Hallo Zusammen,
Es fühlt sich etwas komisch an erst nach Monaten in einem Forum über meinen Verlust zu schreiben aber vielleicht tut es ganz gut, also probiere ich es. (Achtung halber Roman! 😅🙈)
Ich versuche von ganz vorne alles zu schildern, um meine Situation so verständlich wie möglich darzustellen. Mein Vater hatte einen Angel-Trip im November 2024 mit einem sehr guten Kollegen. Schon da ging es ihm sehr bescheiden. Während unseren Telefonaten erzählte er mir schon immer wieder, dass er nicht im Liegen schlafen kann und total aus der Puste ist (Er hatte schon seit Jahren Schlafapnoe und eine Maske zum Schlafen aber auch mit dieser ging es nicht). Er zog allerdings durch und fuhr sogar noch die Strecke vom Ort bis nach Hause (4 Stunden) bevor er zur Hausärztin ging. An seinem Ankunftstag kam ich von der Arbeit und sah ihn kurz bevor er los ist. Die Hausärztin hat seinen Zustand gesehen und direkt den Krankenwagen gerufen. Sie meinte später sie musste sich fast vor die Tür setzen, dass mein Vater mitging und nicht noch den Termin beim Steuerberater wahrnimmt 😅🙈. Er kam in die Klinik und es stellte sich heraus, dass seine Herzklappe (Aortenklappe) nicht mehr richtig funktioniert und auch der Durchgang der Aorta nur noch so groß wie eine Bleistiftspitze war. Also war sein Zustand ENORM KRITISCH. Er hatte schon seeehr viele vorige Operationen und er musste schon seit Jahren Medikamente wegen Bluthochdruck nehmen.
Er wurde erfolgreich operiert und kam danach in die Reha. Soweit verlief alles nach Plan. Danach kam er wieder nach Hause. Meine Mutter war noch immer auf den Philippinen (der Traum meiner beiden Eltern war/ist dort ein Haus zu bauen. Meine Mutter ist Filipina). Somit waren wir nur zu zweit zu Hause. Nach einigen Wochen verschlechterte sich sein Zustand dann immer mehr und auch deutlicher. Er musste nochmal ins Krankenhause. Es stellte sich heraus, dass er eine Lungenentzündung hatte. Allerdings nicht nur das. Es war noch schlimmer, denn er hatte eine schwere Endokartitis entwickelt und es hat bereits eine Sepsis eingesetzt. Deshalb war ihm seit Wochen auch übel. Am Anfang nicht so stark aber vor allem in den letzten 2 Wochen vor seinem ableben aß er kaum noch. Das besorgte mich schon sehr, da er normalerweise immer recht üppig isst. Er meinte schon nach der Reha er hat nicht wirklich Geschmack beim schlucken. Somit auch nicht wirklich Appetit sondern nur Lust etwas zu essen.
Die Ärzte versuchten es erst mit Antibiotika aber es war schon zu weit fortgeschritten. Er brauchte eine 2te OP. Ich hatte ihn zusammen mit seinem besten Freund vorher nochmal auf der Intensivstation besucht. Ich musste mich echt zusammenreißen meine Tränen zu unterdrücken. Vor allem da auch er einen kurzen Zusammenbruch hatte. Es war schon echt schwer für mich ihn so zu sehen. Eigentlich ist er die humorvollste, positivste, lebensbejahendste und resilienteste Person die ich kenne. Ich hatte ihn nur ein mal in einem ähnlichen Zustand gesehen (eine Beerdigung eines nahestenden Bekannten). Später erfuhr ich durch die Arztberichte, dass er kurz vor der OP sehr ängstlich und besorgt war. Es wurde notiert das er "Angst hat gleich los zu heulen" und am Tag vor der OP noch allen schrieb um sich "zu verabschieden". Zu diesem Zeitpunkt versuchte ich mich einfach weiter auf meinen Job und alles drum herum zu konzentrieren. Ich glaube ich war schon sehr überfordert. Er schrieb mir als Abschied "Ich liebe dich". Da war mir schon unterbewusst klar, dass etwas nicht stimmt. Das schreibt er nämlich sonst nie. Aber trotzdem versuchte ich hoffnungsvoll zu bleiben. Ich wollte ihn nicht noch mehr Sorgen bereiten oder ihn runterziehen. Er sollte wissen, dass es mir gut geht (auch wenn es eigentlich nicht so war) und er sich voll auf die OP konzentrieren kann. Gleichzeitig hatte ich allerdings auch mit meiner Mutter besprochen, dass sie lieber wieder zurückkommen soll (auch wenn mein Vater das überhaupt nicht wollte. Er wollte unbedingt, dass sie sich auf den Hausbau konzentriert). Aber nochmal hätte ich das nicht ausgehalten.
Am Tag seines Todes rief ich die Ärzte bereits an, bevor sie mich anrufen konnten. Ich wollte wissen wie der aktuelle Stand ist. Davor hatte ich auch schon jeden Tag mind. 1x angerufen. Ich hatte auch überlegt ihn zu besuchen aber irgendwie konnte ich das in diesem Moment nicht. Ich rief jedenfalls an und dann traf mich der Schlag. Der Arzt meinte er sei vor ein paar Minuten verstorben. Ich wusste erst mal gar nicht wie ich reagieren soll. Ich sagte ich komme vorbei. Zuerst musste ich aber kurz dann auch innehalten. Ich rief meine beste Freundin an und sie versuchte mich erst mal zu beruhigen. Danach rief ich meine Mutter an. Das war echt hart, sie brach verständlicherweise nämlich auch in Tränen aus. Ein sehr guter Nachbar fuhr mich dann zur Klinik und ich sah ihn einfach gefühlt eine Ewigkeit erst mal nur an. Einen Zusammenbruch meinerseits gab's dann auch nochmal.
Mit Mitte 20 habe ich also meinen Vater verloren. Er wurde 63 Jahre alt. Die Person, wo mir am meisten halt gab war nun einfach.. weg. Und das in einer Zeit, wo ohnehin viele Umbrüche stattfinden sollten und noch immer werden.
Irgendwie schaffte ich es fast alle Formalitäten bezüglich der Versicherungen und Abänderungen alleine zu regeln. Wir (meine Mutter und ich) haben es auch geschafft seinen letzten Wunsch, auf den Philippinen beerdigt zu werden, mithilfe einer Überführung umzusetzen. Vieles vom organisatorischen musste einfach ich übernehmen, obwohl ich selbst im diesem Bereich noch viel zu lernen habe und es echt ungerne mache. Diese Unsicherheit kam als weitere Belastung einfach nochmal hinzu.
Die Trauer hatte einfach nie so wirklich Platz gefunden. Dennoch spüre ich sie immer wieder hochkommen. Nur kann ich sie einfach auch nicht immer zulassen, wenn sie kommt (vor allem auf der Arbeit). Ich kann aber auch nicht 100% geben. Das zerreißt mich innerlich.
Es gibt immer wieder Momente da fühle ich mich so leer. Alle meine Träume und Ziele wirken dann Hoffnungs- und Sinnlos. Vor allem, weil er seine nicht geschafft hat. Wer dann? Ich habe Angst die Trauer zu verschleppen und nie mehr nach vorne blicken zu können. Manchmal geht es mir eigentlich ganz gut und ich fühle mich entschlossen und Selbstbewusst. Am nächsten Tag bin ich wieder super Traurig und deprimiert. Ich war schon immer recht unsicher und ging lieber mehr den sicheren Weg (auch berufsmäßig). Allerdings sehnte ich mich eine andere Richtung einzuschlagen. Nun versuche ich es mit mehr Risiko aber einem Plan B. Allerdings gibt es noch immer viel zu regeln und zu tun. Es erdrückt mich manchmal so sehr, dass alles zum stoppen kommt. Dann prokrastiniere ich und es wird immer schlimmer.
Manchmal vergesse ich auch, dass es noch andere Menschen gibt, die mich brauchen (sogar mehr als ich whrs denke). Ich spüre, dass ich gerade irgendwie noch funktioniere aber ich eigentlich auch etwas Pause brauche. Nach Ende meines Vetrags mache ich eine Auszeit von der Arbeit mit Kindern und arbeite mehr an meinem kreativen Hobby. Dennoch habe ich Angst und Sorgen. Ich habe nur teilweise Vertrauen in mich selbst und meine Fähigkeiten. Der Verlust warf mich wieder zurück. Dennoch dreht sich die Welt weiter. Allerdings für mich noch zu schnell. Das spüre ich vor allem auf der Arbeit. Ich habe nicht die Kraft und Kapazität für so viel Verantwortung. Auch davor wollte ich etwas verändern, wollte aber bis zum Ende meines Vertrags durchziehen. Ich ziehe auch durch aber ich merke immer mehr, wie es mir die Kraft entzieht (als sehr introvertierte Person zieht ein sozialer Beruf ohnehin schon viel Kraft).
Auch kommen in mir immer mal wieder Schuldfgefühle auf. Neben dem Job in Teilzeit arbeitete ich bereits daran mir mit meinem Hobby etwas aufzubauen. Ich fokussierte mich so sehr darauf, dass die Situation mit meinem Vater einfach zu viel war. Er wollte nie eine Last sein und redete eher runter, wie schlecht es ihm wirklich ging. Er zeigte es nie wirklich. Aber hätte es mir nicht früher auffallen sollen? Hätte ich nicht schon vorher Hilfe suchen sollen? Auch dieses "was wäre wenn" ist echt so toxisch und ich overthinke sehr schnell. Es kommt immer mal wieder hoch. Ich weiß auch, dass ich es nicht mehr ändern kann und nun bis zum Schluss mit meinen Entscheidungen in dieser Zeit leben muss. Es fällt mir schwer nicht so hart zu mir selbst zu sein. Manchmal denke ich mir auch lieber hätte er noch so 20 Jahre gelebt (dann auch seinen Traum auf den Philippinen zu leben erfüllt) und ich wäre schon früher gegangen. Ich hätte es ihm mehr gegönnt als mir. Aber ich weiß es geht nicht. Nur.. Ich vermisse ihn einfach so sehr.
Es tut mir leid, dass alles hier nun ein halber Roman wurde. Teilweise sind auch Themen mit drin die schon davor mich belastet haben aber durch den Verlust nochmal verstärkt wurden. Ich hoffe das ist in Ordnung. Alles ist etwas durcheinander, genau wie in meinem Kopf..
Vielleicht liest es sich ja trotzdem jemand durch und kommentiert sogar. Vielen Dank an alle die das tun!