Liebe Manuela,
dass wir uns hier gefunden haben, ist mein Segen, glaub mir. Dass Schmerz so verbinden kann, ist schon was ganz seltsames.
Das Reden über meine Ängste mit meiner Mami. Das schreibst du ganz richtig. Man verschiebt es, jetzt passt es grad gar nicht. Jetzt ist es grad so schön gemütlich, will den Zauber des Augenblickes nicht durch düstere Gedanken zerstören.
Heut hatte ich richig Angst. Mami hat eine sehr starke Schmerztablette genommen, weil ihr wieder der ganze Körper unermesslich weh tat. Diese Tabletten sind so stark, dass sie die nur im äußersten Notfall nimmt. Die wirken normalerweise innerhalb einer halben Stunde. Heut hat es über 2 Stunden gedauert. Sie hat geweint, wie ein kleines Kind, weil sie so verzweifelt war. Sie konnte auch nicht mitgehen bei unserer Hunderunde. Sie war total erschöpft. Hab sie ganz fest gehalten. Aufeinmal sagt sie: Mausi, ich spüre, dass es mit mir langsam zu Ende geht. Ich kann nicht mehr, ich hab keine Kraft mehr und ich ertrage diese ewigen Schmerzen einfach nicht mehr. Liebe Manuela, ich bekam so eine Angst, ich dachte, ich dreh durch. Hab sie ganz fest gehalten, ihr gesagt, wie sehr ich sie lieb hab, wie sehr ich sie brauche, wie sehr wir alle sie brauchen. Ihr Körper wurde geschüttelt vom Weinen, ich konnte sie erst nach längerer Zeit ein wenig beruhigen. Sie hat mich dann "weggeschickt" mit den Hunden. Bin auch eine kleine schnelle Runde gelaufen, weil ich heulen musste, weil ich so Angst hatte, weil ich fast ausgeflippt wäre. Ich will sie festhalten hier, ich will aber nicht, dass sie leidet. Sie hat richtige Sehnsucht nach Erlösung. Sie kann einfach nicht mehr. Ich war total im Eck. Hatte schreckliche Angst. Sie hat immer wieder betont, dass sie einfach spürt, dass ihre Zeit bald kommen würde.....
Ich hab dann den Nachmittag mit ihr draußen in der Sonne verbracht. Wir saßen zusammen und haben einfach nur belanglos herumgeplaudert. Irgendwann sagte sie dann: Ich möcht jetzt doch noch eine Runde gehen. Wir waren eine Stunde unterwegs, die Schmerzmedikamente hatten volle Wirkung. Sie hat diese Stunde genauso genossen wie ich. Hoffe so sehr, dass es ihr morgen nicht so geht, wie heute vormittags. Jeder Tag ist anders. Aber immer ist der Schmerz da, die Atemnot---- nur in unterschiedlicher Intensität.
Das Thema Arbeitsamt hab ich in Lindas neuen Thema schon kurz beschrieben: Die Beamtin kennt meine ganze Geschichte und ist ein sehr verständnisvoller Mensch. Sie legte mir nahe, einen Pensionsantrag zu stellen, da ich für sie derzeit nicht vermittelbar bin. Sie weiß nicht so recht, was sie mit mir tun soll. Sie hat mir quasi die Worte in den Mund gelegt, denn sie selbst darf es nicht tun, sonst kommt sie in Teufels Küche. Ihr Ratschlag: Antrag stellen, das dauert Zeit, dann kommt wahrscheinlich eine Absage, da hab ich dann 3 Monate Zeit, die Absage zu beeinspruchen, somit vergeht wieder einiges an Zeit. Mein Problem bei der Sache ist halt, dass ich für einen vernünftigen Antrag eine Vielzahl an Therapien vorweisen sollte. Hab aber erst vor einem Monat mit Psychotherapie begonnen. Beim Hausarzt bekomme ich seit 93 Wochen meine Antidepressiva. Ich werde also nächste Woche mit der Therapeutin und dem Hausarzt reden.
Arbeit lenkt zwar sicherlich ab, bloß bin ich derzeit nicht fähig zu einem Neustart. Ich schaff es grad so irgendwie, mich selbst am laufen zu halten. Unter Aufbringung aller Energien schaffe ich Haushalt und meine eigenen notwendigsten Belange. Bei uns ist grundsätzlich das Arbeitsamt so straff wie bei euch. Ich hab einfach Glück eine sehr sehr menschliche Beraterin zu haben, die meine Geschichte kennt und mich auch versteht. Leider wird man bei uns alle paar Monate zu einer neuen Beraterin umgereiht, --- genau das steht mir schon beim nächsten Termin Ende April bevor. Bis dahin muss ich irgend eine Entscheidung getroffen haben. Entweder Reha oder PEnsionsantrag..... Und das wo ich mir derzeit so extrem schwer tue, Entscheidungen zu treffen (auch ein Problem der Depression). Früher hatte ich mit Entscheidungsfindung überhaupt keine Probleme, heut hab ich (wie schon mal erzählt) sogar bei der Wahl zwischen gelben und blauem Pyjama ein Problem.
Wo wird das alles noch hinführen. Liebe Manuela, ich bin grad richtig verzweifelt. Meine Mami, --- meine Zukunft,--- mein weiteres Dasein--- ws soll ich bloß tun?
Am Montag muss ich meiner Mami wieder nachwinken..----davor hab ich heut schon Angst.
Liebe Manuela, ich danke dir sehr für deinen liebevollen Zuspruch, was würd ich bloß ohne den Austausch mit dir - mit euch allen hier tun??
Ich möcht dich ganz lieb :24: und ganz laut :2: sagen.
Deine Michi