Liebe Sonnenstrahl,
Bei dir ist alles noch sehr frisch, und alles noch im wahrsten Sinne des Wortes, unerträglich. Ich weiß.
Was kann ich dir sagen, was mir in dieser Zeit der Trauer geholfen hat? Wenigstens über den Tag ein wenig geholfen hat?
Ich habe versucht mir jeden Tag Aufgaben zu setzen. Das war jetzt nicht ein Wohnzimmer aus zu malen, sondern einfach die ganz normalen Dinge, wie Zähne putzen, duschen gehen, überhaupt Mal aufstehen, solche Sache.
Abends wenn ich zu Bett ging, überlegte ich was ich nächsten Tag schaffen wollte, schrieb mir einen Zettel, den ich mir auf mein Nachtkästchen legte, und versuchte am nächsten Tag, diese Dinge dann zu bewältigen.
Manchmal gelang es mir, auch einen Spaziergang zu machen, oder einfach Mal raus zu gehen. Was ich nicht erledigen könnte, verschob ich einfach auf den nächsten Tag.
Mir hat es geholfen, einen Vorsatz zu haben, nichtig war, das ich ihn auch durchführte.
Und so wuchsen Tag für Tag meine Aufgaben, und mein Tag bekam wieder Struktur.
Leichter, oder weniger traurig, oder weniger einsam, bist du deshalb nicht, aber das fallen in dieses Schwarze Loch wird seltener.
Mein Mann ist jetzt 1 1/2 Jahre nicht mehr auf dieser Welt, und ich habe nach wie vor, oft schlimme Tage, aber auch gute. Gut ihm Sinne von erträglich.
Der Illusion sich hinzugeben, es wird irgendwann wieder so wie früher, das hab ich aufgegeben. Es wird anders, wir werden anders.
Ich hoffe ich konnte dir damit ein wenig eine Perspektive geben.
Im übrigen, ganz am Anfang nahm ich auch Medikamente, nur für mich, war das nicht hilfreich. Ich mutierte zum Zombie, und das wollte ich nicht. Aber das muss jeder für sich heraus finden. Generell verurteilt habe ich es nie.
Trauer ist Schwerstarbeit, und braucht Zeit, viel Zeit.
Sei lieb gegrüßt
Renate