Beiträge von mayatochter

    Ora et labora


    Deine Wälder, deine Menschen, deine Blumen – ich habe sie in Karmin, in Smaragd, in Türkis gekleidet … Dein helles Antlitz malend, segne ich es Tag und Nacht …


    Marc Chagall (1887–1985; französisch-russischer Maler jüdischer Religionszugehörigkeit)

    aus: TeDeum, Stundengebet, 19.10.22


    Diese Herbsttage leuchten so sehr, fast sommerliche Temperaturen und ich muss denken, dass du Herbstkind, Mutti, dich mit einem Farbenrausch irdisch vom diesjährigen Blätterkleid der Pflanzen, der Bäume, verabschiedest, dem letzten Blätterkleid, das du in Frühlings- und Sommerfarben noch geliebt und genossen hast! Trotz sterbenskrank!

    Du bist immer morgens schnell aus deinem Zimmer im Pflegestift geflüchtet, vielleicht, weil der weite schöne Blick in Richtung unserer Wohnung ging?
    Dein Zimmer war bezaubernd wie der Blick, aber du wolltest da gar nicht sein, versteh schon!

    Als ich mit deinem Schwiegersohn, meinem Mann neulich am Panoramaerker auf das Pflegestift schaute, ein grauer Himmel, da schien auf einmal gleißend wie im Spotlicht mit einem Sonnenstrahl nur das Haus auf!

    „Deine Mutter!“ sagte sofort dein Schwiegersohn, der an nichts Übersinnliches glaubt! :-)

    Hymnus



    Alles Gelingen: in deine Fülle.

    In dein Erbarmen: meine Grenzen.

    Und meine Sehnsucht: in deinen Frieden.

    In deine Hände gebe ich mich.



    All meine Freude: in deine Schönheit.

    In deinen Abgrund: meine Klagen.

    Und meine Hoffnung: in deine Treue.

    In deine Hände gebe ich mich.



    All meine Wege: in deine Weite.

    In deine Schatten: meine Schwachheit.

    Und meine Fragen: in dein Geheimnis.

    In deine Hände gebe ich mich.

    (Stundengebet der Abtei Burg Dinklage

    aus: Te Deum Stundengebet, heute)

    Trauer 3 - also, eigentlich wollte ich von Anfang an über mich schreiben, komme aber andauernd auf andere kollektive Themen . . .


    Jedenfalls konnte ich von Jugendzeit an nicht mehr trauern.


    Vielleicht wollte ich es auch gar nicht, eben wegen der Schwäche


    und plötzlichen Selbstverantwortlichkeit, wo ich zuvor Familienmitglied,


    Familienmutter


    werden sollte und nun A L L E S.



    Als meine Omi starb Mitte der 70er Jahre trauerte ich nicht.

    Als meine Oma starb Ende der 70 er Jahre, trauerte ich nicht.

    Als mein Patenonkel starb in meinem Verlobungsjahr, trauerte ich nicht.

    Als meine Tante einige Jahre später starb, trauerte ich nicht.

    Als mein geliebter Opa starb, trauerte ich nicht.



    Es gab nie auch nur eine nennenswerte Unterbrechung im Alltag. =O


    Mir fiel dann im Zusammenhang mit meinen Depressionen erst auf, dass ich nie trauerte. Ja, ich kannte Liebeskummer, den zutiefst schmerzlichen, wenn eine Liebesbeziehung zuende ging. Das war eine Mischung aus Trauer, Verlustschmerz, Abschiedspein und Verlassenheitsängsten, das tat grausig weh.


    Also kannte ich es doch schon.


    Nur in Zusammenhang mit Familie fand mein Inneres es wohl zu gefährlich?


    Jedenfalls weiß ich, dass TRAUER ganz unten in den inneren Schatten ist, noch unter tabuisierter Wut.


    Und erst, nachdem ich da unten angelangt war in meiner Selbstreflexion, da konnte ich und kann ich jetzt um meine Mutter trauern. Aber ich muss das bewusst tun, denn von selber geht es viel zu selten. Von selber droht meine innere Routine das schnell wieder zu unterdrücken, wegzudrängen, dabei ist Trauer so kostbar, eine als Schwäche verkleidete und diskreditierte Stärke! Lebendigkeit der Emotionen, das Gegenteil von Tod.


    Liebeskummer! <3



    Trauer 2 - Trauer und Wut sind ja Schattenemotionen, also tabuisierte Emotionen, Trauer noch mehr als Wut, zumindest bei Männern, denn Traurigsein bzw. Weinen und Tränen galten ja lange und gelten auch inoffiziell immer noch verbreitet als Schwäche.


    Und da Frauen immer selbständiger und unabhängiger und durchsetzungsstärker wurden mit dem emanzipatirischen Zeitgeist der letzten Generationen, bei ihnen ungewollt oder gewollt wohl auch.


    Wut allerdings, bis heute, gilt ja bei Männern als cool und maskulin und bei Frauen als unweiblich und widerlich.


    Ganz schizophren ist es da in den letzten Generationen für Kinder geworden. Emanzipatorische Ellenbogenmentalität wird in jedem Beruf gefordert, aber die Pädagogik, die viele, wie ich, auch "Mädchenpädagogik" nennen, fällt natürlich allen Eltern eines Sohnes auf, wenn schon im Kindergarten jeglicher Bewegungsdrang und Wettkampfdrang pathologisiert wird und ganz augenscheinlich niemand zwischen gesund und ungesund unterscheiden kann.

    Dann aber wiederum wird sich beschwert, wie dick und entwicklungsverzögert und bewegungsarm, Mediensüchtig und passiv aggressiv vor Ballerspielchen die kids sind - das ist anerzogen und anderes Verhalten schon in jungen Jahren abgestraft.


    Also ist das "geheime Wissen, der geheime Lehrplan", nämlich das, was hinterher im Beruf und Erwachsenenleben gebraucht wird, riesig dick und kein Wunder, dass passiv-aggressives Verhalten blüht wie Mobbing, Bossing, dass Ausbrüche wie Amokläufte sich häufen, wenn so irrsinnig viel an kindlichen natürlichen Bedürfnissen schon flächendeckend in den inneren Schatten landen und dann aber im Beruf unausgesprochen da sein müssen zwischen allen EinzelkämpferInnen.


    So wissen jetzt nur nicht nur Frauen n i c h t, was alles in ihren Schatten innerlich wartet, sondern auch Männer. Und, noch komplizierter, genau das Verdrängte und Unterdrückte ist aber im Berufsleben gefragt.

    Ein Bekannter, lieb und übergewichtig, findet keine Stelle trotz Ausbildung in einem Personalmangelbereich, weil er dick und lieb ist. Ja, er hat nun Depressionen.


    War es meiner Generation der Babyboomer schon recht schizophren mit lebenslanger Selbst-Überforderung und Zerrissenheit, einerseits das geprägte Ideal der Frau ihrer patriarchalischen Kindheit zu sein und andererseits ganz plötzlich das emanzipierte Ideal der Frau ab Jugendzeit, wurde es für die Kinder- und EnkelInnen-Generationen nach mir nun noch härter und betrifft nun nicht mehr nur die Frauen, sondern ebenso die Männer.

    Bei allen aufgeklärten Zeitgeistphrasen auf den Lippen und Selbstverantwortung global für die ganze Welt, sind mehr Emotionen und natürliche innere Entwicklungsbedürfnisse verdrängt und unterdrückt als jemals zuvor.




    Trauer- dazu nehme ich jetzt mal die Lieblingsfarbkombi meiner 2019 am 9. Mai ganz plötzlich verstorbenen engsten Freundin Bettina! Niemand wusste, wie krank sie war, obwohl, als ich sie ein dreiviertel Jahr zuvor gesehen hatte, als sie und ihr Mann Urlaub bei uns in der Gegend machten und wir uns - wie immer seit sie leider einmal lang von Süden nach Westen umgezogen waren, - einmal im Sommer in ihrer alten Heimat trafen, da sah sie schon erschreckend abgemagert und krank aus und machte ich mir Sorgen, weil alle ihre Geschwister mit Anfang 60 Jahren an Krebs gestorben waren wie Bettina letztendlich auch. :33:

    Als ich aber hörte, wie sehr diese Pest in ihrem Körper schon verbreitet war, war ich nur froh, dass ihr, wie sie es sich immer gewünscht hatte, ein schneller Tod beschieden war. So hypochondrisch und panisch sie vor allem, was mit Krankheit und ÄrztInnen zu tun hatte, immer gewesen war, war ich froh und dankbar, dass sie ihre Sterbenskrankheit gar nicht mehr so richtig realisiert hat und dass ihr auch die Coronazeit erspart wurde.


    Jaja, das sagt alles mein Verstand.


    Mein Herz trauerte z i v i l i s i e r t,


    schrieb sich wie jetzt auch,


    aber damals in keinem Trauerforum,


    das Gedenken und die Trauer von der Seele.



    Und ging dann . . . . .



    außer an den nächsten beiden Todesgedenktagen,


    wieder zum Alltag über wie gehabt.


    In diesem Jahr fühlte es sich schon "n o r m a l e r" an,


    gar nicht mehr an ihrem Todestag ihrem Witwer zu schreiben.



    Und das fand er wohl auch ganz "normal", denn er hat


    sich nach dem 1. Trauerjahr, in dem er täglich neue


    Trauerbilder- und texte in seinem WhatsApp-Profil


    postete, schon sehr viel lebensfroher und lebensoffener


    gezeigt und war/ist auch wieder deutlich auf der Suche


    nach einer neuen Liebe.



    Irgendwie nahm ich wahr, dass er das trotz aller Trauer schon


    schnell wieder war.


    Dass es aber eine große Liebe von jung an zwischen ihm und


    seiner Frau von jung an gewesen war, ist sicher.


    Aber dieses "Bereitsein" für Neues bei gleichzeitiger Trauer,


    hier im Forum lese ich ja auch öfter darüber.


    Ob das bei Frauen und Männern unterschiedlich ist?









    Ja, mache ich auch von Kleinauf und habe erst vor einigen Jahren rausgefunden, dass man das "therapeutisches Schreiben" oder "Seelenschrei ben" nennt, weil es real wirkt in der Psyche. . . . aber mehr dazu jetzt wirklich nicht, da hast du recht.

    Liebe Bettina, ich lese hier gerade über euer Wutthema mit und es spricht mich sehr an, weil ich auch einige Male in meinem Leben sooo tief verzweifelt in meiner Lebenssituation war und ewig und ewig nicht da heraus fand und wer weiß wie litt und keine Änderung und Lösung sah innerlich oder äußerlich, sondern immer nur unzumutbaren Schmerz und unzumutbare Verzweiflung und unzumutbare Lebenssituation, die ich nie und nimmer verdient habe. Als ob das Leben selbst so hoch aggressiv und zerstörerisch austeilt gegen mich und ich selber kann meine wütende und aggressive Reaktion aber nicht dem Leben um die Ohren hauen und sitze und sitze und sitze immer weiter in demselben Mist und bin es weder schuld noch kann es schnell ändern.


    Und dann dachte ich immer, dass es genau wie auch in Sachen Stress eine gesunde Wut gibt und eine ungesunde Wut. Die gesunde Wut tut gut, zerstört nicht, erleichtert und bringt weiter. Die ungesunde Wut hat keinen Adressaten und gräbt sich stattdessen tief in mich selber hinein und ich werde sie nicht los.

    Das Problem an dem Ganzen ist aber, dass das Leben selber oder das Schicksal oder wie ich es nennen soll, so brutal in Menschenschicksale reinhaut wie es gewalttätiger nicht geht und wie es traumatischer nicht geht, schauen wir uns doch die Welt an. Auch abzüglich alles Menschenverursachten, und das ist viel, sind Natur und Schicksal aber grausam und scheren sich nichts darum, wie wir danach als Wrack und Stückwerk weiter vor uns hinkrebsen.

    Ich habe also dieses Leben in seiner Grenzenlosigkeit an Extremen echt fürchten gelernt, wie es überrollt und nimmt und gibt, völlig willkürlich und anarchisch. Ich bin mindestens unfreiwillig solange in der Dunkelheit im Leben unterwegs gewesen wie im Licht. Das Leben ersparte mir nichts und zu der ganzen Fülle des Erlebten gehört soviel Dunkles und Böses wie Helles und Gutes, weil das Leben so ist, jeden Tag und weltweit irgendwo und in viel zu vielen Notlagen Unschuldiger.


    Also gehören da auch alle Emotionen dazu, was mir das Schicksal um die Ohren schlug und ich habe auch zurückgeschlagen.


    Aber letztendlich, wenn das Leben selber schon uns nicht genug Fürsorge entgegenbringt, habe ich gelernt, dann will wenigstens ich in meiner Selbstfürsorge mich nicht zu sehr auch enttäuschen und in meiner Selbstfürsorge da schmerzt mich alles Gewalttätige und Gewaltbereite, das ich in mir bekräftige, auf eine selbstzerstörerische Weise, die sich dann immer tiefer einfrisst und ich nicht loswerde und eben die zerstörerisch ist.

    Darum, so berechtigt und auch bewusst erlebt und geäußert Wut ist, weil sie grundlegend zum Leben gehört und uns begegnet in Übermaß, so wichtig ist es auch für mich, sie wieder los zu werden.

    Bloß ist mein Umgang damit nicht einfach nachzumachen. Ich transzendiere sie, also schaffe sie in meine spirituellen Sphären und gebe sie da ab an Stellvertreter oder agiere sie in Fantasieszenen aus, die dann automatisch archetypisch werden wie in Märchen oder Legenden, wo ich dann die Kriegerin bin und das Böse bekämpfe.


    Das ist jetzt vielleicht nicht sehr verständlich, sorry, im Grunde geht es mir nur darum, dass ich existentielle Wut im Leben und ihre Berechtigung absolut verstehe, ein wichtiges Entwicklungsthema in Lebenskrisen finde, wenn man ganz unten ist und es nicht mal schuld ist, dass Wut auf Dauer aber zerstörerisch ist wie eben die ganze Wut in unserer Welt auch schon anzusehen ist.


    Erst jetzt spüre ich wieder diese Herbstmelancholie, die mich sonst immer im August so sehr schmerzt, dass ich depressiv abstürze für Tage und Wochen, aber meist seit 3 Jahren nicht mehr den ganzen Winter bis in den Frühling hinein.
    Abschied, Trauer, verschwindendes Licht, verschwindende Farben, Sommerwärme, Lebensenergie des Frühlingsaufbruchs und der Sommerernte, geerbte Gefahrenwahrnehmung der zunehmenden Dunkelheit, Kälte, Kargheit in der Natur aus dem kollektiven Menschheitswissen.
    Sterben, Tod und Ausnahmesituation hatten dieses Herbstgefühl bei mir ganz verschoben und überdeckt. Auch Depritage des zu tiefen Absturzes in den Herbstblues verhindert. Ich bin mal gespannt, ob der Tod meiner Mutter was daran ändert. Bzw. der Tod ihres Körpers bzw. die Wandlung ihres Körpers und mit seiner Auflösung ihrer körperlichen Person, denn Null Lebensenergie irdisch und im Kosmos ging verloren, s t a r b, kein Stillstand trat ein.
    Das, was wir als körperliche Person ansehen, das hat sich aufgelöst in alles, was ist in der Natur. Das, was ihr Wesenskern, ihr Bewusstsein von sich selbst, ihr Geist, ihre Seele, ist, hat damit seinen körperlichen Ausdruck verloren. Aber ist nicht weg.

    Tod also in Form des unwiederbringlichen Auslöschens von Körper, Geist und Bewusstsein einer Person gibt es für mich nachgewiesen gar nicht.
    Und ich erfahre ja selber schon seit dem Alter von Anfang 40, dass alles, was mein Körper an Kraftpotential verschlissen und verloren hat, dass das gleichzeitig mindestens an derselben geistigen Kraft und Präsenz in mir zugenommen hat. Damit ist nichts "Mentales" gemeint, das mich leistungsorientiert besser funktionieren lässt, sondern ein stärkeres Hinleben in die Welt der Geisteswesen, aus der ich komme und in die ich wieder einmünde nach meinem Ablegen des Körpermantels oder meines Hinaustretens daraus.

    Das Entscheidende aber, das mich trägt, ist der Hintergrund der Liebe hinter allem, weil ich dazu und dahin gehöre.


    Es fühlt sich nicht wie Depri an, sondern wie Ausruhen und mich mal ganz sacken lassen, dass ich die letzten Tage vor allem im Bett verbracht habe! Es fühlte sich gut und friedlich und entspannt an und nur mieser, wenn und seit ich realisiere, wieviel zu tun ist. Aber das war es ja immer. . .

    Im Trauerforum hier und auch in den Online-Gedenkseiten anderswo, wo ich täglich bin, schreiben viele Trauernde seit Jahren, Jahrzehnten, deren Leben mit den Liebsten, die starben, auch zuende war und bleibt. So ist meine Trauer nicht.

    Dennoch trauere ich und schreibe, lese und entzünde Kerzen auf Muttis Gedenkseite online jeden Tag.

    Auch da sehe und lese ich, dass das Gedenken täglich Tage, Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte weitergeht.

    Ich bin gespannt, wie das bei mir wird.

    Meine Mutter gehörte mehr als 62 Jahre lang in mein Leben und auch wenn ich Distanz halten musste, fühlt es sich ganz und gar nicht so an, als ob sie nicht mehr zu meinem Leben gehörte.

    Die letzten Tage hat meine ältere Schwester, da das Haus, in dem die Elternwohnung ist, jetzt ganz plötzlich verkauft werden kann (oder nicht, aber niemand weiß das), zusammen mit Brüderchen und Schwägerin und Muttis Freundin vor Ort schon eine Menge ausgeräumt und dem eine neue Heimat bei einem der Drei gegeben - das ist schön, weil nicht achtlos weggeworfen, aber die Wohnung sieht dadurch jetzt wohl schon etwas "gerupft" aus, wie es Schwesterlein nennt.

    Ich bin froh, dass sie das gemacht hat und haben, denn ich bin ja in Sachen Aufräumen eine Katastrophe, aber unseren Herzen war das natürlich jetzt unter dem Zeitdruck zu schnell. Mir wäre lieber gewesen, das wäre erst gegen Winterende passiert, aber wann geschieht schon etwas ideal? Ich bin auch froh, dass wir die ganzen Monate seit April ungestört hatten und diese Eile erst jetzt passiert.

    Trotzdem reißt diese Eile jetzt auch schmerzlich an meinem Herzen und vor allem, wie schnell so eine lebenslange Sammlung von Lebenskostbarkeiten in einer Wohnung ausgeräumt sind.

    Natürlich waren meine Eltern darin einzigartig vorbildlich, nur das im Alter zu behalten, was ihnen was bedeutete und alles so zu organisieren, dass wir Angehörigen nicht im vollen Chaos stehen von Dingen aus fast einem ganzen Jahrhundert!
    Ja auch alles Testamentarische und alles rund um die Beerdigung war ja und ist ja von meinen Eltern genau vorbereitet gewesen, auch finanziell, soweit sie es konnten. alles hinterlegt.
    Da war keine große Suche nach Papieren, die waren uns schon immer gezeigt worden.
    Und trotzdem war es ja noch viel zu tun, aber wir mussten nicht viel suchen.

    Meinem Papi scheint es auch einigermaßen zu gehen, er erkannte meine Schwester jetzt auch sofort wieder.<3
    Heute habe ich in der SZ gelesen, dass es eine psychische Diagnose "Trauerstörung" gibt, dass also eine zu starke Trauer nicht gleich Depression ist.
    Natürlich geht sie wie alles Mögliche vom gesellschaftlichen Funktionieren aus und besagt, dass eine Trauerstörung vorliegt, wenn jemand länger als ein halbes Jahr aus seinem normalen Alltag fällt und zu krank zum Arbeiten ist.
    Dabei steht da gleichzeitig, dass es 2 Tage "Trauerfrei" gibt nach dem Tod naher Angehöriger.
    Also, was ist denn mit den Leuten, die nach diesen 2 Tagen vor lauter Trauer noch nicht wieder "funktionieren"?

    Alles immer etwas seltsam.

    Aber bei mir ist es auch so, dass ich nicht vor Trauer aus meinem Alltag falle. Zwar gönne ich mir jetzt ein paar Schlappitage, weil ich die sonst nie habe, auch nicht mal im Urlaub, wenn ich sie mir nicht einfach nehme, aber es stimmt schon, dass auch die alltägliche Aktivität hilft bei der Trauer und dass mich die Trauer sogar erst aktiver machte.

    Dass man sich gar nicht leisten kann, einfach ganz aus dem Alltag auszusteigen vor lauter Trauer, das hat auch sein Gutes. Und trotzdem ist das Ganze auch furchtbar ignorant, finde ich. Wie sehr außer dem reinen Funktionierenmüssen alles um dieses Funktionieren oft bei Trauernden zusammenbricht und nie mehr dasselbe ist wie zuvor, das interessiert bei solch einer Diagnose keinen? .

    Liebe Mayatochter, wie geht das mit der Gedenkseite?

    Wir haben keine Parte?

    Danke Eli

    Liebe Eli, ich weiß nicht, ob man hier auch eine machen kann bei aspeTos, wozu auch das Forum gehört. Ich bin auf einer Seite, die heißt einfach gedenkseiten.de und da bin ich jeden Tag eine ganze Weile und das tut mir gut, denn vom Grab wohne ich ja weit entfernt.

    Liebe Mutti, deine Wohnung erfährt weiterhin viel Wertschätzung! Schon all die Monate seit April, seit du nicht mehr dort warst. Das hast du ja zum Glück alles noch mitbekommen!

    A. hat jetzt all deine geschriebenen und unbeschriebenen Schreibsachen eingepackt in ihr Auto und hat deine verpackten haltbaren Lebensmittel zwischen sich und A. aufgeteilt.

    Deine unbearbeiteten Bücher hat sie ins Öffentliche Bücherregal gebracht und gestellt. Einige Eurer Fotoalben hat jetzt A., wie auch euer Silber, und ich schaue die anderen an und wähle mir aus nächstes Mal.
    Leere Wasserkisten sind weggebracht und das Abo gekündigt, der Rollator ist endlich abgeholt.
    Heute gehen einige Bilder deiner Fotowand zu den Cousins, die heute zu deinem Grab kommen.
    Die Eis in deinem Kühlschrank wurden sehr achtsam genüsslich über die Monate gefuttert von beiden A.

    Da das Haus jetzt genauso gut plötzlich und schnell verkauft werden kann wie auch möglicherweise erst in einem halben Jahr, sind wir Vier jetzt bereit!

    Nicht ohne Schmerzen, aber es wird überhaupt vom Herzen her vorstellbar!

    Und immer mehr Lücken der Unbewohntheit tauchen dort auf, aber kein Gedanken- und gefühlloses Wegrümpelnlassen, wenn denn endgültig die Container kommen.


    Jede und jeder im ganzen Haus ist nun in diesem herzzerreißenden Abschied und ahnt aber schon den nächsten Frühling dahinter!

    Wenn du gar nicht mehr selber das neue Jahr 2023 hier sein wirst und wenn Papi sich kaum noch erinnert und schon dann fast 7 Jahre im Stift lebt, dann bekommt es auch was von In-die-Länge-Ziehen, wozu wir alle wie ihr Eltern zu pragmatisch und unabhängig sind.


    Sehnsucht, Schmerz, Trauer werden noch bleiben, aber der Blick nach vorn sieht auch Neues Licht.

    Heute fühle ich mich ein bisschen kränklich mit erhöhter Temperatur und Muskelkater in den Oberarmen nach 4. Coronaimpfe gestern!

    Habe vorhin, nachdem ich auf der Online-Gedenkseite meiner Mutter das heutige Kerzlein angezündet habe, mal hier und da auf anderen Gedenkseiten, die gerade ein Gedenkkerzlein entzündet hatten, gelesen!


    Sehr sehr eindrücklich wurde mir da klar, dass es nach dem Versterben der Liebsten keine Zeit mehr gibt!

    Da war die Mama, die ihrem geliebten Kindlein, das nach seiner Geburt nur 8 Tage alt wurde, seit 21 Jahren täglich „Grüße von Mama“ schickt und ein Kerzlein entzündet!

    Da war der Ehemann, der seinen Ehemann, mit dem er 35 gemeinsame Jahre zusammenlebte und ihn vor kurzem verlor, einen so lebendigen biografischen Nachruf geschrieben hat, dass die Präsenz dieser großen Seele beim Lesen gegenwärtig wurde!

    Da war das Model, das vor 10 Jahren mit 20 Jahren starb und dem bis heute täglich FreundInnen Kerzlein anzünden!

    Da war der Ehemann, der seiner verstorbenen Ehefrau täglich seit 10 Jahren mehrere Kerzlein mit langen Texten dazu sendet!


    Ich fühlte mich richtig unter ihnen und in dieser Zeitlosigkeit!


    Meine Schwester ist im Alter von 37 Jahren verstorben und mein Schwager hat nun, nach 2,5 Monaten, bereits eine neue Frau. Ich habe damit große Probleme. Ist meine Schwester so schnell ersetzbar? Die "Neue" ist verheiratet und will sich nun trennen, hat selbst 2 jüngere Kinder. Meine Schwester hat 2 kleine Mädchen hinterlassen (5 und 1). Makaber ist, dass sie die Kollegin meiner Schwester war und die Erzieherin von der älteren Tochter ist. Er ist jetzt unkonzentrierter und vergisst vieles, was auch die Mädchen betrifft. Sicherlich kommt von vielen die Antwort "Freu dich doch für ihn" o.ä. Phrasen. Ich fühle aber einfach, dass es nicht gut geht und habe Angst, dass meine Nichten darunter leiden. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?

    Liebe große Schwester, ich sende dir und deiner Familie mein tiefstes Beileid zum Tode deiner kleinen Schwester!

    Besonders für die Kinder, aber auch für alle,die viel zu jung deine kleine Schwester schmerzlichst verloren, einen dicken SegenRegen und seid behütet von der Kraft der Liebe, ob ihr sie gegenwärtig fühlen könnt oder nicht!

    Dass du geschockt bist, wie schnell dein Schwager eine „neue Frau“ an seiner Seite hat, verstehe ich absolut!
    Wenn er aber selber, wie du beschreibst, derzeit fahrig und vergesslich ist, dann sind das übliche Trauersymptome, nicht „Ersetzen“!

    Wenn diese Frau schon der Familie und der älteren Tochter bekannt und nahe stand, wenn sie dann für die Kinder Dasein kann, ohne die Mama ersetzen zu wollen und zu können, mag das für die Kinder vielleicht sogar gut sein!
    Natürlich wird ihr eigenes Eheaus und werden die weiteren Kinder im Familienleben nicht einfach, aber hoffentlich liebevoll, kompetent als Erzieherin und lebendiges Neues statt nur Zerbrochenes.


    Ja, es ist sehr schnell, nur kennst du doch deinen Schwager schon länger und weißt doch, ob du ihm vorher vertraut hast? Wenn ja, beobachte doch erstmal im Sinne der Kinder, ob das gelingt? Ich weiß auch nicht, ob ich das könnte, aber meinen Ärger zurückhalten, damit die Kinder nicht noch Tante und Großeltern als instabil erleben?

    Ach, ich weiß es nicht und wünsche Euch allen viel Geduld und Kraft!


    Vielleicht weiß dein Schwager, dass er alles anders nicht schafft?

    Alles alles Gute und liebe Grüße! mayatochter


    Hey meine Lieben!!!!

    Ich hab es geschafft,am 20 Oktober habe ich einen Termin hier im Ort bei einer Therapeutin!!Bin so erleichtert und hoffe das es mir und vielleicht auch meinen Kindern hilft.Das habe ich aber AUCH euch allen zu verdanken,weil ihr mir zugehört und seelisch geholfen habt!!!

    Vielen lieben Dank ihr Lieben🫣❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️❤️

    „Glückwunsch“, du weißt schon, wie ich das meine! Meine Psychologin ist mir auch als Rückhalt und ggfs. Wegweisern und Begleitung kostbar! :thumbup:

    Welch schöne Idee! <3

    Danke, liebe Hedi, ich glaube auch, dass diese Idee Mutti und auch ihren Freundinnen, die ich gebeten habe, Blätter zu sammeln, Freude machen wird. Eine hat mir schon geschrieben, dass sie gleich heute mit ihrer Tochter losziehen will, genau das von mir Gewünschte zu machen und dass Mutti ihr noch so sehr fehlt.


    Weißt du, weiß wer, wielange man Blätter pressen muss, bevor man sie verbasteln kann?


    Heute morgen habe ich auf Muttis Gedenkseite online schon drüber nachgedacht, denn ich nutze das Kondolenzbuch dort als Stichwort-Trauer-Tagebuch und dieses Trauerforum hier als detailliertes Trauertagebuch, welche Angst Mutti vor Corona hatte, warum sie auch viel zu spät erst ins Krankenhaus ging, als es schon zu spät war. Ich meine, zu Recht aber. Im Winter im Krankenhaus war wirklich gefährlich und auch vernachlässigt mit all dem Personalmangel und dann noch ohne Besuch und isoliert, da wäre Mutti allein schon vor Angst gestorben.


    Aber gut, dass sie jetzt keine Sorgen haben muss wegen Corona und der Energiekrise und den steigenden Heimkosten für Vati und dem Krieg und was nicht alles noch.

    Sie war durch ihr langes schweres Leben so dünnhäutig geworden, sie hatte oft abends und nachts nur noch Angst, wenn ich ein Abendgebet las, das sie sich geschrieben und an ihr Sofa gelegt hatte und wenn ich überall im Haus die ermutigenden Glaubensappelle las, die sie geschrieben oder ausgeschnitten hatte! Die sollten alle ihre innere Unruhe und Angst lindern, die mit dem Alter immer schlimmer wurden.


    Sie liebte den Herbst in seinen Farben, war ja auch selber ein Herbstkind, aber sie fürchtete die Dunkelheit und die dunkle Jahreszeit. All die gemütlich überall heimelig platzierten Lampen, die die Wohnung abends wunderschön erhellten, ohne grell zu sein, kamen wohl zuletzt nicht mehr immer dagegen an.

    All die Briefkontakte, all die Besuche bei Papi, all die Besuche meines Bruders, der Freundinnen täglich, das reichte wohl alles nicht mehr gegen die innere Schwäche, die Kriegskindheitsgrauen in der Erinnerung zurückzudrängen!


    Und nun ist sie ERlöst davon und kann friedlich ruhen oder fliegen oder tanzen oder lachen in Licht, Liebe, Wärme und vollständiger Heilung bei ihrem guten Hirten, an den sie so fest glaubte und auf den sie so sehr hoffte.



    Liebe Kathi, ich danke dir, dass du diese so eindringlich vorstellbaren Zeilen mit uns geteilt hast.


    So zu schreiben, tut nicht nur dir irgendwie "gut", sondern auch uns, die wir sonst schnell meinen, nur wir haben eine entsetzliche Ausnahmesituation, traumatisch, erlebt und erleben sie noch - je nach individueller Situation.

    Jetzt werde ich mir ab heute merken können, wer Kathi ist.


    Und ich konnte mitgehen und mitstehen in deinen so eindrücklichen Erinnerungen und teilhaben und mittragen ein bisschen und dabei meine Hand auf deine Schulter legen und gemeinsam schauen auf das Grauen und Entsetzen.


    Natürlich ist dein so mitten im Leben stehender Sohn nicht in einem Grab, davon bin ich fest überzeugt.


    Stille Grüße von mayatochter :24: