Ich vermisse meine Tochter so sehr

  • Liebe Christine. Du bist mir schon irgendwie vertraut. Es ist erstaunlich, wie geteiltes Leid zusammenschweißt. Es tut mir so leid, dass es dir nicht gut geht. Ich bewundere dich, wie du doch das Leben meisterst. Wie du dich nicht hängen lässt, dich aufraffst, wie du zurück ins Leben finden möchtest.

    Es tut gut, hier schreiben zu können, was in uns vorgeht. Oft gibt es niemanden, dem man sich anvertrauen kann.

    Danke dir, dass du dich hier so sehr kümmerst und Mut machst.

  • Liebe Sabine. Eben war mein Enkel da.Er war in der Wohnung meines Sohnes und hat Sachen geholt: Kleidung, Bilder ,Nippes,etwas Möbel. Dafür ist er 600km mit einem Transporter von Sixt gefahren und wieder zurück..Er ist ein ganz liebes Kerlchen. Groß und sehr hübsch .Er wohnt nicht weit von mir. Er ist mir eine große Hilfe. Meinen Sohn kann er nicht ersetzen, aber er füllt die große Lücke in meinem Herzen etwas aus.Ich bin dankbar , daß ich ihn habe. Ich bin erschöpft. Ich esse jetzt etwas Obst. Er kauft immer so schöne Sachen ein zum Beispiel Pflaumen. Die sind sehr gesund. Ich wünsche dir einen geruhsamen Abend. Christine

  • Mein Enkel liebt mich sehr und ich ihn. Er ist ein Scheidungskind und ich weiß, daß es diese Kinder manchmal nicht leicht haben, sind doch meine 3 Kinder auch Scheidungskinder.

    Ich habe ihn von Geburt an behütet, da ich zu diesem Zeitpunkt gerade in Rente ging.Er war ein sehr lebhaftes Kind und mir tat so manches mal der Rücken weh. Heute ist er das genaue Gegenteil.Ich bin dankbar dem Schicksal, dass ich ihn habe. Mein Sohn und er haben sich auch sehr gut verstanden.

  • Liebe Sabine. Ich möchte dir noch sagen dass du mir auch schon vertraut bist.Das Forum ist eine gute Sache. Am Anfang war ich skeptisch. Jetzt aber erschließt sich mir der Sinn. Man kann sein Herz mal ausschütten ohne das man Angst haben muss, was Falsches zu sagen. Im Bekanntenkreis sind die Leute ja auch befangen und in der Familie gibt es auch oft ungelöste Probleme. Und gerade ,weil wir so sehr traurig sind und echtes Leid erfahren ,ist es heilsam ,wenn wir uns austauschen. Ich suche mir dabei immer das heraus,was mir helfen könnte. Ich denke ,dafür ist so ein Forum da.

  • Liebe Sabine. Ich wollte mich mal wieder bei dir melden. Am Donnerstag ist die Beerdigung meines Sohnes. Es wird ein stille Beerdigung. Wir sind alle ziemlich erschöpft. Ich musste heute zum Arzt wegen eines Rezeptes.Ich bin nur geschlichen und mir war total schwindlig. Corona hat mir sehr geschadet.Ich war doch durch den plötzlichen Tod meines Sohnes erschüttert. Da haben die Abwehrkräfte versagt.Ich werde nach der Beerdigung meine Gesundheit in Angriff nehmen. Ich stehe das sonst nicht durch. Es ist alles gesagt worden, was in mir vorgeht.Nun muss ich aktiv werden. Mein Sohn kommt nicht wieder. Das habe ich jetzt angenommen. Mein Leben wird in vieler Hinsicht ein anderes sein.Aber es gibt für mich noch einiges im Leben, wofür es sich lohnt ,morgens aufzustehen. Viel Zeit bleibt mir nicht mehr. Ich würde mich freuen, wenn du mir schreibst, wie es dir geht. Liebe Grüße von Christine .Es tut jschon gut, wenn ich daran denke ,daß ich irgendwann ganz friedlich an seinem Grab verweilen werde. Vielleicht ist auch eine kleine Bank in der Nähe.

  • Ich möchte mal etwas ganz anderes erwähnen. Man macht sich ja so ein Bild,wenn man sich hier im Forum schreibt. Ein Foto muss nicht sein. Ich beschreibe mal kurz meinen Typ. Ich bin 80 Jahre oder zweimal 40.,groß und schlank. Ich trage noch einen Pferdeschwanz, die grauen Haare sind gefärbt. Ich bin nicht damenhaft ,auch nicht die typische deutsche Oma.Ich bin immer vom Typ her mir treu geblieben. Ich schminke mich nicht, vielleicht manchmal etwas rot die Lippen, wenn es mir nicht gutgeht.Meine Falten im Gesicht finde ich nicht so schön,aber die muss ich akzeptieren. Hoffentlich verstehst du mich , ich musste mal auf andere Gedanken kommen.

  • Liebe Christine. Die Beerdigung wird schlimm und doch ist es wichtig, Abschied zu nehmen. Zu wissen, jetzt ist auch dies überstanden. Ich werde in Gedanken bei dir sein. Du schaffst das! Du bist so tapfer und so ein positiver lieber Mensch. Dein Enkel wird sicher an deiner Seite sein.

    Mir geht's nicht gut. Ich funktioniere, mache alles im Alltag, was notwendig ist, gehe arbeiten, versorge die Enkelkinder. Ich lache mit den Kindern, bastle mit ihnen Herbstdeko, geh mit ihnen zum Spielplatz, aber innerlich weine ich und sehne mich nach meiner Tochter. Und doch merke ich, dass die Zeit vergeht, dass das Leben weiter geht, ohne sie.


    Schön, dass du von dir erzählst. Dann möchte ich mich auch kurz beschreiben. Ich bin 63 Jahre alt, mittelgroß und schlank, normalerweise ein sehr kontaktfreudiger Mensch und bin gerne für andere da. Aber in letzter Zeit ziehe ich mich zurück, mag nicht gerne unter Menschen gehen und treffe mich wenig mit Freunden. Ich bin seit 44 Jahren mit einem lieben Mann verheiratet und habe noch einen Sohn, der auch Familie hat. Das wars mal von mir, danke dir, dass du mir geschrieben hast.

  • Liebe Sabine. Ich bin eben aufgewacht, habe

    Kopfschmerzen. Da habe ich mal schnell ins Forum geschaut und deinen Beitrag gesehen. Als hätte ich es geahnt ,dass ich wieder ein paar schöne Worte finde. Ich hätte jetzt auch gerne einen lieben Mann.Aber so geht das nicht im Leben,auf Knopfdruck gibt es nichts.Schön,daß du dich auch beschrieben hast.Ich melde mich ,wenn die Beerdigung vorbei ist. Liebe Grüße von Christine.

  • Liebe Sabine. Heute möchte ich dich mal wieder in deinem Wohnzimmer besuchen. Die Zeit vergeht so schnell. Mein Sohn lebt nun seit 7Wochen nicht mehr. Diese Zeit war die schwerste in meinem bisherigen Leben. Nicht im entferntesten habe ich gedacht , dass ich einmal eins meiner Kinder beerdigen muss. Nun ist es doch passiert. Ich habe noch 2 Kinder und 3 Enkelkinder. Das ist mein Glück. Den Schmerz konnten sie mir nicht nehmen, aber die Aussicht auf Heilung. Ich habe in der letzten Zeit viel nachgedacht über das Leben und auch über den Tod. Ich habe mir vorgenommen, bewußter zu leben, den ganzen hausgemachten Müll wegzuwerfen. Denn auch in unserer Familie gibt es Probleme. Es ist sehr schade, dass man manchmal erst durch einen so schweren Schicksalsschlag zum Nachdenken kommt. Auch mein Sohn hat es versäumt, mehr auf sich zu achten. Herzprobleme haben ihre Ursachen. Es gibt aber auch Unglücke, die man nicht vermeiden kann.Das ist dann sehr tragisch.Ich bin zuversichtlich, daß die Zukunft für mich wieder besser wird. Am Wochenende kommt meine Tochter und dann gehen wir zusammen an seinen Platz auf den Friedhof und machen es etwas schön.Meine Tochter hat einen Stein vom Warnemünde Strand bemalt. Wir haben 25.Jahre zusammen dort gewohnt. Vielleicht schreibst du mir mal,wie es dir geht. Liebe Grüße von Christine.

  • Liebe Sabine. Ich wollte dir noch schreiben, wie die Beerdigung war.Es war ganz schlimm. Obwohl wir wenige waren und alles schön vorbereitet war,ging es mir ganz schlecht. Ich wollte wieder nicht glauben, daß es um meinen Sohn ging.Ich bin in der darauf- folgenden Nacht noch in die Rettungsstelle gekommen. Schwindel und Erbrechen.Dann wieder nach Hause und nun hat sich mein Ischiasnerv entzündet. Ich habe in der Kapelle so gefroren. Aber es geht jetzt aufwärts. Das habe mir geschworen .So kann und will ich nicht leben. Es ergibt keinen Sinn. Mein Sohn kommt nicht wieder. Ich habe auch eine Verantwortung für mein Leben .Ich habe nicht mehr viel Zeit. Deshalb möchte ich diese nutzen.Es gibt für mich noch einiges, wofür es sich lohnt, morgens aufzustehen. Die Erinnerungen an meinen Sohn werden mich dabei begleiten.

  • Jetzt war ich mal seit langem etwas einkaufen. Da merke ich,wie kaputt ich bin.Das ist ja auch kein Wunder. Etwas Gutes kann ich berichten. Das Essen schmeckt mir wieder.Essen ist auch ganz wichtig. Mein Sohn war doch Koch. Er hat immer so schön gekocht ,wenn er hier war.Ich habe das dann immer eingefroren. Er wäre sehr traurig, wenn ich nicht ordentlich essen würde. Ich wünsche dir einen besinnlichen Abend. Liebe Grüße von Christine.

  • Liebe Sabine. Du gehörst zu denen, mit denen ich hier im Forum einen engen Kontakt habe.Eben habe ich mir alles mal von Anfang an durchgelesen. Die Zeit vergeht dermaßen schnell. Jetzt ist schon November. Silvio ist Anfang September gestorben. Es ist viel passiert und doch habe ich das Gefühl, daß alles nicht wirklich passiert ist.,als hätte ich das nur geträumt und der Alltag wieder eingezogen ist. Vielleicht liegt es auch daran ,daß der ganze organisatorische Kram jetzt erledigt ist.Silvios Wohnung ein Freund übernommenen hat und auch viele Dinge. Die sind jetzt in guten Händen. Silvio hat ein kleines Grab. Ich hatte ja ein Foto geschickt. Und am Wochenende waren meine Tochter und ich auf dem Friedhof. Ich war ganz ruhig. Wir haben zu ihm gesprochen. Die Sonne schien. Es war ein friedliches Bild, wie wir beide an seinem kleinen, aber schönen Grab standen. Ich komme allmählich zur Ruhe. Nur körperlich geht es mir nicht so gut. Alles hat seine Spuren hinterlassen. Es wird noch lange dauern, bis die Wunden an Leib und Seele heilen. Ich habe aber jetzt Geduld. Ich bin mir sicher ,dass die Zeit kommen wird, wo es nicht mehr so weh tut. Ich vertraue der Zeit. Alles im Leben braucht ja immer seine Zeit. Wie geht es dir?Ich würde mich freuen, etwas von dir zu hören. Liebe Grüße von Christine.

  • Liebe Christine. Danke für deine lieben Nachrichten. Es geht mir nicht gut, ich vermisse meine Tochter so sehr. Ich habe oft vor Augen wie sie in den letzten Wochen hat leiden müssen. Dann weiß mein Verstand, dass sie erlöst ist. Aber mein Herz schreit nach ihr. Ich schaue Fotos von ihr an und denke, gleich kommt sie und lacht mich an und redet mit mir. Oft frage ich mich, wann und ob der Schmerz jemals leichter wird.

    Du machst mir Mut, dafür danke ich dir von Herzen.

    Wie geht's dir denn körperlich? Hat sich dein Ischiasnerv erholt? Kannst du jeden Tag ein wenig rausgehen? Kannst du essen?

    Du schreibst, dass du ein Foto geschickt hast. Ich weiß aber nicht wo ich das sehen kann. Ich kenn mich hier noch nicht so richtig aus.

    Früher hätte ich versucht, alles so schnell wie möglich zu verstehen und anwenden zu können. Jetzt stelle ich fest, dass ich keine Kraft dazu habe. Ich bin immer müde und erschöpft. Ich gehe arbeiten und reiße mich zusammen. Ich versorge die Enkelkinder und meinen Mann und funktioniere. Aber innerlich oder wenn ich alleine bin muss ich sehr oft weinen. Wie geht es dir mit dem Schmerz?

    Danke, dass du mir zuhörst und schreibst. Liebe Grüße Sabine

  • Liebe Sabine. Ich finde es richtig schön, daß wir uns schreiben. Ich finde, wir haben irgendwie eine gemeinsame Sprache. Erst einmal habe ich Hochachtung davor ,dass du deinen Alltag meisterst

    Dann ist nicht selbstverständlich. Das erfordert Überwindung und Kraft. Der Verlust unserer Kinder ist mit das Schlimmste, was ein Mensch ertragen muß. Mein Sohn war zwar schon älter ,er ist trotzdem mein Kind. Ich habe jetzt ein paar mal von ihm geträumt , daß er klein ist.Das ist ein schöner Traum. Ich denke, das Unterbewusstsein möchte daß er klein ist, weil ich dann so viele Jahre noch vor mir hätte mit ihm. Körperlich komme ich langsam wieder auf die Beine. Ich war eben einkaufen, ein paar Kleinigkeiten. Mein Enkel kauft ja die schweren Sachen ein.Ich war zu Hause angekommen ganz schön aus der Puste.Aber ich kann mich jetzt wieder ausruhen. Ich lebe ja alleine .Ich habe eine Frage. Leben dein Enkelkinder bei euch?Liebe Sabine. Der Schmerz und das Traurigsein müssen wir aushalten, das nimmt uns keiner ab.Und trotzdem sagt mir mein Verstand, dass irgendwann wir damit leben lernen. Auch werden wir noch lange weinen.Weinen ist von der Natur deshalb eingerichtet ,damit die Trauer und der Schmerz rauskönnen.Sonst wird man krank. Ich habe mir ein Buch gekauft, was mir sehr hilft. Wenn du möchtest, schreibe ich dir mal den Titel. Es ist keine Geschichte von einem Verlust, sondern Wege aus Schmerz und Verlust von einem sehr berühmten Therapeuten. Daß du kraftlos bist, kann ich gut nachvollziehen. Körper, Geist und Seele bilden eine Einheit und bedingen sich gegenseitig. Wie lange es noch dauert, bis das neue ,andere Leben ohne unser Kind nicht mehr so weh tut, liegt meiner Meinung nach an der Zeit. Die Zeit heilt die Wunden. Eine Narbe wird immer bleiben. Das Foto ist vom kleinen Grab meines Sohnes. Wenn ich dir das schicken soll, sag mir Bescheid. Das macht mein Enkel. Ich kann das nämlich auch nicht. Sei ganz lieb gegrüßt von Christine

  • Das Foto ist bei Christine in "Mein Sohn ist plötzlich verstorben" am vergangenen Samstag zu finden. Bei mir ist das Seite 16 .


    Unsere Toten sind nicht abwesend nur unsichtbar,

    sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer.

    Es gibt ein Wiedersehen auf einer anderen Ebene.

    Und die Seelen unserer Vorausgegangenen begleiten uns

    Aurelius Augustinus