktiv wird, viele Fragen stellt... nur so kann er den Tod seines Papas verarbeiten.


    Bei mir selber ist es die letzten Wochen wieder deutlich schlimmer. Gab es doch schon Zeiten, wo ich nicht mehr sooo oft an Ulrich denken musste, ist es nun wieder permanent in meinem Kopf und Herzen. Es tut ständig weh, dass er nicht mehr da ist. Manchmal frag ich mich schon, ob das noch normal ist. Dieses ewige an ihn denken; es ist mir irgendwie den ganzen Tag über bewusst, was passiert ist. Es lässt mich nicht los. Die Frage, warum gerade uns das passieren musste, tritt nun immer stärker in den Vordergrund. Dabei kann man darauf doch keine sinnvolle Antwort finden. Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich anfangs besser damit zurecht kam, als jetzt.


    Wir konnten uns über so viel austauschen. Er war sooo lebendig, er sprühte so richtig vor Energie und war unheimlich witzig. Natürlich war es auch oft anstrengend, weil er alles hinterfragt hat, aber gerade durch die Oberflächlichkeit mancher Menschen, vermisse ich das nun um so mehr.


    Ich vermisse die Farbigkeit dieses geliebten Menschen so sehr!!!


    Vielen Dank für's Lesen.
    :2:


    Melanie

  • Liebe Melanie und alle da draußen!


    Sorry, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, habe aber eine Auszeit gebraucht, nachdem ich Tag und Nacht schon an nichts anderes mehr gedacht habe. Du Fragst Dich, ob das noch "normal" ist, dass es für Dich jetzt fast noch schlimmer ist als am Anfang. Glaube mir: ja das ist normal. Ich habe in vielen Büchern darüber gelesen und mir geht es genauso. Ich glaube, dass liegt daran, dass es uns erst jetzt bewusst wird, dass der Abschied kein vorübergehender war und unsere Lieben nicht mehr kommen werden. Ich habe mich voller Energie und Tatendrang daran gemacht zu Hause alles "tip top" zu machen. Habe das Haus ausgemalt und durchgeputzt, die Werkstatt aufgeräumt und das Gartenhaus entrümpelt usw. Bis ich mich dann völlig erschöpft dabei ertappt habe warum ich mich so hineingestürzt habe. Ich meinte wohl es müsse alles perfekt sein, wenn mein Schatz wieder nach Hause kommt. Und mit der Erkenntnis, dass dies nicht der Fall sein wird bin ich in die nächste Grube gefallen und in der befinde ich mich wohl noch. Dazu kommt, dass der Jahrestag immer näher rückt und ich momentan wieder einmal an nichts anderes denken kann und des Geschehene ständig Revue passieren lasse. Ich hoffe, dass dieser Tag bald vorüber ist und es dann vielleicht wieder ein wenig leichter wird.


    Wie ist es Dir und Johannes am Vatertag ergangen? Ich musste dieses Wochenende einfach nur mit meiner Tochter weg und habe eine Cousine besucht. Sind dann Gott sei Dank erst am späten Nachmittag wieder nach Hause gekommen und haben dann Papa Blumen gebracht. Meine Kleine hat mir sooooo leid getan....War doch immer ein so ganz besonderer Tag bei uns! Aber Gott sei Dank ging auch dieser Tag wieder vorüber!


    Wünsche Euch einen nicht so schweren Tag und wünsche uns allen, dass es irgendwann nicht mehr so weh tut!
    Mani


    Mani

  • Liebe Melanie,


    bei deinem Satz "Ist echt doof, dass die Unfallstelle doch so weit weg ist von uns", hab ich jetzt schmunzeln müssen. Das kam so locker und normal aus der Hüfte geschossen .... :)


    Ich finde das mit dem Wein gut. Wilder Wein ist ja recht robust, aber er wächst langsam. So wie dein neues Leben auch langsam wachsen muss. Es ist - wie Mani sagt - ganz normal, dass es dir jetzt schlechter geht als ganz am Anfang. Da konntest du es nicht wahrhaben. Jetzt wird es immer realer, das tut weh und der 1. Todestag naht. Vor diesem werden viele Betroffene, nervös und fahrig und es geht vielen nicht gut.


    Johannes scheint auf einem guten Weg zu sein, das freut mich. Und ihr müsst am Todestag unbedingt Trauben essen und du musst einen guten Wein trinken!!!!
    :24:
    AL
    Christine

  • Hallo Mani,


    schön von dir zu lesen. Ich kann schon verstehen, dass man manchmal ein bißchen Abstand braucht von diesem Grauen, das einem einfach so vor die Füße geschmissen worden ist. Und auch wenn ich es nicht so oft schaffe, selber zu schreiben, schau ich doch regelmäßig hier rein und allein das löst meistens Tränen aus und erleichtert mich ein bißchen.


    Wie geht's dir denn im Moment? Hast du wieder ein bißchen Kraft sammeln können? Und wie hat sich deine Tochter entwickelt? Könnt ihr über den Papa im Alltag sprechen?


    Mich plagt gerade wieder eine mehrtägige Schlaflosigkeit - aber ich weiß, dass auch wieder andere Nächte kommen. Bin da inzwischen schon sehr gelassen geworden. Ich nehme ja seit dem Tod von Ulrich abends eine Einmaldosis Antidepressivum vorm Schlafengehen, aber das hilft nur so richtig gut beim Einschlafen. Durchschlafen ist eher Glückssache ;-)


    Danke, liebe Christine, auch für den Tipp mit dem Wein: Werde auf alle Fälle ein Gläschen auf Uli trinken - weiß bloß noch nicht, wo wir an diesem Tag sein werden. Eigentlich hatten wir vor, mit Freunden zusammen 1 Woche Urlaub auf dem Bauernhof zu machen, aber wir haben noch keine Ferienwohnung ergattern können. Bin auch am Zweifeln, ob ich den Jahrestag nicht doch lieber alleine zu Hause verbringen möchte.


    Ach - es gibt noch eine tolle Neuigkeit: Johannes hat schon in der dritten Schwimmstunde geschafft eine ganze Bahn alleine ohne Hilfsmittel zu schwimmen!!! Ich war so unglaublich stolz auf ihn! Wenn das der Papa sehen könnte... hoffe, er konnte durchs Dachfenster reinlinsen ;-)


    Wir vermissen ihn so unendlich. Es ist so schwer...


    Danke für's Lesen und, liebe Mani, schreib einfach, wenn dir danach ist. Es soll ja keine Belastung sein, sondern ein Ventil und Austausch.


    Gute Nacht an alle,


    Melanie

  • Liebe Melanie,
    guten Wein gibt es ja heutezutage Gottseidank überall zu kaufen, dass du ein schönes Gedenkgläschen trinken kannst - wo immer auch der Ort deiner Wahl sein wird. Es kann zu Hause genauso passend sein, wie auf dem Bauernhof mit Freunden ... mach, wonach dir ist!


    Toll, dass Johannes so ein guter Schwimmer wird! Das geht ja schnell! :028:
    AL
    Christine

  • Liebe Melanie!


    Habe ganz ganz schlimme Tage hinter mir. Es galt ja den 1. Jahrestag zu überstehen. So ist alles wieder so richtig "hochgekommen". Alles was passiert ist und jeden Tag dieser Woche habe ich Revue passieren lassen und es war so als ob alles gerade eben erst passiert wäre. Haben aber eine sehr schöne Jahresmesse - von den Familienmitgliedern gestaltet - gefeiert und der Herr Pfarrer hätte keine schöneren Worte finden können. Danach gab es dann eine Grabsegnung. Bei dieser hat dann noch sein bester Freund mit der Trompete "Eine letzte Rose..."gespielt.


    Das Ganze hat mir sehr viel Kraft gekostet, es hat aber sehr getröstet, dass die gesamte Familie, Freunde und Kollegen da waren. Es war mir auch ein Bedürfnis das Grab schön zu gestalten und die Kirche mit vielen Blumen zu dekorieren. So hatte ich doch das Gefühl für meinen Schatz noch etwas tun zu können und er war uns auch glaube ich ganz nahe.


    Für meine Kleine waren diese Tage auch ganz schlimm. Schon zwei Tage zuvor hat sie wieder mit Fieberschüben reagiert - wie meistens an solch besonderen Tagen wie Feiertage, Geburtstage etc. Sie hat dann auch völlig "zu gemacht" und war mir gegenüber - was ich von ihr eigentlich garnicht kenne - direkt zickig. Erst jetzt hat sie sich wieder einigermaßen erholt.


    Ich bin froh, den ersten Jahrestag überstanden zu haben, gleichzeitig möchte ich ihn aber auch nicht missen, weil wir ihn so besonders und miteinander gestaltet haben, so ganz in seinem Sinne. Er hätte sich (oder hat sich) sicher darüber gefreut. Du überlegst Dir an diesem Tag weg zu fahren? Entschuldige bitte wenn ich Dir Ratschläge gebe, aber ich glaube man kann dem Ganzen nicht davon laufen und Deine Gedanken wären ohnehin "nur" bei allem Passierten. Ich wünsche Dir jedenfalls viel, viel Kraft, egal wo Du diesen Tag verbringst. Ich werde Dir auf jeden Fall dann im Gedanken beistehen.


    Es grüsst Dich und alle anderen mit schwerem Herzen ganz herzlich
    Mani


    PS: Schön, dass Johannes sich schon zu einer echten "Schwimmratte" entwickelt und glaube mir - Papa sieht das sehr wohl!!!

  • Hallo Mani,


    habe gerade jetzt erst deinen Beitrag gelesen. Das war bestimmt nicht leicht, diesen Tag zu erleben. Aber wie du schon schreibst, man möchte ihn ja auch nicht missen, weil es einem ja auch wichtig ist, dass er nicht vergessen wird. Schön, dass du die Kraft hattest diesen Jahrestag so wunderbar auszuschmücken.
    Ich selbst würde wirklich am liebsten davon rennen - und weiß eigentlich, dass es nicht geht. Werde wohl auch meine ganzen Reisepläne abändern, so dass ich diesen Tag mit Ulrichs Familie zusammen sein kann.


    Das große Tief, das ich die letzten Wochen hatte, hat sich wieder deutlich gebessert. Letzte Woche war ich sogar mit auf "Betriebsausflug" zum Wandern... und es hat wirklich Spaß gemacht. Obwohl ich mich mit einer kleinen Gruppe total im Wald verlaufen hatte und es wie aus Kannen goss, hat es mir wirklich Freude gemacht dabei zu sein.
    Und ich hab mich das erste Mal seit Uli nicht mehr bei mir ist, in einen Mann "verguckt".
    Ganz objektiv betrachtet ist das bestimmt ein gutes Zeichen, dass ich mir wieder einen neuen Partner an meiner Seite vorstellen kann. War ja lange Zeit überhaupt nicht so. Aber dieses unruhige Schmetterlingsgewimmel im Bauch hab ich so gar nicht vermisst!
    Und der gute weiß von nichts, befürchte ich. Die Chancen, dass aus meiner Schwärmerei was wird, sind so klein... er ist unglaublich hübsch und sportlich - ich habe fast 10 Kilo zugenommen vor Frustessen und bin nun wirklich nicht fit. Aber was soll's? Wenn es was werden soll, wird es irgendwie werden. Inzwischen glaube ich ganz fest ans Schicksal :-)


    Mach jedenfalls jetzt Schluss mit Frustessen und bin schon seit fast 2 Wochen ganz tapfer am Kalorienzählen - gebracht hat's noch nicht sooo viel, aber das kommt hoffentlich noch. Und mein Antidepressivum hab ich nach und nach auch schon auf nur noch 5 Tropfen abends zum Einschlafen können reduziert.


    Und an meine Gartenratgeber: Der Wein (ein Rotwein, Sorte hab ich schon wieder vergessen) ist seit 2 Wochen gepflanzt und wir hoffen auf viele Trauben!


    Liebe Grüße an alle Mitleser und Mitschreiber,


    Melanie

  • Hallo Christine,


    jetzt noch mehr Schmetterlinge? :-))


    Hab heute morgen schon fast wieder einen Herzanfall bekommen, als er mich angelächelt hat. Das blöde ist bloß, dass ich nicht in der Lage bin ein normales Gespräch mit ihm zu führen. Er hat's heute mehrmals versucht, aber ich bin sowas von daneben...


    Vielleicht haben wir aber auch einfach keinen Draht zueinander. Es muss ja auch eine gewisse seelische Verbundenheit bestehen. Bei Uli war es damals so klar und einfach - wir konnten von Anfang an stundenlang miteinander wirklich tiefe Gespräche führen - und uns überhaupt nicht mehr voneinander trennen. Da ging es mir gar nicht so, dass ich nichts rausbekommen hätte. Im Gegenteil :-)


    Hab mich jetzt gerade ein wenig abgelenkt und bin mit Johannes zum Schwimmen üben ins Hallenbad gefahren. Es hat sich wirklich gelohnt: Er ist 4 x 10 Meter alleine geschwommen! Er hat deutlich an Sicherheit gewonnen und war gar nicht mehr aus dem Wasser zu bekommen. Ich musste ihn schon fast zum Eis essen zwingen :-)) Jetzt schläft er seelig draußen im Auto, der Süße. Hör ihn im Babyphon vor sich hinschnaufen.


    Der Knaller war allerdings heute Morgen um 05:10 Uhr. Johannes wacht auf, schlüpft unter meine Decke zu mir ins Bett und meint:
    "Mama - weißt du eigentlich was noch wichtiger ist als Gold?" - Nein - "Das Leben."


    Schön, dass er das jetzt schon so fühlt/denkt.


    Liebe Grüße an alle, die sich jeden Tag mühen, die Trauer auszuhalten und weiter zu Leben!


    Melanie

  • Hallo da draußen,


    wollt mich mal wieder bei euch melden. Hoffe es geht allen einigermaßen...


    Gestern gab es ein Gedenk-Konzert für Ulrich in "seiner" Gemeinde. Er war ja von Beruf Kantor. Es wurden einige seiner eigenen Kompositionen für Orgel uraufgeführt und noch eine schöne Messe, die sein Bruder komponiert hat.
    Ich hatte mich dafür entschieden nicht selbst mitzuwirken, weil dafür mehrere Proben notwendig gewesen wären - als ich mich vor einem halben Jahr entscheiden musste, habe ich es schweren Herzens abgelehnt, weil Johannes damals so starke Trennungsängste hatte, dass es für mich nicht absehbar war, ob es mit einem Babysitter klappen würde.


    Nun war ich letztendlich froh, dass ich nicht selber vorne stehen musste, sondern einfach die wunderschöne Musik genießen konnte. Die Mitwirkenden haben so innig gesungen und gespielt, dass es mich sehr gestärkt hat. Es war auch (ganz anders als ich es befürchtet hatte) für mich sehr schön, dass so viele Bekannte und Freunde gekommen sind. Es ist so schön, wenn man merkt, dass er anderen auch was bedeutet hat und sie ihn nicht vergessen haben!


    Ich fand es sehr stark, dass Ulrichs Bruder die Kraft hatte, so ein Konzert zu organisieren und selber so viel zu spielen... schließlich war und ist es für ihn auch sehr schlimm, da er eine sehr innige und enge Beziehung zu seinem "kleinen Bruder" hatte. Die beiden haben/hatten ein unglaubliches Charisma, obwohl sie doch recht unterschiedlich sind.


    Mit so einem warmen Erlebnis in mir blicke ich optimistisch auf unsere 3 Wochen Daheim-Urlaub, die Johannes und ich jetzt genießen können. Hoffe wir haben die Kraft die Tage zu genießen und für uns zu nutzen, auch wenn wir kein Geld für einen Urlaub haben. Wir werden aber wenigstens ein paar Tage in meine Heimat fahren, uns von der Oma bekochen lassen und mit meiner Kindheitsfreundin und deren Sohn ein paar schöne Ausflüge unternehmen...


    Jetzt nur noch den Jahrestag nächsten Montag überstehen... da hab ich schon ziemliches Magengrummeln.


    Habt ihr vielleicht Tipps, wie man den übersteht, ohne emotionalen Totalabsturz? Vielleicht einfach die Hoffnung aufgeben, dass es ohne tiefe Traurigkeit vorbeigehen wird? Verplanen? Oder einfach auf uns zukommen lassen?
    Ich bin ein bißchen ratlos.


    LG


    Melanie

  • Liebe Melanie!


    Du hast ja schon das Gedenkkonzert so gut überstanden. Du wirst auch den Jahrestag schaffen. Ich hatte auch schreckliche Angst davor, aber ... siehe meinen Beitrag oben. Ich werde jedenfalls an diesem Tag im Gedanken bei Dir sein und Dir viel Kraft schicken.


    Ganz liebe Grüße Mani

  • Hallo, liebe Mani,
    hallo, liebe Maki,


    es tut gut zu wissen, dass ihr an uns denkt und irgendwie werden wir den Tag wohl überstehen. Johannes hat morgens noch seinen geliebten Spieltermin beim Therapeuten. Damit ist der Vormittag schon mal gerettet.


    Und heute hat mir meine liebe Nachbarin und Freundin angeboten, mich am Jahrestag zum Unfallkreuz zu begleiten. Dann können wir die neuen Blumen, welche Johannes vor kurzem ausgesucht hat, noch anpflanzen und vielleicht auch wieder ein Kerze anzünden.
    Die Begleitung durch meine Nachbarin freut mich ganz besonders, weil sie auch diejenige war, die nach nur 10 Minuten bei mir war, nachdem ich am Telefon von dem Unglück erfahren hatte. Sie war so einfühlsam und liebevoll, sie hat mir unheimlich gut beigestanden und sich nebenher auch noch um Johannes gekümmert, bis meine Mutter und mein Bruder eingetroffen waren. Das werde ich ihr nie vergessen.


    Die erste Urlaubswoche ist ja auch schon fast um und es läuft ganz rund. Gestern waren wir in einem sehr schönen Schwimmbad und ich hab, obwohl ich 2 Eis genascht habe, heute morgen auf der Waage weniger gewogen als die Tage vorher! (klappt aber nur, wenn man sonst an Kalorien tagsüber spart) :-)
    Johannes hat mich angefeuert, so dass ich 10 Bahnen a 50 m Schwimmen durchgehalten hab. "Du schaffst das, Mami!" hat er durch's ganze Bad von der Zuschauertribüne aus gebrüllt. Ich wäre vor Lachen beinahe untergegangen :-))

    Ich danke euch für die Unterstützung und wünsche euch auch viel Kraft!


    Melanie