Hallo.
Ich möchte hier versuchen alles zu sortieren, zu begreifen was im Jahr 2016 passierte. Ich fange einfach mal an:
Anfang 2016 bekam ich mit 29 die Nachricht das ich Mama werde. Ich teilte dies meinen Eltern mit und freute mich das mein Kind meine Eltern kennen lernt und somit alle Omas und Opas. Im Juni 2016 bekam mein Vater die Diagnose Lungenkrebs mit einer Metastase im Halswirbelbereich. Die Metastase war das schlimmste. Er litt unter ständigen Schmerzen und veränderte sich dadurch auch, aber er wollte Kämpfen. Er war sehr zuversichtlich das er wieder der Alte werden könnte und ich wollte es auch unbedingt glauben. Im August wäre er beinahe an einer Opiat Vergiftung gestorben. Die Ärzte konnten in noch retten, allerdings brachen die Halswirbel und das Implantat das bei der Entfernung der Metastase eingesetzt wurde verrutschte, die Folge war eine Querschnittslähmung.
Ich versuchte trotzdem Positiv zu denken, alleine für das ungeborene versuchte ich die Ruhe zu befahren. Ich wohne zudem 400km weit weg von meiner Familie und konnte so immer etwas Abstand bewahren.meine Schwestern hielten mich auf den laufenden und jeden Tag betete ich das ein Wunder geschieht und mein Papa wieder der Alte werden könnte. Ende September sagte eine Schwester von mir das ich vorbei kommen soll um mich zu verabschieden. Ich fuhr hin und dieses letzte mal sehen bleibt immer im Herzen. Als ich mit dem dicken Bauch das Zimmer meines Vaters betrat fing er an zu weinen, der Mann der immer so stark war den ich eigentlich nie weinen sah. Es brach mir das Herz. Sehnsüchtig streckte er die Hand nach meinem Bauch aus und ich wünschte mir so sehr das wir es noch schaffen. Das er und mein Sohn sich kennen lernen können. Es war ein kurzer und sehr intensiver Besuch, ich vergiss keine Träne, da ich meinen Vater nicht noch mehr belasten wollte. Ich hielt seine Hände und Füße, wärmte ihn mit meinen Händen und wollte einfach das es ihm gut geht. Ich fuhr nach Hause und wusste das zu dem Zeitpunkt ein Teil von mir gestorben ist. Ich war und bin absolutes Papakind. Ich liebe meinen Papa über alles und als dann am 5.10 die Nachricht kam das er verstorben ist und ich nicht dabei sein konnte, wir nicht unseren gemeinsamen Wunsch erfüllen konnten. Ich hab mich noch nie schlechter gefühlt als an dem Tag. Am 10.10 kam mein Sohn zu Welt. Die Geburt war der Horror und ich hatte auf einmal das Bedürfnis dieses Kind zu schützen. Ich versuchte mich zusammen zu reißen und trotzdem fließen selbst heute noch an „ schlechten“ Tagen die Tränen ohne Ende.
Mein Mann hat viel Verständnis aber ich bin und war nie der Typ der viel über sich selbst spricht und über Gefühle noch seltener.
Wir sind 4 Mädels und unsere Mama noch dazu. Mein Vater so sage ich es immer gerne war der Kleber der Familie. Wir Schwestern halten zusammen versuchen das beste aus allem zu machen, aber meine Mutter ist nun ins endlose Loch gefallen. Sie leidet schon lange unter Depressionen und seit einigen Jahren auch an einer alkoholsucht. Da mein Vater nicht mehr ist auf den sie noch halbwegs gehört hat gibt sie nun Vollgas mit dem Trinken den rauchen und dem Weg stoßen der Familie. Es tut weh zu sehen wie sich die Familie verändert. Meine Mutter sieht auch nicht das wir leiden sondern sieht nur sich und ihren Verlust. So richtig redet man nicht mehr über meinen Papa, es tut allen sehr weh und ich kann meine Tränen nicht zurück halten wenn das Thema kommt. Ich schäme mich nicht meiner Tränen aber nach 2 Jahren möchte man niemanden mehr zu Last fallen. Man versucht weiter zu machen und weint in den Momenten in denen man alleine ist. Ich kann bis heute nicht begreifen warum das so schnell ging und warum die Ärzte meinen Papa nicht gerettet haben. Mir war es so wichtig meinen Papa meinen Sohn vorzustellen oder auch bei der Hochzeit dabei zu haben. Das alles haben wir nicht geschafft...
Danke fürs lesen.