Liebste Amitola,
Deine Zeilen haben mich auch sehr sehr berührt weil sie mir immer wieder sagen wie sehr gut Du meine heutigen Empfindungen und Gedanken verstanden hast. Nicht nur die Postiven, sondern auch die sehr beklemmenden die mich etliche Überwindung gekostet haben.
Damit meine Antwort auf Dein sehr berührendes Posting nicht den gesamten Rahmen sprengt erzähle ich Dir gerne wie die heutige Gedenkfeier abgelaufen ist da ich weiß das Du es verstehen würdest warum sie mich total überwältigte. Das Emotionale fing eigendlich schon am Eingang der Location statt. Jeder eingeladener Angehöhriger sollte ein im Glas eingefaßtes Teelicht in Empfang nehmen um es angezünded vor das Namens-
kärtchen seines lieben Verstorbenen zu stellen was sich auf der "Bühe" auf einem Tisch befand. Ja, der ganze Raum - und besonders die "Bühne" war von Nichts anderem erleuchtet als von unzähligen Kerzen in allmöglicher Größe. Links und rechts große Blumengestecke in weiß.
Als Alle ihren Platz gefunden hatten ging die künstliche Beleuchtung aus und man hatte Nichts mehr zu tun als inne zu halten und sich gedanklich mit seinem Lieblingsmenschen zu verbinden. Dabei spielten zwei Damen auf einem Klavier und einer Geige wundervolle besinnliche Musik. Als diese aufhöhrte hielt die Hospizleiterin eine wunderbare Ansprache die nicht besser die Emotionen Derer ausdrücken konnte die einen lieben Menschen im Sterbeprozess begleitet hatten. Ja, in jedem Wort was sie sprach erkannte ich mich wieder. Danach kiamen 3 Damen auf die "Bühne" in weißen fließenden Gewändern und spielten auf wundervolle sanfte, zarte Weise auf ihren Gongs - die Töne durch den Raum schwingen lassend wie das Rauschen von Engelsflügeln. Was mich danach noch mehr bewegte war die Dame die anschließend ein wundervolles Stück auf ihrer Leier spielte, denn sie war die Selbe die sich bei der Verabschiedung meines Mannes mit ihrem Instrument auf ein altes irisches Lied in englischer Sprache eingelassen hatte. Anbei erwähnt war sie die Musik Therapeutin des Hospizes.
Und dann geschah etwas wo ich nur noch dachte das es so sein sollte. Mein Mann hatte sich für seine Bestattung das Lied "Over the Rainbow" von dem hawiianischen Sänger gewünscht aber leider konnte ich ihm das nicht ermöglichen da Musik nicht Teil einer stillen Urnenbestattung war.
Hätte ich damals darauf bestanden hätte ich nich auf eine Kapelle einlassen müssen wo es Strom für einen CD spiieler gab und mein Mann hatte sich ja gegen all so etwas entschieden. Jedenfalls mußten wir Alle ein paar Worte hawaiianisch lernen da wir es Allesamt gemeinsam singen sollten - begleitet von Klavier und Geige. Das Lied hieß "Eo Wahipana La" und angeblich wird es auf Hawaii den Verstorbenen gewidment um ihre Seelen unter uns Lebenden willkommen zu heißen. So hat es mich irre glücklich gemacht das mein Mann auf diese Weise seinen Wunsch doch noch erfüllt bekommen hatte - auch wenn es nicht das Selbe war. Und ehrlich gesagt war das Heutige noch viel viel schöner da gespielt und gesungen von echten Menschen in Trauer - und nicht kommerziell herunter genuddelt von einem CD Spieler in einem nicht wirklich zutreffendem Ambiente. Ja, und am Ende des Ganzens kam noch eine Gruppe Ehrenamtlicher zusammen die den Kanon "Herr bleibe bei uns" sangen.
Anschließend wurden wir Alle in die Cafeteria auf Kaffee und Kuchen eingeladen, und auch da war der ganze große Saal unendlich liebevoll ge-
schmückt. An den Gardinenstangen der Fenster waren lauter Adventskränze befestigt an denen lauter Stern hangen. Sie waren nach den Monaten dieses Jahres beschriftet und die daran hängenden Sterne trugen den Namen, das Geburst-und Sterbedatum jedes Patienten der dieses Jahr zu dem Zeitpunkt gegangen war. Ich denke Du wirst es verstehen, aber wärend die Meisten ihren Stern in die Handtasche packten trug ich den Meinigen mit jeder Menge Stolz an meinem Handgelenk wie ein tolles Schmuckstück. Auf jedem Kuchenteller lag ein kleines liebevoll verpacktes Röllchen was einen Spruch enthielt und ich denke Du kannst Dir meine Überraschung vorstellen als ich den Meinigen las da er nicht hätte besser zu mir passen können. In Anbetracht der Sache das mein Mann und ich leidenschaftliche Flieger waren stand darauf ... Mit den Flügeln der Zeit fliegt auch die Traurigkeit davon.
Wie Du ja weißt hatte ich bisher nie etwas mit Spiritualität und Esotherik am Hut, aber heute habe ich meinen Mann ganz doll in meiner Nähe ge-
spührt. Besonders als ich für eine Weile mit mir alleine auf dem Sesselchen gegenüber seiner einstigen Tür saß. Irgendwie hatte ich dort das Ge-
fühl das er auf mich gewartet hatte und riesig enttäuscht gewesen wäre wenn ich nicht gekommen wäre. Ja, meine liebste Amitola, der heutige Tag war für mich mehr als heavy aber er hat mir wiederum auch so unendlich viel Gutes gebracht. Vor Allem eine Menge inneren Frieden. Ein Frieden - wie Du es selber sagtest - der mich mein neues Leben deutlich glücklicherer leben lassen wird.
Wo mein kleines Pinboard in meiner kleinen Büroecke noch voller Postkarten von meiner Mutter war als sie ihre Weltreise machte hängen nun nur noch der heutige Stern und der schicksalshafte Spruch daran der auf meinem Kuchenteller lag. Wo ich mich einst zum heutigen Tag von ihm ent-
gültig verabschieden wollte habe ich beschlossen das er für immer ein Teil meines Daseins sein soll. Nicht als Mensch der mich einst so unend-
lich unglücklich machte, sondern als der Jenige der im Grunde den kunterbunten Vogel aus mir machte der ich heute bin.
Was die Geschichte mit Indien betrifft wird die Zeit es bringen was daraus werden wird, und wenn ich 'mal kurz ganz doof esotherisch denke würde es mich nicht wundern wenn er mir diese Frau heute geschickt hat. Immerhin wußte er schon zu Lebzeiten das ich in meinen Gedanken so manches Mal mit einem sozialem Engagement dort gespielt hatte.
Liebste Amitola, ich möchte nicht den Rahmen des Forums sprengen - was ich warscheinlich schon oft genug getan habe - und so schließe ich Dir einen ganz dicken Drücker schickend,
Hanna