Beiträge von Silvia S.

    Liebe Helga


    Ja, da hast du Recht, dass es nach dem Urlaub erstmal viel zu tun gibt. Alles auspacken, sortieren, waschen, wieder einräumen etc. Das habe ich zum Glück gestern und heute gleich angepackt und so habe ich das alles schon geschafft. Ich bin jemand, der das gerne gleich erledigt, sonst liegt es mir ständig im Nacken und ich komme sowieso nicht zur Ruhe. Dann mach ich es lieber gleich und kann danach wieder entspannen.


    Beim Trauern geht das eben nicht. Die Trauer lässt sich nicht erledigen oder abarbeiten oder irgendwie vorantreiben, sondern sie hat ihren eigenen Rhythmus. Und so bleibt mir nichts anderes übrig, als sie zuzulassen, jeden Tag neu.

    Liebe Melanie


    Ich freue mich, von dir zu lesen nach der langen Pause. Hoffentlich geht der Umzug gut über die Bühne und ihr könnt euch in der neuen Wohnung gemütlich einrichten.


    Du schreibst vom Trauerweg. Ich empfinde es auch so, dass es ein Weg ist, der irgendwie im Dunkeln vor uns liegt. Wir müssen diesen Weg gehen, wissen aber nie, was uns denn noch bevorsteht. Es geht abwärts und aufwärts und manchmal schlängelt sich der Weg irgendwo im Dickicht durch und wir müssen uns hindurchkämpfen und nicht aufgeben.


    Bestimmt war deine Mama unter euch, als ihr am Geburtstag von deinem Papa ganz lange über sie geredet habt. Ich stelle mir immer vor, dass sich mein Vater freut, wenn wir von ihm erzählen, wenn wir uns überlegen, wie er eine Situation meistern würde oder wenn wir uns einfach einig sind, dass er uns so sehr fehlt. Es ist gut, dass wir unsere Familien haben, bei denen wir reden können über unsere lieben Verstorbenen. So bleiben sie doch wenigstens noch in unseren Herzen lebendig und gemeinsam erinnert man sich an so viel mehr. Und es tut einfach gut. Es ist ja sowieso unser Thema Nummer eins und es ist erleichternd, wenn wir einfach darüber reden können, was uns beschäftigt.


    Alles Liebe von mir und eine gute Nacht

    Silvia

    Guten Abend ihr Lieben


    Ich bin zurück vom Urlaub, wieder zu Hause. Es fühlt sich so gut an, wieder daheim zu sein. Hierher gehöre ich, das habe ich im Urlaub ganz klar gespürt. Ich hatte manchmal den Gedanken, dass ich es inmitten all der Erinnerungen hier an meinen lieben Vater schwer habe, aus der Trauer rauszukommen und dass es vielleicht eine Erleichterung wäre, woanders zu leben, wo nicht jeden Tag wieder alles auf mich einstürzt, was ich verloren habe, wo mich nicht alles an den Alltag erinnert, als mein Vater noch unter uns war und unseren Tag bereichert hat. Aber nein, ich habe mich richtig danach gesehnt, wieder einzutauchen in all die Erinnerungen, so kann ich meinen Vater auch wieder lebendiger in meinem Herzen spüren. So fühle ich mich ihm nahe und kann mich an so viele Einzelheiten erinnern, mit immer wieder neuen Details. Und das tut mir gut. Ich weiss ja, dass er nie mehr zurück kommt, aber so habe ich wenigstens noch seine Spuren, die er hinterlassen hat und kann ihnen nachgehen. Das gibt mir ein Stück Geborgenheit. Ich kann jetzt genau verstehen, was für ein wertvoller Schatz all diese Erinnerungen sind, und dieser Schatz liegt hier vor mir ausgebreitet wie ein roter Teppich, über den ich jederzeit gehen kann. Jetzt verwünsche ich diese Erinnerungen nicht mehr und will ihnen nicht mehr aus dem Weg gehen wie noch vor wenigen Wochen, da sie einfach zu schmerzhaft waren. Sondern ich suche sie geradezu.


    Der Abstand zu allem im Urlaub hat mir auch gut getan. Ich konnte einmal anderen Gedanken den Vorrang lassen und ich hatte Tage, da habe ich mich fast wieder normal gefühlt, da ich einfach nicht mehr so unmittelbar immer im Kopf hatte, dass mein Vater nicht mehr da ist oder dass ich ihn nie mehr wiedersehe. Vielleicht hat dieser Abstand dazu beigetragen, dass ich mit einem anderen Bewusstsein wieder nach Hause kommen konnte in die Geborgenheit und Vertrautheit der Erinnerungen.


    Gestern vor 17 Wochen ist mein Vater gestorben. Ich schaue gerade sein Foto an und er schaut mir direkt in die Augen, als ob er mir sagen wollte: Du schaffst es, ich bin immer bei dir.

    Liebe Helga, liebe Kerstin


    Ich danke euch für eure positive Bestärkung, dass mir der Urlaub gut tun wird. Ich erinnere mich, als wir vor einem Jahr weggefahren sind: Wie schön es war, welch unbeschwerte Tage wir verbracht haben, wie ich mehrere Male mit meinen Eltern telefoniert habe und einfach alles noch gut war. Und jetzt umgibt mich diesere düstere Trauer und macht alles so schwer. Ich würde wirklich am liebsten zu Hause bleiben.

    Dass es zwiespältig ist, liegt auf der Hand, und doch ist es gut, aus seinem Trott herauszukommen. Du wirst gute Momente im Urlaub haben, dich an der Freude deiner Kleinen erfreuen und dadurch einen Sinn erspüren; einen Sinn, trotz allem auch glücklich sein zu dürfen.

    Ja. Der Sinn ist mir im Moment ein wenig abhanden gekommen. Alle müssen wir sterben; alles, was wir tun, macht im grossen Ganzen gar keinen Unterschied. Dem Universum ist das egal. Bitte entschuldigt diese nihilistische Einstellung. Ich denke einfach immer daran, wieviel mein Vater in seinem Leben erlebt und wirklich Bleibendes geschaffen hat, sowohl materiell als auch geistig - und trotzdem wird er von der Welt so schnell vergessen. Als ob es ihn nie gegeben hätte. Das ist schwer zu ertragen. Ich möchte gerne wieder glücklich und unbeschwert sein, trotz allem, was passiert ist. Und vielleicht hilft es mir tatsächlich, aus meinem Alltag hier herauszukommen, wo mich alles an meinen Vater erinnert, auch wenn es nur für 10 Tage ist. Ich werde mich auf jeden Fall jetzt einfach darauf einlassen und mit offenem Herzen morgen loszufahren.


    Ich bin so froh, dass es euch alle gibt und ihr mich ein Stückchen begleitet auf meinem Weg. Ich wäre mit meinen Gedanken sonst so alleine. So sehe ich immer wieder kleine Hoffnungsschimmer am Horizont und die tragen mich dann wieder ein Stückchen weiter.


    Ganz liebe Grüsse und eine gute, erholsame und ruhige Nacht

    <3 Silvia

    Ihr Lieben hier


    Vor ein paar Tagen hat mir mein Bruder ein Video gezeigt von meinem Vater. Er war damals erst 36 Jahre alt, genauso alt wie mein Bruder jetzt. Das Video hat er im Internet gefunden; mein Vater hatte mit seiner damaligen Firma ein bisschen Berühmtheit erlangt und kam im Fernsehen. Dieses Video zu sehen von ihm, wie er in seinen besten Jahren, jung, stark, vital gesprochen und sich bewegt hat, hat mich in meiner Trauer wieder voll gepackt. Seine Stimme zu hören, seinen unverwechselbaren Dialekt, seine Wortwahl. Seit da fühle ich mich richtig zurückgeworfen, weine wieder viel und hadere extrem mit allem, was passiert ist. Ich will nicht glauben, dass er einfach nicht mehr da ist. So gern würde ich ihn fragen, wie das war damals. So gern würde ich alles wissen. Ein Leben geht einfach zu Ende, so schnell. Das kommt mir unheimlich vor. Egal, was man geleistet hat, egal, was für ein guter Mensch man war oder wie positiv man die Welt verändert hat - man muss sterben. Irgendwie alles so sinnlos.


    Nein, nein, nein will ich nur hinausschreien in die Welt.


    Am Samstag fahren wir für 10 Tage in den Urlaub. Meine Tochter freut sich sehr und zählt schon die Tage. Ich jedoch möchte am liebsten einfach nur hierbleiben und weiter traurig sein können.

    Liebe Tiffany


    Auch ich hatte keine Ahnung, wie unglaublich schwer es ist, jemanden zu verlieren, den man so sehr liebt, und der einen von Anfang an durch das Leben begleitet hat. Ich wusste schon, dass es schlimm sein muss und dass man sehr traurig ist, jedoch war mir nicht klar, wie sehr die Trauer das ganze Leben durchdringt. Alles ist auf einmal anders, nichts anderes ist mehr wichtig. Man kann nur noch an die schlimmen Ereignisse denken, spielt alles im Kopf immer wieder durch, hat Schuldgefühle und diese unglaubliche Sehnsucht. Niemand kann auf so etwas vorbereitet sein. Und je grösser die Liebe war und immer noch ist, desto tiefer ist dann auch die Trauer.


    Die Beerdigung ist wieder ein Abschied. Es macht einem die Endgültigkeit nochmal mehr bewusst, und das ist so unglaublich schwer zu akzeptieren und zu verstehen. Mein Vater wurde schon 4 Tage nach seinem Tod beerdigt, da er eine Erdbestattung hatte. Für mich war es gut, dass nicht soviel Zeit zwischen Tod und Beerdigung vergangen ist, da dann alles im Fluss war. Er war gestorben und sein toter Körper wurde der Erde übergeben. So wusste ich dann, wo sein Körper war, wo ich ihn besuchen konnte und wo ich ihm etwas vorbeibringen konnte. Das hat mir geholfen.


    Ganz liebe Grüsse

    Silvia

    Ihr Lieben


    Ich habe heute schweren Herzens die ausgebleichten Fotos von meinem lieben Papa vom Kühlschrank genommen, die ich ein paar Tage nach seinem Tod dort aufgehängt habe. Wie oft stand ich dort davor und hab in seine lieben Augen geschaut, hab sein vertrautes Gesicht betrachtet und versucht, jedes Detail in mich aufzunehmen. Wie oft stand ich dort mitten in der Nacht; weinend, verzweifelt, untröstlich. Die Fotos waren so vergilbt von der Sonne, dass sie einfach nicht mehr schön waren, und das konnte ich nicht mehr länger ertragen. Ich habe mir mein Liebelingsfoto auf dem besten Fotopapier ausgedruckt, das ich habe und hoffe, dass dieses beständiger ist. Ausserdem habe ich einen seiner Weisheitskrümel ausgedruckt und auch dazugehängt:


    Je schöner und voller die Erinnerung,
    desto schwerer ist die Trennung.
    Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
    Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel,
    sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.
    Dietrich Bonhoeffer


    Ich weiss noch, wie ich ganz am Anfang mit diesem Gedicht gehadert habe. Ich wurde sogar fast wütend, so unwahrscheinlich erschien es mir, dass sich jemals meine Erinnerungen in eine stille Freude verwandeln würden. Wie konnte es jemand wagen, so etwas zu schreiben, so etwas Unwahres; es kam mir vor wie ein falscher Trost. Denn all meine Erinnerungen waren ausgesprochen schmerzhaft und überschwemmten mich mit neuer Trauer und Sehnsucht. Und das ist auch jetzt noch die meiste Zeit so. Jede Erinnerung zeigt mir wieder, was ich verloren habe, was ich nie mehr haben kann und wie sehr mir mein Vater fehlt. Aber ab und zu, selten noch, kann ich jetzt ganz zaghaft lächeln, wenn ich an etwas Schönes denke, was ich mit meinem Vater erlebt habe. Es war so schön und ich habe es erlebt und das ist für immer in meinem Herzen gespeichert; und das ist ein grosser Schatz, dieses kostbare Geschenk, von dem Dietrich Bonhoeffer schreibt.

    Und deshalb habe ich das Gedicht zum Foto dazugehängt. Ich bin noch lange nicht soweit, das vergangene Schöne ist noch immer ein Stachel, aber es hat sich ein kleines Bisschen in die Richtung der stillen Freude bewegt. Es gibt mir Hoffnung. Und es zeigt mir, dass sich etwas verändert, auch wenn es ganz langsam ist.

    Liebe (oder lieber?) Legendsneverdie


    Mein Mitgefühl zum Tod deines lieben Papa. Es tut mir aufrichtig leid, dass du ihn so früh verlieren musstest. Alles ist noch so frisch, es ist ja erst drei Tage her. Ich verstehe vollkommen, dass in deinem Kopf noch Chaos herrscht, Gefühlschaos und Gedankenchaos, alles durcheinander, du bist noch im Schockzustand. Denn obwohl du vielleicht im Innersten mit seinem Tod gerechnet hast, bleibt die Hoffnung doch bis zum Schluss bestehen. Und jetzt bist du mit dieser brutalen Realität konfrontiert und musst irgendwie durch die Tage kommen.


    Ich kann so gut nachfühlen, wie es dir geht. Mein eigener Vater ist vor 14 Wochen ganz unerwartet nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt gestorben, und seit da ist meine Welt nicht mehr die gleiche. Und für ein paar Tage stand sie sogar still. Das waren die ersten Tage, von denen ich nicht mehr viel weiss. Und auch jetzt bin ich so oft verzweifelt und wünsche mir einfach nur, dass ich meinen Vater wieder zurückhaben könnte.


    Dass du die Bilder von seinem letzten Tag und von der schweren Zeit auf der Intensivstation nicht mehr aus dem Kopf bringst, kenne ich auch nur allzu gut. Ich quäle mich heute noch mit diesen schlimmen Bildern von seinem Krankenhausbett, wie er nur noch als Schatten seiner selbst völlig hilflos dalag. Ich komme nicht darüber hinweg, dass er auf diese Weise sterben musste. Es ist so schwer.


    Vielleicht bringt es dir so wie mir ein wenig Erleichterung, dir hier alles von der Seele zu schreiben. Und damit dem Chaos im Kopf zumindest ein bisschen beizukommen.


    Ganz liebe, mitfühlende Grüsse

    Silvia

    Liebe Melanie


    Oh nein, was für eine schlimme Situation mit deiner Freundin, dass sie dich in dieser schweren Zeit im Stich lässt. Es tut mir sehr, sehr leid, dass du in deiner Trauer auch noch damit konfrontiert bist. Und dass dann die Schwägerin noch Verständnis für die Freundin aufbringt, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Ich kann Kerstin nur zustimmen, dass man in der Trauer einfach keine Reserven hat, da diese intensiven Gefühle einem alles abverlangen. Zum Glück hast du eine so gute Therapeutin gefunden, die wirklich verstehen kann, wie es dir geht in dieser schlimmen Trauer. Und dich ernst nimmt. Und dich eben nicht dazu bringen will, möglichst schnell wieder normal zu funktionieren. Wie soll so etwas überhaupt gehen? Ich denke mir auch immer, wie kann man denn wieder normal weiterleben nach einem solchen Verlust? So vieles verschiebt sich doch in der Trauer, im Kopf, im Herz und überall! Auf einmal wird einem die Zerbrechlichkeit des Lebens bewusst und die Endgültigkeit und Brutalität des Todes, die Prioritäten ordnen sich ganz neu.


    Bei mir zum Beispiel hat sich eine fundamentale Unsicherheit breit gemacht, wo ich früher gelassen und optimistisch war. Auf einmal fürchte ich ständig, dass der schlimmste Fall eintreten könnte, so wie er bei meinem Vater auch eingetreten ist. Jetzt weiss ich ja, dass solche schlimmen Dinge tatsächlich passieren, auch mir. So habe ich manchmal Angst, dass ich selber sterben könnte und meine Tochter dann ohne mich weiterleben muss. Oder dass meine Mutter auch noch stirbt. Oder meine Tochter, oder mein Partner. Oder oder oder... Solche Gedanken habe ich früher nicht in dem Ausmass gekannt. Ich glaube, dass es sehr, sehr schwierig ist für Aussenstehende, die noch nie einen schlimmen Verlust erlitten haben, solche Veränderungen zu akzeptieren geschweige denn sie zu verstehen. Es ist ja lieb gemeint, mir diese Ängste ausreden zu wollen, aber es hilft nicht. Es braucht einfach Zeit, bis ich wieder nach und nach Vertrauen ins Leben zurückgewinne. Viel Zeit.


    Ich bin gerade dabei, im Buch von Megan Devine ("Es ist okay, wenn du traurig bist") weiterzulesen. Lange Zeit habe ich es links liegen lassen, aber heute hatte ich auf einmal den Impuls, darin zu lesen. Ich bin gerade beim Kapitel "Wenn Freunde und Familie ratlos sind" angelangt. Und sie schreibt genau darüber, dass man im Freundeskreis grossen Trost, aber eben auch die schlimmsten Enttäuschungen erleben kann. So wie es dir passiert ist, und auch mir mit meinem Partner, von dem ich mich in meiner Trauer immer weniger verstanden fühle.


    Was wir brauchen würden sind Menschen, die es schaffen, unseren tiefen Schmerz mit anzusehen und ihn nicht "wegmachen" wollen. Genau das erlebe ich hier im Forum, und deshalb fühle ich mich hier einfach verstanden und angenommen, wie ich gerade bin. Deine Freundin konnte das wohl nicht. Wahrscheinlich konnte sie deine tiefe Trauer einfach nicht aushalten und wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte. Das soll überhaupt nicht entschuldigen, wie sie sich verhalten hat dir gegenüber, da fehlen mir auch die Worte, es ist einfach nur grob und beleidigend. Es scheint mir, als ob sie einfach die erstbeste Gelegenheit gepackt hätte, sich aus deinem schwierigen Leben zu verabschieden.


    Liebe Melanie, ich hoffe, dass du in deiner jetzigen Verzweiflung Menschen um dich herum hast, die dich auffangen können und mit dir den Schmerz zusammen aushalten und einfach für dich da sind.


    Ganz, ganz herzlich <3

    Silvia

    Liebe Kerstin


    Heute war mein Tag tatsächlich ein bisschen besser als gestern. Das lag wahrscheinlich hauptsächlich daran, dass ich gearbeitet habe und so ein wenig abgelenkt war.


    Ich fühle mich manchmal dieser Trauer nicht gewachsen. Wie du schreibst, ist sie einfach da. Immer da. Wenigstens ein paar Verschnaufpausen zwischendurch, aber nur kurze. Ich kenne das mit der Sehnsucht auch so gut. Es ist so ein Ziehen im Herzen, dass man sich nichts Sehnlicheres wünscht, als wieder zurückgehen zu können in die alte heile Welt. Und die Verzweiflung darüber überfällt einen dann, dass es einfach nie mehr möglich sein wird.


    Du hast sehr treffend formuliert, warum es mir so schwerfällt, das Erbe meines Vaters einfach zu verkaufen. Ich weiss, dass es nötig ist, dass wir es verkaufen müssen, alles andere wäre aus verschiedensten Gründen nicht vernünftig und auch nicht möglich.

    Es ist ja nicht nur ein Teil von ihm, sondern auch ein großer Teil von dir und deiner Geschichte. Ein Stück Land, dass zu euch gehört hat, seit du denken kannst.

    Ein Abschied.


    Ich hätte auch große Schwierigkeiten, jemandem dieses Land mit dem Haus darauf zu gönnen, ich würde es ebenso gerne behalten wollen wie du, liebe Silvia. Aber das ist wohl nicht wirklich vernünftig.


    Doch wer ist in seiner tiefen Trauer schon vernünftig???


    Genau so ist es. Danke, dass du es so gut in Worte fassen konntest für mich. Es fühlt sich wie ein grosser Verlust an. So viele Abschiede. Immer wieder kommen neue Dinge auf mich zu, mit denen ich mich auseinandersetzen muss. Es hört nicht auf.

    Vielen lieben Dank an alle, die mir geschrieben haben. Mir geht es heute schon den ganzen Tag nicht so gut. Ich bin gereizt, ungeduldig, habe einfach keine Energie, irgendetwas Sinnvolles anzupacken. Ich schaue auf die Fotos von meinem Vater am Kühlschrank, die die Sonne zum Teil schon völlig ausgebleicht hat. Jeder Atemzug schmerzt gerade, ich atme, aber mein Vater wird nie mehr atmen können. Ich schaue nach draussen, sehe das wunderschöne Panorama, das mein Vater mit seinen irdischen Augen niemals mehr wird in sich aufnehmen können. Ich lausche all den Geräuschen des abendlichen Alltags und kann nur denken, dass mein Vater so einen Alltag nie mehr hören und erleben kann. Es ist zutiefst ungerecht.


    Mein Bruder hat vielleicht (wahrscheinlich) schon einen Käufer für das Haus gefunden, das mein Vater noch zu einer Heil-, Lebens- und Kunstoase umbauen wollte. Es schmerzt so sehr, dass er dieses Herzensprojekt nicht mehr umsetzen konnte. Diese Vision ist mit ihm gestorben. Mit diesem Haus verbinde ich so viel. Das Grundstück, auf dem es steht, ist im Besitz meines Vaters, seit ich denken kann. Seine ganze Geschichte ist damit verbunden. So viel gibt es darüber zu erzählen. Ich war mit meiner Mutter, meinem Partner und meiner Tochter vor ein paar Wochen einmal da. Wir wollten schauen, ob alles in Ordnung ist. Es war schwer, durch das Gebäude zu gehen und überall seinen Geist zu spüren, seine Spuren zu sehen. Und jetzt ertrage ich den Gedanken nicht, dass das Gebäude in fremde Hände kommt. Wieder ein Stück von ihm weg, ein grosses diesmal. Teil seines Lebenswerks. So viele Stunden Arbeit hat er hineingesteckt, so viel Herzblut, sein Sein steckt da drin. Es war ihm immer so wichtig. Ich dachte, wir hätten noch ein wenig mehr Zeit zum Abschied nehmen vom Haus. Dass wir es verkaufen würden, darüber haben wir in der Familie ausführlich gesprochen und waren uns einig darüber. Aber jetzt, wo es so schnell geht, wird mir mulmig. Es fühlt sich ein wenig wie Verrat an. Mein Vater hätte das Haus nie verkauft.


    Heute kann ich wenig klare Gedanken fassen. Mein Kopf fühlt sich schwer an, die Gedanken entsprechend schwerfällig. Meine Gefühle auch schwer, alles schwer. Ich habe im Buch von Megan Devine ("Es ist okay, wenn du traurig bist") gelesen, dass Trauer an sich kein Problem darstellt, da es ein natürlicher Prozess ist und sich daher nicht lösen lässt. Auch nicht beschleunigen lässt. Man kann sie weder antreiben noch in bestimmte Bahnen lenken. Und so ist es eben jetzt gerade bei mir, wie es ist: Schwer. Sehr schwer wieder.


    Ich denke an euch alle, die ihr auch solchen Schmerz aushalten müsst.

    Ihr lieben Menschen, liebe Helga, liebe Kerstin, liebe Melanie, liebe Stella


    Vielen, vielen Dank für eure lieben Zeilen und eure Gedanken. Hier im Forum ist unterdessen wirklich der einzige Ort, wo ich ganz offen erzählen kann, wie es mir geht und was gerade so los ist. Ich bin wirklich dankbar, euch gefunden zu haben. Es hilft mir sehr, zu verstehen, was in mir vorgeht und einfach meinem Innenleben Ausdruck zu verleihen. Auch gibt es mir die Möglichkeit, über meinen Vater zu schreiben, gegen das Vergessen anzuschreiben.


    Es ist schon sehr belastend, dass sogar mein eigener Partner kein echtes Gehör mehr hat für meine Trauer und meine Gedanken. Es ist ihm zuviel. Ich sehe an seinen Augen, dass er nicht weiss, wie er reagieren soll, wenn ich erneut wieder traurig bin und erzählen möchte, was mich gerade belastet. Immer öfter kommen sogar die üblichen Plattitüden über seine Lippen und das ertrage ich sehr schlecht, dann lieber nichts sagen. Selbst er denkt, dass nun doch wirklich langsam genug Zeit verstrichen ist. Dabei sind es noch nicht einmal vier Monate. Da fühle ich mich alles andere als verstanden und rede entsprechend einfach nicht mehr mit wirklicher Tiefe darüber mit ihm. Aber hier geht es, hier hat die Tiefe Platz, und deshalb kann ich es irgendwie aushalten, das alles, weil ich schreiben kann. Weil ich mir alles von der Seele schreiben kann. Und weil ich weiss, dass ich nicht allein in meinem Schmerz und meinem Kummer und meiner Sehnsucht.


    Das ist ja interessant!

    Wollte er ein Energiezentrum schaffen und kosmische Einflüsse einfangen mit den zwei Pyramiden?

    Auf jeden Fall scheint dein Vater sehr kreativ gewesen zu sein.

    Liebe Kerstin. Ja, genau das wollte er. Er hatte im Sinn, eine Art Lebens- und Kunstoase zu erschaffen. Das war sein Traum vom Ruhestand und da ist viel Gedankenenergie von ihm reingeflossen. Kreativ war er, das stimmt auch. Er hatte schon immer eine künstlerische Ader. Ich erinnere mich, dass wir ihn als Kinder immer darum gebeten haben, uns etwas zu zeichnen, damit wir es dann ausmalen konnten. Er hat auch jedem Haus, das er umgebaut hat, und jeder Wohnung, seine ganz persönliche Note verliehen, ganz unverwechselbar, und doch immer wieder anders, mit viel Liebe zum Detail. Ich wohne selber in einer Wohnung, die er restauriert hat, und das ist mitunter sehr schmerzhaft, weil ich überall seine Spuren sehe, seine Gedankengänge hinter vielen Einzelheiten erahne. Gleichzeitig tröstet es mich manchmal auch, weil ich ihm dann immer nahe bin. Mein Vater war einer, der Visionen hatte und die auch umgesetzt hat. Und das bewundere ich zutiefst. Ach, er fehlt mir so sehr. Nun kann niemand seinen Traum mehr verwirklichen, er ist verloren. Und das tut mir und uns allen aus der Familie in der Seele weh, und doch sehen wir uns absolut nicht in der Lage, sein Lebenswerk zu vollenden. Das ist so traurig.


    Auch ich habe vor vier Wochen ganz plötzlich meinen geliebten Papa verloren.

    Liebe Stella. Das tut mir sehr, sehr leid. Mein aufrichtiges Mitgefühl zum Tod von deinem lieben Papa. Erst vier Wochen ist es her. Noch so frisch. Es ist so schwer, was du durchmachen musst. Alles läuft immer wieder in Endlosschleife in einem ab, es ist genau so, wie du schreibst. Immer wieder läuft alles noch einmal im Kopf ab. Vor allem die letzten Bilder. Wie gut kenne ich das. Auch jetzt ist es bei mir noch so. Immer wieder überschwemmen mich diese Bilder, verfolgen mich, quälen mich. Wir können nur hoffen, irgendwann wieder ein wenig Frieden zu finden, wann auch immer das sein wird. Ich wünsche dir, dass dir das Schreiben genauso hilft wie mir, all diesen intensiven Gefühlen Ausdruck zu verleihen und so ein wenig Erleichterung zu finden.


    Ich schicke euch allen eine ganz liebe Umarmung und wünsche euch eine erholsame Nacht. Bestimmt wachen unsere lieben Eltern über uns alle.

    Ihr Lieben


    Heute ist mein Vater schon 14 Wochen tot. Und immer noch starre ich ungläubig auf das Kreuz mit seinem Namen drauf auf dem Friedhof an seinem Grab. Wie, wie nur ist es soweit gekommen, dass er für immer von uns gegangen ist? Ich weiss zwar, dass er gestorben ist, jedoch sträubt sich alles in mir, diese Tatsache wirklich zu akzeptieren. Ich hatte in der Nacht wieder ganz wirre Gedankengänge; ich habe mir etliche Szenarien ausgemalt, in denen er hätte gerettet werden können. Absolut sinnlos, und doch konnte ich es nicht stoppen.


    Was mich derzeit auch beschäftigt: Je mehr Wochen vergehen, umso mehr verschwindet er aus dem Bewusstsein der Menschen, die ihn einmal gekannt haben. Und er hat viele gekannt, wir konnten noch nicht einmal alle ausfindig machen. So bleiben immer weniger Menschen, die die Erinnerung an ihn wach halten. Und diese wenigen Menschen sind wir, seine Familie: seine Frau und seine 4 Kinder. Für uns wird er immer der geliebte Mann und der geliebte Papa bleiben. Aber für die anderen ist er einfach nur ein Mensch, der einmal gelebt hat und der nun gestorben ist, wie es der Lauf der Dinge ist.


    Gestern morgen am Geburtstag meiner Tochter ging es mir wieder gar nicht gut, ständig traten Tränen in meine Augen und ich musste mich sehr bemühen, die Fassung zu bewahren. Ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn mein Vater noch hier wäre, und konnte den Schmerz, der daraus entstand, fast nicht bewältigen. Irgendwann gegen Mittag ging es dann wieder ein wenig besser. Am Nachmittag an der Geburtstagsfeier war die Stimmung schön und feierlich, wir haben alle an meinen Vater gedacht und auch seine Präsenz gespürt. Ich habe mich mehrere Male dabei ertappt, wie ich seinen Blick gesucht habe... Verrückt, nach all der Zeit! Es ist noch immer nicht in alle Hirnschichten vorgedrungen.


    Nun geht es auch langsam darum, die Erbangelegenheiten zu regeln. Mein Vater besass ein Gebäude, das er selber gebaut hatte und das er noch einmal umbauen wollte. Er wollte unter anderem auf das Dach zwei Pyramiden bauen und darauf Solaranlagen. Die Pläne hatte er alle selber gezeichnet, das Gesuch für die Baubewilligung selber eingereicht und der Kredit war auch gesprochen, alles war bereit. Er hatte sogar schon einen Baucontainer und einen Gebäudelift organisiert. Und dann stirbt er völlig unerwartet. Niemand von uns aus der Familie kann ein solches Projekt umsetzen, das hätte nur er gekonnt. Es war ein Herzensprojekt für ihn, er hat wochenlang daran gesessen, tausend Überlegungen miteinfliessen lassen, er hatte jedes Detail im Kopf. Schweren Herzens müssen wir nun dieses Haus verkaufen und sein letztes Projekt unvollendet lassen.


    Ich wünschte einfach nur, ich könnte ihn noch einmal sehen, von ihm hören, wie es ihm geht. Oder ihn um Rat fragen. Einfach seine Stimme noch einmal hören, wie er mit mir redet, mich beruhigt und mir versichert, dass alles gut ist so, wie es ist.

    Liebe Helga, liebe Melanie


    Ich danke euch für eure lieben Worte.


    Ja, die Trauer ist wirklich als Gast bei mir eingezogen. Eigentlich mehr als das: Sie ist hier in meinem Innern heimisch geworden und wird erst wieder ausziehen, wenn ich selber von dieser Welt gehen muss. Sie gehört jetzt zu mir und wird am Leben gehalten von meiner Liebe zu meinem über alles geliebten Papa. Und diese Liebe wird nicht kleiner, sondern immer noch grösser.


    Ich werde gleich noch zusammen mit meinem Partner den Geburtstagstisch für meine Tochter decken. Mir gefällt deine Idee mit dem Foto sehr gut, Melanie. Am Nachmittag kommen recht viele Gäste aus meiner Familie und Nachbarschaft und da fände ich es schön, wenn mein Papa auch dazugehören könnte, symbolisiert durch das Foto. Darauf bin ich gar nicht gekommen; vielen, vielen Dank für die Anregung.


    Ich grüsse euch ganz lieb

    <3Silvia

    Ihr Lieben


    Bei mir war viel los die letzten Tage. Mein Partner war/ist für längere Zeit bei uns in der Schweiz, die Vorbereitungen für den Geburtstag meiner Tochter laufen (sie wird am Sonntag drei), wir hatten viele Besuche und beruflich ist gerade auch viel zu tun. Ich hatte gar keine Ruhe und Musse, hier zu schreiben, obwohl ich so gerne wollte. Ein bisschen hab ich mitgelesen.


    Bei mir hat sich die Trauer irgendwie vom Aussen ins Innen verschoben. Ich kann nicht mehr so viel weinen, was mir immer gut getan hat. Wie wenn im Moment die Tränen versiegt wären. Tränen steigen mir zwar schon immer in die Augen, wenn ich Fotos anschaue oder bestimmte Musik höre oder wenn ich an schöne Dinge denke, die ich mit meinem Vater erlebt habe. Aber es ist nicht mehr dieses schluchzende, untröstliche Weinen, das ich über viele Wochen täglich mehrmals hatte. Ich glaube, dass das wieder kommt. Ich spüre das. Da ist noch so viel in mir drin, so viele Erinnerungen, die ich noch nicht an mich ranlassen konnte, so viele Bilder auf seinem Rechner, die ich noch nicht anzuschauen gewagt habe, so viele Bilder von seinen letzten Tagen und Stunden, die mich immer noch quälen.


    Diese Sehnsucht, ihn noch einmal sehen zu wollen, unbedingt, um zu klären, ob es ihm wenigstens gut geht, dort, wo er jetzt ist. Wenn ich wenigstens dies mit Bestimmtheit wüsste. Ich rede es mir ein und will es auch glauben, aber wenn ich wirklich ehrlich mit mir bin, muss ich mir eingestehen, dass ich es einfach nicht weiss. Und das ist unglaublich schwer zu ertragen für mich. Ich suche immer nach Gewissheit. Ich suche und suche, bis ich zufriedenstellende Antworten gefunden habe. Und dann komme ich wieder zur Ruhe. Aber hier geht es nicht. Die Zweifel bleiben.


    Wenn ich daran denke, dass wir am Sonntag den dritten Geburtstag meiner Tochter feiern, wird mir schwer ums Herz. Letztes Jahr war mein Vater noch dabei, voller Stolz und Freude über seine Enkelin, die aufgrund meines Alters niemand mehr erwartet hätte. Ich war 42, als sie auf die Welt kam. Ein kleines Wunder und mein Ein und Alles. Dass mein Vater nicht mehr erleben kann, wie sie aufwächst und sich entwickelt ist schrecklich ungerecht. Und dass meine Tochter ohne ihn aufwachsen muss, auch. Wieviel tausendmal, nein millionenmal (nicht in Worte zu fassen wieviel mal) schöner wäre es doch, er wäre mit uns dabei am Sonntag, würde mit seiner ruhigen Gegenwart für eine angenehme Stimmung sorgen und mit seinen lieben Blicken allen ein gutes Gefühl geben. Er war ein Original und jetzt fehlt er so unglaublich, jeden Tag und jede Stunde, aber an solchen speziellen Tagen noch viel mehr.


    Euch allen schicke ich ganz, ganz liebe Grüsse und eine ruhige Nacht mir viel Schlaf und guten Träumen.

    Liebe Julia


    Ich kann dir nur schreiben, dass ich dich so verstehe. Diese Gedanken, die ständig da sind und auf einen einhämmern, Das hört einfach nicht auf, vielleicht mal kurz, kommt dann aber wieder. Und dann die Sehnsucht. So so so intensiv. Heimweh, einfach nur das alte Leben zurückhaben wollen.


    Wir geben nicht auf, aber es ist schon hart. Immer noch, nach wie vor, unabsehbar.

    Liebe Melli


    Ich kann das Buch "Meine Trauer wird dich finden" von Roland Kachler empfehlen. Ausserdem habe ich auch das Buch von Megan Devine "Es ist okay, wenn du traurig bist" gekauft und von Silke Szymura "Ein Teil von mir - Meine Trauer umarmen und weiterleben". Bei allen drei habe ich angefangen zu lesen, und ich finde alle gut und hilfreich, so gut es eben geht. Die Trauer bleibt natürlich, aber es hilft, sie ein wenig besser zu verstehen und zu wissen, dass es normal ist, wie man sich fühlt. Das ist schon sehr viel, wie ich finde.


    Es ist sehr schwer für mich das zu verstehen und damit zurecht zu kommen,weil er immer mein Ratgeber war und immer da war wenn ich was nicht wusste oder Hilfe brauchte. Wenn jetzt was ist hab ich ihn nicht mehr als Ratgeber. Er wusste immer alles und konnte immer zu ihm gehen.

    Das war mein Papa für mich genauso. Ich kann dich so gut verstehen. Mein Vater war so eine Stütze für mich, er war immer da, wusste immer Rat und hat aufgrund seiner reichen Lebenserfahrung und seiner Liebe zur Philosophie und Spiritualität so manche schwierige Situationen für mich erträglicher gemacht. Und gerade jetzt, wo ich seinen Trost so sehr bräuchte, ist er nicht mehr da.


    Das schlimmste war als sie ihn in ihrem Sack raus getragen haben.

    Liebe Melli, dass du das sehen musstest, finde ich schrecklich. Ich wäre glaube ich zusammengebrochen. Ich glaube dir, dass du dieses Bild nicht mehr aus dem Kopf bekommst. Das dauert wohl noch ganz lange, bis das ein wenig verblasst.


    Liebe Grüsse schicke ich dir

    Silvia

    Ihr Lieben


    Ich war eine Weile nicht hier im Forum, weil ich immer noch sehr erschöpft war. Eine Weile heisst, zwei Tage! Aber es fühlt sich lange an, weil ich hier so etwas wie eine Heimat für meine Gefühle gefunden habe. Und es tut mir einfach gut, mich hier auszudrücken und zu wissen, dass ich ernst genommen und verstanden werde. Das ist unbezahlbar. Hätte man nur solche lieben Menschen um sich herum im realen Leben, das wäre ein riesige Hilfe in dieser Trauer, die das ganze Leben durchdringt und zuweilen so intensiv ist, dass die Gefühle einfach nur noch überlaufen.


    Aktuell stehen so einige amtliche und andere Dinge an, die erledigt werden müssen. Das Auto muss umgeschrieben werden, alle Versicherungen geändert werden, das Mobiltelefon-Abo muss endlich gekündigt werden, der Facebook-Account gelöscht und die Email-Adresse. Bei jedem Akt ist es wieder etwas mehr, was es nicht mehr gibt von meinem Vater. Mehr und mehr Beweise, dass es ihn hier gegeben hat, sind nicht mehr da. Er verschwindet immer mehr und jedes Mal stirbt wieder ein wenig mehr von ihm. So fühlt es sich an.


    Ich bin schon wieder müde und lese einfach noch ein bisschen und hoffe dann auf eine erholsame Nacht.

    Liebe Melanie


    Ich denke manchmal auch, wie soll das werden mit meinem Leben mit dieser Trauer. Mit diesem schweren Rucksack auf dem Rücken, der ständig auf mich runterdrückt und nicht abgelegt werden kann. Oder wie Kerstin die Trauer mal beschrieben hat: wie ein schwerer Wintermantel, den man immer trägt. Mit der Zeit soll es leichter werden. Der Rucksack hat nicht mehr so viele schwere Brocken drin, der Wintermantel wird dünner und dünner und ist irgendwann nur noch ein leichtes Sommerjäckchen. Darauf kann ich im Moment nur hoffen. Ich habe leichtere Tage zwischendurch, an denen ich nicht nur hadere, sondern auch so etwas wie Akzeptanz der Situation erlebe. Aber mein Herz fühlt sich immer sehr, sehr schwer an. Und wann immer ich Fotos von meinem Vater sehe, treten sofort Tränen in meine Augen.


    Du schreibst:

    Die Zeit wird einfach nur vergehen und vergehen.....

    Das fühle ich genauso. Unerbittlich geht die Zeit einfach weiter, ohne unsere geliebten Eltern. Wie ich das alles schaffen soll die nächsten Wochen, Monate, Jahre, das ist im Moment nicht vorstellbar für mich. Tage kann ich einigermassen überblicken, manchmal gehen auch nur Stunden. Das Leben muss weitergehen, wir leben weiter, die Zeit vergeht. Kaum komme ich zur Ruhe, ist all der Schmerz wieder da.


    Dann auch das Bedauern, das mein Vater all die schönen Dinge des Lebens nicht mehr erleben darf. Das ist auch ganz schlimm für mich. Das empfinde ich wie Julia:

    Es tut mir so leid für sie . Das ist ein ganz fieses Gefühl , diese Klarheit über diese Endgültigkeit... kann man nur sehr schlecht beschreiben, aber ich bin sicher du und alle hier wissen was ich meine ...

    Ich weiss ganz genau, was du meinst, Julia. Es ist so sehr unerträglich, wenn ich an diese Endgültigkeit denke, Er kann einfach nichts mehr hier auf Erden geniessen, nie mehr.

    Ich könnte herausschreien, wie Leid mir das tut, dass ihr das alles genommen wurde....

    Ja, all das Schöne im Leben wurde ihnen genommen für immer. Und daran denke ich jedesmal, wenn ich etwas Schönes sehe oder erlebe. Und auch wenn ich an schöne Erinnerungen denke, die nie mehr wiederkommen.


    Ich verstehe euch so sehr.

    Liebe Melli


    Mein aufrichtiges Mitgefühl zum Tod von deinem lieben Papa. Es tut mir sehr leid, was du durchmachen musst.


    Wie schwer es ist, seinen geliebten Vater gehen lassen zu müssen, weiss ich aus eigener, schmerzhafter Erfahrung. Mein eigener Vater ist vor etwas mehr als 12 Wochen ganz unerwartet nach kurzer Krankheit im Krankenhaus verstorben. Was du schreibst, kann ich so gut verstehen. Das unendliche Vermissen, das gebrochene Herz, das in tausend Stücke zersprungen ist und von dem man denkt dass es nie wieder heil wird, die Leere und all diese Gefühle, die einen geradezu überschwemmen und vor denen es kein Entrinnen gibt.


    Mir hilft das Schreiben hier im Forum sehr. Und vielleicht bringt es dir auch ein wenig Erleichterung, all die Gefühle in dir einfach einmal niederzuschreiben.


    Ganz liebe Grüsse

    Silvia