ein trauender neuling ...

  • eine frage an euch ... was ist trauer? o.k. schmerz den wir körperlich spüren, aber wieso trauern wir solange um bestimmte menschen, sicher weil wir nicht loslassen "wollen"
    von vertrautem, der liebe, der erinnerung - die ja bleibt und weil es ein "nie wieder" gibt - das tut weh und ist unbegreiflich ... ist das eigentlich nicht alles unser eigener egoismus?
    ihr werdet jetzt aufschreien, aber denkt mal darüber nach ... denn angeblich soll es unseren lieben ja in der anderen welt "wohl ergehen"


    eva

  • Ja du hast sicher recht dass viel von unserer Trauer auf unseren eigenen Egoismus zurückzuführen ist. Nur bei mir ist es so, dass ich zB auch trauere weil mein Mann unseren Sohn nicht mehr durchs Leben begleiten kann, er mit ihm nicht mehr spielen kann und die typischen Vater-Sohn-Erlebnisse nicht haben wird. Er hat sich so über unseren Sohnemann gefreut und ihm sind nur knapp sechs Monate mit ihm geblieben. Oder auch dass er nie seine Enkelkinder kennenlernen wird. Und genauso trauere ich auch darum, dass mein Sohn nie seinen Vater kennenlernen wird und er ohne ihn aufwachsen muss. Oder auch dass er unser gemeinsames Glück, dass er endlich nach vielen Jahren in einer unglücklichen Ehe gefunden hat, nur so kurz erleben durfte...
    Also ich denke, dass es in der Trauer viele Facetten gibt, manche auf uns bezogen, manche auch auf den Verstorbenen der vieles nicht mehr erleben darf auf das er sich schon gefreut hat!

    Immer, wenn wir von dir erzählen,
    fallen Sonnenstrahlen in unsere Seelen.
    Unsere Herzen halten dich gefangen,
    so, als wärst du nie gegangen.
    Was bleibt, sind Liebe und Erinnerung.


    Es ist schwer, dass Du gegangen bist,
    aber es ist schön, dass es Dich gegeben hat.

  • Goldelse muss mich erstmals für deine antwort bedanken *smile*


    ich habe absichtlich leicht provoziert *zwinker* um zum nachdenken zu bewegen ... und du hast es richtig erkannt - trauer hat viele facetten ... nicht nur unverständnis / verzweiflung / sehnsucht / verherrlichung / zorn / egoismus / und, und, und ...


    meine derzeitige situation ist auch davon gezeichnet ...
    ich habe zwei menschen die in meinem leben eine grosse rolle spielen und auf deren meinung ich persönlich grossen wert lege, habe mein leben in den letzten ca. 2 jahren darauf ausgelegt, wenn ich in pension gehe, dann ........ werde ich, was ich mir nicht alles vorgenommen habe *schluck* mein berufsleben war nicht ganz so leicht - meine chefin und ich hatten konträre arbeitsauffassungen, daher hatte ich auch mal eine kündigung am tisch liegen - wobei ich mit gerichtlichen schritten zwecks wiedereinstellung gedroht habe - genutzt hat's was- denn zu dem zeitpunkt war ich schon 50+ und meine ganze existenz stand am spiel, aber ich habe es geschafft und bin ab 1.1.2013 in pension (meine freude darüber ist sehr getrübt) und meine schwester hatte im august 2012 einen schweren schlaganfall von dem sie sich nicht mehr erholen konnte und starb am 31.1.2013 und meine tochter die bis dato hausfrau wegen der beiden kinder war - hat seit späten herbst letzten jahres einen fulltimejob (freue mich sehr für sie) nur ich stehe jetzt alleine da (habe keinen lebenspartner an meiner seite - meine grosse liebe ist auch schon verstorben) ich versuche jetzt alleine die wohnung zu renovieren, aber es ist ......... nicht dasselbe ... was mir am meisten weh tut, daß meiner schwester und mir keine gemeinsame zeit vergönnt war *wein*


    eva

  • Liebe Eva,


    ich war jetzt so frei, und hab diese beiden Threads zusammengeführt.
    Ich finde, daß diese Gedanken über die Trauer einfach "zu deiner Geschichte" gehören, man kann sie im Zusammenhang besser verstehen. Hoffe, du bist nicht böse darüber ;)


    Zum Thema -
    ich sage selbst immer (genauso provozierend ;) ) - ich weine sehr viel um das, was ich nicht mehr habe(n kann), denn ich bin mir ganz sicher, daß es unseren Lieben viel, viel besser geht als uns hier auf Erden "zurückgebliebenen".
    Was aber nicht heißen soll, daß unser Schmerz nicht "zu Recht besteht". Es tut nun mal weh, einen geliebten Menschen nicht mehr im Leben an der Seite zu haben, "Freud und Leid" nicht mehr teilen zu können. Und ich finde wir sollen und dürfen auch dazu stehen.


    Die zweite Seite ist aber schon auch, wie Goldelse meinte, die Trauer darüber, daß so vieles von diesem Menschen nicht mehr erlebt werden kann. Egal ob das Kind aufwachsen zu sehen, ins Leben begleiten zu können, überhaupt das Glück zu haben, ein eigenes Kind in den Armen zu halten. Die Tochter bei ihrer Hochzeit zum Altar zu führen, die "ruhige" Zeit in der Pension mit dem/der geliebten PartnerIn zu genießen,....
    ich könnte sicher Seiten füllen mit "Beispielen".
    Ich selbst versuch mir dann halt immer zu sagen:
    Ja, es tut weh - aber es tut mir weh. Und alle, die "irgendwo da oben sitzen" - sie sehen voller Mitgefühl auf uns und versuchen uns mit vielerlei "Zeichen" (die wir so oft nicht wahrnehmen) zu vermitteln, daß es ihnen gut geht und daß wir das alles auch verstehen werden. Nämlich dann, wenn wir uns dereinst wiedersehen.


    Euch allen alles Liebe, :24:
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Hallo zusammen,
    ich sehe Trauer nicht als Egoismus und es geht auch nicht ums Loslassen. Das ist ein alter Irrglaube.
    Trauer ist einmal Ausdruck von Liebe und Verbundenheit, nach einem Verlust. Ich kann nur Trauer empfinden, wenn ich vorher Liebe empfunden habe oder es eine Beziehung zu einem Menschen gegeben hat. Durch die Trauer bleibt das Band zu dem Menschen erhalten. Es geht darum, dass uns jemand genommen wird und wir diese Beziehung in eine Erinnerungsbeziehung umwandeln müssen. Über die Erinnerung bleiben wir verbunden. Der Mensch bleibt Teil unseres Lebens. Ich kann und soll ihn nicht vergessen, aber er muss einen neuen Platz bekommen.
    Auf der Suche nach dem neuen Platz für den Verstorbenen ist Trauer ein Prozess der Verwandlung: Ich muss mich neu orientieren, weil sich etwas in meinem Leben gravierend verändert hat. Das ist eine Krisensituation. Krisen sind Phasen der Veränderung , in denen wir uns hilflos vorkommen - weder wirklungsvolles Handeln noch Nichtstun hilft. Wir haben keine Bewältigungsstrategien parat, wir müssen sie erst finden. Wir müssen uns eben neu orientieren. Das alles ist mit einem Wirrwarr von Gefühlen verbunden. Trauer ist ein Gefühl neben vielen anderen. Oder anders betrachtet: Hat Trauer viele Gefühlsfacetten.
    Alles Liebe
    Christine