Mein lieber Andreas, die Liebe meines Lebens, ist nicht mehr

  • Liebes Linchen,


    danke, es war erträglich. Ich hatte einige Telefonate, Mails und SMS, das lenkt schon etwas ab. Auf dem Friedhof brechen leicht alle Dämme. Das so liebevoll geschmückte Grab zu sehen und Deine Mama zu vermissen ist schlimm. Zum Glück hast Du noch jemanden der Dich hält. Das fehlt mir leider. Aber damit muß ich umgehen.


    Bald ist Weihnachten ja überstanden. Bis zum nächsten Jahr....


    Ich wünsche Dir aber trotzdem noch einen möglichst ruhigen Feiertag.

    Lilifee



  • Gute Morgen, liebe Lilifee!


    Die Freundin meines Vaters war nervös. Sie hatte „Angst“ vor dem ersten Weihnachten ohne die zentrale Figur meiner Mutter. Es hätte auch Streit geben können, weil alle so verletzt sind.
    Mein Vater und ich reagieren gleich auf Schmerz, wir behalten ihn für uns. Wenn uns aber jemand oder etwas so triezt, dass es zu sehr weh tut, fangen wir an zu beißen. Daraus entsteht sehr einfach und recht schnell Streit. Seine Freundin hatte einfach Bedenken, dass das Fest kippen könnte. In ihrer Nervosität hat sie zu plappern begonnen, was aber erst recht nervt und meine Geduld und auch die meines Vaters strapaziert hat. Im Sinne des weihnachtlichen Friedens blieben alle ruhig.
    Wir sind alle nur Menschen, die auf eine Situation reagieren, in der wir keine Routine haben. Wir haben alle Fehler gemacht, auch wenn wir unser Bestes gegeben haben. So ist das Fest gelungen, was man unter diesen Umständen eben unter „gelingen“ verstehen kann.
    Mein Vater und seine Freundin kennen sich seit über 40 Jahren. Ich kenne sie auch schon sehr lange. Wir waren alle beim gleichen Arbeitgeber. Auch meine Mutter kannte sie flüchtig…

    Mein Vater ist in seinem Kollegen- und Bekanntenkreis sehr beliebt. Er hilft einfach immer und überall, wenn er kann.
    Seine Freundin ist schon seit 50 Jahren Witwe. Sie war schwanger mit ihrer jüngsten Tochter, als ihr Mann plötzlich starb. Nun stand sie da mit drei kleinen Kindern. Wann immer sie Probleme hatte, versuchte mein Vater ihr zu helfen. Er hat immer davon erzählt, wo es gerade bei ihr klemmt und was er zu tun gedachte; sie ist keine Fremde, die sich in unser Leben drängt und womöglich finanzielle Interessen hätte, nein, sie bedankt sich auf diese Art für viele Jahre Unterstützung. Und ein bisschen profitiert sie ja auch von der Situation, denn so schlecht lebt es sich nicht in meinem Elternhaus ;)


    Der universelle Plan und der Optimismus… eigentlich hatte ich die beiden in Beziehung zueinander gestellt und sie nicht als zwei getrennte Themen gesehen… doch du hast recht: über diesen Plan nachzudenken, ist nur anstrengend und führt zu keinem Ziel. Aber, falls dich das Thema interessiert, es gibt einen sehr unterhaltsamen, spannenden Wohlfühl-HappyEnd-Film, den du vielleicht schon kennst: Der Plan Hier klicken
    Wie hier der „große Plan“ interpretiert wird, finde ich ganz nett… und versprochen: bei dem Film musst du nicht nachdenken, nur berieseln lassen…. Falls du mal wieder bis 4 Uhr früh auf bist ;)


    Wie alles im Leben, kann man es auch mit dem Optimismus sehr übertreiben. Ich bin da auch eher für den Mittelweg, allerdings treffe ich die Mitte nicht ganz, ich wandle eher mit einem Hang Richtung Optimismus… und ich geh damit so manchen Leuten ganz furchtbar auf den Wecker.

    Aber ich weiß wohl und habe es auch selbst erlebt, dass der Optimismus Grenzen hat, dass er aussetzt und manchmal auch nicht wieder zurückkommt. Ich weiß nicht, wo der Optimismus in unserem Wesen sitzt, aber ich glaube nicht, dass man ihn lernen kann oder dass er dem freien Willen unterworfen ist. Zumindest kann ich nicht einfach „umschalten“: „jetzt bin ich optimistisch“…

    Wenn ich grad kein Licht sehe, wenn’s grad mal wieder „Optimismus aus“ heißt, dann sag ich mir: „geh weiter und schau, was kommt… egal, was kommt… kommt was Schönes, geht es aufwärts, kommt was schreckliches, wirst eben doch die böse, alte Hexe…“ alles legitim.

    Im Grunde, im universellen Gefüge, ist es egal, wie es mir, der Einzelperson, geht. Also darf es mir auch schlecht gehen.
    Allerdings freut sich meine Familie, wenn es mir gutgeht… die hält mich derweil noch… wenn sie nicht mehr ist? Ich weiß nicht, was dann ist… reden wir darüber, wenn es soweit ist…


    Bei mir ist es nicht nur die Trauer, die mich nach dem Warum, Woher, Wieso fragen läßt. Bei mir ist diese Frage allgegenwärtig. Ich sag immer (und das klingt hochtrabend, ich weiß), ich hab einen anthropologischen Geist. Ich will Ursachen und Zusammenhänge begreifen - und scheitere natürlich oft an meinem begrenzten Wissen und an einem zu kleinen Horizont. Ich stecke halt auch in meinem Wesen fest, aus dem ich nicht rauskomme und mit dem ich mich arrangieren muss… und solange mir das halbwegs gut gelingt, ist es für Optimismus nicht zu spät….


    In diesem Sinne: hab einen schönen Stefanitag. Ganz ohne Löwen, Kater, Katzen und anderen alkoholbedingten Nebenwirkungen, auch wenn manche davon gewünscht gewesen wären….

    Puzzle :)


  • Liebe Puzzle,


    Du beschreibst euer Zusammensein und die Atmosphäre genauso wie ich es spontan vermutet hatte. Die Nervosität der Freundin kann ich geradezu spüren und nachvollziehen. Aber genauso verstehe ich auch wie euch zumute war. Die Redseligkeit hat ganz gewiß an euren Nerven und eurer Geduld gezerrt. Das ist absolut verständlich, und. ginge mir auch so. Es kribbelt in einem, und man möchte nur noch schreien, so halt doch endlich mal den Mund. Was aber natürlich niemand tut. Da kann es allerdings schnell kippen. Ihr wart in der Lage trotzdem ruhig zu bleiben, und das ist euch hoch anzurechnen. Nein, Routine im Umgang mit dieser neuen Situation hattet ihr nicht. Woher auch. Nächstes Jahr ist es vielleicht schon ganz anders.


    Die Freundin hatte wohl auch kein einfaches Schicksal. So früh Witwe werden, kleine Kinder und mit dem jüngsten schwanger. Das ist ja noch mehr Albtraum als wir erleben mußten. Es war sehr anständig von Deinem Vater ihr bei Problemen zu helfen. Und nun hat sie die Möglichkeit sich dafür zu bedanken und etwas zurückzugeben. Ich dachte auch nicht an finanzielle Interessen als ich „lohnenswert“ schrieb, sondern daß Dein Vater und das Zusammensein mit ihm für sie wertvoll genug ist, um sich das „alles anzutun“.


    Auf die Idee einen universellen Plan und Optimismus in Beziehung zueinander zu stellen bin ich noch nicht gekommen. Wenn es ihn denn gibt, hat er ja für viele Menschen sehr viel Unglück und Schlechtes im Gepäck. Während andere auf der Sonnenseite stehen und immer wieder auf die Füße fallen. Das ist schon eine große Ungerechtigkeit. Wovon hängt es ab ob man auf der Sonnenseite steht oder nicht? Nur von den eigenen Fähigkeiten? Ob man in der Lage ist Chancen zu erkennen und zu nutzen? Und in wieweit spielt das Umfeld, in das man hinein geboren wird, eine Rolle? Denn das kann sich ja niemand aussuchen. Oder hängt es davon ab wie die Sterne bei der Geburt gestanden haben? Ob es während der Geburt geregnet oder die Sonne geschienen hat? Ob man an einem Sonntag geboren ist? Stichwort Sonntagskinder. Oder von allem ein bißchen? Und wie kommt der Optimismus ins Spiel? Gibt es Murphys Gesetz tatsächlich? Das ist ja die angenommene Gesetzmäßigkeit, nach der alles mißlingt, was mißlingen kann. Manche sagen auch es ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Also Pessimismus.


    Ich habe gerade mal wegen der genauen Definition desselben gegoogelt. Zu meinem großen Erstaunen habe ich gelesen, daß es auch das Gegenteil gibt, nämlich Yhprums Gesetz. Die Bezeichnung Murphy wird einfach rückwärts gelesen. Hast Du davon schon mal gehört? Es besagt vereinfacht Alles, was funktionieren kann, wird auch funktionieren. “ Auch eine sich selbst erfüllende Prophezeiung? Das ist Optimismus pur. Funktioniert es nach diesem Prinzip? Denk Dir das Schlechteste, und Du wirst es erleben. Oder eben, denk Dir das Beste, und Du wirst es erleben? Ist es so einfach und das ganze Geheimnis?


    Irgendwie kann ich das aber auch nicht glauben. Wie Du ganz richtig schreibst, Optimismus kann man nicht lernen. Entweder man hat ihn, oder eben nicht. Das ist wohl eine Frage der Mentalität und auch der Erfahrungen die man in den prägenden Jahren gemacht hat. Das wäre aber auch ungerecht, denn nicht alle Menschen hatten aufgrund ihres Umfelds und der gemachten Erfahrungen die Möglichkeit großen Optimismus zu entwickeln. Habe auch mal nach der Definition von Mentalität gegoogelt, und das gefunden:


    Mentalität (von lateinisch mens, den Geist betreffend) bezeichnet eine vorherrschende psychische Persönlichkeitseigenschaft (Prädisposition) im Sinne eines Denk- und Verhaltensmusters einer Person. Denkprozesse, Gewohnheiten und Kultureinflüsse hat niemand in den Genen. Sie werden erst im Laufe des Lebens aufgenommen und hängen von vielen Umständen ab, die auch mit dem eigenen Temperament zu tun haben.

    Was unser Wesen ausmacht, befindet sich hinter der rechten Stirnseite. Schäden in dieser Hirnregion können sogar prüde Puritaner in Freigeister verwandeln, berichten Neurologen“.


    Ist das nicht irre? Und wer kann etwas dafür wenn es bei ihm Schäden gibt? :P Eigentlich ein hochinteressantes Thema, und bestimmt sehr nachdenkenswert. Aber das müßte man mit jemand können, der mehr Ahnung hat und sich trotzdem verständlich ausdrücken kann. Für mich alleine ist das zu schwierig und ich verheddere mich zu leicht. :( Deshalb gebe ich es auch auf. Ein universeller Plan und Optimismus kann vielleicht so zusammen gehen daß man sich sagt, wenn es wirklich einen Plan und damit einen Grund gibt warum mir dieses und jenes passiert, dann muß sich dieser Grund auch irgendwann offenbaren. Sonst wäre ja alles sinnfrei. Und dann werde ich verstehen. Es heißt ja auch, daß es im Jenseits einen Ausgleich für das gibt, was wir hier ertragen müssen. Und sich damit zu trösten wäre ja auch eine Art von Optimismus, wenn es denn so ist. Aber das ist wieder ein anderes Thema.


    Den Film kenne ich nicht, würde ihn aber gerne ansehen. Wenn ich mal wieder lange wach bin. :) Ich habe bei „hier klicken“ geklickt und bin auf einer Amazonseite für den Film gelandet. Leider finde ich aber keine Möglichkeit den Film zu starten. Was habe ich übersehen?


    Einen anthropologischen Geist zu haben ist ja nichts Schlechtes. Und Ursache, Wirkung und Zusammenhänge verstehen zu wollen ist ja auch nicht auf die Trauer beschränkt. Grundsätzlich möchte ich das auch gerne. Ich habe es nur aufgegeben über diese Dinge in Bezug auf den Tod von Andreas zu grübeln. Wie hast Du ganz richtig geschrieben, das Leben ist keine Generalprobe, es gibt keine zweite Chance. Jedenfalls für so manches nicht. Für den Tod gilt das aber uneingeschränkt. Den kann man wirklich nicht wiederholen und es beim nächsten mal besser machen. Ist das jetzt makaber formuliert? Und deshalb ist es für mich müßig in diesem Zusammenhang noch über „hätte, könnte, wäre“ nachzudenken. Zu dieser Einsicht bin ich inzwischen gekommen. Ich stelle aber fest, daß ich großes Interesse und große Lust hätte mich über die großen Lebensfragen auszutauschen. Aber wie schon gesagt, dafür müßte es jemand geben der mehr Ahnung hat als ich.


    Was ist eigentlich der Stefanitag? Den Ausdruck kenne ich nicht. Kann es sein, daß Du in Österreich lebst? Den Eindruck hatte ich schon mal. Und ja, eine alkoholbedingte Nebenwirkung wäre tatsächlich erwünscht gewesen. Besser schlafen zu können. Offensichtlich war die Menge doch nicht ausreichend, obwohl ich nichts mehr gewohnt bin. An Silvester will ich ja die angefangene Flasche leer machen. Als ich sie an Heiligabend aus dem Schrank holte habe ich aber gesehen, daß noch eine Flasche da ist …. :8::8:


    Hoffentlich habe ich jetzt nicht zu viel geschwafelt. Ich wünsche Dir einen möglichst angenehmen Wochenbeginn, und daß Dein Frühstück nach der Lektüre dieses Ergusses noch schmeckt. ;)

    Lilifee

  • Guten Morgen, liebe Lilifee!


    Auf die Idee einen universellen Plan und Optimismus in Beziehung zueinander zu stellen bin ich noch nicht

    gekommen.

    Dann war es doch zu viel Rotwein ;) denn das stand schon in der vorigen Antwort ;)


    Optimisten, wie mir, wird ja immer wieder nachgesagt, wir reden uns das Leben schön. Das mag schon sein… es ist aber viel mehr. Wir reden es uns nicht nur schön, wir können das so gut, dass wir es dann auch richtig schön finden und glücklich sind damit. Möglicherweise ist Optimismus die höchste Form des Schönredens ;) wer weiß…..

    Damit uns nun unser schönes Gefüge nicht doch noch zum Stolperstein wird, legen wir dem Unerklärlichen einen universellen Plan zugrunde und waschen unsere Hände in Unschuld. Auch das Schönreden, zur Kunstform des Optimisten erhoben, hat schließlich seine Grenzen. Der realistische Optimist weiß, ALLES kann er nicht erklären. Dort, wo diese Grenze erreicht ist, kommt nun der universelle Plan ins Spiel, für den auch der größte Optimist nicht verantwortlich gemacht werden kann - und schon ist die Welt erneut rosarot… so funktioniert das Leben wieder = Sonne Wonne Grießschmarrn :)


    Ich möchte also behaupten, diesen universellen Plan denken wir uns aus. Zu erkennen, ob es ihn gibt oder nicht, übersteigt unser irdisch begrenztes Vorstellungsvermögen.

    Wenn es ihn denn gibt, hat er ja für viele Menschen sehr viel Unglück und Schlechtes im Gepäck. Während andere auf der Sonnenseite stehen und immer wieder auf die Füße fallen. Das ist schon eine große Ungerechtigkeit.

    Ich glaube, dass es weder eine Sonnenseite noch eine Schattenseite gibt. Das sieht nur aus dem eigenen Blickwinkel betrachtet so aus. Könnten wir den Blickwinkel so vergrößern, dass wir ALLES erkennen könnten, würde es die zwei Seiten nicht geben.
    Für uns beide ist das Leben grad so richtig mau. Meinst du, dass die Mutter, die gerade ihr verhungerndes Kind im Arm hält, das auch so sieht?
    Wir machen uns riesige Sorgen um die Teuerung und dass wir uns unser Leben nicht mehr leisten können. Meinst du, dass eine Familie, die in einem zerbombten Haus sitzt und befürchten muss, in der nächsten Nacht zu erfrieren, unsere Sorgen als so belastend sieht, wie wir? Und der Milliardär, der in jeder Klimazone einen kleinen Palast besitzt und sich aussuchen kann, in welchem Strandhaus er „überwintert“, glaubst du, dass der unsere Sorgen so sieht wie wir? Sonnen- und Schattenseiten gibt es nur aus dem eigenen Blickwinkel.


    Die selbsterfüllende Prophezeiung gibt es insofern, als dass wir (egal was passiert) uns bestätigt fühlen, weil wir genau das sehen, was wir erwartet haben: Ich hatte Angst vor der OP, sie ging schief, ich hab jahrelang damit gehadert. Hätte ich keine Angst gehabt, wäre sie genauso schief gegangen, doch ich hätte mich darüber gefreut, dass ich sie überlebt habe und mir kaum ein Schaden geblieben ist. Ich hätte das Positive gesehen. Weil ich aber Angst hatte, fühlte ich mich in dieser Angst bestätigt und sah nur das Schlimme.

    Was aus dieser verhauten OP in meinem Kopf wurde, das hat meine Einstellung hervorgerufen. Das ist der Einfluss, den wir auf die Dinge haben. Und das ist es, was manche als Schönreden bezeichnen.

    Dieser Vorgang hat natürlich seine Grenzen, aber bei einem Teil der schicksalhaften Dinge, die uns passieren, macht unsere Einstellung den Unterschied, wie es sich für uns anfühlt und was in unserem Herzen, in unserer Seele daraus wird.

    Einen anthropologischen Geist zu haben ist ja nichts Schlechtes. Und Ursache, Wirkung und Zusammenhänge verstehen zu wollen ist ja auch nicht auf die Trauer beschränkt. Grundsätzlich möchte ich das auch gerne. Ich habe es nur aufgegeben über diese Dinge in Bezug auf den Tod von Andreas zu grübeln. Wie hast Du ganz richtig geschrieben, das Leben ist keine Generalprobe, es gibt keine zweite Chance. Jedenfalls für so manches nicht. Für den Tod gilt das aber uneingeschränkt. Den kann man wirklich nicht wiederholen und es beim nächsten mal besser machen. Ist das jetzt makaber formuliert? Und deshalb ist es für mich müßig in diesem Zusammenhang noch über „hätte, könnte, wäre“ nachzudenken. Zu dieser Einsicht bin ich inzwischen gekommen. Ich stelle aber fest, daß ich großes Interesse und große Lust hätte mich über die großen Lebensfragen auszutauschen. Aber wie schon gesagt, dafür müßte es jemand geben der mehr Ahnung hat als ich.

    Über den Tod eines Menschen nachzugrübeln, ist auch sinnlos. Wir tun es trotzdem, ich glaube, jeder tut das. Und alle kommen zu dem gleichen Schluss: es läßt sich nichts ändern. Eigentlich eigenartig, dass man diesen Mechanismus nicht durchbrechen kann und wir da alle durchmüssen… auch das wird für irgendetwas notwendig sein… darüber hab ich nicht nachgegrübelt.

    Aus meiner Sicht lohnt es sich darüber nachzugrübeln, was nun aus uns wird… vielleicht ist es nicht der richtige Zeitpunkt für dich, darüber nachzudenken… vielleicht kommt der auch nie - aber dieses Grübeln halte ich grundsätzlich einmal für sinnvoll.


    Die beiden Weihnachtsfeiertage haben Namen: der erste ist der Christtag, der zweite der Stefanitag (Hochdeutsch „Stephanstag“). Steht bei mir so in einem deutschen Kalender… Bei dir nicht? :/


    Zum Film:

    Es war nicht geplant, dass du zu Amazon kommst bei dem Klick, du solltest zu einer Filmbeschreibung kommen. Hm… :/ Ich weiß nicht, ob er in Amazon Prime enthalten ist oder ob man ihn kaufen muss… Moment…ich schau kurz…. nein, den müsste man kaufen…


    Ich habe die Übersicht über die vielen Themen verloren, die sich inzwischen bei uns angesammelt haben und hoffe, dass ich alles beantworten konnte. Falls ich eine Antwort schuldig geblieben bin, sag bitte einfach Bescheid. Vielleicht findet sich in dem grauen Morast , der sich mein Gehirn nennt, noch eine Eigenartigkeit, die sich lohnt, Erwähnung zu finden….

    Heute ist kein Feiertag mehr. Ich sollte zum Friedhof fahren und den Grabstein unseres Familiengrabes fotografieren, damit mein Vater bei seinem Steinmetz anfragen kann, und wir dann entscheiden, wie wir ihn neu gravieren lassen können… Obwohl wir uns in der Familie nicht einig wurden, dass die Urne mit den Überresten meiner Mutter in dieses Grab gehört, soll doch ihr Name dort stehen. Die Urne Zuhause aufzubewahren, nimmt jedem die Möglichkeit Abschied zu nehmen, der nicht zu uns nach Hause kommen möchte oder kann…. Also lassen wir den Stein gravieren, damit meine Mutter auch eine öffentlich zugängliche Gedenkstätte erhält. Noch so eine traurige Pflicht….

    Hab einen angenehmen Tag….

    Puzzle

  • Hallo Lilifee ,


    hab über Weihnachten den Film geschaut er ist genau das Thema,

    schöne Vorstellung auch wenn er oft düster ist, so wie das Leben eben ist.

  • Liebe Puzzle,


    in den Kalendern die ich habe steht nur 1. Weihnachtstag und 2. Weihnachtstag. Namen für diese Tage habe ich noch nicht gesehen. Macht aber nichts, auch ich lerne gerne dazu. :)


    Und nun sitze ich hier und habe Deine Antwort schon einige Male gelesen. Sonst habe ich sehr schnell eine Idee was ich Dir schreibe. Diesmal noch nicht. Deine Beispiele sind nicht falsch, aber sie treffen es nicht ganz. Ich weiß nicht, ob sich Sorgen so einfach vergleichen und gegeneinander aufwiegen lassen. Es ist doch nur allzu menschlich wenn die eigenen Sorgen manchmal am größten erscheinen. Jeder hat auch andere Prioritäten weswegen er sich überhaupt Sorgen macht. Natürlich gibt es auch überflüssige oder aufgebauschte Sorgen. Und genauso natürlich hat die Familie in dem zerbombten Haus riesige und andere Sorgen als wir. Aber macht das unsere Sorgen kleiner, oder sind sie weniger berechtigt?


    Die Mutter mit dem verhungernden Kind ist sehr besch…. dran. Das wird niemand bestreiten. Aber ist unser Verlust deswegen weniger wert und weniger schlimm? Kann man etwas Positives darin sehen, daß bei uns „nur“ der Mann gestorben ist und nicht das Kind? Ich glaube nicht. Da nutzt es auch nichts den Blickwinkel zu erweitern. Sei mir bitte nicht böse, aber ich habe das Gefühl das Schönreden hat bei Dir keine Grenzen. Jedenfalls habe ich noch keine erkannt. Das sei Dir auch gegönnt, aber für andere gibt es eben doch welche.


    Unsere Einstellung hat sogar sehr großen Einfluß darauf wie wir mit den Dingen umgehen die wir erleben. Aber woher kommt die Einstellung die wir haben? Durch das Umfeld das uns geprägt hat? Sicher auch durch die bisher gemachten Erfahrungen, die uns ebenfalls geprägt haben, denn sie spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Und die sind nun mal für jeden anders. Was für den einen schlimm ist, ist es für den anderen noch lange nicht. Wir reagieren und werten unterschiedlich, auch das ist nur menschlich. Du schreibst, Sonnen- und Schattenseiten gibt es nur aus dem eigenen Blickwinkel. Da stimme ich Dir mit Einschränkungen zu. Daß es beide Seiten aber gar nicht geben soll kann ich nicht so sehen. Das würde ja bedeuten, daß es für alle entweder nur Licht oder nur Schatten gibt. Oder nichts davon, sondern nur das Leben an sich, je nachdem wie man es sieht? Um in der Sonne zu stehen muß man nur den richtigen Blickwinkel haben? Das ist mir zu einfach. Da werden wir wohl immer unterschiedliche Ansichten haben. Das ist aber legitim und muß ausgehalten werden.


    Es haben sich allerdings schon einige Themen angesammelt. Ich habe manches geschrieben auf das nicht eingegangen wurde, obwohl ich mir das gewünscht hätte. Aber egal. Niemand hat alle Antworten, und vielleicht wußtest Du manchmal einfach nicht was Du hättest schreiben können. Und sicher habe ich auch nicht alles so gewürdigt wie Du es gerne gehabt hättest. Aber auch das ist menschlich und tut unserem Austausch hoffentlich keinen Abbruch.


    Wegen dem Film. Die Nacht war schon weit voran geschritten, und ich nicht mehr ganz so glockenhell wach. || Ich habe eben noch mal geklickt, und im jetzt noch wacheren Zustand festgestellt daß ich mich irrtümlich selbst auf die Amazonseite geklickt hatte. Nun weiß ich wie ich den Film abspielen kann, und werde ihn mir demnächst reinziehen. Jetzt aber nicht mehr, denn dafür bin ich nicht mehr aufnahmefähig genug.


    Hoffentlich hast Du die traurige Pflicht wegen eurem Grabstein halbwegs gut hinter Dich gebracht. Ich war etwas erstaunt zu lesen daß ihr euch wegen dem Ort für die Urne mit den Überresten Deiner Mutter (noch) nicht einigen könnt. Das ist zwar halbwegs nachvollziehbar wenn ihr eine Wahl habt. Bei uns hättet ihr dieses Problem aber nicht, denn die Urne zuhause aufzubewahren ist aus rechtlichen Gründen nicht erlaubt. Es gibt einen Friedhofszwang, bzw. seit einiger Zeit die Möglichkeit einer Beisetzung in einem eigens dafür ausgewiesenen Friedwald. Es ist aber sicher gut und richtig daß der Name auf dem Grabstein steht.


    Ja, die Grübeleien nach dem Tod eines Menschen. Warum können wir den Mechanismus nicht durchbrechen, obwohl doch jedem klar sein muß daß sich nichts mehr ändern läßt. Vielleicht sind die Grübeleien ja gar nicht so sinnlos wie es scheint. Viele Menschen haben ja Schuldgefühle weil sie denken, sie hätten den Tod verhindern können wenn sie nur …. Möglicherweise kommt man wirklich nur durch grübeln zu der Erkenntnis, nein man konnte es nicht verhindern. Durch dieses Stahlbad müssen wir wohl alle gehen, um mit den Schuldgefühlen abschließen zu können. Was natürlich nicht heißt daß es dann keine Trauer gibt.


    Darüber grübeln wie das Leben weitergehen soll ist etwas ganz anderes und auch sinnvoll. Wenn der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist. Der ist halt bei dem einen früher und bei dem anderen später, aber kommen wird er. Ich mache mir noch nicht viele Gedanken darum, das gebe ich ganz ehrlich zu. Aber das belastet mich nicht. Wenn ich das Bedürfnis habe mehr zu denken werde ich es auch tun.


    Und nun habe ich so langsam wieder Knoten im Hirn. Es ist gleich halb drei, und heute war es nicht so einfach mit dem Schreiben. Werde bald ins Bettchen wandern und versuchen die grauen Zellen zu regenerieren, damit sie nicht vor der Zeit degenerieren. :(:)


    Hab auch einen angenehmen Tag. Mal sehen wie der meinige wird.


    Alles Liebe

    Lilifee

  • Guten Morgen, liebe Lilifee!

    Und genauso natürlich hat die Familie in dem zerbombten Haus riesige und andere Sorgen als wir. Aber macht das unsere Sorgen kleiner, oder sind sie weniger berechtigt?


    Die Mutter mit dem verhungernden Kind ist sehr besch…. dran. Das wird niemand bestreiten. Aber ist unser Verlust deswegen weniger wert und weniger schlimm?

    Da hast du mich aber ganz falsch verstanden. Es geht nicht um Wertung, wer die schlimmsten Sorgen hat. Es geht darum, dass Schatten- und Sonnenseite im Auge des Betrachters liegen und daher nicht generell existieren.
    Wir erleben unser Leben gerade als zerstört. Die Familie aus dem zerbombten Haus sieht unser Leben als Paradies. Der Milliardär sieht unser Leben auch dann noch als unmöglich lebbar, wenn es uns richtig gut geht. Sind wir also Glückskinder oder Pechvögel?
    Schattenseite und Sonnenseite entstehen aus dem eigenen Blickwinkel, sie sind für jeden anders… es gibt sie real also nicht. Darauf wollte ich hinaus.


    Es haben sich allerdings schon einige Themen angesammelt. Ich habe manches geschrieben auf das nicht eingegangen wurde, obwohl ich mir das gewünscht hätte. Aber egal. Niemand hat alle Antworten, und vielleicht wußtest Du manchmal einfach nicht was Du hättest schreiben können. Und sicher habe ich auch nicht alles so gewürdigt wie Du es gerne gehabt hättest. Aber auch das ist menschlich und tut unserem Austausch hoffentlich keinen Abbruch.

    Lass hören…. äh…. lesen, wenn ich kann, erfülle ich gerne Wünsche.


    Vielleicht, weil du das wieder erwähnt hast, war es: Wo und wie entsteht die Einstellung? Das, meine Liebe, ist ein Thema, mit dem sich ganze Generationen von Psychologen, Philosophen, Theologen und Neurologen beschäftigen. Diese Frage kann ich nicht zufriedenstellend beantworten.
    Sogar eineiige Zwillinge in einem demographisch gleichen Umfeld entwickeln sich völlig unterschiedlich, hab ich gelesen. Die Psyche, der Geist, die Seele, die unser Wesen ausmacht, ist schwer zu erforschen. Manchmal wissen wir ja selbst nicht, warum wir was wie machen, sagen oder denken. Bei so schwierig zu ergründenden Dingen gehe ich immer davon aus, dass es eine Mischung aus vielen Komponenten ist.
    Die Gene spielen zweifelsohne eine Rolle, das Umfeld und unsere Erfahrungen… Ich kenne nur mich selbst wirklich gut. Also kann ich nur bei mir selbst versuchen, Ursachen und Entwicklungen nachzuvollziehen. Und weil jeder Mensch anders ist, passen die Erkenntnisse über mich selbst mit großer Wahrscheinlichkeit nicht eins zu eins auf jemand anderen.
    Doch gerade deshalb ist der Austausch so wichtig und macht ihn lebendig. Wenn ich irgendwo feststecke und mir Meinungen dazu anhöre, ist immer wieder ein Gedanke dabei, der mich auf die richtige Spur bringt.
    Dass mir mein Optimismus in die Wiege gelegt wurde… darüber bin ich mir nicht im Klaren. Meine Kindheit war nicht unbeschwert, ich erinnere mich an viele Ereignisse, auf die ich gern verzichtet hätte. Aber je länger mein Leben dauert, umso mehr Zusammenhänge und Entwicklungen lassen sich feststellen - und gemäß dem oben erwähnten Blickwinkel kann ich mich auf Schönes besinnen oder eben auch auf Schlechtes…

    Ich hab mich für das Schöne entschieden. Diese Entscheidung lässt sich aber nicht mit dem Verstand erzeugen, sie kommt aus dem Herzen oder der Seele…
    Ich fühle mich immer wieder an Kreuzungen stehen, die sich anfühlen, als würde sich nun entscheiden, ob ich auf die „dunkle Seite“ wechsle. Ich finde das durchaus legitim. Ich würde diese Kreuzungen nicht spüren, wenn die sich kreuzenden Wege keine Möglichkeit wären. Ich glaube, sämtliche Entscheidungen, mit dem Herzen und mit gutem Gewissen getroffen, führen uns dorthin, wo wir hingehören. Und wo wir hingehören, ist so individuell, wie die Menschen selbst. Ob das „wo wir hingehören“ nun in einem universellem Plan steht oder ob es einfach eine logische Gesamtentwicklung ist, das sieht jeder anders. Ich denke, es ist eine Entwicklung, bin mir aber dennoch nicht sicher, ob uns nicht alle Wege nach dem sprichwörtlichen Rom führen… das Leben ist keine Generalprobe. Es lässt sich nicht zurückschrauben, um bei einem zweiten Versuch zu erkennen, ob und was sich ändert. Daher bleibt mir nur zu glauben und zu vertrauen….

    Ich halte es wie Oscar Wilde:



    Die Urne nach Hause zu holen, war ein Staatsakt. Und dass sie nun in meinem Elternhaus steht, ist nicht gut für meinen Vater. Aber mein Bruder kann seine irdischen Bedenken bezüglich Familiengrab nicht beiseite legen. Also ist es jetzt einfach so… Meiner Mutter geht es gut. Sie versteht ganz sicher, welche irdischen Bedenken uns bewegen. Und sicher weiß sie auch schon, dass wir eine Lösung finden werden ;)


    So, genug für heute… nun werde ich mich mal um meine Gesundheit kümmern, die sich offenbar grad wieder verabschiedet. Ich fühl mich fiebrig, habe heftige Kopfschmerzen und huste… da ist offenbar auch die Grippe im Kommen… macht nix, die Grippe geht, wie sie kommt: ganz von selbst ;)


    Einen ruhigen Mittwoch, wünsche ich dir. Heute ist „unschuldige Kinder“-Tag - gibt es den bei dir auch nicht? Und den Wunsch „frisch und gsund“?

    Traditionen und Bräuche sind eben überall anders…


    Alles Liebe,

    Puzzle

  • habe zwischen durch vorgespultdüster/ schwer / traurig es sind die Lebensjahre Krieg , wo ich das Leid zur Zeit gar nicht ertragen habe …das Ende sollte man sich schon anschauen !


    lieben Gruß Sonnenblume53

  • Liebe Puzzle,

    den „unschuldige Kinder“-Tag kenne ich auch nicht. Was hat es denn damit auf sich? Und den Wunsch „frisch und gsund“ kenne ich nur als Frage. Und sonst ist noch alles frisch und gesund? Im Sinne von, geht`s noch?, oder „sonst fehlt Dir aber nichts?“ Nochmal wegen der Namen für die Weihnachtstage. Du schriebst ja, sie stehen in einem deutschen Kalender. Kann es sein daß der Kalender zwar von einem deutschen Hersteller, aber nicht für den deutschen Markt produziert wurde?


    Ich habe Dich wohl etwas mißverstanden. Bei Deinen Beispielen geht es um den Blickwinkel, das stimmt. Aber das erklärt noch nicht warum manche Menschen ein leichteres und besseres Leben haben als andere. Sicher ist nirgends immer nur Sonnenschein, aber manche haben nur kleine Päckchen zu tragen, und andere große Pakete. Manche Menschen haben ein so beschissenes Leben, da kann man doch nicht einfach sagen ändere mal den Blickwinkel oder Deine Einstellung, und dann ist auf einmal alles gut. Wobei unsere Pakete natürlich noch nicht die größten sind, aber eben doch größer als manche kleinen Päckchen. Aber vermutlich kann das niemand sinnvoll erklären. Das werden wir wohl erst erkennen wenn wir auch endlich am Ziel sind. Fassen wir uns also in Geduld.


    Wo und wie Einstellung entsteht ist wirklich ein spannendes Thema. Was Du darüber schreibst ist völlig richtig. Das Wesen des Menschen ist eines der letzten Geheimnisse. Ob sich wirklich jeder selbst am besten kennt? So sollte es vermutlich sein, aber manchmal überrasche ich mich selbst. Also kenne ich mich doch nicht so gut? Einstellung ist ganz bestimmt eine Mischung aus verschiedenen Komponenten, und jeder Mensch hat seine eigene ganz persönliche Mischung. Deshalb passen die Erkenntnisse des einen nicht unbedingt auf andere. Das ist ja auch überhaupt nicht möglich. Man kann nur versuchen aus anderen Erkenntnissen das für sich passende mitzunehmen. Und deshalb ist Austausch so wichtig, da hast Du so was von recht.

    Ich weiß auch nicht ob man sagen kann, jemandem wurde sein Optimismus in die Wiege gelegt. Die Frage, warum haben manche Menschen viel Optimismus, andere weniger und manche gar keinen, ist mindestens genauso spannend wie die der Einstellung. Ich denke daß es da bestimmt einen Zusammenhang gibt. Ich halte mich grundsätzlich schon für eher optimistisch, aber gepaart mit einem kräftigen Schuß Realismus.


    Deine Kindheit war auch kein Zuckerschlecken, das schriebst Du schon. Auch bei Dir gab es Ereignisse auf die Du gerne verzichtet hättest. Aber offensichtlich ist es Dir gelungen Zusammenhänge und Entwicklungen zu erkennen. Da hapert es bei mir. X( Das ist übrigens etwas zu dem ich gerne etwas von Dir gelesen hätte. Ich habe Dir ja vor kurzem einige Begebenheiten aus meiner Kindheit geschildert, und das waren keine herausragenden Einzelfälle, sondern nur eine kleine Auswahl aus einer langen Reihe von Ereignissen. Dazu hast Du auch einiges geantwortet. Aber etwas hätte mich ganz besonders interessiert. Du schriebst mal, daß Du die Liebe Deiner Eltern zu Dir mehr oder weniger erst im Nachhinein erkannt hast. Worin könnte ich denn die Liebe meiner Eltern, so es sie denn gegeben hat, im Nachhinein erkennen? Ich hätte mich auch gerne für das Schöne entschieden, nur gab es nicht sehr viel davon. :(


    Außerdem warte ich immer noch auf Anregungen wie ich mir mein Leben ohne Andreas am besten schönreden kann.:/ Aber schreib ja nicht, sei dankbar daß Du ihn hattest, sonst platze ich. Das bin ich ja auch, weiß ja selbst nur zu gut was ich an ihm hatte. Leider hilft das aber gerade mal gar nichts.:(


    An Kreuzungen habe ich auch oft gestanden, bin aber wohl öfter falsch abgebogen. Warum? Wenn ich das wüßte, dann wüßte ich mehr, wie es so schön heißt. Universeller Plan, logische Gesamtentwicklung oder einfach nur meine Dummheit? Ich will mal hoffen daß es nicht nur letzteres war. Bin ich da wo ich jetzt bin weil es eine logische Gesamtentwicklung ist? Wenn ja, wo ist da die Logik? Aber Dein Spruch gefällt mir. Dann könnte ich tatsächlich darauf hoffen, daß in meinem Leben noch etwas vorgesehen ist. Schau´n wir halt mal.


    Was hat Dein Bruder denn für irdische Bedenken wegen eurem Familiengrab? Mußt Du aber nicht beantworten. Deiner Mutter geht es ganz bestimmt gut, und in der Urne ist ja ohnehin nicht. Sie wird aber wohl wissen ob und welche Lösung ihr letztlich finden werdet.


    Es tut mir sehr leid daß Du schon wieder gesundheitliche Probleme hast. Die Grippe geht, wie sie kommt: ganz von selbst. Das stimmt allerdings. Mit Doktor dauert sie 7 Tage, und ohne eine Woche. Wir würden jetzt sagen, hast wohl Nachts den Mund zu weit offengelassen. :P

    Bessere Dich möglichst bald, und fühle Dich nicht gedrängt zu antworten bis es Dir wieder gut geht.


    Mitfühlende Grüße

    Lilifee



  • Guten Morgen, liebe Lilifee.

    Aber das erklärt noch nicht warum manche Menschen ein leichteres und besseres Leben haben als andere. Sicher ist nirgends immer nur Sonnenschein, aber manche haben nur kleine Päckchen zu tragen, und andere große Pakete.

    Löse dich bitte aus deinen Vorstellungen.

    Wer bestimmt, ob ein Leben besser oder schlechter ist? Wer bestimmt, wie groß und wie schwer die Päckchen sind, die getragen werden müssen?
    Als ich mich hier angemeldet habe, habe ich einiges aus meinem Leben erzählt. Isabel antwortete damals, dass es ihr leid täte, was ich alles mitgemacht hätte. Und ich dachte mir: „Hä? Das ist mein Leben und es ist schön - bis zur Katastrophe. Was muss einem daran leid tun?“ Sie sah schwere Päckchen, ich sehe die nicht.

    Oder denk an Stephen Hawking, ein genialer Physiker, aber körperlich in einem schrecklichen Zustand. Ich würde so nicht leben wollen, doch für ihn war es (angeblich) ein erfülltes Leben….

    Wenn du also von schweren Päckchen sprichst, dann siehst du das so, aber sieht es der Betroffene auch so?
    Es ist der Blickwinkel.

    Ich versuche immer zu fragen: „wie ist das für dich?“ Was ich vielleicht als „schön“ erkenne, ist für den anderen womöglich ganz furchtbar oder auch umgekehrt.

    Immer gelingt es mir nicht, aber ich versuche immer erst zu fragen, wie es für den anderen ist, denn für mich kann es ganz anders sein. Der Blickwinkel…


    Wenn du also eine Ungerechtigkeit in der Verteilung von Schön und Schrecklich siehst, sieht das jemand anders womöglich ganz anders. Das, was du als Schattenseite siehst, ist für den anderen womöglich eine Sonnenseite. Gibt es also tatsächlich eine reale Größe für Schatten- oder Sonnenseiten?
    Ich glaube, nein, die gibt es nicht, weil das eigene Wertesystem ganz individuell entscheidet, was schön und was schrecklich ist.
    Ich hoffe, ich konnte meine Sicht jetzt besser erklären.


    Deine Kindheit war auch kein Zuckerschlecken, das schriebst Du schon. Auch bei Dir gab es Ereignisse auf die Du gerne verzichtet hättest. Aber offensichtlich ist es Dir gelungen Zusammenhänge und Entwicklungen zu erkennen. Da hapert es bei mir. X( Das ist übrigens etwas zu dem ich gerne etwas von Dir gelesen hätte. Ich habe Dir ja vor kurzem einige Begebenheiten aus meiner Kindheit geschildert, und das waren keine herausragenden Einzelfälle, sondern nur eine kleine Auswahl aus einer langen Reihe von Ereignissen. Dazu hast Du auch einiges geantwortet. Aber etwas hätte mich ganz besonders interessiert. Du schriebst mal, daß Du die Liebe Deiner Eltern zu Dir mehr oder weniger erst im Nachhinein erkannt hast. Worin könnte ich denn die Liebe meiner Eltern, so es sie denn gegeben hat, im Nachhinein erkennen? Ich hätte mich auch gerne für das Schöne entschieden, nur gab es nicht sehr viel davon. :(

    Was für eine schwierige Frage. Woran erkennt man die Liebe seiner Eltern, wenn einem so viel Gewalt zuteil wird? Jemand sagte einmal zu mir: wärst du deinen Eltern egal gewesen, hätten sie dich nicht geschlagen <X diese Aussage ist selbst mir zu krass. So einfach kommen sie mir nicht davon.


    Nach meiner Scheidung versuchte mein Vater die männliche Hauptrolle in einem Leben zu übernehmen. Er ist von dem Schlag Männer, die glauben, Frauen sind ohne Mann nicht überlebensfähig.
    Ich kam von der Arbeit nach Hause und finde mein Grundstück verwüstet vor. 3 riesige Haufen Schotter, der Zaun aufgerissen, die Wiese mit tiefen Fahrspuren von LKWs, ein 60 Kubikmeter großes Loch im Garten und mein Vater mittendrin. Ich war höchst schockiert.
    „Was machst du da?“ „Eine Gartenhütte.“ „So groß?“ „Ja, brauchst du doch, hast ja keinen Keller.“ Mehr wurde darüber nicht gesprochen.

    Als er die Hütte fertig gebaut hatte, musste ich monatelang aufarbeiten, was er zerstört hatte. Ich war sooo wütend, am liebsten hätte ich ihn angebrüllt „verschwinde und komm nie wieder….“

    Heute nutze ich die Hütte als Werkstatt und genieße sie in vollen Zügen. Sie hat mich keinen Cent gekostet und steht auch nach 20 Jahren wie eine Eins, ist dicht und super praktisch und keinen Millimeter zu groß. Er hatte also recht….

    Wenn das mal keine Liebe ist… Danke, Vati.


    Weil ich ihn immer wieder weggestoßen hab und er genau merkte, dass er auf Dauer die aus seiner Sicht „männlichen Aufgaben“ nicht übernehmen konnte, hat er tatsächlich ein Partnercasting für mich veranstaltet. Wie peinlich!
    Er hat mich zu sich eingeladen und im 30 Minutentakt tauchten heiratsfähige Männer auf, mit denen er mich unter einem Vorwand jeweils 20 Minuten allein ließ. Nach dem zweiten wurde ich skeptisch. Nach dem dritten war mir klar, was los ist, da bin ich gegangen…. Was er den Männern gesagt hatte, weiß ich nicht… für mich war das extrem peinlich. Ich war entrüstet und sehr, sehr böse auf ihn.
    Aber doch ein Zeichen von Sorge und Liebe… meinst du nicht?


    So hat er viele Dinge getan, die ich gehasst habe, für die ich ihm jahrelang richtig böse war, bis ich erkannte, wie er tickt und warum er das gemacht hat. Ich war sein Sorgenkind, er wollte helfen. Heute bin ich dankbar für so einen Vater. Nicht dafür, wie er die Dinge anpackt, aber für den Grundsatz, aus dem seine Handlungen entstehen. Zum Glück hat er dazugelernt und bespricht die Dinge heute mit mir, bevor er etwas tut…


    Die Prügel, die er mir zuteil werden hat lassen… ich hatte tatsächlich den Mut, ihn als Erwachsene darauf anzusprechen. Er hat mich ausgelacht. Was für eine Demütigung.
    Inzwischen hat er mir viele Episoden aus seinem Leben, seiner Kindheit, seiner Jugend erzählt. Daraus ergibt sich ein Gesamtbild. Aus seiner Sicht waren die Schläge ganz anders als sie für mich waren…. Ich kann es nicht erklären, aber ich hab ihm einfach verziehen. Er hat mich nie gehasst oder vernachlässigt, ich war ihm auch nie egal. Er hat nur einfach nicht erkannt, wie ich ticke und was jede einzelne Ohrfeige für mich bedeutet und was sie zerstört hat. Er wusste es nicht. Er hat mich nicht ERKANNT, wie ich ihn nicht erkannt habe. Wir haben also den gleichen Fehler gemacht. Was soll ich ihm also vorwerfen? Dass er meine Gedanken nicht lesen konnte? Dass er nicht konnte, was ich auch nicht konnte? Das ist doch absurd…


    Ich kann dir also nicht erklären, warum deine Eltern so waren, wie sie waren. Das ist etwas, was nur du selbst herausfinden kannst. Doch eines weiß ich mit Sicherheit: niemand kann aus seiner Haut heraus und manches bleibt genau deshalb ein Rätsel: weil wir nicht in den Schuhen von anderen wandeln können.


    Ich wünsche dir einen schönen Donnerstag. So schön, wie du ihn dir gestalten kannst….


    Ich werde jetzt meinen Vater besuchen. Weil wir nach Mutters Tod nun endlich so zusammenhalten, wie wir es uns beide ein Leben lang gewünscht haben: in Liebe, in Verständnis und in Sorge um einander.
    Alles Liebe,

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