Liebste Amitola,
kein Wunder das Du vom Schock fest getackert da sitzt. Kein Wunder das es Erik so geht wie es ihm geht. Wie Du ja weißt habe ich selber für längere Zeit für eine indische Fluggesellschaft als Flugbegleiterin gearbeitet und Das war absolut nicht zu vergleichen mit all Dem was ich bis dahin aus meiner alten Berufserfahrung kannte.
Ich könnte ein Buch darüber schreiben wie extrem fremd mir die Berufswelt erschien auf die ich dort traf. Ehrlich gesagt ein völlig anderer Planet wo Sicherheit nur etwas war was auf dem Papier stand - aber die Meisten keine Ahnung davon hatten. Als ich anfing zu fliegen wurde es uns in der Ausbildung immer wieder eingetrichtert das Kommunikation zwischen Kabine und Cockpit das ganz große A und O war. In Indien konnte man für solche Kontakte gefeuert werden. Wir Europäerinnen riskierten stehts groß weil wir der Meinung waren das ein gut gefütterter und gut "be-
wässerter Pilot deutlich besser arbeitet als Einer der einen fast in sich zusammen gestürzten Mange und einen Mund wie Löschpapier hat. Als ich anfing zu fliegen arbeiteten beide "Teams" stehts eng zusammen da die Piloten ja nicht sehen konnten was in der Kabine abging, wärend in Indien die Cockpit Crew erwartete das wir sie wie wandelnde Götter behandelten. Ich verlohr einst beinahe meinen Job weil ich es gewagt hatte dem Käptain zu sagen das der rechte Reifen des Landegestelles so durch war das der gelbe Luftschlauch schon durchguckte. Nun ja, am nächsten Morgen flogen wir mit selbigem Defekt von Goa nach Mumbai da Mann sich ja nie etwas von einer blöden Kaffeeschubse sagen ließ. Nicht zu vergessen das wir nur 5 Schwimmwesten für max. 45 Passagiere an Bord hatten und der Erste Hilfe Kasten aus einer großen blechernen Keksdose bestand wo Keiner wußte was drin war.
Wir Europäerinnen wurde von ehemaligen Arbeitsgebern gut ausgebildet aber unsere indischen Kolleginnen wußten teilweise nicht einmal wie man die Tür für die Passagiere öffnete - geschweige denn im Notfall. Auch wir bekamen nie eine Ausbildung sondern nur ein Heftchen in die Hand ge-
drückt was eigendlich für die Techniker war, damit wir wenigstens etwas Ahnung hatten wo was war. Und der Grund warum wir allesamt am Ende unsere Jobs verlohren war das es aufgeflogen war das die Unterlagen des Flugzeuges gefälscht waren da es schon jahrelang nicht gewartet wurde.
Sorry, das ich so lange ausgeschweift habe aber ich wollte damit nur untermalen das in Indien wirklich Alles sehr sehr anders tickt und kaum etwas so läuft wie wir es kennen. Das dort aber leider Alltag ist und Erik diesen leider erleben mußte, da er nicht nur bei kleinen Fluggesell-
schaften so ist sondern auch bei den ganz großen. Werde nie den Tag vergessen wo einer unserer indischen Co-Piloten sich einfach nach Links setzte weil der Käptain keinen Bock hatte zur Arbeit zu kommen. Angeblich hatte er wieder einmal nicht seinen Lohn bekommen. Ihr werdet es nicht glauben, aber unser Anfang 20 jahre alter Co-Pilot flog uns alleinig von Goa nach Delhi ohne das jeh Einer damit ein großes Problem hatte.
Ach ja, und wenn ein Fluginstrument kaputt ging wurde es eben rausgerissen, das Loch mit Zeitungspapier gestopft und improvisiert!
Euch allen eine gute Nacht und alles Liebe dazu,
Hanna