Am 06.07.2018 um 22.53 Uhr verstarb meine unendlich geliebte Frau "Rosi"

  • Meine Lieben,


    manchmal sitze ich hier in Rosis Zimmer und bin am lauschen.


    Die Uhr tickt.


    Ab und zu höre ich den Motor des Kühlschrankes.


    Ein leichtes Brummen.


    Ab und zu stöhnt eine alte Diele im Haus.


    Sie liegt dort seid 150 Jahren.


    Ächzt und streckt sich, ist ja klar, wenn man nur immer auf der selben Seite liegt.


    Irgendwo bellt ein Hund.


    Die Hühner sind am gackern, machen aufmerksam, dass sie ein Ei gelegt haben.


    Eine Fliege, von den Schwalben verschont, brummt provozierend um meinen Kuchen.


    Sie muss aufpassen, ob Schwalbe oder ich, noch kann sie wählen.


    Prinz beginnt das Laufen im Schlaf, träumt und jifft dabei.


    Deibeline trägt zum 99ten Mal ihre Jungen hier runter und maunzt.


    Werde sie wieder nach oben befördern.


    Irgendwo klappt eine Autotür zu.


    Bin zu träge, um nachzuschauen, wer das sein könnte.


    Höre den Schrotthändler mit seiner Bimmel.


    Der Wind macht sich an den Sandsteinschindeln bemerkbar.


    Ein summen und heulen.


    Regen hämmert seine Morse-Zeichen an die Fensterscheiben.


    Kinder aus der Nachbarschaft streiten sich.


    Ich war ja auch mal jung, es sei ihnen verziehen.


    Am Briefkasten fällt der Deckel.


    Ein satter Klang.


    So lausche ich und lausche.


    Und dann gebe ich irgendwann auf.


    Das, was ich hören möchte, dass wird niemals mehr geschehen.


    " Schatz, würdet DU mir bitte einen Tee kochen ? Bitte Waldfrucht mit zwei Stückchen Zucker."


    Wie mir das fehlt.


    Nur das.


    Und all die anderen schönen Momente, angefragt, mit dieser lieblichen Stimme.



    Liebe Grüße,

    Uwe & Prinz.

  • Lieber Uwe,

    das ist ein sehr schöner, sehr trauriger Text.

    Er zeigt: Trauernde sind nicht blind oder taub dem Leben gegenüber. Im Gegenteil sie haben sogar eine erhöhte Aufmerksamkeit dafür.

    Trauernde sehen und hören nicht nur alles was da ist, sie sehen und hören auch die "Leerstellen" des Lebens. Überall um sich herum.

    Herzlichst,

    Tereschkowa

  • Liebe Tereschkowa,


    danke für die lieben Worte.


    Ich höre nur noch die LEERE.


    Die anderen Geräusche verursachen Kopfschmerzen.


    Diese LEERE benötige ich, um Rosis Stimme zu er-träumen.


    Alles drum-herum lenkt nur ab.


    Diese LEERE benötige ich, um Rosi bildhaft vor mir zu haben.


    Daher versuche ich jedem menschlichen Wesen aus dem Weg zu gehen.



    Wunderlich bin ich geworden.


    Lebe in einer anderen Ebene.


    Bestimmt nicht gut für mich.


    Aber gut für: ROSI & MICH.



    Liebste Grüße vom ver-rückten Uwe & Prinz.

  • Schon wieder ein Termin.


    Europa-Wahl.


    Dieses Mal werde ich nicht hingehen.


    Ab meinem 18. Lebensjahr folgte ich allen Terminen.


    Dieses Mal nicht.


    Ich muss bis zum Feuerwehr-Haus.


    Knapp 300 Meter.


    Kein langer Weg.


    Aber langer Wahlzettel.


    Und meine Hunde-Pflicht-Ausgänge, in entgegengesetzter Richtung, die reichen mir.


    Werde dieses Jahr keinen Umweg gehen.


    Haben sie selbst Schuld.


    Wahl, zum Beispiel in der Kapelle, das hätte in meiner Richtung gelegen.


    Meine Stimme fehlt dieses Jahr.


    Eine Stimme ändert nichts, nur dann, wenn alle so denken würden.


    Aber es denken nicht alle so.


    Es trauern ja auch nicht alle.


    Rosi werde ich natürlich nicht einweihen.


    Sonst würde sie wieder sagen: "Es ist unsere Pflicht.........."


    Gut, ich habe ja noch ein paar Tage, um zu überlegen.


    Müsste nur den Wahlzettel zum Papier-Müll werfen.


    Dann würde ich den Tag ruck-zuck bis morgen vergessen.


    Aber er liegt neben Rosis Bild.


    Muss ich heimlich verschwinden lassen.


    Heute NACHT !!!!


    Wenn ich es nicht vergesse.



    Liebe Grüße,

    Uwe & Prinz.

  • Lieber Uwe,

    Julian Barnes schreibt in "Lebensstufen" im dritten Teil über die Trauer um seine Frau etwas sehr ähnliches ...

    (Er war immer ein politisch sehr interessierter Mensch.) Er schreibt wie er durch die Stadt wandelt und nur schemenhaft wahr nimmt,

    dass Barack Obama, die Wahl zum Präsidenten gewonnen hat; er erinnert sich dunkel, dass ihm dies kurz zuvor noch wichtig erschien;

    dann ist der Gedanke wieder weg ... und er spricht mit seiner Frau...

    Herzlichst,

    Tereschkowa

  • Meine Lieben,


    heute stand ich vor unserem Kleiderschrank.


    Wollte Sachen für Kleider-Sammlung raus-suchen.


    Öffnete den Schrank.


    Falsche Seite.


    Rosis dunkelrote Hochzeitskleid.


    Darunter der Schuhkarton mit den Hochzeits-Schuhen.


    Damit war die Sache erledigt.


    Ich kann und will mich nicht von Rosis Sachen trennen.


    Es bleibt so wie es ist.


    Mein Schatz ist weg, aber die Erinnerungs-Stücke nicht.


    Nur über meine Leiche.


    Der Schrank bleibt für die Zukunft unangetastet.


    Die linke Seite ist Rosis Seite und die rechte Seite bleibt für mich.


    Und ich gebe auch keine anderen Sachen weg.


    Es bleibt alles so, wie Rosi es mochte.


    Können die Verwandten doch denken was sie wollen.


    Und weil ich gerade dabei bin.


    Es hat sich keiner auf Rosis Stuhl zu setzen !!!!!


    Basta.



    Liebe Grüße,

    Uwe.

  • Lieber Uwe.


    Ich verstehe dich da sehr gut. Mir würde es ähnlich gehen. Mein Vater wiederum hat alles weggeworfen und umgeräumt... Ich kann es noch immer nicht verstehen und ich besuche diese Wohnung seither auch kaum noch...Ich fühle mich dort nicht mehr wohl. Es gibt nur noch wenig was an sie erinnert und das finde ich sehr schade...es schmerzt mich.


    Zur Wahl - ich möchte auch nicht wählen gehen wegen der vielen Leute dort. Ich habe aber online die Briefwahlunterlagen angefordert und werde diese morgen ausgefüllt einwerfen.

    Noch geht das mit der Briefwahl - vllt eine Alternative auch für dich.


    Euch allen noch einen guten Abend.

  • Lieber Uwe,liebe Tereschkowa

    lese zurzeit nur mit.

    Bin immer recht erschöpft durch die Gesprächstherapie.

    Auch kommen regelmäßig neue Patienten dazu.So wird das Geschehen immer wieder an die Oberfläche geholt.

    Auch hier stelle ich fest,es ist ein anstrengender Weg,den wir gehen

    Ich wünsche Euch eine ruhige Nacht

    Karin

  • Für ALLE die ihre unendlich geliebte Mutter verloren haben.


    LG., Uwe.





    Die Liebe, die du zurückgelassen hast

    Ich erinnere mich noch daran, als ich jung war

    Du hast deine Hände auf meine Schulter gelegt

    Dann warst du weg

    In letzter Zeit habe ich darüber nachgedacht

    Wie es mich verändert haben könnte

    Oh, ich wünschte, du könntest mich jetzt sehen


    Vielleicht bin ich hoffnungslos

    Aber ich bin auch nur ein Mensch

    Ich hoffe, dass du weißt, dass ich alles für einen Moment mit dir geben würde


    Diese kalten Hände

    Dieses brennende Herz

    Wird immer alleine sein, ohne dich

    Ich habe dich verloren

    Aber all die Liebe, die du zurückgelassen hast

    Wir mich immer erinnern

    An dich erinnern


    So viele Jahre sind gekommen und gegangen

    Aber jedes Bild ohne dich fühlt sich immer noch falsch an

    In letzter Zeit habe ich darüber nachgedacht

    Was du sagen würdest, wenn du mich sehen würdest?

    Würdest du stolz auf das sein, was aus mir geworden ist?


    Oh, diese kalten Hände

    Dieses brennende Herz

    Wird immer alleine sein, ohne dich

    Ich habe dich verloren

    Aber all die Liebe, die du zurückgelassen hast

    Wir mich immer erinnern

    An dich erinnern


    Vielleicht bin ich hoffnungslos

    Aber ich bin auch nur ein Mensch

    Ich hoffe, dass du weißt, dass ich alles für einen Moment mit dir geben würde

    Oh, vielleicht bin ich hoffnungslos

    Vielleicht bin ich hoffnungslos

    Aber ich bin auch nur ein Mensch

    Ich hoffe, dass du weißt, dass ich alles für einen Moment mit dir geben würde


    Diese kalten Hände

    Dieses brennende Herz

    Wird immer alleine sein, ohne dich

    Ich habe dich verloren

    Aber all die Liebe, die du zurückgelassen hast

    Wir mich immer erinnern

    An dich erinnern

  • Er war immer ein politisch sehr interessierter Mensch.) Er schreibt wie er durch die Stadt wandelt und nur schemenhaft wahr nimmt,

    dass Barack Obama, die Wahl zum Präsidenten gewonnen hat; er erinnert sich dunkel, dass ihm dies kurz zuvor noch wichtig erschien;

    dann ist der Gedanke wieder weg ... und er spricht mit seiner Frau...

    Liebe Tereschkowa,


    mir geht es seit langem so. Herr Barnes lässt ja wenigstens hoffen, dass es wieder anders werden kann. Ich glaube allerdings nicht mehr daran.

    Herzliche Grüße

    Frank

  • Lieber Uwe,

    ich kann dich verstehen, das du nichts weggeben willst. Mir geht es genauso, alles ist noch an seinem Platz.

    Wenn ich etwas wegräumen würde, dann ist da eine Leere an diesem Platz, die für mich unerträglich wär.

    Es reicht schon diese Leere in der Seele.

    Manchmal rede ich mir ein, daß mein Mann auf der Arbeit ist, damit ich nicht komplett durchdrehe.

    Alles irgendwie irrational, aber es ist wie es ist.

    LG Wagi

  • Liebe Wagi,


    es ist schon manchmal sehr schlimm, welchen Überlebens-Ritualen wir folgen.


    Nur TRAUERNDE verstehen uns.


    Und wir werden es beibehalten, eine lange Zeit.


    Uns stören nicht die Andenken.


    Uns stört dieser wahnsinnige schmerzhafte Verlust.


    Wir brauchen die vielen kleinen Gegenstände, welche in der Hand unserer unendlich geliebten Menschen waren.


    Jeder Gegenstand bringt uns Bilder im Kopf.


    Wir können alle Sachen mit einer Geschichte vor Augen sehen.


    Für uns ist es nicht IRRATIONAL.


    Basta.


    Liebste Grüße,

    Uwe.