Beiträge von Josh

    Liebe StillCrazy,


    ich verstehe Dich sehr gut. Der lange Abschiedsweg mit Bildern, die immer wieder kommen. Ich wünsche Dir, dass diese Bilder und Gedanken bald den schönen Erinnerungen weichen.


    Liebe Grüße

    Josh

    Liebe Mowi,


    vielen Dank. Wir haben gestern Abend lange geredet.


    Wir versuchen, einander gut zu tun.


    Wir geben einander Zeit.


    Wir geben uns Freiräume.


    Es gibt kein hin und her mehr. Wir sprechen uns rechtzeitig ab, ob wir ein Wochenende gemeinsam verbringen wollen.


    Es gibt keine Spirituosen mehr.


    Sie akzeptiert, wenn ich nicht trinken will.


    Jetzt schauen wir mal, was die Zeit bringt.


    Kummer bereitet mir immer noch der Alkoholkonsum. Und ich weiß, dass ich ihr da kaum helfen kann. Der Süchtige muss selbst erkennen, dass er ein Problem hat und willens sein, dieses zu lösen. Leider erkennen das die meisten erst, wenn sie ganz unten sind. Von Außen kann man das kaum beeinflussen, außer durch Vorbildfunktion. Ich spreche da von beruflicher wie auch privater Seite aus Erfahrung.


    Viele Grüße

    Josh

    Liebe Luise,


    es tut mir so leid. Vielleicht kannst Du Dir Ostern einfach etwas Gutes tun? Und wenn es nur eine Kleinigkeit ist, ein Eis essen gehen, einen schönen Blumenstrauß kaufen, einen Kaffee trinken gehen? Auch kleine Schritte sind Schritte.


    Keine Aufgabe mehr zu haben - ja, da verstehe ich Dich gut.


    Und die Aussage Deiner Cousine ist unterirdisch.


    Liebe Grüße

    Josh

    Sag ihr, welche Bedenken du hast. Dass es dich verwirrt, wenn sie einerseits eine Affäre will - die du keinesfalls willst - und andererseits von Heirat spricht.

    Ja, am Sonntag, als sie mir sagte, dass sie keine Beziehung will, sagte ich zu ihr, dass ich aber auch keine Affäre sein will. Dann flossen bei ihr die Tränen und sie sprach von Heirat. Vielleicht gehen da Bindungs- und Verlustangst einher. Da haben wir weiteren Redebedarf. Oder benötigen mehr Zeit. Ich weiß es einfach nicht.


    Ach, ihr lieben Leute, ich fühle mich einfach überfordert. Herz und Verstand...


    Uwe, der Spruch ist gut. Ich mag Menschen mit Fehlern. Sehr sogar.


    Liebe Grüße

    Josh

    Liebe Astrid,


    danke für Deine Worte. Vielleicht klang meine Beschreibung ihrer Sucht wenig wertschätzend, aber ich bin da sehr direkt. Auch A. gegenüber.


    Die Idee mit dem Tee ist eigentlich gut. Und ich schaue jetzt, dass ich unter der Woche einfach keinen Alkohol mehr im Haus habe.


    Liebe Grüße

    Josh

    Lieber Uwe,


    danke für Deine Meinung.


    Ja, ich habe A. am Montag auf die Trinkerei angesprochen. Ich bin da ehrlich. Ihre Aussage war "ja, der Schnaps macht kaputt". Wenn sie wenigstens darauf verzichten würde... da haben wir definitiv weiteren Redebedarf.


    Ich warte jetzt einfach ab, was die Zeit uns bringt. Aber ich nehme mir auch meine Freiräume.


    Mein Herz kämpft halt gerade mit meinem Verstand. Vielleicht geht es ihr gerade genauso?


    Ich weiß es nicht.


    Liebe Grüße

    Josh

    Liebe Petra,


    ich verstehe, was Du mir sagen willst. Ich schwanke auch zwischen Distanz und Nähe. Ich würde mich am liebsten eine Woche im Wald verkriechen, um meine Gefühle zu sortieren.


    Gestern schrieb sie mir, dass sie nächstes Wochenende alleine sein will. Gut, schmiede ich eben andere Pläne. Heute schrieb sie mir, dass sie das Wochenende mit mir verbringen will. Was schreibt sie morgen?


    Eine Pause gönne ich mir über Ostern. Da bin ich weg.


    Ich mag wieder Struktur in mein Leben bringen. Dieses hin und her ist schlimm.


    Liebe Grüße

    Josh

    Lieber Uwe,


    danke für Deinen Beitrag. Sicherlich habe ich viele Fehler. Wie jeder Mensch.


    A. hat mir gesagt, dass sie eigentlich keine Beziehung will, weil sie Bindungsangst hat. Das hat sie mir am vergangenen Sonntag gesagt. Nachts um 23 Uhr.


    Und sie ist definitv alkoholkrank. Das war sie schon vor Jahren, da hatte sie 10 Jahre lang eine Kneipe und gesoffen wie ein Loch. Ich dachte, mittlerweile sei es besser geworden, da sie einen neuen Job hat.


    Ich bin Hedonist. Ich trinke am Wochenende gerne mal EIN Glas Single Malt. Vergangenen Sonntag hat sie einen Zug durch meine Hausbar gemacht, so viel trinke ich in einem halben Jahr nicht.


    Ich war schon einmal in Co-Abhängigkeit. Als ich dann begonnen hatte, für meine damalige Partnerin zu lügen, habe ich die Notbremse gezogen. Davor habe ich Angst. Ich denke, das Thema Co-Abhängigkeit wird nicht von jedem verstanden. Man liebt den Menschen und beginnt für ihn zu lügen. Das sind die Anzeichen.


    Gerade eben hat sie mir geschrieben, dass sie heute Abend auf ein Glas Wein vorbeikommen will. Ich trinke unter der Woche keinen Alkohol, weiß aber, dass sie mich nötigen wird, mitzutrinken. Das mag ich nicht.


    Verdammt, ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Ja, ich habe mich verliebt. Und nein, sie ist nicht Mittel zum Zweck.


    Ich habe jetzt einfach Zweifel. Lieber Uwe, hattest Du noch nie Zweifel? Einerseits hatte ich ein wundervolles Wochenende, welches dann mit einem Besäufnis und der Aussage, dass sie eigentlich keine Beziehung haben will, endete? Im Vollrausch redete sie dann wieder von Hochzeit. Und dann wieder täglich Nachrichten von ihr...


    Eine Suchtkrankheit ist etwas grausames.


    Liebe Grüße

    Josh

    Josef, Mowi und Petra, ich danke euch.


    Bin ich auf dem richtigen Weg der Trauerbewältigung? Ich weiß es nicht.


    Da ist zum einen dieses Forum mit den lieben Menschen hier. Hier konnte ich die Geschichte von Silvia niederschreiben. Das hat mir sicher gut getan. Hier finde ich Verständnis. Meinen herzlichen Dank dafür. Ihr seid mir wichtig.


    Auch in der virtuellen Welt gibt es mittlerweile viele liebe Menschen, die mir nahezu täglich schreiben. Wunderbar, aber wie oft schaue ich aufs Handy und warte verzweifelt auf irgendeine Nachricht?! Meine Abende verbringe ich zu oft mit warten. Ich mag nicht alleine sein, ich war noch nie so lange alleine. Gestern hat mir eine Angehörige aus unserer ehemaligen Selbsthilfegruppe geschrieben. Ihr geht es schlecht, ihre Kinder müssen psychologisch betreut werden. Ihr Mann war gegen Ende hin aggressiv, das geschieht bei Hirntumoren leider häufig. Vielleicht besuche ich sie demnächst einmal.


    Abends kommt immer noch diese grenzenlose Trauer. Und die Einsamkeit überfällt mich. Und an den Wochenenden, wenn ich alleine bin auch.


    Und da ist A. Tut sie mir gut? Ja und nein.


    Ja, weil sie der erste Mensch war, dem ich unsere Geschichte persönlich erzählen konnte. Ja, weil sie in meiner dunklen Stunde für mich da war, genau zum richtigen Zeitpunkt wieder in mein Leben getreten ist. Ja, weil ich ihr dafür dankbar bin. Ja, weil sie mir einen Tritt gegeben hat, damit ich wieder am Leben teilhabe. Ja, weil wir viele Gemeinsamkeiten haben, wir lieben beide die Natur, hören die gleiche Musik, können gut miteinander reden. Ja, weil wir gemeinsam was unternehmen. Ja, weil wir Pläne schmieden. Ja, weil wir gemeinsam lachen und weinen können. Ja, weil ihre Fröhlichkeit mich ansteckt. Ja, weil sie sich Sorgen um mich macht. Ja, weil sie wunderschön ist. Ja, weil sie mich wieder zu meinen Feierabendspaziergängen motiviert. Ja, weil sie sich um mich kümmert. Ja, weil sie mich umarmt und küsst. Ja, weil sie zärtlich ist. Ja, weil meine Wohnung nach ihr riecht. Ja, weil mein Herz mir das sagt. Ja, weil ich mich in sie verliebt habe.


    Nein, weil ich mich in sie verliebt habe. Nein, weil mir das ein schlechtes Gewissen Silvia gegenüber macht. Nein, weil sie Bindungsangst hat. Nein, weil ich nicht nur eine Affäre sein will. Nein, weil sie ein Alkoholproblem hat. Nein, weil ich schon einmal in Co-Abhängigkeit (meine damalige hatte Bulimie) geraten bin. Nein, weil ich Angst vor einer furchtbaren Enttäuschung habe. Nein, weil wir trotz aller Gemeinsamkeiten zu verschieden sind. Nein, weil sie manchmal furchtbar unsensibel ist. Nein, weil der Wechsel zwischen Höhenflug und Absturz, das Gefühlschaos schmerzt. Nein, weil mein Verstand mir das sagt. Nein, weil ich Silvia liebe.


    So kommt zu meiner Trauer noch das Gefühlschaos. Mist. Ich weiß echt nicht, was ich tun soll.


    Liebe Grüße

    Josh

    Astrid und Josef, ich danke euch. Ja, dazu später mehr. Zunächst will ich die Geschichte von Silvia jetzt endlich zu Ende schreiben.


    26. Januar 2019. Endlich kam der Krankentransport. Nadine fuhr dort mit, ich fuhr mit dem Auto hinterher. In Reutlingen kam Silvia zunächst in die Notaufnahme. Dort schrie und jammerte sie. Sie aß noch ein paar Kekse und trank etwas. Das letzte Mal in ihrem Leben, aber das wussten wir noch nicht. Irgendwann kam der Palliativmediziner und gab ihr eine Spritze. Diese wirkte genau 5 Minuten, dann schrie Silvia wieder. Nach vier Stunden verlor ich die Geduld und brüllte die Notaufnahme zusammen. Dann wurde Silvia endlich in ein Zimmer verlegt. Sie bekam eine Infusion und wurde ruhiger. Irgendwann dann in der Nacht fuhr ich mit Nadine nachhause.


    27. Januar 2019. Ich blieb zuhause, ich hatte keine Kraft mehr. Ich telefonierte kurz mit der Palliativstation, ihr Zustand war stabil, aber sie war stark sediert.


    28. Januar 2019. Ich besuchte Silvia auf der Palliativstation. Ihre Töchter waren auch da. Sie war sediert, aber trotzdem unruhig. Mittlerweile war ihre rechte Seite gelähmt. Sprechen konnte sie nicht mehr, aber auf meine Bitte drückte sie meine Hand und öffnete auf meine Bitte auch kurz die Augen. Das war das letzte Mal, dass sie mich ansah. Ich holte mir bei den Pflegekräften die Erlaubnis, die nächste Nacht dort schlafen zu dürfen.


    29. Januar 2019. Ich hatte einen Rucksack gepackt, um auf der Palliativstation zu übernachten. Dort angekommen, war das ganze Zimmer voll. Alle Töchter und Enkelkinder sowie eine Cousine mit Mann und eine Arbeitskollegin waren da. Damit war ich zunächst überfordert und trank auf der Station einen Kaffee. Irgendwann bat der Oberarzt die Töchter und mich zum Gespräch. Er fragte uns, ob die lebensverlängernden Maßnahmen eingestellt werden sollten. Eine unglaubliche Entscheidung für uns, aber wir stimmten zu. Nährstofflösung, Flüssigkeit und Cortison wurden dann abgehängt. Gegen 18 Uhr verabschiedete sich der Besuch und Silvia wurde plötzlich ganz ruhig und schlief, als ob nichts wäre. Ich setzte mich an ihr Bett und hielt ihre Hand. Gegen 24 Uhr kam eine Krankenpflegerin und sagte zu mir, ich solle schlafen, heute Nacht würde nichts mehr geschehen. Also legte ich mich hin und schlief ein.


    30. Januar 2019. Gegen 3 Uhr wurde ich wach. Silvia atmete sehr schnell und gurgelte beim Atmen. Ich verständigte die Pflegekraft, welche mir sagte, dass es dem Ende zugehe. Sie gab Silvia eine Spritze, worauf sie dann etwas flacher atmete. Ihr Atem wurde immer flacher. Ich saß an ihrem Bett, hielt ihre Hand und streichelte ihre Stirn. Um 3:40 Uhr machte sie ihren letzten Atemzug. Meine Liebe war gestorben. Ich öffnete das Fenster, damit ihre Seele rauskonnte und verständigte die Pflegekraft. Diese legte Silvia eine Verbandsrolle unters Kinn um den Mund zu schließen und ließ mich dann allein. Ich verständigte dann ihre Töchter, welche auch alsbald kamen. Dann schnitt ich noch eine Strähne von ihrem Haar ab. Ich hielt weiter ihre Hand und streichelte sie über die Stirn. Gegen 13 Uhr fuhr ich nach Hause.


    Die Tage vor der Beerdigung waren schlimm. Ich räumte meine Sachen aus ihrer Wohnung, Silvia wurde beim Bestatter noch einmal aufgebahrt und ich streichelte ein letztes Mal über ihre kalte Stirn, die Bestattung wurde geplant, Trauermusik ausgewählt, Blumenschmuck ausgesucht usw. Auch einen Teil von Silvias Sachen räumte ich aus meiner Wohnung, einiges habe ich aber behalten, weil manche Kleidungsstücke immer noch nach ihr riechen. Zu der Zeit saß ich viel mit ihren Töchtern zusammen. Mittlerweile ist der Kontakt allerdings etwas eingeschlafen, was mir sehr weh tut.


    Das war Silvias Geschichte. Nachher besuche ich sie wieder auf dem Friedhof. Es ist immer noch alles so unwirklich.


    Liebe Grüße

    Josh

    Ihr Lieben,


    ich habe das erste schöne Wochenende nach dem Tod meiner Silvia verbracht. Am Samstag habe ich A. bekocht, am Sonntag sind wir früh aufgestanden und haben nach einem gemeinsamen Frühstück (endlich mal wieder frühstücken) eine traumhafte gemeinsame Wanderung (ca. 14 Kilometer) gemacht. Ich schaffte es, die Geister der Vergangenheit auszusperren und nur bei A. drangen sie manchmal durch. Wir haben viel gelacht, aber auch mal kurz geweint. Und wir haben viele Momente des Glücks verspürt. Es war ein richtig schönes Wochenende.


    Leider ist das Loch jetzt umso tiefer. Wer hoch fliegt, fällt tief. Gestern, der einsame Abend war fast nicht zu ertragen. Ich habe wieder die Wände angebrüllt und bin recht früh ins Bett gegangen. Die ganze Nacht habe ich gefroren und ich war froh, aufstehen zu können.


    Viele Grüße

    Josh



    Liebe adi,


    ich kann Deine Gefühle sehr gut nachempfinden. Die Schlaflosigkeit, die einsamen Abende, die Wochenenden, welche nicht vergehen wollen, die Verzweiflung.


    Fühl Dich umarmt.


    Liebe Grüße

    Josh

    Lieber Uwe,


    vielen Dank für die Infos. Meine Ex-Freundin war einige Jahre die Privatsekretärin des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen. Eine preußische Exklave mitten in Baden-Württemberg. Auf meinen zahlreichen Wanderungen finde ich auch immer alte Grenzsteine.


    Eine meiner schönsten Stellen ist ein alter, verwilderter Park, welcher vom damaligen Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen für seine (einseitig) geliebte Gattin Amalie Zephyrine angelegt wurde. Da war ich so oft mit Silvia unterwegs.


    Ich habe ein bisschen in Deinem Faden nachgelesen. Schön, eine kleine Burg mitten im Wald zu haben. Ich war mit meiner Silvia auch immer im Wald. Im Umkreis von 40 Kilometern gibt es keinen Fleck, an dem wir nicht schon gemeinsam waren. Im Wald bin ich ihr auch sehr nahe.


    Liebe Grüße

    Josh

    Liebe Luise,


    ich danke Dir. Ja, etwas Normalität ist das, was ich mir wünsche. Kein Glück, nur Normalität. Ein kleines bisschen zufrieden sein. Ich denke, am Samstag und am Sonntag sollte es klappen. Und Dir wünsche ich auch von ganzem Herzen ein Stück Normalität. Ich umarme Dich.


    Liebe Grüße

    Josh

    Gabi, Frank, Luise und Tina, ich danke Euch für die lieben Worte.


    Habe ich wirklich so viel für Silvia gemacht? Manchmal denke ich, dass ich mich öfter einfach zu ihr ins Bett hätte legen sollen um nur ihre Hand zu halten. Klar, manchmal habe ich das gemacht, aber im nachhinein bereue ich, dass ich es nicht öfter getan habe. Das mit dem Grabstein ärgert mich gewaltig. Vor allem geht mir das zu schnell.


    Gestern nach Feierabend bin ich einen kleinen Umweg gefahren und habe einen Spaziergang auf den Lochenstein gemacht. Damals war das Teil unserer ersten gemeinsamen Wanderung. Es war schön, aber auch traurig ohne sie.


    Gestern Abend bin ich dann wieder in ein Loch gefallen. Ich bin dann früh ins Bett gegangen und konnte mit Hilfe einer halben Schlaftablette dann auch bald schlafen.


    Jetzt freue ich mich aufs Wochenende. Am Samstag habe ich A. zum Essen eingeladen, endlich mal wieder kochen. Und am Sonntag machen wir eine gemeinsame Wanderung. Sie will mit mir da wandern, wo ich noch nie mit Silvia zusammen war, vermutlich um meinen Kummer nicht zu wecken. Das ist okay.


    Nur den heutige Tag muss ich alleine irgendwie hinter mich bringen. Irgendwie. Es wird schon klappen.


    Liebe Grüße

    Josh



    Josef und Petra, ich danke euch.


    Gestern haben Silvias Töchter begonnen, einen Grabstein auszusuchen. Ohne mich. Das tut verdammt weh.


    Gerade eben habe ich mich aus einer Hirntumorgruppe verabschiedet. Ein weiterer kleiner Schritt.


    Mittagspause. Die Sonne scheint. Jetzt gehe ich auf den Friedhof.


    Die Liebe derer, die wir lieben, ist das Feuer, welches das Leben nährt.

    (Pablo Neruda)


    Liebe Grüße

    Josh

    Hallo zusammen,


    das Abendessen mit A. war gestern wunderschön. Das Gespenst der Trauer ließen wir die meiste Zeit draußen vor der Tür stehen. So war es ein weitestgehend unbeschwerter Abend.


    Nun möchte ich aber meine Geschichte mit Silvia zu Ende bringen.


    1. Januar 2019. Auch wenn sich Silvias Zustand weiterhin verschlechterte, hatte ich immer noch Hoffnung. Es dauert ja auch eine Weile, bis die Chemotherapie wirkt. Wir machten einen gemeinsamen Spaziergang um einen kleinen See. Auf halber Strecke stürzte sie plötzlich und schürfte sich ihr Knie auf. Wir schafften es noch bis zur Straße, dann rannte ich los und holte das Auto. Es war unser letzter gemeinsamer Spaziergang.


    2. - 6. Januar 2019. Silvia schlief mittlerweile 20 Stunden am Tag. Sie stand nur noch zum Essen und auf die Toilette auf.


    7. Januar. Mein Urlaub war zu Ende. Ich brachte Silvia nach Hause und bat ihre Tochter Nadine, sich tagsüber um sie zu kümmern. Man konnte sie nicht mehr alleine lassen. Sie schlief nun mit einer Taschenlampe in der Hand.


    8. Januar. Nadine hatte Silvia weitere Taschenlampen gebracht. Nun lag Silvia mit 4, teilweise sogar 5 Taschenlampen im Bett. Wenn sie aufstand, hatte sie immer diese verdammten Lampen bei sich. Durch gutes Zureden legte sie diese kurz beiseite, aber kaum war sie im Bett, waren die Lampen wieder da. Einschalten, ausschalten, einschalten, ausschalten. Nacht lag sie da und leuchtete sich mit den Taschenlampen ins Gesicht.


    9. Januar. Diese verdammten Taschenlampen machten mich langsam wahnsinnig. Ich vermute, sie hatte fruchtbare Angst vor der Dunkelheit. Mittlerweile musste ich mich um ihre Körperpflege kümmern, sie kam nicht mehr alleine unter die Dusche. Sie war kaum noch dazu zu bewegen, etwas zu essen bzw. kurz aufzustehen.


    10. Januar. Wochenende. Ich nahm Silvia wieder mit zu mir und ahnte bereits, dass es das letzte Mal sein würde. Ich hatte zuvor mehrere Nachtlichter gekauft, welche man in die Steckdosen steckt und nachts ein warmes Licht abgeben. Ich dachte, so könnte sie auf die Taschenlampen verzichten. Pustekuchen. Das Wochenende war furchtbar. Sie lag nur im Bett. Ich hatte extra den Weihnachtsbaum noch nicht abgebaut, aber sie beachtete ihn nicht mehr.


    14. Januar. Silvia war wieder zu Hause. Ich wechselte mich mit Nadine schichtweise ab. Wir achteten darauf, dass Silvia ausreichend trinkt und ein bisschen etwas isst. Silvia schlief beinahe rund um die Uhr.


    16. Januar. Termin in der Onkologie. Damals wusste ich noch nicht, dass es unser letzter Termin war. Das Warten auf die Blutwerte dauerte ewig. Silvia konnte nicht mehr sitzen und wurde in ein Bett gelegt. Aber immer wieder wurde sie unruhig und wollte ein paar Schritte gehen. Auf meine Bitte hin wurde die Chemotherapie auf CCNU umgestellt. Noch hatte ich Hoffnung. Silvia schlief nun nicht mehr so viel, sie wurde langsam unruhig. Zur Nacht konnte sie mit Hilfe einer Schlaftablette dann schlafen. Noch. Sie sagte zu mir, dass sie hoffe, bald gesund zu werden, damit wir endlich heiraten können.


    20. Januar. Nadine und ich brauchten dringend eine Pause, so baten wir die anderen beiden Töchter, sich 24 Stunden um Silvia zu kümmern. Leider klappte das überhaupt nicht.


    21. Januar. Mittlerweile waren wir auf der Warteliste eines Hospizes, da uns klar war, dass wir am Ende unserer Kräfte waren. Silvia konnte kaum noch schlafen, rief die ganze Zeit. Schlaftabletten nützten kaum noch etwas und manchmal gab ich ihr ein Stück Traubenzucker als Placebo. Leider habe ich sie zu der Zeit auch ab und zu angeraunzt, weil meine Nerven blank lagen. Nachts geisterte sie herum, worauf ich die Wohnungstür abschloss, was bei ihr leider Panik auslöste. Ich ließ mich krankschreiben, um für sie da zu sein.


    22. Januar. Wieder ein furchtbarer Tag. Silvia konnte nun kaum noch gehen. Wir besorgten einen Toilettenstuhl. Morgens wusch ich sie und zog ihr neue Kleidung an. Dann gab ich ihr einen Joghurt. Dann lag sie wieder im Bett, deckte sich auf, rief nach mir, dann musste ich sie wieder zudecken und so lief das den ganzen Tag. Und diese verdammten Taschenlampen...

    Ich hatte mittlerweile Nachttischlampen gekauft, welche man dimmen kann. Nützte auch nichts. Nun folgten die schlaflosen Nächte. Eine Unterhaltung war nicht mehr möglich. Wenn sie nach mir rief, rief sie Jürgen (der Name ihres Bruders), rief sie nach Nadine, rief sie Kiara (der Name ihrer jüngsten Enkeltochter). Meine Hoffnung schwand dahin.


    23. Januar. Wir hatten Besuch vom Hospizverein. Sobald jemand in die Wohnung kam, wurde Silvia total unruhig. Mittlerweile konnte sie nicht mehr schlafen. ich bat Nadine, Kontakt zum Palliativteam aufzunehmen. Mit Nadine führte ich weiterhin die 24 Stunden Schichten durch, aber wir saßen auch oft zusammen und trösteten uns gegenseitig. Sie war in dieser schweren Zeit eine unglaubliche Stütze für mich.


    25. Januar. Endlich kam das Palliativteam vorbei. Silvia wurde sofort sehr unruhig. Es wurde ihr insgesamt sechsmal ein Beruhigungsmittel gespritzt, allerdings ohne Erfolg. Es trat ein Paradoxon ein, Silvia wurde noch unruhiger. Mir wurden dann ein paar Spritzen dagelassen mit der Anweisung, Silvia alle vier Stunden eine zu geben. Nützte alles nichts. Nachts um 1 Uhr wollte Silvia dann mit mir durch die Wohnung geben. Sie konnte kaum gehen, also stützte ich sie und führte sie durch die Wohnung. Heute denke ich, dass sie damals Abschied von der Wohnung nahm.


    26. Januar. Kaum hatte ich Silvia gewaschen und gefüttert, klingelte das Palliativteam. Silvia begann sofort zu schreien. Die neuen Beruhigungsmittel nützten nichts und so wurde beschlossen, Silvia auf die Palliativstation nach Reutlingen zu bringen. Ich verständigte Silvias Kinder, packte ihren Koffer, zog sie an und dann warteten wir auf den Krankentransport.


    Sorry, ich muss hier abbrechen. Die Tränen fließen und ich kann fast nichts mehr sehen.


    Liebe Grüße

    Josh