Liebe Birgit... Das ist so und gut dass Du nach Dir schaust ❤️
Mein geliebter Papa ist gestorben. Er durfte 86 werden aber ich verkrafte seinen Weg zum Ende nicht. Nach 2 Herzinfarkten, den ersten bekam er mit 67 und der war so tragisch dass die Ärzte meinten er hätte 1000 Schutzengel gehabt. Der 2. war mit 79 und da dachte er selbst er überlebt es nicht. Dann mit 81 Schlaganfall. Danach begann ein furchtbarer Weg für ihn und uns. Ein gesundheitliches und körperliches Auf und Ab. Und dann schlich sich die hinterhältige Demenz heran. Davor hatte mein Vati die größte Angst. Die letzten 5 Jahre waren grausam... ihn so zu sehen und nicht helfen können. Am Anfang waren wir total hilflos im Umgang mit der Demenz. Mit der Zeit haben wir dazugelernt. Aber es war so schlimm. Ich weiss nicht mehr wie oft er hinfiel, Krankenhaus wieder zurück, Nachts lief er mit der Taschenlampe durchs Haus... Er wusste nicht mehr dass er zu Hause war. Das kann man alles garnicht erzählen. Dann wurde er schwer zu bewegen, wir haben es zu viert nicht geschafft... dann kam Inkontinenz etc. Wir hatten Angst um unsere Mutter... Es war nicht mehr möglich das zu schaffen. Stellenweise ging es ihm so schlecht, daß ich unter Tränen gebetet habe, Gott möge ihn erlösen. Ich habe meine Mutter ein halbes Jahr bearbeitet für eine 24 Stunden Hilfe... Das ging dann auch nicht mehr und wir entschieden, auch zum Schutz von Mutti ihn ins Heim zu bringen. An dem Tag als ich ihn dahin begleitete brach mein Herz... Und dort ging es weiter, mal hat er aufgebaut, mal wieder abgebaut. Es gibt an diese Zeit so viele schlimme Bilder. Einmal fiel er wieder und mein Vati lag wie ein kleiner Maikäfer völlig hilflos auf dem Rücken...
Dann kam Weihnachten. Einer meiner Brüder mit seiner Familie durften ihn noch am Fenster sehen. Mutti und ich hatten am 2. Feiertag einen Termin. Davor kam der Anruf Corona auf der Station. Wir durften nicht mehr zu ihm. Er war 16 Tage alleine, halb eingesperrt im Zimmer umgeben von vermummten Pflegerin. Wenn ich ihn mal ans Telefon bekommen durfte stöhnte er nur noch ins Telefon. Dann wurden wir informiert dass er Corona hat. Am 11.01.2021 Nachts bekam ich den Anruf Vati hätte schon Atemaussetzer. Wir ließen ihn dann ins Krankenhaus verlegen. Wir konnten uns dann fast alle die kommenden Tage von ihm verabschieden. Als ich bei ihm sein konnte bot er einen erbärmlichen Anblick. Ich saß die eine Stunde die ich bei ihm bleiben durfte schluchzend an seinem Bett. Ich wollte auch nicht gehen, am liebsten hätte ich mir ein Bett daneben stellen lassen. Er war auch garnicht mehr da... Irgendwo schon in einem anderen Bewusstseinszustand. Donnerstags war niemand bei ihm und Freitag Abend starb er alleine. Ich fuhr sofort mit meiner Mama hin... Ja ein furchtbar schlimmer Gang... Dieser Anblick... Es war tatsächlich nur noch die Hülle von meinem Vati. Ich habe ihn geküsst und gestreichelt... Seinen kalten Körper ohne Atem...
Oh liebe traurige Birgit verzeih mir... Ich konnte nicht anders als drauf los schreiben. Es quält mich schon die ganzen Tage wieder.
Jetzt habe ich dein Wohnzimmer benutzt um meinen Kummer zu beschreiben, dabei finde ich Dein Schicksal um so vieles vieles schlimmer, genau wie die vielen anderen hier... Unfassbar wie brutal das Schicksal bei Euch zugeschlagen hat und unvorstellbar für mich wie ihr das aushaltet... Mir fehlen auch die Worte des Trostes dafür...
Wenn ich darf möchte ich Dich mal ganz fest in den Arm nehmen und hin und her wiegen damit ein klein wenig, ein klitzekleines bisschen Ruhe in Dich einkehrt ❤️