Liebe Sverja und alle,
ich freu mich immer über deine Zeilen, Sverja und vor allem für dein Verständnis - da kommen mir meine wirren Gedanken gleich weniger wirr vor:-). Ich hoffe die Zeit mit Mel war schön und auch in Schweden zieht langsam der Frühling ein.
Seit ein paar Tagen beschäftigt mich ein Thema, das gar nicht so direkt etwas mit Trauer zu tun hat und dann doch ganz schön viel. Ich lebe ja seit fast 15 Jahre in Hessen, komme aber eigentlich aus Thüringen. Ich bin hier sehr glücklich gewesen, war mir aber immer sicher, zurück zu wollen. Für Lehrer:innen ist das nicht so ganz einfach. Wir müssen einen länderübergreifenden Versetzungsantrag stellen und lange gab es in Thüringen auch einfach keine Lehrer:innenstellen (zumindest nicht in meiner Heimatstadt, wo ich ja wieder hinwollte). Vor drei Jahren entspannte sich die Situation dann und ich bekam tatsächlich eine Stelle. Das war aber im April des ersten Lockdowns, wir waren alle grade krank, alles war völlig unsicher, wir wussten noch nicht mal, ob wir dahin fahren können, um Wohnungen zu besichtigen. Schweren Herzens lehnte ich damals die Stelle ab und entschied mich eigentlich hier zu bleiben. Aber so ganz hat das Thema mich nicht losgelassen und zu Beginn dieses Jahres stellte ich nochmal einen Versetzungsantrag - es sieht gut aus, er könnte durchgehen, aber mittlerweile habe ich das Gefühl, wir haben zu lange gewartet. Die Kinder sind mittlerweile in der Grundschule, die Große kommt nächstes Schuljahr in die weiterführende Schule und ich bin eigentlich die Einzige, die gern umziehen würde. Mein Mann würde mir zu Liebe mitkommen (er könnte dort im Homeoffice arbeiten), die Kinder sind nicht begeistert. Und ich merke, dass ich eigentlich nicht hierbleiben möchte, es meiner Familie aber auch nicht zumuten möchte, ihr Leben hier für mich aufzugeben.
Und trotzdem fällt es mir unglaublich schwer, mich mit dem Gedanken anzufreunden, meine Heimatstadt aufzugeben. Es fühlt sich ganz schön nach Trauer an.
Vor allem, weil mein Elternhaus eine so starke Verbindung zu meinem Vater ist. Er hätte sich so sehr gewünscht, dass eine von uns dort einzieht und es in der Familie bleibt. Ein bisschen kommt es mir vor, als würde ich ihn verraten, wenn wir nicht dorthin gehen. Und für mich ist es ein Stück Freiheit, das weg ist, wenn ich nicht dort leben kann. Aber vielleicht ist das einfach so - man bekommt etwas, wie Familie, und dann hat man weniger Freiheit. Trotzdem ist es traurig. Hier ist es echt nicht so richtig schön und vor allem unglaublich voller Menschen. In Thüringen gibt es Städte und drum herum ist dann erstmal lange nichts. Hier gibt es eine große Stadt, dann sieben kleine Städte und dann kommt die nächste große Stadt.
Ich glaube das wird ein langer Abschiedsprozess werden, mal wieder.
Ich hoffe euch geht es gut!
Liebe Grüße
Cildie