Habe meine Frau und Mutter meiner Baby Tochter verloren

  • Guten Abend allerseits ,


    ich möchte gerne meine Geschichte erzählen , ich bin noch recht jung (28) und habe vor 3 Jahren meine Frau verloren mit der ich eine gemeinsame Tochter habe (jetzt 3 Jahre alt ) . Kurz nach der Geburt wurde ein Tumor bei meiner Frau entdeckt , operativ entfernt und für gutartig befunden. Es schien alles in Ordnung zu sein bis nach einem halben Jahr Beschwerden mit Wasser im Bauch auftraten und plötzlich überall kleine metastasen waren und nach Biopsie der damalige Tumor doch für bösartig befunden wurde . Es war eine sehr seltene u besonders aggressive Tumor Art . Es folgten schwere Chemo Therapien und Sie baute immer mehr körperlich und geistig ab . Ich war ständig bei ihr in der Klinik und musste mich so gut wie alleine um das Baby kümmern u studieren mit Nebenjob . Als es gar nicht mehr ging hat meine Mutter die kleine zu sich geholt und ich war ständig bei meiner Frau da sie weit weg in eine spezial Klinik verlegt wurde . Alles in allem haben mir dann nach 8 Monaten die Ärzte gesagt dass es keinerlei Chance mehr gibt , man höchstens auf lebensverlängernde Effekte der Chemo hofft ( Ca 2-3 Jahre ) . Kurz darauf bekam sie eine portanlage / zentralen venen Katheder implantiert , weil ihre Arme schon fürchterlich zerstochen waren . Dann hat sich bei der nächsten Chemo plötzlich hohes Fieber gezeigt und die Ärzte sagten der Venen Katheder hätte sich mit Multi resistenten Keimen infiziert . Das Fieber stieg immer weiter und sie verlor das Bewusstsein , konnte nicht mehr sprechen , trinken , Essen . Sie bekam auch nichts mehr ausser dauerhaft Morphin über eine Pumpe . In dem Zustand musste ich 7 Tage mit ihr im Zimmer verbringen , habe neben ihr geschlafen und mitbekommen wie ihr Atem täglich schwächer wurde bis sie eines nachts ganz aufhörte plötzlich . Ich war wie gelähmt u f blieb noch bei ihr bis zum nächsten Tag . Dann fuhr ich Ca 5 Stunden nach Hause bzw meiner Mutter und Tochter zurück . Seitdem ist die Zeit für mich stehengeblieben . Jetzt nach drei Jahren habe ich eine neue Frau und wir haben ein Kind bekommen . Das Problem ist , dass ich mich irgendwie viel zu schnell auf was neues eingelassen habe und auch ihrem Kinderwunsch entsprochen habe. Die Beziehung ist allerdings sehr schwer da sie merkt , dass ich immer an meine verstorbene Frau denke . Sie fühlt sich nur als "Ersatz" und Lückenbüßer ... , das kann ich ihr nicht mal verübeln da es ja in gewisser weise so ist . Ich kann nie wieder eine Frau lieben wie ich meine Frau geliebt habe , alleine um mich vor dem Leid u Schmerz zu schützen . Meine neue Frau liebt mich sehr und kümmert sich rührend um meine Tochter als wäre es ihre eigene . Aber ich sehe auch , dass sie sehr unter mir leidet bzw sich als Ersatz fühlt . Es kommt öfter zu Streitigkeiten wo sie sagt " ich bin ich und nicht sie ". Ich verstehe es , es ist ja auch gewiss egoistisch von mir , ich stand neben mir und habe alles verdrängt und neues gesucht ... ohne Erfolg ... Nun aber Ich liebe meine beiden Kinder sehr und glaube sie sind der einzige Grund warum und wofür ich noch lebe. Nachdem meine Frau gestorben war stand ich kurz davor direkt aus dem Fenster der Klinik zu springen ... . Auch jetzt bin ich noch sehr depressiv . Meine Mutter drängt mich eine Therapie zu machen , aber ich halte nicht viel von dem " Geschwätz " eines Psychologen . Es ändert nichts , niemand wird sie mir zurück bringen und ich habe sie so sehr geliebt bzw immer noch und habe mir ein langes gemeinsames Leben gewünscht . Es ist so als würde ich nur noch meine restliche Lebenszeit "absitzen" lustlos u depressiv , fast jeglicher Lebensfreude beraubt .


    Ihr werdet mich bestimmt nicht verstehen und für mein Verhalten kritisieren. Ich fühle mich nutzlos und sehe alles als sinnlos an . Nur die kinder machen mir Freude noch ....


    Danke dass Ihr das alles gelesen habt .... ich freue mich über Antworten / Meinungen

  • Lieber Heavenly Peace!


    Es tut im Herzen weh, deine Geschichte zu hören. Wie muss es dir erst weh tun?
    Hier wird dich niemand kritisieren, ich glaube das bist du selbst, der sich zu streng beurteilt! Ich kann mir deine Situation gut vorstellen.


    Etwas Neues beginnen ist nicht die Heilung von dem was vorher war, das ist ganz einfach so. Du kannst nicht von dir verlangen, dass das "Alte" nicht mehr schmerzt.
    Ich denke aber du dürftest eine tolle neue Partnerin an deiner Seite haben, die sicher nur dein Glück will. Das Leben als "Zweitfrau" ist sicher nicht einfach für sie.
    Aber wie kommst du auf den Gedanken, dass Außenstehende über den Versuch eines neuen Lebens schlecht urteilen könnten? Jeder will doch in dieser Situation ein neues Leben angehen und neu gestalten. Dass es sich jetzt als so schwierig erweist, ist mehr als verständlich!


    Jetzt muss ich mich hinreißen lassen, dir auch einen Rat geben zu wollen. Ich denke da wie deine Mutter. Professionelle Hilfe könnte wahrscheinlich eine Erleichterung für dich bringen. Du könntest dir ja einen Therapeuten, Arzt,... wen auch immer du von den "Profis" an dich lassen magst, anschauen und dann entscheiden ob es für dich passt. Jeder Mensch steht einem ja nicht zu Gesicht, aber du hast ja die Wahlmöglichkeit.
    Das Problem ist immer, wenn man tief unten ist, hat man dann auch wenig Kraft sich die entsprechende Hilfe zu holen. Ich würde das aber an deiner Stelle echt noch einmal andenken. Der Berg vor dir ist so riesig, da könnte man echt Hilfe gebrauchen, damit er langsam etwas kleiner werden kann!


    Es ist schön, dass dir die Kinder Freude bereiten. Das ist gut.
    Ich wünsche dir alles Gute und dass du deinen Weg findest!
    Lg Hedi

  • lieber HeavenlyPeace <3


    da haben meine beiden "Vorgängerinnen" so wunderbar und treffend alles beschrieben....
    das ich dir "nur" noch sagen/schreiben möchte....
    fühle dich wohl in diesem Forum....ja WOHL....
    in all deiner Trauer aber auch in deinem NEUEN Leben...


    sehr mitfühlende Grüsse mit einem grossen "verständniss"
    deine Claudia Amitola


    schon öfter hier geschrieben...deine.... weil deine uns verbindet in unserer Trauer und unserem LEBEN

  • Lieber heavenly Peace,


    Ich habe mit großer Anteilnahme deine Geschichte gelesen und möchte Dir mein Mitgefühl ausdrücken . Ich persönlich halte nichts davon wenn du zu einem Therapeuten oder Arzt gehst wenn du für dich diese Einstellung hast , denn dann bringt es dir nichts , mache das was du für dich als gut und richtig empfindest , eine Therapie ist nicht für jedermanns geeignet , was ich allerdings nicht als Problem ansehe.
    Ich würde dir empfehlen deiner Lebensgefährtin das offen zu sagen das du für Sie eine andere liebe empfindest wie zu deiner Frau , denn auch eine Beziehung nach so einem Schicksalsschlag ist komplett anders und das ist auch gut so .
    Du musst keine schlechtes gewissen haben, dazu gibt es keinen Grund.
    Ich nehme an das deine Partnerin noch sehr jung ist und Schwierigkeiten haben wird es zu verstehen , aber wenn Sie dich von Herzen liebt und diesen Eindruck habe ich nach deiner Schilderung, wird sie es trotzdem verstehen .
    Mache weiter , erfreue dich an deinen Kindern denn deine Frau hätte es so gewollt auch das du wieder ein leben mit Inhalt lebst .
    LG Petra

  • Lieber HeavenlyPeace,


    auch ich habe deine Lebensgeschichte gelesen, die von dir, deiner verstorbenen Frau, deiner jetzigen Frau und deiner und eurer zwei Kinder...es hat mich sehr berührt und ich bewundere, was du ausgehalten hast, kann mir vorstellen wie unerträglich das war und wie viel an Gefühlen und Erinnerungen noch ganz unmittelbar an deinem Herzen sind.


    Ich möchte dich einfach auch nur hier willkommen heißen
    und einladen, ein wenig zu bleiben
    und schicke dir viel Kraft und Zuversicht


    mit lieben Grüßen,
    Malena

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Lieber HeavenlyPeace,

    spät aber doch - vielleicht liest du ja noch mit.


    Als ich das zum ersten Mal las, dachte ich, dass alles dazu geschrieben wurde, was wichtig ist.

    Heute, als ich es nochmal las, hatte ich plötzlich diesen Gedanken:


    Nein, eine Therapie bringt sie nicht zurück, vielleicht könnte sie dir helfen, es besser zu überleben und für deine Familie ein Partner und Papa zu sein, der nicht vergleicht oder Ersatz will, sondern der sagt: Ja, sie liebe ich über den Tod hinaus und ich lieb auch dich - du gehörst zu meinem Leben danach.


    Sei mal ganz ehrlich, stell dir vor, du müsstest dich entscheiden:

    Deine Frau kommt zurück und dafür ist deine zweite Tochter weg

    oder Deine Frau ist gestorben und du hast deine zwei Kinder

    Möchtest du eine solche Entscheidung treffen müssen? Also ich könnte das nicht.


    Und so möchte ich dir noch schreiben:

    Nein - zurückbringen wird sie eine Therapie nicht

    Ja - deine jetzige Familie und du könntet mit der Therapie vielleicht ein besseres Leben haben.


    So wünsche ich dir, sei gut zu dir und freue dich an deinen Kindern und deiner Frau und trauere um deine erste Frau. Das ist KEIN Widerspruch.


    Lg. Astrid.

  • Hallo, mein Beileid zu deinen Tod. Das tut sehr weh sowas zu hören. Nein niemand kritisiert dich hier und ich wünsche dir viel Kraft


    Luna