Mein geliebter Vater ist nach kurzer, schrecklicher Krankheit unerwartet einfach gestorben

  • Liebe Silvia,


    ich hoffe, dein Tag ist irgendwie erträglich, und ich hoffe auch, dass deine Mutter einigermaßen durch den Tag kommt. Es ist ein Segen, dass ihr in eurer Familie einen Zusammenhalt habt und diese Unterstützung euch jeden Tag ein wenig hilft, das Unbegreifliche zu verarbeiten.

    Es ist immer das gleiche.Am Anfang rufen alle an und fragen ob sie etwas helfen können

    und ich sollte mich melden,wenn ich etwas brauche.

    Denn so wie Helga schreibt, so erging es mir auch. Vor allen Dingen ist es für einen Trauernden schwer, "selbst aus den Puschen" zu kommen und sich aufzuraffen, um Hilfe zu bitten. Dafür fehlte mir absolut die Kraft und die Motivation. Lieber habe ich auf dem Sofa gelegen und mich in meinem Schmerz verkrochen. Es gab Tage, da fühlte es sich wie eine mittelschwere Depression an, ich kam kaum aus dem Bett,

    so sehr fehlte mir der innere Antrieb und vor allem auch die physische Kraft.


    Um noch einmal auf das Thema "Außenwelt, und wie diese mit Trauernden umgeht" einzugehen, erinnere ich mich noch einmal an eine, mit Sicherheit lieb gemeinte, Kondolenzkarte, die mich aber damals zutiefst verletzt hat.

    Eine Bekannte, selbst schon weit über siebzig schrieb mir darin, dass es gut war für meine Mutter, endlich gehen zu dürfen, da sie zu sehr hätte leiden müssen (impliziert auch auf das höhere Alter meiner Mutter, sie war ja schon 84, aber auch im Hinblick darauf, dass Eltern natürlicherweise auch irgendwann einmal stürben, ist ja schließlich der Lauf der Dinge).

    Nun erlebte ich meine Mami in all den Jahren als eine Frau, mit der man über alle Themen sprechen konnte, geistig fit und junggeblieben war. Sie wirkte auf mich wie ein junges Mädchen, sie konnte über alles lachen! Vor allem aber war sie extrem lebensklug und intelligent, und ihr Rat war mir immer teuer und lieb.


    Diese Kondolenzkarte hat mich dermaßen verletzt! Alles in mir schrie auf: "Sie ist trotzdem zu früh gestorben, sie hätte gut und gerne 90 werden dürfen!!!"


    Jetzt gibt es zu dieser Geschichte noch einen kleinen Nachgang, und ich kann mich der Schadenfreude nicht erwehren (ich schreibe das hier ganz offen und schäme mich dieses Gefühls überhaupt nicht!).


    Etwa ein halbes Jahr nach dem Tod meiner Mutter musste diese Bekannte ganz arg um ihren Ehemann bangen, bei diesem hatte man Speiseröhrenkrebs im Anfangsstadium diagnostiziert. Ein schlimmer Weg für beide, mit OP und Chemo, inzwischen scheint er über den Berg zu sein.

    Doch ich frage mich: Hätte diese Bekannte in ihrem eigenen Fall auch gesagt, er sei ja schon 83, es wäre für alle besser, er kämpft nicht, sondern ginge den Weg, den naturgemäß alle alten Menschen zu gehen haben?


    Wohl kaum.


    Stattdessen hat sie ihn gepflegt und gehegt und sicherlich jede Sekunde inständig darum gebettelt, dass alles, aber auch alles getan wird, damit er bei ihr bleiben kann.

    Beim Schreiben merke ich immer noch diese Wut, die ich damals empfunden habe:(


    <3

  • Diesen Satz, - deine Mutter war ja schon alt - , (79) musste ich mir auch öfters anhören. Dabei habe ich im Stillen immer

    gehofft, dass meine Mutti 90 wird oder gar 95 und wir dann vielleicht sogar miteinander sterben könnten. Klingt verrückt, ich weiß.

    Aber so waren nun mal meine Gedanken und Wünsche damals.

    Ein Mensch, der nie wirklich geliebt hat, wird uns eh nie verstehen.

    Aber wir brauchen auf diese Menschen nicht böse zu sein, mir tun sie heute leid, weil sie die Liebe noch nicht erfahren durften,

    und vielleicht nie erleben werden. Es muss schrecklich sein, ohne Liebe im Herzen, zu leben. Da dreht sich alles ums Geld und

    immer etwas unternehmen zu müssen. Sie kommen zuhause alleine nicht klar. Aber etwas zu unternehmen mit einem Menschen

    den man liebt, da ist doch alles gleich noch viel, viel schöner. Man kann es teilen, das macht es erst so wertvoll. Aber Menschen,

    die diese Liebe nicht kennen, können das auch nicht verstehn.

    Die Liebe ist das schönste und größte Geschenk, das uns unser Herrgott hier auf Erden mitgegeben hat. Ohne Liebe ist man doch

    irgendwie schon tot, oder sehe ich das vielleicht falsch. Sogar meine Liebe zu Jesus fühlt sich einfach total bombastisch an.

    Möchte sie nie mehr missen. Wir alle hier durften eine große Liebe erleben und damit nun auch die Kehrseite, die Trauer.

    Aber Hurra, wir haben sie erlebt. Was für ein Geschenk!

    Alles Liebe

    Kornblume

  • Ihr Lieben!

    Ja ich hätte mir auch gewünscht,das meine Eltern alt werden,aber für mich ist das schlimmste ,das ich gar

    keine Erinnerung an sie habe.Ich weiß in meiner Geburtsstadt jede Straße,jeden Laden von früher,aber

    ich weiß nicht,was ich in meiner Kindheit erlebt habe,war ich mit meinen Eltern in Urlaub,was haben wir

    gespielt irgendwelche schöne Momente,nichts alles ist weg.Durch meine Verwandtschaft habe ich einiges

    erfahren und meine Geschwister haben mir mein Fotoalbum mit 3 Bildern gegeben,denn sie wollten

    ja keinen Kontakt mehr,denn ich war ja krank.Mein Mann hat immer zu mir gestanden,weil ich alles

    vergessen habe und viele Anfälle hatte und seit 1995 ist ja auch nichts mehr,das war als würde

    ein neues Leben beginnen und ich konnte mir wieder etwas merken und war so voll Energie,das

    ich mir etwas suchen mußte zu arbeiten.Aber ich mußte sogar manche Wörter nachfragen,weil ich die Bedeutung nicht kannte,

    als müßte ich nochmal alles lernen.Aber es ist so schade,das ich nichts mehr weiß,ja die Krankheit

    gönne ich niemanden,aber ich bin froh,das ich sie überwunden habe.Liebe Grüße Helga

  • Ihr Lieben


    Ich danke euch sehr für eure Beiträge. Ich würde gerne auf sie eingehen, doch fehlen mir heute Kraft und Konzentration. Ich bin beschäftigt damit, mit mir und der seit heute neuen Situation klar zu kommen.


    Heute durfte nämlich mein Partner nach 8 Wochen Corona-Pause wieder in die Schweiz einreisen, und nun sind wir also wieder zu dritt. Das ist schön, aber auch nicht so schön. Ich fühle mich überfordert, den Anforderungen einer Partnerschaft gerecht zu werden, zumal mein Partner das Ausmaß meiner Trauer nicht gänzlich verstehen kann. Er war ja bei all den traurigen Ereignissen nicht dabei und konnte aus der Ferne nicht richtig mit uns trauern. Er hat meinen Trauerprozess nicht direkt mitverfolgen können und nie gesehen, wie es mir wirklich geht, abends, wenn ich frei von Pflichten bin und alles über mir einstürzt. Für ihn ist nicht die Welt zusammen gebrochen wie bei mir, seine Welt ist noch heil und er kann nicht damit umgehen, dass ich mich so verändert habe. Ich weiss nicht, wie ich mit seinen Erwartungen umgehen soll, die er natürlich nicht ausspricht, aber die ich spüre. Ich habe einfach keine Kraft dafür, ich möchte einfach nur, dass er mich in meiner Trauer traurig sein lässt und mich nicht abzulenken versucht.


    Unsere Tochter war ganz aufgeregt und voller Freude, aber gleichzeitig auch verwirrt und unsicher, was dazu führte, dass sie nicht so kooperativ war wie sonst und alles viel länger gedauert hat. Ich war so kaputt vom Tag, dass ich mich gleich auch ins Bett zurück gezogen habe und nun hier am Mobiltelefon schreibe. Tja, und was nun? Jetzt ist die Trauer um meinen Vater überlagert von den sich anbahnenden Konflikten des partnerschaftlichen Zusammenseins, und das kommt mir unangemessen vor. Ich möchte weiter einfach traurig sein können. Ich habe schon Kopfschmerzen, weil ich anfange zu zer-denken statt zu fühlen, aber ich komme grad da nicht raus.


    Ich möchte an meinen Vater denken können, mit ihm Zwiesprache halten können, weinen und klagen können, denn ich vermisse ihn noch immer wie am ersten Tag. Das Heimweh nach ihm und unserer heilen Familie glüht in meinem Herzen wie all die Tage vorher, seit er gestorben ist. Aber ich finde keinen Ausdruck dafür, weil ich mich gezwungen sehe, mich um andere Dinge kümmern zu müssen. Ich fühle mich zerrissen. Dabei sollte mir das Zusammensein mit meinem Partner doch Kraft geben, nicht Kraft rauben.


    Bin ratlos.

  • Liebe Silvia!

    Auf der einen Seite gibt dein Partner dir auch halt,aber er trauert nicht so wie du.Ja es war sein Schwiegervater,

    aber das ist eben etwas anderes,aber ich hoffe er versteht deine Trauer und legt auch mal den beschützenden

    Arm um dich,wenn du ihn brauchst.Ja es ist sehr schwer.Ich hatte Glück,das mein Mann mich immer in

    den Arm genommen hat und er hat es verstanden und es hat sehr lange gedauert,aber er war immer da

    und als seine Mutter gestorben ist,da hat es uns beide zerissen,denn sie war auch für mich wie eine zweite

    Mutter und das er dann auch noch fast 12 Monate später gestorben ist,das hat mich so fertig gemacht.

    Ich kann und will es immer noch nicht begreifen,warum er ,warum so früh,aber es wird nie eine Antwort

    darauf geben. Das schlimmste ist ,wenn das Gerede kommt,warte mal ab in einem Jahr,oder es ist docj

    schon etwas her usw.Ich wünsche dir ganz viel Kraft.Liebe Grüße Helga

  • Oh liebe Silvia,


    wie gut ich dich verstehen kann!

    ich möchte einfach nur, dass er mich in meiner Trauer traurig sein lässt und mich nicht abzulenken versucht.

    Den Trauernden ablenken zu wollen, ist der hilflose Versuch der Außenstehenden, etwas heil zu machen, was man nicht heil machen kann.

    Ich habe das meinem Mann genau so gesagt, denn auch er hat mich "erstickt" mit seinen Versuchen, mich auf andere Gedanken zu bringen.

    Ich glaube, du solltest das kommunizieren, sonst kannst du nicht in Ruhe trauern. Sich verstellen, nur um des lieben Friedens willen, kostet viel zu viel Kraft:(


    Das Heimweh nach ihm und unserer heilen Familie glüht in meinem Herzen

    Das hast du wirklich schön ausgedrückt. Ich empfinde ebenso. Die Sehnsucht nach meiner Mutter, das Heimweh nach der heilen Welt meiner Kindheit, das alles erfüllt mein Herz. Und nichts, rein gar nichts kann ich tun.

    Es bleibt, wie es ist. Ich kann nur akzeptieren und lernen, damit zu leben. Punkt.


    <3

  • Liebe Helga, liebe Kerstin


    Ich danke euch. Ich war gestern so froh, dass ich hier im Forum für mich eine Möglichkeit gefunden habe, meinen Frust und meine Ratlosigkeit auszudrücken. So gelang es mir, meine Gedanken und Gefühle ein wenig zu entwirren, und ich konnte dann wider Erwarten recht gut einschlafen.


    Der Morgen war zwar dann wieder schlimm, ich war ständig dem Weinen nah und unsere Tochter wollte nur zu ihrem Papa. Da hab ich mich noch verlassener gefühlt.


    Ich hab mir deinen Rat, Kerstin, zu Herzen genommen und offen mit meinem Partner gesprochen. Und es war sehr, sehr gut. Ich hab ihm alles nochmal erzählt von der schrecklichen Woche und viel geweint und ihm gesagt, wie er mir am besten helfen kann. Nämlich, indem er mir zuhört, mich einfach in den Arm nimmt, ohne, dass er das Gefühl haben muss, dafür zu sorgen, dass es mir besser geht. Denn das kann er nicht, es geht nicht und das liegt nicht an ihm.


    Jetzt bin ich erschöpft vom vielen Weinen und meine Augen brennen.


    Eine gute, erholsame Nacht mit viel Schlaf. Das bräuchte ich jetzt und wünsche ich uns allen.

  • Ich hab ihm alles nochmal erzählt von der schrecklichen Woche und viel geweint und ihm gesagt, wie er mir am besten helfen kann. Nämlich, indem er mir zuhört, mich einfach in den Arm nimmt, ohne, dass er das Gefühl haben muss, dafür zu sorgen, dass es mir besser geht. Denn das kann er nicht, es geht nicht und das liegt nicht an ihm.

    Liebe Silvia,

    Es erfordert immer Mut sich so zu öffnen, aber es ist immer gut dem Gegenüber seine Geühle mitzuteilen. Was für uns selbstverständlich ist, ist es für den anderen oft nicht. Und wir können dem Partner so auch viel Druck nehmen.


    Ich wünsch dir eine angenehme Woche <3

    Isabel

  • Ich kann im Moment nur weinen. Seit ich gestern meinen Partner alles noch einmal in vielen Details erzählt habe, ist es, als ob ich alles noch einmal hätte durchmachen müssen. Ich bin unendlich traurig und die Realität meines Verlusts kommt mir schlimmer vor denn je. Ich war wieder am Grab heute. Den Namen meines Vaters dort auf dem Holzkreuz zu lesen ist wie ein Stich ins Herz, zu wissen, dass der geliebte Körper dort unter der Erde liegt, tut so unglaublich weh. Ich schüttle innerlich ständig den Kopf und wünsche mir nur, die Zeit zurück zu drehen und alles anders enden zu lassen. Oder endlich aus diesem Alptraum aufzuwachen. Ich will mein altes Leben zurück. Ich will meinen über alles geliebten Papa zurück.


    Mein Partner war heute auch sehr traurig. Jetzt erst, wo er hier ist, spürt er, wie sehr mein Vater hier fehlt. Er hat mir von seinem letzten Gespräch mit ihm erzählt, bevor er nach Deutschland abgereist ist, da war alles noch gut. Und schon musste ich wieder weinen. Dass wir nie mehr mit ihm reden können, kommt uns so falsch vor, nicht einmal ein paar Worte des Abschieds.


    Es tut einfach alles nur weh. Mein Herz ist so schwer.


    Und morgen wieder arbeiten. Das kommt mir sinnlos vor. Einfach weitermachen wie vorher? Wie denn, wenn alles anders ist?Wenn mein ganzes Leben auf einmal nicht mehr heil ist, nicht mehr ganz ist, weil mein Vater fehlt.


    Morgen sind es sechs Wochen. Sechs Wochen, seit mein Vater gestorben ist und mit ihm mein unbeschwertes Dasein, meine heile Welt. Und es gibt kein Zurück.


    Mein Leben geht weiter. Einfach weiter. Und die Leute rundherum haben meinen Vater schon vergessen, als ob er nie gelebt hätte.


    Ich muss es weiter aushalten.

  • Ich verstehe jede einzelne Zeile die du schreibst.
    man kann nichts tröstendes schreiben .. ich weiß ganz genau was und wie du fühlst , denkst ... der Kern aus dem wir stammen ist nicht mehr da .
    Ich wünsche dir so viel Kraft !!!

  • Ich bin wirklich durcheinander. Nicht morgen sind es sechs Wochen, wie ich in meinen letzten Beitrag geschrieben habe, sondern HEUTE sind es sechs Wochen. Jeder Tag zählt.


    Julia W.

    Danke. Danke für die Kraft, die ich dir auch so sehr wünsche.


    Ich hab versucht einzuschlafen, aber die Bilder von den letzten Stunden lassen mich einfach nicht los heute. Ein Details verfolgt mich. Es ist ein Satz meines Bruders, der nicht direkt dabei war, als mein Vater starb, aber schon im Zimmer und mein Vater hat seine Stimme gehört und kurz daraufhin den letzten Atemzug gemacht und dann für immer aufgehört zu atmen. Als mein Bruder dann zu ihm durfte, war sein Körper noch warm. Dieser Satz, er war noch warm, hallt in mir nach. Es kommt mir so brutal vor, wie dann nach und nach die Wärme diesen so geliebten Körper verlassen hat, und mit der Kälte des Todes ersetzt wurde. Und am nächsten Tag war er eiskalt, alles Leben aus ihm gewichen.


    Und wieder muss ich es einfach weiter aushalten.

  • Ein Details verfolgt mich. Es ist ein Satz meines Bruders, der nicht direkt dabei war, als mein Vater starb, aber schon im Zimmer und mein Vater hat seine Stimme gehört und kurz daraufhin den letzten Atemzug gemacht und dann für immer aufgehört zu atmen. Als mein Bruder dann zu ihm durfte, war sein Körper noch warm. Dieser Satz, er war noch warm, hallt in mir nach.

    Liebe Silvia,

    Hatte er den etwas negatives ausgesprochen, oder hallt es in dir so nach weil es der letzte Satz war?

    Es ist auch ganz normal all diese Bilder im Kopf zu haben. Auch wenn der Schmerz in dir schon so lange anhält- es sind erst 6 Wochen vergangen.


    Schön, das dein Partner jetzt bei dir ist und du eine Stütze hast. Kannst du dich notfalls krankmelden wenn du zum Arbeiten noch nicht bereit bist?

    Ich wünsch dir weiterhin viel Kraft <3

    Isabel

  • Liebe Isabel


    Nein, mein Bruder hat nichts Negatives damit ausdrücken wollen, er hat es eigentlich ganz neutral gesagt. Es sind meine eigenen Gedanken, die dafür sorgen, dass dieser Satz "Er (der Körper meines Vaters) war noch warm" so in mir festsitzt. Ich verbinde mit der Wärme seines Körpers seine Lebendigkeit, und die ist halt dann nach und nach aus dem Körper gewichen, bis er eiskalt war. Es hat mir den ganzen Sterbeprozess einmal mehr bewusst gemacht und wie fragil das Leben ist. Wie schnell das Leben vorbei sein kann.


    Krankmelden könnte ich mich schon, jedoch bin ich zu Hause im gleichen Zustand. Mit der Arbeit selber komme ich gut klar, wenn ich dann einmal hier bin, und es hilft mir auch, ein Stück Normalität beizubehalten. Es ist nur der Gedanke, dass einfach alles weitergeht, obwohl doch meine Welt zusammengebrochen ist, der mich manchmal so aus dem Gleichgewicht bringt.

  • Mit jedem Toten, den wir lieben,
    stirbt ein Teil von uns.


    Von jedem Toten, dem wir verbunden sind,
    bleibt ein Teil durch uns.


    Helmut Soltsien


    Traurig und schön gleichzeitig. Meistens überwiegt der erste Teil des Gedichts und ich fühle mich unvollständig und versehrt. Manchmal jedoch kann ich ein wenig durchatmen und spüre meinen Vater ganz nah bei und in mir und weiss, dass wir für immer verbunden sind. Das ist selten, viel zu selten, aber doch ab und zu wie ein kleiner Lichtblick in meinem Leben, ein bisschen Licht und Wärme in all der Schwere und Dunkelheit. Diese Verbundenheit, die mir auch der Tod nicht nehmen konnte, weiter zu spüren.

  • Liebe Silvia,


    im Moment sitze ich auch mal wieder im Trauerloch:(


    Aber ich freue mich sehr, dass wenigstens mein Rat ein wenig geholfen hat! Doch musst du nachsichtig sein mit deinem Partner; er wird deine Trauer immer wieder auch mal nicht mehr auf dem Schirm haben, sodass du ein wenig nachhaken musst ...


    Gerade eben ertappte ich mich bei dem Gedanken: "Wieso meine Mami, weshalb musste sie diese Krankheit haben ..."

    Es ist alles so ungerecht.

    <3

  • Liebe Kerstin


    Es tut mir sehr leid, dass eine Trauerwelle dich gerade wieder überrollt. Das alles ist so schwer zu ertragen und wenn man dann irgendwann zu ein wenig mehr Leichtigkeit gefunden hat, ist es sicherlich umso schwieriger, den Schmerz wieder intensiver zu fühlen und nichts dagegen tun zu können.


    Ich bin wohl noch gar nicht aus der ersten schlimmen Trauer herausgekommen. Ausser ein paar gelegentlichen Verschnaufpausen sind der Schmerz, das Vermissen und die Schwere nicht weniger geworden.


    Ich hadere genau wie du. Ich empfinde es auch als himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass gerade unsere Liebsten krank werden, leiden und sterben müssen. Warum nur, warum? Antworten gibt es keine, und so laufen diese Fragen ins Leere. Einfach hinnehmen müssen wir es. Ich stehe jeden Abend vor den Fotos meines Vaters und kann nicht verhindern, dass ich weinen muss. Wie kann es sein, dass dieser geliebte Mensch nicht mehr hier ist, dass es diesen Körper so nicht mehr gibt? Die Sehnsucht ist so gross, ihn wieder hier zu haben, dass ich es mit Worten gar nicht ausdrücken kann.


    Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass diese Sehnsucht einmal weniger wird. Wie denn, wenn die Liebe jeden Tag noch größer wird? Wenn ich jeden Tag noch mehr realisiere, was mir fehlt? Wenn die Erinnerungen von überall her auf mich einströmen?


    Das Wunder wird nicht eintreffen. Wiedersehen werde ich meinen lieben Papa erst im Himmel wieder.


    Oder im Traum. Schon so lange wünsche ich mir wieder eine Begegnung im Traum. Das wäre so schön.


    Gute Nacht, liebe Kerstin, hoffentlich kannst du gut schlafen und dich ein wenig erholen.

  • Liebe Kerstin


    Danke für das Lied. So schön, und genau die Fragen, die ich meinem Vater auch stelle. Wenn ich nur Antworten bekäme.


    Ich bekomme jedoch keine. Und das ist schwer.


    Ich fühle mich heute seltsam leer und taub. Gleichgültig fast. Ich hatte letzte Nacht viele Träume, wirre Träume, ich glaube, mein Vater kam sogar auch drin vor, aber ich bin nicht sicher.


    Ich bin auch erschöpft von diesem Leben ohne meinen Vater. Alles kommt mir viel anstrengender vor. Es ist nicht mehr im Fluss.


    Ich werde gleich schlafen gehen.