Naja, liebe Lilo, zuerst kostet der Mut, authentisch und ehrlich zu sein, sehr viel Energie.
Erst mit der Zeit, wenn man erleben durfte, dass die Fassade aufrecht zu halten, mehr
Energie kostet, dann kann man entdecken, dass es schlussendlich weniger anstrengend ist.
Doch bis dahin ist es oft ein sehr weiter und mühsamer Weg.
Ich kenne das nur zu gut, lieber Mario und darum kann ich dich auch so gut verstehen.
Bei mir war es ewig lange eine Mauer, hinter die ich kaum jemanden blicken ließ. Ich fühlte mich
wie versteinert. Heute, wenn ich mit meinem ältesten Sohn spreche, kann er sagen:
"Ich dachte ich muss gut drauf sein, weil du manchmal so getan hast, als wäre es normal."
Und er kann heute auch sagen, dass ihn meine Tränen wahrscheinlich erleichtert hätten und seine
Gefühle hätte er dann auch besser zulassen können.
Damals, als sein Bruder Aaron starb, war unser Ältester 4. Heute ist er 19 1/2 und wir können noch
gar nicht so lange über seine Gefühle damals sprechen. Mittlerweile haben wir Wege gefunden.
Ich wollte ihn damals schützen. Als ich drauf kam, dass es kein Schutz ist, war es zu spät und heute
bin ich froh, dass wir Wege gefunden haben, miteinander darüber zu reden, ohne Schuldzuweisungen.
Ja, er ist schon ganz besonders unser Ältester.
Lieber Mario, ich wünsche dir, dass ihr schon viel früher diesen Weg findet. Pascal und du als Team, das
miteinander lachen und weinen darf. Das miteinander über die Traurigkeit und die Wut und die Leere und
die.... wegen der Mama reden darf und über die gemeinsamen Erinnerungen lachen und vor Sehnsucht, weil sie nie wieder kommen auch weinen dürft.
Ich wünsche euch, dass ihr viel früher diesen Weg zueinander findet, wie ich und mein Sohn es konnten.
Sei lieb gegrüßt
Astrid.