Ihr Lieben
Ich hatte eine seltsame Zeit. Es war wohl eine Art Verschnaufpause, aber keine schöne, keine erholsame. Irgendwie fühlte ich mich taub und leer, wie abgestumpft, teilnahmslos, lebte wie auf Sparflamme, war aber gleichzeitig ungeduldig und gereizt. Dieses unglaubliche Vermissen, diese Sehnsucht, die quälenden Bilder sind in den Hintergrund getreten. Weinen konnte ich nicht, es ging nicht. Die Augen blieben trocken, trotzdem der Kloss im Hals. Und ich hab mich meinem Vater nicht mehr so nah gefühlt, er war auf einmal viel weiter weg. Die Tage leben ohne ihn, das wurde einfach immer mehr Alltag. Niemand ausserhalb der Familie spricht mehr über ihn, und selbst da nimmt es ab. Manchmal hatte ich den Eindruck, als ob er gar nie hier gewesen wäre. Als ob er schon immer weg gewesen wäre. Nein, das will ich nicht. Ich will ihn doch nie vergessen, ich will ihn doch so lebendig wie möglich in mir behalten, damit ich meiner Tochter von seinem einzigartigen Wesen, von seiner Weisheit und seiner unermüdlichen Schaffenskraft und Kreativität erzählen kann. Und doch hatte ich irgendwie keinen Zugang mehr dazu. Abgeflacht alle Gefühle. Ich war auch gar nicht motiviert oder gar inspiriert zum Schreiben hier.
Aber gestern hat meine Mutter ein Foto von meinem Vater in den Strandkorb auf unserer Terrasse gestellt, in dem er so gerne gesessen hat. Und da wurde mir auf einmal wieder voll bewusst, dass er nicht mehr hier ist. Wirklich eingesunken ist es, dass er nie mehr in diesem Strandkorb sitzen wird so wie er es all die Jahre so geliebt hat. Und da war sie wieder, diese Sehnsucht, dieses Empfinden, dass es doch nicht sein kann. Er gehört doch hier her, zu uns, zu den Lebenden. Er war doch erst 71 Jahre alt. Er hatte doch noch Pläne. Er sollte doch meine Tochter aufwachsen sehen und stolz auf sie sein.
Heute vor sieben Wochen wurde mein Vater beerdigt. Es ist doch erst sieben Wochen her. Ich bin fast jeden Tag auf dem Friedhof auf dem Grab, an seiner letzten Ruhestätte. Ich bringe ihm jedes Mal frische Wiesenblumen mit. Immer noch ist es für mich ein Schock, wenn ich daran denke, dass sein Körper jetzt dort unten liegt. Es ist so unfassbar, ich weiss zwar, dass es so ist, ich habe es gesehen, wie der Sarg nach unten gesenkt wurde, ich habe seinen toten Körper im Sarg gesehen. Und doch kann mein Verstand damit nicht umgehen.
Der Tod. Wie brutal er in mein Leben getreten ist. Ohne Vorankündigung. Ohne Warnzeichen. Und er wird auch mich ereilen und alle, die ich liebe. Was ist das nur für eine Welt. Warum kann es nicht einfach klar sein, dass es ein wenigstens ein Wiedersehen gibt?
Wenn ich doch nur die Zeit zurückdrehen könnte und mit meinem heutigen Bewusstsein die Jahre noch einmal durchleben könnte! Aber selbst dann wäre der Tod immer ein Schock. Es ist immer schrecklich und schlimm und unerträglich. Das Band der Liebe verbindet uns zwar für immer, aber das Entsetzen des Getrenntseins lähmt alles.
Ich höre gerade gerne das Lied von Unheilig "Ich würd dich gern besuchen"
https://www.youtube.com/watch?v=VzF0AwRQtP8
Ich glaub' daran,
Dass die Sterne, die wir sehen
All jenen den Weg leuchten
Die einmal von uns gehen
Ich glaub' daran,
Dass ihr Licht vom Himmel scheint
Die wir lieben dort zu Haus sind
Sie selig sind und frei
Ich würd' dich gern besuchen
Wenn auch nur für einen Tag
Noch einmal gemeinsam Glück erleben
So wie es früher war
Ich würd' dich gern besuchen,
Deine Stimme und Gedanken hören
Noch einmal will ich dich umarmen
Und deine Nähe spüren
Ich glaub' daran,
Dass ein Funke in uns lebt
Der die Zeit in sich aufnimmt
Bis er zurück in die Heimat fliegt
Ich glaub' daran
Und halt' dich fest, so lang es geht
Schließ dich in meine Arme
Und wünsch' dir Glück auf deinem Weg
Ich würd' dich gern besuchen
Wenn auch nur für einen Tag
Noch einmal gemeinsam Glück erleben,
So wie es früher war
Ich würd' dich gern besuchen,
Deine Stimme und Gedanken hören
Noch einmal will ich dich umarmen
Und deine Nähe spüren
Ich würd' dich gern besuchen,
Und halt' dich fest, so lang es geht
Ich würd' dich gern besuchen
Und wünsch' dir Glück auf deinem Weg
Ich würd' dich gern besuchen,
Wenn auch nur für einen Tag
Noch einmal gemeinsam Glück erleben
So wie es früher war
Ich würd' dich gern besuchen
Deine Stimme und Gedanken hören
Noch einmal will ich dich umarmen
Und deine Nähe spüren
Ich würd' dich gern besuchen
Wenn auch nur für einen Tag