In vielen eurer Beiträge erkenne ich unsere Geschichte wieder.
- Auch mein Mann wollte nicht gehen, sorgte sich, was aus mir alleine werden wird. Das zerbrach mir immer das Herz, wenn er das sagte.
- Auch er war der bessere Verdiener, und es war sofort klar, dass ich das gemietete Haus alleine nicht behalten kann. (Kämpfe gerade damit, mir trotz innerer imenser Widerstände eine Wohnung zu suchen. Verzweifle fast, weil mein Budget inzwischen gefühlt nur noch für einen Schuhkarton reicht. Aber ich kann meinen Hausstand noch nicht verkleinern, möchte alles mitnehmen; notfalls einlagern.)
- Auch wir hatten Pläne. Er hatte noch studiert, wir konnten uns lange nicht viel leisten. Am 1.11. wäre er nun zwei Jahre bei seiner Firma als Softwareentwickler gewesen und hätte eine gute Gehaltserhöhung bekommen. Nächstes Jahr wäre er dann außertariflich bezahlt worden. Wir wollten uns ein Haus zulegen und endlich mal in den Urlaub fahren.
- Auch wir wollten gemeinsam alt werden. Dazu fällt mir eine Begebenheit ein, die das unterstreicht, aber gleichzeitig erschütternd ist: Als wir letztes Jahr hier gerade eingezogen waren, meinte mein Mann im Juli flapsig zu Freunden, dass der nächste Umzug zum Friedhof stattfinden wird. (Solche Sprüche machten mir nie was aus. Ich bin nicht abergläubisch, aber mir fuhr dieser Spruch damals regelrecht durch Mark und Bein und ich schimpfte mit ihm, dass man sowas nicht sagt. Während des Jahres in dem Haus haben, wir dann gemerkt, dass wir ein eigenes wollen.)
Besonders betroffen hat mich gestern die Geschichte von Kohlrabenschwarz gemacht! Ich hatte immer Horrorvisionen davon, dass ich mal vom Einkaufen zurückkommen und meinen Mann in seinem Blut finden werde ... und du, liebe Bine, musstest das auch noch erleben! Wir grausam und brutal ist das denn?
Ist es denn normal, dass ich mich sehr oft immer noch wie ein sehr schwer verletztes Tier fühle, dass unter Schock steht? Immer wenn ich mir voll bewusst werde, wie grausam uns das Leben mitgespielt hat und wie endgültig mein Verlust in allen Bereichen ist, der Schmerz darüber nicht mehr auszuhalten ist. Schock.
Dann schleppe ich mich ins Bett und weine.
Dabei empfand ich keinen Schock, als mein Mann eingeschlafen ist. Die Erleichterung darüber, dass er nicht mehr weiterleiden muss, hat das wohl alles überlagert. Dieses Gefühl konnte ich einige Tage aufrecht halten.
Auch wenn ich einkaufen muss, merke ich, dass ich in einen Schockzustand gerate. Aber unter Menschen weine ich nicht wirklich, merke nur, dass meine Atmung flach wird bis ich fast hyperventiliere. Durchatmen! Aber dann fangen meine Beine an, weich zu werden, mir wird schlecht. Ich muss hier raus!
Zuerst dachte ich, es liegt an "unserem" Supermarkt. Also habe ich einen anderen besucht, der erst ganz neu in der Nähe eröffnet hat. Doch auch da bekam ich einen "Anfall". Es liegt wohl daran, dass das Einkaufen während seiner Krankheit so schwierig war. Mein Schnuffi konnte nicht mehr alles essen, auch von den Mengen her, hatte Geschmacksveränderungen, sodass ihm vieles gar nicht mehr schmeckte. Es war so schwer, etwas zu finden, wovon er etwas hatte. (Jetzt denkt bitte nicht, dass er rumgenörgelt hätte! Er hat es mir ganz lieb gesagt, sich dabei entschuldigt. Oft war er den Tränen nahe, hat aber versucht, es vor mir zu verbergen.)
So, das ist erstmal wieder genug und mehr als ich gedacht hatte. Bin schon wieder müde. Hier scheint die Sonne, das hilft mir.
Kommt alle gute durch den Tag!