Liebe Sonnenstrahl,
schmerzhaft muss das Sterben heutzutage nicht mehr sein. Da gibt es gute Medikamente, Palliativpflege usw. Die wenigsten Menschen sterben so plötzlich wie Dein Lebensgefährte, der sicher ganz schnell ohne Bewusstsein war. Bei Ursels Sterben hab' ich mich sehr mit dem Sterbeprozess beschäftigt und darüber informiert. Bei den meisten Menschen geht dieser Prozess schon wochenlang vorher langsam los. In der finalen Phase hat man weder Durst noch Hunger mehr. Ursel konnte die letzten 7 Tage nichts mehr trinken oder essen weil in dieser Phase auch der Schluckreflex versagt. Dann verabschiedet sich ein Organ nach dem anderen. Bei Ursel dauerte das sehr lang, eine ganze Woche. Der Arzt, der ihr dann Morphium zur Verbesserung der Atmung und gegen Angst verschrieb, fragte sie in einem wachen Moment wie es ihr ginge. Die Antwort werde ich nie vergessen: "Och, ganz gut". Er sagte dann zu ihr: "Madla, du bist ein Phänomen." Da arbeiteten schon die Nieren und die Leber nicht mehr. Das Morphium musste ich ihr unter die Zunge träufeln. Die letzten 2 Tage summte sie ständig immer dieselbe Melodie. Ein glücklicher Tod.
Langfristige Planungen mache ich auch nicht mehr, lebe auch von Tag zu Tag. Ich gehe nach der Arbeit (Minijob) viel spazieren, zum Abschluss dann in den Biergarten wo ich arbeite und trinke mein Mitarbeiterbier. Kaum habe ich dann die Wohnungstür hinter mir geschlossen, kommen mir regelmäßig die Tränen, weil keine Ursel mich liebevoll begrüßt.
Liebe Grüße von Dieter aus Nürnberg