Liebe KarenLe,
irgendwie beruhigend zu hören, dass es dir genauso geht:-). Im Unterricht schiebe ich auch immer alles weg. Ich weiß nicht, wie man es sonst schaffen soll, denn Stoff im Kopf zu behalten, Ahmed und Miro am Papierkügelchen schmeißen zu hindern und noch die 1000 Fragen zu beantworten, die es immer gibt. Das mit der Prüfung am Todestag deines Papas ist schrecklich. Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, Menschen sterben dann, wenn sie das alleine tun können, um uns nicht noch mehr zu belasten.
Ich bin schon 45 und damit ein ganzes Stück älter als du. Mein Vater war auch schon über 80, aber seine letzten fünf, sechs Lebensjahre waren durch Parkinson sehr schlimm. Ich glaube ich hätte es ihm gegönnt, eher zu sterben. Er ist dann letzten August gestorben. Als meine Schwester mich anrief und mir sagte, dass das Pflegeheim angerufen hätte, er hätte nicht mehr lange, war ich grade in Irland. Ich konnte es echt nicht glauben - unsere erste große Reise und er stirbt zu einem Zeitpunkt, an dem ich wirklich nicht bei ihm sein kann.
Irgendwie war es trotz allem Glück, dass er im August gestorben ist - ich hatte noch vier Wochen Sommerferien vor mir. Die ersten beiden waren gut gefüllt mit Rückreise und Beerdigung, danach hatte ich noch zwei Wochen, bei denen ich auch das Gefühl hatte, ich brauche sie. Es ist schon schnell, dass du nach einer Woche wieder gegangen bist, aber ich kann es verstehen, wenn ihr grad Notenschluss habt. Vielleicht kannst du dir danach nochmal ein paar Tage nehmen. In den ersten Monaten war ich dann eigentlich ständig traurig. In der Schule nicht, das war irgendwie auch ganz angenehm, aber sobald ich zur Ruhe gekommen bin, war es da. Ich habe auch zwei Kinder, daher war da manchmal nicht genug Ruhe und jetzt, wo der Schmerz milder geworden ist, schiebe ich ihn zu oft weg. Dann kommt er richtig geballt, oder ich werde krank. Das ist mein Ziel für nächstes Jahr...nicht mehr so viel wegschieben.
Ich wünsche dir, dass du einen guten Weg findest. Schule ist immer anspruchsvoll, aber ich bin so gern da, weil es auch so menschlich ist. Und durch den Tod meines Vaters habe ich wieder ein Stückchen mehr die Kinder verstehen gelernt, die so einen Verlust hinter sich haben.
Ganz liebe Grüße
Cildie