Meine Mutter war auch mein Lebensmensch / Thread von Reinhold

  • Liebe Freunde,


    seit einigen Tagen meldet sich nun mein Körper recht deutlich mit einem enormen Schlafbedürfnis :sleeping: ---ohne Psychopharmaka...zum einen ist es angenehmer viel schlafen zu können, denn ich glaub' so gehts uns allen: die Trauer kostet enorm viel Kraft und erfordert Ausdauer :wacko: ...zum anderen denk' ich, gebe ich es vielleicht langsam auf, mich gegen das Unvermeidliche zu stemmen. :005:


    Und noch etwas: ich möcht' mich nicht mehr verstellen müssen, es strengt mich unglaublich an, beim Treffen mit Freunden und Bekannten immer meine Trauer hintan zu stellen :95: und irgendwie "schauspielern" :wacko: zu müssen...ich muss solche Situationen nun ein bißchen meiden, damit ich von der totalen Erschöpfung wieder wegkomme !!


    Nun hier im Forum (und bei meiner Therapeutin) kann ich so sein und so fühlen, wie es wirklich in mir drin ausschaut.. :30:


    Alles Liebe und recht viel Kraft für Euch alle !! :24:


    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Das klingt so wie eine leichte Depression. Vielleicht kannst du kurzfristig doch wieder was Stimmungsaufhellendes nehmen.
    Es tut mir leid, dass du in einem so starken Tief bist. Ich kann dich gut verstehen. Zur Trauer kommt auch noch das Alleinsein dazu, das Gefühl, dass dich niemand versteht und dich annimmt.
    Was meinst du eigentlich mit "du willst dich nicht gegen das Unvermeidliche stemmen"?
    Du sollst aber deine Freunde und Bekannte nicht hinanstellen, denn sonst wirst du noch einsamer. Ich glaube, du musst vor Ihnen deine Traurigkeit nicht verbergen, du kannst Ihnen deutlich sagen, wenn's dir momentan nicht gut geht, du darst aber auch nicht verlangen, dass sie noch traurig sind. Das sind 2 verschiedene Welten und da ist's oft nicht leicht miteinander auszukommen. Ich denke mir auch oft, wenn ich eine Freundin treffe, sie lacht, macht Witze und ist fröhlich und mir wär zum Weinen zumute, weil sie mich an eine Situation mit meiner Mutter erinnert hat. Entweder ich sage es ihr, wir mir jetzt zumute ist oder ich schlucke es hinunter. Sie kann es ja nicht wissen oder fühlen, was ich denke. Und bald bin ich wieder von der Trauer abgelenkt.
    Vielleicht kannst du dich am Wochenende etwas ausruhen und Kraft tanken. Hast du was, was dir Spaß machen könnte? Vielleicht ein schöner Spaziergang in der Natur?
    Dass du deine alte Ledergarnitur weggegeben hast, war schon sehr mutig von dir und du hast damit schon viel geschafft und den ersten Schitt zu einer Veränderung getan. Hast du eigentlich eine neue bekommen?
    Viel Kraft für dich
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    es ist schön, dass Du an meinem Schicksal anteil nimmst. Stimmungsaufhellendes nehme ich eigentlich regelmäßig seit Februar...unverändert..du hast recht, ich darf meine Freunde, meinen einzigen Halt nicht hintanstellen, deshalb hab' ich heute spontan einen ehemaligen Arbeitskollegen angerufen, wir treffen uns und gehen zum Heurigen, plaudern, gut essen und trinken ein Achterl- verbringen gemeinsam Zeit.
    Es war halt nur so eine Überlegung, die über mich gekommen ist, diese Anstrengung, wenn ich mich immer verstellen muss, aber wozu hat man denn eigentlich Freunde ? Da sollte am sich doch so geben dürfen, wie man ist, bei ihm ist es so, und bei den wenigen guten Freunden, die ich hab' , ja auch, manchmal bilde ich mir halt auch vieles ein, kommt wahrscheinlich vom ewigen Alleinsein und Grübeln...


    Seit ich die alte Ledergarnitur weggeben hab', fühle ich mich eigentlich entlastet...irgendwie verändert...Danke der Nachfrage, wir haben ja dann vor ein paar Jahren doch etwas Neues angeschafft, eine Zweierbank und zwei Fauteils, die sind jetzt in Verwendung.


    Tja, das Unvermeidliche: da hab' ich mich, glaub' ich ein bißchen verworren ausgedrückt. Ich meinte, dass der Tod halt was Unvermeidliches ist---und ich alles irgendwie immer noch nicht wahrhaben will und kann, aber es kommt mir vor, wie wenn´s gestern erst passiert wäre, nicht vor zehn Monaten.


    Alles Liebe und :2: für das Kraftpaket !!


    Reinhold

  • Hallo lieber Reinhold
    ich kann dich gut verstehen , wie das ist wenn du mit Kollegen zusammen bist und deine Trauer hinten anstellen musst . Es ist für nicht trauernde sehr schwierig auch nur zu erahnen , was man durchmacht. Auch ich kann nicht sehr lange mit Menschen zusammen sein die nicht trauern. Es ist für mich seeehr anstrengend und bin froh , wenn ich meinem momentanen Gefühlen wieder Platz geben kann. Ich glaube das wir Menschen auch sehr verschieden trauern. Ich z.B. trauere eher "laut". Ich habe Weinkrämpfe , welche zum Teil in ein Geheul übergeht
    ( meist im Auto ) oder ich muss auch sonst , wegen jeder kleinen Erinnerung weinen. Ich halte dies meist nicht sehr lange aus und muss dann auch wieder nach Hause. Ich kenne mich manchmal selber nicht wieder und es ist mir auch nicht immer recht , wenn ich wieder losheulen muss und fremde Menschen dies sehen. Es gibt auch Menschen , die verbergen ihre Trauer und können besser in der "Aussenwelt" funktionieren. Ich finde es toll , dass du mit deinem ehem. Arbeitskollegen etwas in den Ausgang gehst. Es muss nämlich nicht ständig sein aber einfach hin und wieder raus und ich kann mir vorstellen , dass es auf einmal eine Zeit gibt , in der es nicht mehr ganz so schwer sein wird . Hoffe ich jedenfalls , denn auch mir muss ich immer wieder gut zureden . Darum, ich verstehe dich so gut lieber Reinhold. Die Welt ist nicht mehr die gleiche, auf jeden Fall nicht für uns. Trage deine Mama im Herzen und sprich immer wieder mit ihr , wie es dir geht oder was du versuchst anders zu machen oder wenn du etwas machst , das für dich ganz neu ist. Es gibt eine Nähe zu deiner Mama , wenn du mit ihr sprechen kannst und auch dieser innere Druck , lässt etwas nach , jedenfalls bei mir. Wir müssen nicht unbedingt loslassen und möglichst schnell ein anderes Leben beginnen. Viele Jahre ward ihr zusammen , habt gelebt , gelacht , genossen. Nun musst du eine andere Form der Nähe zu ihr suchen mit welcher du leben kannst. Ich weiss wie schwer das ist und manches Mal ist man verzweifelt , weil die körperliche Nähe fehlt. Es ist eine Aufgabe , welche wir erhalten. Wir haben sie uns nicht gewünscht aber dennoch müssen wir sie gehen.
    Ich wünsche dir ganz,ganz viel Wärme damit es sich nicht mehr so kalt anfühlt in dir drin. Und natürlich eine dicke :24: von mir.
    Kathrin

  • Liebe Kathrin,


    ganz lieben Dank für Deine Worte. :2: ..auch ich werde oft in der Öffentlichkeit von der Trauer übermannt, gestern im Zug musste ich so weinen, als ich begriff', jetzt fährst Du von einem netten Treffen heim, aber zuhause ist niemand mehr, dem ich davon erzählen kann....trotzdem tut es gut, hin und wieder rauszugehen---sich zu treffen, mit lieben Menschen plaudern zu können.
    Ja, ich spreche oft mit meiner Mutter, ich trage Sie im Herzen, Sie ist immer bei mir---und doch vermisse ich Sie in diesen Tagen wieder so furchtbar, dass es weht tut. Du schreibst ja ähnlich darüber. Bis wir unseren Verlust leichter tragen können, wird wohl - wenn überhaupt - viel Zeit vergehen. Gestern hab' ich dann abends ein Beruhigungsmittel genommen, sonst hätte ich nicht schlafen können.


    Nun bin ich wieder einsam in unserer Wohnung... :33:


    Danke für Deine wärmenden Worte. Auch für Dich eine große :24: :24:


    Alles Liebe


    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Es freut mich, dass du die Initiative ergriffen hast und spontan einen ehemaligen Arbeitskollegen angerufen hast. Das Plaudern mit netten Freunden ist schon wichtig.
    Das du das gerne deiner Mutter erzählt hättest und sie Anteil daran genommen hätte, kann ich gut verstehen. Bei mir ist es auch immer noch so, dass ich meiner Mama noch so viel sagen wollte, ich wollte ihre Meinung dazu hören, sie mitleben lassen. Dass das nicht mehr geht, schmerzt schon.
    Alleine in eine Wohnung zu kommen, wo niemand auf dich wartet, ist schon traurig, wenn du das immer gewohnt warst, das wer da war.
    Ich fühle mit dir.
    Wünsche dir viel Wärme
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    danke für Dein Mitfühlen mit mir. :2: Kontakt mit meinen Freunden pflegen --- dann und wann ein bisschen Ruhe finden --- Gottvertrauen ausbauen --- Gefühlschaos bekämpfen---
    dies sind meine Stützpfeiler in der Trauer !! Wir denken ans unsere Mütter und behalten Sie in unseren Herzen :005: :005: !!


    Alles Liebe und :24:
    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Das hast du gut gesagt und erkannt. Freundschaften pflegen ist wichtig, aber auch dazwischen wieder Ruhe finden, ist ebenfalls notwendig.
    Jetzt ist leider mein Akku bald leer und ich werde morgen weiter schreiben.
    Ja, unsere Mütter behalten wir in unserem Herzen, sie sind darin bei uns und ich hoffe, der liebe Gott beschützt sie und auch uns.
    Liebe Grüße
    Ingrid

  • Lieber Reinhold!
    Du hattest wohl wieder eine schlaflose Nacht, weil du so spät abends geschrieben hast.
    Schön, dass du auch daran glaubst, dass unsere Mütter jetzt bei Gott im Himmell gut aufgehoben sind. Aber auch wenn wir das wissen, lindert das unseren Schmerz des Vermissens nur wenig.
    Ich war auch schon lange nicht mehr am Grab, es ist ja 70 km entfernt von mir auf dem Land. Aber in 2 Wochen werde ich wieder hinfahren und irgendwie freue ich mich auch schon darauf, wieder am Grab von meiner Mutter zu stehen, es schmerzt schon, doch fühle ich mich ihr dort so nahe. Auch mein Vater ist dort, meine Großeltern sind dort, deren Eltern und eine Großtante, also ein ganz beschaulicher Ort.
    Schön, dass du erkannt hast, dass Freunde sehr wichtig sind, gerade auch in Zeiten, wo es nicht so gut geht, sollte man die Freundschaften pflegen.
    Ich war heute mit einer Freundin in einem Kaffeehaus im 1. Bezirk und obwohl es mir wieder hart angekommen ist, weil meine Mutter ja auch so gern ins Kaffeehaus ging, habe ich doch ein wenig Freude gehabt. Wir haben über vieles gesprochen, dieses und jenes, nur über meine verstorbene Mutter auch nicht. Aber das kennen wir alle, dass sich die Freunde schwertun über die Trauer mit dir zu reden und deshalb meiden sie dieses Thema.
    Einen ersten Schritt zur Veränderung hast du schon getan, indem du die alte Ledergarnitur hergegeben hast. Ich hoffe, du hast es gemütlich auf den neuen Fauteuils. Deiner Mutter hat's sicher gefallen.
    Ich hoffte, du hast heute eine ruhigere Nacht
    Alles Liebe
    Ingrid

  • Lieber Reinhold, liebe Ingrid


    Ich habe eben einen (wie ich finde) seh schönen Spruch gefunden:


    Die Mutter spricht bei der Geburt: „Ich liebe dich, mein Kind“
    Das Kind spricht beim Tod der Mutter: „Ich werde dich immer lieben“.

    (Thomas Schmidt, Windeck/Eitorf, Mai 2010)



    Alles Liebe für euch beide und eine gute Nacht :24:


    Sandra

    Auch wenn alles einmal aufhört -
    Glaube, Liebe und Hoffnung nicht.
    Diese drei werden für immer bleiben.
    Doch am höchsten steht die Liebe.

  • Liebe Sandra,


    mein Gott, dieser Spruch hat mich tief im Herzen beruehrt...Danke !!


    Liebe Ingrid,
    :24: ja, bin gestern Nacht erst gegen halb drei eingeschlafen...trotzdem war ich heut am Grab meiner
    geliebten Mutter !! Denn bald ist wieder jener Tag, neun Monate oder 9 Minuten seit diesem
    furchtbaren Tag...hab heut am Grab viel weinen muessen----bin einfach so dagesessen und
    hab weitergebetet----
    Aber ich glaub, Dir ist es auch ganz wichtig wieder ans weit entfernte Grab Deiner
    Mutter und Deiner Familie zu gehen, manchmal brauchen wir halt diese Nähe zu unseren
    Lieben.
    Auch meine Mama ist so gern ins Cafe gegangen, meist vor unseren gemeinsamen Kinobesuchen..
    Ja, dies vermisse ich so schmerzlich, jede Sekunde des Tages---


    Alles Liebe für Dich und Sandra !! :2:
    Reinhold


    hoffentlich kann ich heut frueher einschlafen :95:

  • Lieber Reinhold!
    Der Spruch von Sandra hat mich ebenfalls tief berührt, ja meine Mutter werde ich immer lieben, auch wenn dies momentan noch sehr schmerzhaft ist.
    Du bist ein guter Sohn, weil du am Grab deiner Mutter für sie betest. Es wird sie sicher freuen.
    Ich frage mich auch oft, wann hört dieses schmerzliche Vermissen einmal auf, wann können wir an unsere Mütter zurückdenken mit einem Lächeln, ohne dass es so schmerzt, dass wir es so tief drinnen fühlen in unseren Herzen, dieses Vermissen.
    Ich hoffe irgendwann kommt einmal die Zeit.
    Du bist öfters mit deiner Mama ins Kino gegangen, da hattet ihr sicher eine schöne Zeit.
    Hast du jetzt auch jemandem, mit dem du wieder ins Kino gehen kannst oder warst du jetzt schon lange nicht mehr?
    Ich wünsche dir, dass du heute eine bessere Nacht hast.
    Alles Liebe
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,
    ja, die Erinnerung schmerzt schon sehr, aber es zaehlt nur eins:
    Erinnerung vergeht nie !!!
    Viele schlaflose Naechte haben mich aus dies gelehrt.
    Nein, wenn, dann geh ich allein in unser Lieblingskino...und irgendwie geht meine Mutter
    immer mit mir...auf allen meinen Wegen !!
    Gut gegen die Einsamkeit: bis Sonntag bin ich bei meinem Freund zu Besuch im Burgenland...
    Alles Liebe fuer Dich !
    Reinhold


    ps: unser Forum nehm ich im Handy natürlich mit und schreibe weiter !! :24:

  • Liebe Freunde,


    am heutigen vor neun Monaten ist eine ganze Welt fuer mich zusammengebrochen...
    immer noch verfolgen mich die in mein Gedächtnis eingebrannten Eindrücke der letzten beidenTage im Spital...
    gestern Nachmittag war ich von Angst und Weinkraempfen bedrückt..
    hab's vor meinem Freund verborgen und mich ins GästeZimmer zurückziehen koennen.
    Seine Frau ist ja im Moment mit den Kindern verreist, ansonsten lenken mich unsere Gespräche schon
    ab, auch wenn ich mit ihm ueber meine Mutter nicht sprechen kann, er hat fuer sich das Thema Sterben
    verdrängt, so wie ich frueher.


    alles Liebe fuer Euch !!! :24:
    Reinhold

  • Lieber Reinhold!
    Du schreibst ganz richtig: neun KURZE Monate. Es ist wirklich ERST so wenig Zeit vergangen, in der Deine liebe Mutti nicht mehr da ist.
    An solchen Tagen vermissen wir unsere Lieben besonders, wenn das Datum sich wiederholt u.ä.
    Gut, das Du bei Deinem Freund sein kannst. Wenn er auch nicht vom Sterben reden mag, das tun die Wenigsten, die solch eine "Erfahrung" noch nicht machen mussten.
    So bist Du jetzt wenigstens nicht allein, und kannst reden, wenn Du möchtest.
    Eine vorsichtige :24: :24:
    Ich hab gelesen, Du schläfst so schlecht. Geht es denn mittlerweile besser?
    Liebe Grüße
    Karla :30:

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Liebe Karla,
    Schlafprobleme hab ich mehr denn je...meist wird es so halb zwei früh...
    ja, Trauer lässt sich nicht mit irgendeinem Standard messen, wir alle durchlebten und durchleben im Trauermeer viele schwere Stuerme.
    DER KAMPF KOSTET OFT VIEL ENERGIE.


    Freunde sind natürlich gut gegen meine Einsamkeit !! Aber ich brauche dann auch qwieder dringend
    meine vetraute Umgebung in unserer Wohnung.


    Alles Liebe fuer Dich und eine :24:.


    Reinhold

  • Liebe Sandra,


    auch das Zitat vom Fernseher :sleeping: als Einschlafhilfe ]möchte ich erwähnen, seit dem 21. Oktober :33: :33: :33: (jener Tag...) gehts bei mir auch nur mehr auf diese Art, sonst fressen mich die Gedanken auf---mit der Schlafosigkeit werde ich wohl noch sehr lange Zeit zu kämpfen haben.


    Diese Woche habe ich auch wieder so einen "Tag", meine Mama heißt ja Anny bzw. "Anna", Ihren Namenstag haben wir auch immer ein bisschen festlicher begangen....
    Nun geh`ich an diesem Tag in die Kapelle beten... :005:


    Alles Liebe für Dich :2:


    Reinhold