Beiträge von StillCrazy

    Bin gerade heftig am Nachdenken, ob die Depressionen nicht von Rudis Hormontherapie kommen. Seit er Spritzen UND Tabletten bekommt, wird es immer ärger. Wenn ja, dann sollte es ihm und seinem Arzt ja leichter zu vermitteln sein, dass man da gegensteuern muss. Dass das nichts mit geisteskrank oder gestört zu tun hat - sondern mit einem massiven Wingriff in seinen biochemischen Haushalt. Was meint Ihr?

    Liebe Jenny,

    geht es Dir heute besser?

    Mein Vater hat sich damals auch sehr verändert, als meine Mutter gestorben ist. Das Leben ist anders, die Menschen werden anders. Nichts ist mehr, wie es war?

    Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, ob Du Dich seit dem Tod Deiner Mama verändert hast? Wenn ja, in welche Richtung?

    Vielleicht wäre sie ja auch stolz auf Dich, wie tapfer Du Dich bemühst, ohne sie zurecht zu kommen?

    Es ist wie erwartet schlimm heute. Gestern ein schönes Fest, 50er einer Chorfreundin. Ich hatte das Gefühl, Rudi hat zeitweise versucht, mich zu meiden. Ist einfach wortlos aufgestanden, raus gegangen, rauchen...

    Heute wieder sehr schweigsam. Er hat sich nächste Woche nicht frei genommen (habe ich soeben auf Nachfrage erfahren. 1 Wort: nein).

    Bin jetzt auf dem Weg in die Stadt, in eine Ausstellung.

    Er sagt, er hat schlecht geschlafen, sieht müde aus, wirkt kraftlos. Sitzt schweigend in der Küche. Lässt sich nur widerwillig berühren. Mir scheint, er hustet viel. Ich frage mich, ob das von den Lungenmetastasen ist

    Es ist kaum auszuhalten. Eigentlich gar nicht...

    Was ich sehr offensiv betreibe: ich bemühe mich sehr darum, mir die positiven Momente, schönen Begegnungen in meinem Alltag vor Augen zu führen. Gestern zum Beispiel habe ich eine ehemalige Studienkollegin zufällig getroffen. Es war ein so nettes Gespräch, sie hat sich so gefreut mich zu sehen, wirklich schön... solche Momente hole ich mir immer wieder und sehr bewusst hervor.

    Ich habe das Gefühl, dass es mehr ist - dass das Beisammensein mit anderen Leuten (die ja von seiner Krankheit nichts wissen) die Depression und irgendwie auch den Krebs in den Hintergrund treten lassen. Er wirkt in diesen Situationen nicht so als würde er spielen, er ist tatsächlich locker, entspannt.

    Wenn die anderen Leute weg sind, tritt die Depression und das Bewusstsein um die Krebserkrankung wieder in den Vordergrund. So ist es für mich am plausibelsten.

    Wenn er nicht in meiner Nähe ist, geht es mir tendenziell viel besser. Auch vorhin hat mich die Hinwendung zur Arbeit (noch dazu verbunden mit einem sehr spannenden Thema und einer wunderbaren Interviewpartnerin) aus meinem schmerzhafen Zustand befreit.

    Das Problem ist halt: ich war diese Woche nur einen Abend allein (an den anderen Allein-Abenden waren Termine wo wir als Paar hingegangen sind), jetzt kommt das Wochenende :-/ und dann habe ich ein paar Tage frei (in der Regel nimmt er sich da auch Urlaub).

    Pausen sind da also in ziemlich weiter Ferne.

    Natürlich kann ich auch am Wochenende allein weggehen, oder wenn wir gemeinsam Urlaub haben. Aber unterm Strich ist da noch immer sehr viel gemeinsam verbrachte Zeit, (zu) viele Momente des In-Die-Leere-Starrens.

    Und ich will ihm ja auch nicht das Gefühl vermitteln, dass ich vor ihm flüchte oder so... Und so würde er es wohl deuten. Auch wenn das hart klingt: ich habe das Gefühl, er kann sich überhaupt nicht vorstellen, was mit mir gerade los ist, wie sehr ich am Zahnfleisch gehe. Er ist mit sich so beschäftigt, dass da kein Platz ist für meine Befindlichkeit. Zumindest merke ich nichts davon...

    Ich meine: er hat genug damit zu tun, seine eigenen Ängste und Sorgen weg zu schieben - da hat er keine Kapazitäten dafür, sich den eminen zuzuwenden.

    Und so bleibe ich allein damit...

    Ach ja, das noch: ich habe das Gefühl, einfach immer weniger Energie zu haben, für Aktivitäten, die ihn aus seinen Zuständen heraus reißen. Ich denke nach, was wir unternehmen könnten, suche krampfhaft nach Gesprächsthemen.

    Es kostet mich immer mehr Kraft, und er sitzt immer häufiger da und starrt ins Leere. Ich habe das Gefühl, alle meine Bemühungen zehren immer mehr an meiner Substanz und bringen immer weniger :33::33::33:

    Das schlechte Gewissen ist eine meistens leise aber beständige Stimme im Hintergrund, die fast alles kommentiert, was ich mache. Da kommen dann immer Gedanken, ich hätte das nicht so sagen sollen, in einer bestimmten Situation anders reagieren - im Grunde sagt mir diese Stimme, dass ich das meiste im Umgang mit Rudi falsch mache.

    Nun bilde ich mir bei Gott nicht ein, alles richtig zu machen. Und auf der kognitiven Ebene verlange ich das auch nicht von mir. Unterbewusst bin ich da wohl viel strenger...


    Ich meine: ich kämpfe ja selber, schaffe es ja selber kaum, das alles zu bewältigen - den bevor stehenden Verlust, seine "Unerreichbarkeit", die vielen Sorgen, die die Situation betreffen und die ich mit ihm nicht besprechen kann, weil er zumacht, das Immer-Wieder-Einen-Ausweg-Finden-Müssen, weil er nicht tut, die Dinge einfach geschehen lässt....

    Ich kämpfe selber voller Verzeiflung, und selbst, wenn die Situation entspannt wäre, könnte ich nicht alles richtig machen - weil niemand alles richtig machen kann.


    Was mir immer wieder auffällt: wenn er mit anderen Leuten beisammen ist (gestern seine Geschwister, die Leute bvom Chor, Nachbarn) da ist er wie immer. Er wirkt fröhlich, macht Witze, ist auch lieb zu mir. Und sobald wir zu zweit sind, wird er wortkarg, grantig, latent-aggressiv, starrt ins Leere, nimmt mich gar nicht wahr.

    Und obwohl ich weiß, dass es nicht an mir liegt - dass es nicht an mir liegen kann - habe ich das Gefühl, ich "genüge" nicht, er will mich mit seinem Verhalten bestrafen (dafür, dass ich so bin, wie ich bin), mit anderen geht es ihm gut - nur mit mir nicht...

    Mir kommen schon wieder die Tränen, während ich das schreibe...


    Gleichzeitig immer wieder die Erfahrung: es genügt nicht, was ich mache. Sosehr ich mich auch anstrenge, was ich mir auch alles einfallen lasse - es genüngt nicht. Immer wieder sitzt er da, starrt ins Leere, und ich ertrage es nicht.

    Ich denke schon auch,d ass er eine eigene Wut, die er auf sich hat, auf mich projiziert, umleitet. Er ist wütend auf seinen Körper, der jetzt so selbstzerstörerisch unterwegs ist, er ist wütend, dass er so vieles nicht mehr kann. Aber auf sich selber wütend zu sein, das ist halt so wahnsinnig belastend - ich denke, dass ich da einiges von dieser Wut abbekomme. Nicht, weil er mir grundsätzlich etwas Böses will. Aber weil sonst niemand da ist. Doch: die Katze, die wird gar nicht so unheftig beschimpft von Zeit zu Zeit.


    Ich muss jetzt arbeiten, bin ziemlich hinten nach.

    Bin auf Notfall- und Nerventropfen, kann die Tränen kaum unterdrücken...

    Gestern war es wieder so schlimm. Wir waren mit Rudis Geschwistern essen, alles fein. Er war lustig, lieb zu mir, sehr feiner Abend.

    Dann später zu Hause ist er nur da gesessen, hat ins Leere gestarrt, kein Wort gesagt. Es ist manchmal richtig gespenstisch. Ich weiß nie, was ich in solchen Situationen tun soll. Bleiben? Gehen? Das Gespräch suchen? Auf vieles reagiert er gar nicht.

    Nur der Vollständigkeit halber: ich weiß, er ist in einer ganz schlimmen Situation, er meint das nicht böse.

    Aber mich macht es trotzdem fertig, ich halte es nicht mehr aus. Eben weil ich ihn liebe und möchte, dass er "bei mir" ist.

    Und nein: Liebe kann keine Krankheiten heilen. Den Krebs nicht und Depressionen auch nicht.

    Trotzdem irgendwie ein schlechtes Gewissen: ich sollte mich anders verhalten, dann wäre es leichter für ihn.

    Aber ich bin halt auch fertig, kämpfe um meine Stabilität. Ich bin zu schwach, es für uns beide zu tun.....

    Ja, von einer "guten" Frau (Tochter, Partnerin, Mutter - in welcher Rolle auch immer) wird sehr, sehr viel erwartet. Oft gar nicht so sehr von den Leuten aus dem engsten Umkreis sondern von ferner Stehenden. Die aber ganz genau wissen, wie "man" sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat. Aber welche Bedeutung haben diese Stimmen für die reale Situation?

    Es gilt, eine bestmögliche Lösung für alle involvierten Personen zu finden. Aussenstehende Zuschauer können das gut finden oder nicht - das ist UNERHEBLICH.

    Und Du als bibelfeste Frau kennst sicher die Worte, die Jesus an "die Umgebung" richtet: Lk 6,37 ;)

    Liebe Maria,

    ich kann leider nur ganz kurz schreiben, da ich arbeitsmässig ziemlich rotiere.

    Ich wünsche Dir alles, alles Gute - auch wenn das ein schwieriger Geburtstag für Dich ist. Alles, alles Gute Dir!

    Ich kann mir gut vorstellen, dass Du glaubst, es wird nie wieder schön werden.

    Aber ich finde, Du hast die Tür hin zum (wieder) Schönen schon ein ganz kleines Stückchen weit geöffnet: indem Du hierher gekommen bist - und Geschichten von Leuten wie Hedi kennen lernst, für die auch das Schöne zurück gekehrt ist. Du erlebst es (noch) nicht selber, aber Du erfährst es von anderen, dass es möglich ist.

    Ich wünsche Dir, dass Du hier viele wertvolle Kontakte und viel Ermutigung findest :)

    So, liebe Leute - die Erfolgsmeldung des Tages: bei uns organisiert der Betriebsarzt jedes Jahr hautärztliche Untersuchungen. Wunderbar unkompliziert, geht schnell. Ich war gerade unten und habe gehört: alles in Ordnung, gesunde Frau.

    Also - nicht dass ich Bedenken gehebt hätte, aber es ist doch schön, vom Arzt zu hören, dass alles ok ist.


    Und noch etwas möchte ich Euch kurz schildern (weil ja oft von unserem Zusammenleben die Rede ist, damit Ihr Euch ein besseres Bild machen könnt):

    Rudi hat immer wieder große psychische Probleme (davon habe ich ja schon viel geschrieben). Körperlich geht es ihm gut - auch wenn das jetzt vielleicht blöd klingt.

    Er geht 40 Stunden arbeiten. Er raucht seine Zigaretten (ja, ich weiß - absolutes No-Go, aber davon ist er nicht abzubringen). Er verträgt seine Medikamente gut und ohne Nebenwirkungen.

    Wenn er stärkere Schmerzen als sonst hat (das kommt von Zeit zu Zeit vor und ist dann wieder vorbei), nimmt er eine höhere Dosis seiner Schmerzmittel.


    Ich denke, im Moment ist es so, dass er schon immer wieder vergisst, dass er Krebs hat. Wenn wir bei einem Konzert sind, in der Chroprobe, wenn er etwas tut, das ihn fesselt.


    Soviel für heute. Ich wünsche Euch einen so-schön-wie-möglichen Abend :):):)

    Liebe Lilo,


    habe bis jetzt gar nichts dazu geschrieben - nur anteilnehmend gelesen.

    Kann mir sehr gut vorstellen, dass Dich das traurig macht, was Du da erlebt hast. Vielleicht auch, weil es um eigene, zerbrochene Träume geht (das ist bei mir grad ein Thema). Du hättest es vielleicht auch gern in dem Stil gehabt: ein Wohnmobil, zeitlich flexibel sein, einfach wegfahren können...


    Das Schicksal schlägt immer wieder seine Haken: viele schöne Pläne, die dann durch Krankehit oder Tod vernichtet werden. Ein schönes Fest, auf das man sich freut - und dann der Keulenschlag der Trauer, der einen voll erwischt.

    Bei mir ist es so: der Schmerz kommt eher nicht dann, wenn ich weiß "Achtung, schwierige Situation steht bevor". Ich denke, da wappne ich mich, da sorge ich vor, da bringe ich mich in Sicherheit. Aber wenn man sich in Sicherheit wähnt, dann schlägt der Schmerz zu. Wie ein Raubtier.


    Allerdings - so kann ich mich erinnern - verhält es sich mit dem Glück gar nicht so viel anders. Wenn man sich vorbereitet, es herbeiholen will, dann funktioniert es meinstens nicht (zumindest bei mir). Aber es kann einen ganz unvorbereitet treffen, in einer Alltagssituation. Muss jetzt nichts großartiges sein: eine witzige Szene, eine Melodie aus einem offenen Fenster, eine zufällige Begegnung, eine Idee, die man plötzlich hat.


    Ich wünsche Dir sehr, dass es weiterhin besser wird (ein Stück bergauf ist es ja schongegangen, wenn ich Dich recht verstanden habe).

    :):):)

    Guten Morgen Leute :)

    Ich möchte Euch nochmals für Eure lieben und bestärkenden Zeilen danken!

    Mir sind nach dem Gesprächstermin noch 2 wichtige Sachen eingefallen:


    Vorgestern hätte mein Vater seinen 81. Geburtstag gehabt. Gestern war also gewissermaßen der Tag danach, ist ja auch manchmal ein Tag des "Katzenjammers".

    Geburtstage meiner Mutter waren oft schon schmerzhaft für mich. Geburtstag des Vaters.... das war jetzt das erste Mal.


    Ich denke, ich erlebe jetzt etwas, das ich von damals kenne: ich bemühe mich nsch Kräften, für gute Stimmung zu sorgen, ihm Gutes zu tun. Ich bin eigentluch die "Erwachsene" in der Beziehung, die darüber nachdenkt, versucht zu gestalten. Das ist anstrengend, und es wird mir nicht gedankt, wird wohl für selbstverständlich genommen.

    Ich glaube, das ist gestern alles noch einmal hochgekommen. Die Trauer um den Vater, der fast immer so "unerreichbar" war, die Unmöglichkeit von damals verbunden mit den Unmöglichkeiten von heute - das war es wohl.


    Bin heute auf jeden Fall besser drauf.

    Ich wünsche Euch allen einen so gut wie möglichen Tag :):):)

    Ihr seid so super <3<3<3

    Also, wir haben herausgefunden, es hat (auch) mit früher zu tun. Damit dass ich meinen Vater oft nicht erreichen konnte, so wie ich den depressiven Rudi oft nicht erreichen kann.

    Aber jetzt genug davon. Sie hat gemeint, ich soll das Thema wenn möglich ruhen lassen & was nettes tun. Euch allen einen so schön wie möglichen Abend :):):)

    Vielen Dank Euch fürs Nachfragen und für die guten Wünsche ?

    Wochenende war sehr schön, sehr geschäftig (wahrscheinlich zu viel getan). Heute bin ich richtig weinerlich. Vielleicht aus Müdigkeit, ich weiß es nicht.

    Ich fühle mich so allein gelassen, so bedürftig. Habe solche Sehnsucht danach, dass mich jemand einfach umarmt und streichelt.

    Rudi ist immer so distanziert - und sonst ist da ja niemand.

    Mir kommen jetzt beim Schreiben auch die Tränen.

    Heute Abend hab ich wieder einen Termin bei der Krebshilfe. Hoffe, dass das Reden dort was verbessern wird.

    Irgendwie fühlt es sich an, als wäre gerade alle hilfreiche Kraft, alle Zuversicht von mir abgefallen.

    Alles was es in mir an witzig, an kreativ, an zukunftsorientiert etc. gibt, scheint sich in Luft aufgelöst zu haben. Ich fühle mich nur noch wie ein kleines Mädchen, das Trost braucht.

    Liebe Miriam,

    ja - das kann so schlimm und schwierig und schmerzhaft sein. Weiß gerade gar nicht, was ich Dir da antworten soll...

    Vielleicht einmal für jetzt nur das eine: Du bist nicht allein. Du hast uns hier, und wir denken und fühlen mit Dir (wenn auch leider aus der Ferne).

    Hab Mut (auch wenn das wirklich viel verlangt ist) - es wird besser. Versprochen!

    ich weiß jetzt gar nicht: gehst Du in eine Therapie oder Trauerbegleitung oder so? DAs bringt natürlich den Schmerz nicht zum verschwinden. Aber es hilft trotzdem.

    Alles Gute Dir!!!!!!!!!!!!