Mein geliebter Vater ist nach kurzer, schrecklicher Krankheit unerwartet einfach gestorben

  • Liebe Helga, liebe Melanie


    Ich danke euch für eure lieben Worte.


    Ja, die Trauer ist wirklich als Gast bei mir eingezogen. Eigentlich mehr als das: Sie ist hier in meinem Innern heimisch geworden und wird erst wieder ausziehen, wenn ich selber von dieser Welt gehen muss. Sie gehört jetzt zu mir und wird am Leben gehalten von meiner Liebe zu meinem über alles geliebten Papa. Und diese Liebe wird nicht kleiner, sondern immer noch grösser.


    Ich werde gleich noch zusammen mit meinem Partner den Geburtstagstisch für meine Tochter decken. Mir gefällt deine Idee mit dem Foto sehr gut, Melanie. Am Nachmittag kommen recht viele Gäste aus meiner Familie und Nachbarschaft und da fände ich es schön, wenn mein Papa auch dazugehören könnte, symbolisiert durch das Foto. Darauf bin ich gar nicht gekommen; vielen, vielen Dank für die Anregung.


    Ich grüsse euch ganz lieb

    <3Silvia

  • Liebe Silva,


    ja, im Inneren eingezogen und sie zieht erst wieder aus, die Trauer, wenn wir selbst von dieser Welt gehen... Ja, diese Beschreibung ist wirklich noch viel zutreffender.


    Ich wünsche euch, soweit es eben geht, einen schönen Tag heute. Ich hoffe, dass du die Anwesenheit von deinem Papa spüren kannst....

    Es freut mich, dass dir meine Anregung gefällt.

  • Ihr Lieben


    Heute ist mein Vater schon 14 Wochen tot. Und immer noch starre ich ungläubig auf das Kreuz mit seinem Namen drauf auf dem Friedhof an seinem Grab. Wie, wie nur ist es soweit gekommen, dass er für immer von uns gegangen ist? Ich weiss zwar, dass er gestorben ist, jedoch sträubt sich alles in mir, diese Tatsache wirklich zu akzeptieren. Ich hatte in der Nacht wieder ganz wirre Gedankengänge; ich habe mir etliche Szenarien ausgemalt, in denen er hätte gerettet werden können. Absolut sinnlos, und doch konnte ich es nicht stoppen.


    Was mich derzeit auch beschäftigt: Je mehr Wochen vergehen, umso mehr verschwindet er aus dem Bewusstsein der Menschen, die ihn einmal gekannt haben. Und er hat viele gekannt, wir konnten noch nicht einmal alle ausfindig machen. So bleiben immer weniger Menschen, die die Erinnerung an ihn wach halten. Und diese wenigen Menschen sind wir, seine Familie: seine Frau und seine 4 Kinder. Für uns wird er immer der geliebte Mann und der geliebte Papa bleiben. Aber für die anderen ist er einfach nur ein Mensch, der einmal gelebt hat und der nun gestorben ist, wie es der Lauf der Dinge ist.


    Gestern morgen am Geburtstag meiner Tochter ging es mir wieder gar nicht gut, ständig traten Tränen in meine Augen und ich musste mich sehr bemühen, die Fassung zu bewahren. Ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn mein Vater noch hier wäre, und konnte den Schmerz, der daraus entstand, fast nicht bewältigen. Irgendwann gegen Mittag ging es dann wieder ein wenig besser. Am Nachmittag an der Geburtstagsfeier war die Stimmung schön und feierlich, wir haben alle an meinen Vater gedacht und auch seine Präsenz gespürt. Ich habe mich mehrere Male dabei ertappt, wie ich seinen Blick gesucht habe... Verrückt, nach all der Zeit! Es ist noch immer nicht in alle Hirnschichten vorgedrungen.


    Nun geht es auch langsam darum, die Erbangelegenheiten zu regeln. Mein Vater besass ein Gebäude, das er selber gebaut hatte und das er noch einmal umbauen wollte. Er wollte unter anderem auf das Dach zwei Pyramiden bauen und darauf Solaranlagen. Die Pläne hatte er alle selber gezeichnet, das Gesuch für die Baubewilligung selber eingereicht und der Kredit war auch gesprochen, alles war bereit. Er hatte sogar schon einen Baucontainer und einen Gebäudelift organisiert. Und dann stirbt er völlig unerwartet. Niemand von uns aus der Familie kann ein solches Projekt umsetzen, das hätte nur er gekonnt. Es war ein Herzensprojekt für ihn, er hat wochenlang daran gesessen, tausend Überlegungen miteinfliessen lassen, er hatte jedes Detail im Kopf. Schweren Herzens müssen wir nun dieses Haus verkaufen und sein letztes Projekt unvollendet lassen.


    Ich wünschte einfach nur, ich könnte ihn noch einmal sehen, von ihm hören, wie es ihm geht. Oder ihn um Rat fragen. Einfach seine Stimme noch einmal hören, wie er mit mir redet, mich beruhigt und mir versichert, dass alles gut ist so, wie es ist.

  • Liebe Silvia!

    Es ist schön,das der Geburtstag einigermaßen gewesen,wenn auch mit traurigen Gedanken,das der Opa/Papa

    nicht anwesend sein konnte.Ja schade mit dem Projekt,aber es geht ja nicht anders.Auch ich würde so gerne

    noch einmal die Stimme von Ralf hören,fragen wie es ihm geht und ihn so gerne noch einmal umarmen und

    ihn noch so vieles fragen,aber leider werden wir nur davon träumen können.Das Leben ist so ungerecht.

    Liebe Grüße Helga

  • Liebe Silvia,


    ich freue mich, dass ihr den Geburtstag deiner Kleinen so schön gefeiert habt und dieser Tag nicht allzusehr von Trauer überschattet war; denn so sollte es auch sein, genau so hätte es sich dein Vater gewünscht (der im Übrigen dabei gewesen ist, ganz sicher!).


    Ja, es ist schon sehr seltsam, wie rasch die Menschen einen Verstorbenen "hinter sich lassen".

    Ich würde behaupten, dass beinahe alle Trauernden diese schmerzhafte Erfahrung machen müssen.

    Es bedeutet eine zusätzliche große Belastung in der Trauer, mich zieht das jedenfalls sehr runter, denn dieses sinnlose Grübeln über die möglichen Gründe kostet wertvolle Energie ...:(



    Mein Vater besass ein Gebäude, das er selber gebaut hatte und das er noch einmal umbauen wollte. Er wollte unter anderem auf das Dach zwei Pyramiden bauen und darauf Solaranlagen.

    Das ist ja interessant!

    Wollte er ein Energiezentrum schaffen und kosmische Einflüsse einfangen mit den zwei Pyramiden?

    Auf jeden Fall scheint dein Vater sehr kreativ gewesen zu sein.

    Ich habe mich mehrere Male dabei ertappt, wie ich seinen Blick gesucht habe... Verrückt, nach all der Zeit! Es ist noch immer nicht in alle Hirnschichten vorgedrungen.

    14 Wochen, liebe Silvia, sind nicht einmal ein Wimpernschlag in der tiefen Trauer.

    Wenn ich mir vorstelle, auf einen Grabstein mit ihrem Namen darauf schauen zu müssen!:33:

    Meine Mutter wollte sich immer unbedingt verstreuen lassen, obwohl das Grab meines Vaters, das sie stets liebevoll gepflegt hat, noch existiert.

    Mittlerweile denke ich, sie wollte mir ersparen, auf ihren Grabstein zu schauen, und ich bin ihr beinahe dankbar dafür.


    Dir eine gute Nacht!

    <3<3

  • Liebe Silvia,


    ich kann dich so gut verstehen. Auch ich habe immer solch wirre Gedankengänge, wie man Mama vielleicht hätte retten können. Wäre dies und das anders gewesen, hätte man stattdessen jenes usw. Ja, es ist furchtbar sinnlos und einfach nur belastend und doch tut es das Gehirn... immer wieder.

    Es ist noch nicht in alle Hirnschichten vorgedrungen, ja, da sagst du was, liebe Silvia. Und ich habe auch langsam die Befürchtung, dass das immer so bleiben wird.


    Ja, auch ich mache die Erfahrung, wie schnell jemand einfach so aus dem Bewusstsein der Mitmenschen verschwindet. Sie haben geweint, als sie die Nachricht erhielten, haben sich 2-3 Mal nach einem erkundigt und dann ging alles wieder seinen gewohnten Gang. Das ist wirklich sehr, sehr belastend. Es ist genau wie du es beschreibst: "Ein Mensch den sie einmal gekannt haben, der gestorben ist, der Lauf der Zeit." Für mich ist der Lauf der Zeit aber etwas anderes. Der Lauf der Zeit wäre für mich, wenn man mit ü90 friedlich in seinem Bett einschläft. Und nicht, wenn man mit 60 von heute auf morgen von einer in den meisten Fällen heilbaren Krankheit von jetzt auf gleich aus dem Leben gerissen wird. Das ist NICHT der Lauf der Zeit. Und ich bin wirklich zutiefst erschrocken darüber, wie schnell, laut der Leute, doch mein Leben weitergehen muss... Unfassbar.


    Aber es freut mich, dass die Geburtstagsfeier, trotz der traurigen Momente, doch schön war und dass ihr deinen Papa spüren konntet.

  • Liebe Silvia,


    dein Beitrag hat mich sehr berührt, ich erkenne mich in so vielem wieder, viele deiner Worte könnten direkt von mir sein. Gerade auch was du zuletzt geschrieben hast, am Anfang sind alle schockiert und betroffen, aber nach wenigen Wochen verschwindet der Mensch immer mehr aus ihrem Bewusstsein, es war für sie eben nur ein Nachbar oder Bekannter, aber kein Herzensmensch.


    Auch ich habe vor vier Wochen ganz plötzlich meinen geliebten Papa verloren. Meine Eltern haben mich an jenem Tag mit dem Auto abgeholt, wir haben Einkäufe erledigt und sind noch ein bisschen durch die Gegend gefahren, wie wir alle drei es immer geliebt haben. Papa war immer sehr interessiert an allem was so rundum passiert, besonders an Neubauprojekten. An diesem Tag war ich leider schlecht gelaunt und genervt, Papa sagte noch ""Wichtig ist doch nur dass wir alle gesund durch den Sommer kommen" und ich habe nur irgendeinen dummen Kommentar abgegeben. Später haben mich meine Eltern nach Hause gebracht, ich sagte noch dass ich beim nächsten Mal bessere Laune haben werde, habe vage in ihre Richtung gewunken und das war das letzte Mal dass ich meinen Papa lebend gesehen habe. Kurz nach Mitternacht bekam ich einen Anruf von meiner Mama dass sie Papa tot in seinem Bett gefunden hat. Ich bin mit dem Taxi hin und es begann eine furchtbare Horrornacht. Ich habe noch kurz nach ihm gesehen, er lag mit offenem Mund und Augen auf dem Fußboden, ich bin schnell wieder raus, ich konnte das nicht ertragen. Wir mussten noch eine Ewigkeit auf einen Arzt und den Bestatter warten, dann haben sie ihn unter Ächzen aus der Wohnung bugsiert wie ein sperriges Möbelstück. Die Bilder dieses Tages liefen in Endlosschleife in meinem Kopf ab, immer und immer wieder. Wir hatten doch gerade noch vor ein paar Stunden miteinander gesprochen.


    Ich kann und will das nicht akzeptieren, er war zwar schon 79 Jahre alt aber ich hatte immer so gehofft dass er mindestens Mitte 80 wird. Das Schlimmste ist dass es Vorzeichen gab, er hatte seit etwa zwei Wochen Nackenschmerzen, aber meine Eltern haben das beide als von Zugluft verursacht abgetan und dass das schon von allein wieder weg geht. Papa wollte nie ins Krankenhaus, er hätte 4 Tage später einen Termin bei seinem Hausarzt gehabt. Dort ist meine Mama dann allein hin und hat dort vom Arzt erfahren dass die Nackenschmerzen ein Vorzeichen für einen Herzinfarkt waren. Ich denke ständig ob man ihn nicht hätte retten können wenn er gleich zum Arzt oder ins Krankenhaus gefahren wäre. Heutzutage gibt es doch so viele Möglichkeiten.


    Er war ein besonderer Mensch, ein echtes Original, immer mit einem fröhlichen Spruch oder Lied auf den Lippen. Am Tag seines Todes ist das Lachen aus unserem Leben verschwunden. Ich bin erst Ende 30 und sehe eine endlose lange Lebenszeit vor mir, die mir einfach nur sinnlos erscheint. Meine Mama ist auch schon Ende 70, hat keine Freunde, Bekannte oder Verwandte in der Nähe. Alles hat sie immer nur mit meinem Papa und mir gemacht. Aber ich kann auch nicht jeden Tag da sein. Ich habe einen Partner, aber keine Kinder, keine Geschwister und mein Bekanntenkreis hat sich auch ziemlich aufgelöst.


    Ich habe jetzt ein Foto aufgestellt auf dem mein Papa und ich drauf sind. Was würde ich darum geben in diesem Foto leben zu können, noch einmal mit ihm sprechen, ihn umarmen. Er wurde ohne einen Abschied aus unserem Leben gerissen.


    So, das musste mal raus. Danke für´s Lesen und einen lieben Gruß an alle


    Stella

  • Ihr lieben Menschen, liebe Helga, liebe Kerstin, liebe Melanie, liebe Stella


    Vielen, vielen Dank für eure lieben Zeilen und eure Gedanken. Hier im Forum ist unterdessen wirklich der einzige Ort, wo ich ganz offen erzählen kann, wie es mir geht und was gerade so los ist. Ich bin wirklich dankbar, euch gefunden zu haben. Es hilft mir sehr, zu verstehen, was in mir vorgeht und einfach meinem Innenleben Ausdruck zu verleihen. Auch gibt es mir die Möglichkeit, über meinen Vater zu schreiben, gegen das Vergessen anzuschreiben.


    Es ist schon sehr belastend, dass sogar mein eigener Partner kein echtes Gehör mehr hat für meine Trauer und meine Gedanken. Es ist ihm zuviel. Ich sehe an seinen Augen, dass er nicht weiss, wie er reagieren soll, wenn ich erneut wieder traurig bin und erzählen möchte, was mich gerade belastet. Immer öfter kommen sogar die üblichen Plattitüden über seine Lippen und das ertrage ich sehr schlecht, dann lieber nichts sagen. Selbst er denkt, dass nun doch wirklich langsam genug Zeit verstrichen ist. Dabei sind es noch nicht einmal vier Monate. Da fühle ich mich alles andere als verstanden und rede entsprechend einfach nicht mehr mit wirklicher Tiefe darüber mit ihm. Aber hier geht es, hier hat die Tiefe Platz, und deshalb kann ich es irgendwie aushalten, das alles, weil ich schreiben kann. Weil ich mir alles von der Seele schreiben kann. Und weil ich weiss, dass ich nicht allein in meinem Schmerz und meinem Kummer und meiner Sehnsucht.


    Das ist ja interessant!

    Wollte er ein Energiezentrum schaffen und kosmische Einflüsse einfangen mit den zwei Pyramiden?

    Auf jeden Fall scheint dein Vater sehr kreativ gewesen zu sein.

    Liebe Kerstin. Ja, genau das wollte er. Er hatte im Sinn, eine Art Lebens- und Kunstoase zu erschaffen. Das war sein Traum vom Ruhestand und da ist viel Gedankenenergie von ihm reingeflossen. Kreativ war er, das stimmt auch. Er hatte schon immer eine künstlerische Ader. Ich erinnere mich, dass wir ihn als Kinder immer darum gebeten haben, uns etwas zu zeichnen, damit wir es dann ausmalen konnten. Er hat auch jedem Haus, das er umgebaut hat, und jeder Wohnung, seine ganz persönliche Note verliehen, ganz unverwechselbar, und doch immer wieder anders, mit viel Liebe zum Detail. Ich wohne selber in einer Wohnung, die er restauriert hat, und das ist mitunter sehr schmerzhaft, weil ich überall seine Spuren sehe, seine Gedankengänge hinter vielen Einzelheiten erahne. Gleichzeitig tröstet es mich manchmal auch, weil ich ihm dann immer nahe bin. Mein Vater war einer, der Visionen hatte und die auch umgesetzt hat. Und das bewundere ich zutiefst. Ach, er fehlt mir so sehr. Nun kann niemand seinen Traum mehr verwirklichen, er ist verloren. Und das tut mir und uns allen aus der Familie in der Seele weh, und doch sehen wir uns absolut nicht in der Lage, sein Lebenswerk zu vollenden. Das ist so traurig.


    Auch ich habe vor vier Wochen ganz plötzlich meinen geliebten Papa verloren.

    Liebe Stella. Das tut mir sehr, sehr leid. Mein aufrichtiges Mitgefühl zum Tod von deinem lieben Papa. Erst vier Wochen ist es her. Noch so frisch. Es ist so schwer, was du durchmachen musst. Alles läuft immer wieder in Endlosschleife in einem ab, es ist genau so, wie du schreibst. Immer wieder läuft alles noch einmal im Kopf ab. Vor allem die letzten Bilder. Wie gut kenne ich das. Auch jetzt ist es bei mir noch so. Immer wieder überschwemmen mich diese Bilder, verfolgen mich, quälen mich. Wir können nur hoffen, irgendwann wieder ein wenig Frieden zu finden, wann auch immer das sein wird. Ich wünsche dir, dass dir das Schreiben genauso hilft wie mir, all diesen intensiven Gefühlen Ausdruck zu verleihen und so ein wenig Erleichterung zu finden.


    Ich schicke euch allen eine ganz liebe Umarmung und wünsche euch eine erholsame Nacht. Bestimmt wachen unsere lieben Eltern über uns alle.

  • Liebe Silvia,

    ich bin mir ganz sicher, dass unsere Lieben noch bei uns sind.

    4 Monate ist wirklich noch keine Zeit bei der Trauerarbeit. Bis der ganze Schmerz im Herzen angekommen ist, das brauch

    Zeit, sehr viel Zeit. Vielleicht würde es Deinem Mann helfen Dich besser zu verstehn, wenn auch er mal in einem Trauer-

    forum lesen würde. Nach 4 Monaten ist der Tod meiner geliebten Mutti bei mir noch nicht mal im Herzen richtig angekommen.

    Sicherlich hast Du hier schon viel mitgelesen und erfahren, dass das was Du fühlst und denkst, ganz normal bei der großen

    Trauer ist. Jeder findet seinen ganz persönlichen Trauerweg, den er gehen muss. Leicht ist er nicht, ganz im Gegenteil.

    Du wirst noch sehr viel Geduld und Kraft brauchen und ich würde es Dir sehr wünschen, wenn Dein Mann Dir noch besser

    zur Seite stehen könnte und nicht eine Last für Dich wird. Das wäre bei der Trauer eine große Hilfe, wenn Du über Deinen

    großen Schmerz reden könntest. Leider verstehen die Menschen erst, wie es einen Trauernden geht, wenn sie selbst einen

    geliebten Menschen verloren haben. Wenn Du magst, schreib Dir hier alles von der Seele. Jeder hier kennt diesen Schmerz

    und weiß, was Du gerade durchlebst.

    Alles, alles Liebe für Dich

    Kornblume

  • Liebe Silvia!

    Ja es ist sehr schwer,auch das der Partner jetzt nicht ganz besonders für dich da ist und versteht wie schwer

    es für dich ist.Manche Männer sind da etwas anders.Ich weiß noch wo meine Schwiegermutter verstorben ist,

    das hat ihn sehr mitgenommen und mich auch,aber die Zeit im KH war ich so oft da,weil er immersagte,das

    ich das besser könnte und er war auch schneller darüber weg über ihren Tod wie ich.Aber du kannst dir ja

    wenigstens hier alles von der Seele schreiben.Liebe Grüße Helga

  • Liebe Silvia,


    vielen Dank für deine mitfühlenden Worte. Gestern war ein ganz schwerer Tag, ich musste ständig weinen. Heute hatte ich so ein distanziertes Gefühl, ich war bei meiner Mama, habe sein geliebtes Auto in der Garage gesehen und mir eingeredet, er konnte gerettet werden und wäre jetzt zur Kur. Dass er nie mehr zurück kommt ist unbegreiflich.

    Ja ich glaube auch dass unsere Lieben noch bei uns sind. Ich habe sehr viel zu dem Thema gelesen und glaube an eine jenseitige Welt. Leider kann ich es nur nicht fühlen.


    Alles Liebe für dich und alle anderen hier

  • Vielen lieben Dank an alle, die mir geschrieben haben. Mir geht es heute schon den ganzen Tag nicht so gut. Ich bin gereizt, ungeduldig, habe einfach keine Energie, irgendetwas Sinnvolles anzupacken. Ich schaue auf die Fotos von meinem Vater am Kühlschrank, die die Sonne zum Teil schon völlig ausgebleicht hat. Jeder Atemzug schmerzt gerade, ich atme, aber mein Vater wird nie mehr atmen können. Ich schaue nach draussen, sehe das wunderschöne Panorama, das mein Vater mit seinen irdischen Augen niemals mehr wird in sich aufnehmen können. Ich lausche all den Geräuschen des abendlichen Alltags und kann nur denken, dass mein Vater so einen Alltag nie mehr hören und erleben kann. Es ist zutiefst ungerecht.


    Mein Bruder hat vielleicht (wahrscheinlich) schon einen Käufer für das Haus gefunden, das mein Vater noch zu einer Heil-, Lebens- und Kunstoase umbauen wollte. Es schmerzt so sehr, dass er dieses Herzensprojekt nicht mehr umsetzen konnte. Diese Vision ist mit ihm gestorben. Mit diesem Haus verbinde ich so viel. Das Grundstück, auf dem es steht, ist im Besitz meines Vaters, seit ich denken kann. Seine ganze Geschichte ist damit verbunden. So viel gibt es darüber zu erzählen. Ich war mit meiner Mutter, meinem Partner und meiner Tochter vor ein paar Wochen einmal da. Wir wollten schauen, ob alles in Ordnung ist. Es war schwer, durch das Gebäude zu gehen und überall seinen Geist zu spüren, seine Spuren zu sehen. Und jetzt ertrage ich den Gedanken nicht, dass das Gebäude in fremde Hände kommt. Wieder ein Stück von ihm weg, ein grosses diesmal. Teil seines Lebenswerks. So viele Stunden Arbeit hat er hineingesteckt, so viel Herzblut, sein Sein steckt da drin. Es war ihm immer so wichtig. Ich dachte, wir hätten noch ein wenig mehr Zeit zum Abschied nehmen vom Haus. Dass wir es verkaufen würden, darüber haben wir in der Familie ausführlich gesprochen und waren uns einig darüber. Aber jetzt, wo es so schnell geht, wird mir mulmig. Es fühlt sich ein wenig wie Verrat an. Mein Vater hätte das Haus nie verkauft.


    Heute kann ich wenig klare Gedanken fassen. Mein Kopf fühlt sich schwer an, die Gedanken entsprechend schwerfällig. Meine Gefühle auch schwer, alles schwer. Ich habe im Buch von Megan Devine ("Es ist okay, wenn du traurig bist") gelesen, dass Trauer an sich kein Problem darstellt, da es ein natürlicher Prozess ist und sich daher nicht lösen lässt. Auch nicht beschleunigen lässt. Man kann sie weder antreiben noch in bestimmte Bahnen lenken. Und so ist es eben jetzt gerade bei mir, wie es ist: Schwer. Sehr schwer wieder.


    Ich denke an euch alle, die ihr auch solchen Schmerz aushalten müsst.

  • Liebe Silvia,


    ja, Trauer ist kein Problem, dass sich einfach lösen lässt, Trauer ist einfach.

    Sie ist da, mal mehr, mal weniger schlimm.

    Gestern hatte ich auch wieder ein solches Trauerloch, ich bin einfach tief hineingefallen, habe geweint und extrem starke Sehnsucht nach "früher" verspürt.

    Ich habe mir gewünscht, wieder ein Kind zu sein, geborgen und getragen von den Eltern, eingehüllt von dem warmen, weichen Gefühl der sorglosen Kindheit.

    Das war so intensiv, ich war richtiggehend verzweifelt. Nach dem Weinen ging es mir dann wieder besser.

    Und jetzt ertrage ich den Gedanken nicht, dass das Gebäude in fremde Hände kommt. Wieder ein Stück von ihm weg, ein grosses diesmal. Teil seines Lebenswerks.

    Oh ja, das kann ich gut nachempfinden!

    Es ist ja nicht nur ein Teil von ihm, sondern auch ein großer Teil von dir und deiner Geschichte. Ein Stück Land, dass zu euch gehört hat, seit du denken kannst.

    Ein Abschied.

    Ich hätte auch große Schwierigkeiten, jemandem dieses Land mit dem Haus darauf zu gönnen, ich würde es ebenso gerne behalten wollen wie du, liebe Silvia. Aber das ist wohl nicht wirklich vernünftig.

    Doch wer ist in seiner tiefen Trauer schon vernünftig???


    Ich wünsche dir morgen einen besseren Tag!

    <3<3<3

  • Liebe Kerstin


    Heute war mein Tag tatsächlich ein bisschen besser als gestern. Das lag wahrscheinlich hauptsächlich daran, dass ich gearbeitet habe und so ein wenig abgelenkt war.


    Ich fühle mich manchmal dieser Trauer nicht gewachsen. Wie du schreibst, ist sie einfach da. Immer da. Wenigstens ein paar Verschnaufpausen zwischendurch, aber nur kurze. Ich kenne das mit der Sehnsucht auch so gut. Es ist so ein Ziehen im Herzen, dass man sich nichts Sehnlicheres wünscht, als wieder zurückgehen zu können in die alte heile Welt. Und die Verzweiflung darüber überfällt einen dann, dass es einfach nie mehr möglich sein wird.


    Du hast sehr treffend formuliert, warum es mir so schwerfällt, das Erbe meines Vaters einfach zu verkaufen. Ich weiss, dass es nötig ist, dass wir es verkaufen müssen, alles andere wäre aus verschiedensten Gründen nicht vernünftig und auch nicht möglich.

    Es ist ja nicht nur ein Teil von ihm, sondern auch ein großer Teil von dir und deiner Geschichte. Ein Stück Land, dass zu euch gehört hat, seit du denken kannst.

    Ein Abschied.


    Ich hätte auch große Schwierigkeiten, jemandem dieses Land mit dem Haus darauf zu gönnen, ich würde es ebenso gerne behalten wollen wie du, liebe Silvia. Aber das ist wohl nicht wirklich vernünftig.


    Doch wer ist in seiner tiefen Trauer schon vernünftig???


    Genau so ist es. Danke, dass du es so gut in Worte fassen konntest für mich. Es fühlt sich wie ein grosser Verlust an. So viele Abschiede. Immer wieder kommen neue Dinge auf mich zu, mit denen ich mich auseinandersetzen muss. Es hört nicht auf.

  • Ihr Lieben


    Ich habe heute schweren Herzens die ausgebleichten Fotos von meinem lieben Papa vom Kühlschrank genommen, die ich ein paar Tage nach seinem Tod dort aufgehängt habe. Wie oft stand ich dort davor und hab in seine lieben Augen geschaut, hab sein vertrautes Gesicht betrachtet und versucht, jedes Detail in mich aufzunehmen. Wie oft stand ich dort mitten in der Nacht; weinend, verzweifelt, untröstlich. Die Fotos waren so vergilbt von der Sonne, dass sie einfach nicht mehr schön waren, und das konnte ich nicht mehr länger ertragen. Ich habe mir mein Liebelingsfoto auf dem besten Fotopapier ausgedruckt, das ich habe und hoffe, dass dieses beständiger ist. Ausserdem habe ich einen seiner Weisheitskrümel ausgedruckt und auch dazugehängt:


    Je schöner und voller die Erinnerung,
    desto schwerer ist die Trennung.
    Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
    Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel,
    sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.
    Dietrich Bonhoeffer


    Ich weiss noch, wie ich ganz am Anfang mit diesem Gedicht gehadert habe. Ich wurde sogar fast wütend, so unwahrscheinlich erschien es mir, dass sich jemals meine Erinnerungen in eine stille Freude verwandeln würden. Wie konnte es jemand wagen, so etwas zu schreiben, so etwas Unwahres; es kam mir vor wie ein falscher Trost. Denn all meine Erinnerungen waren ausgesprochen schmerzhaft und überschwemmten mich mit neuer Trauer und Sehnsucht. Und das ist auch jetzt noch die meiste Zeit so. Jede Erinnerung zeigt mir wieder, was ich verloren habe, was ich nie mehr haben kann und wie sehr mir mein Vater fehlt. Aber ab und zu, selten noch, kann ich jetzt ganz zaghaft lächeln, wenn ich an etwas Schönes denke, was ich mit meinem Vater erlebt habe. Es war so schön und ich habe es erlebt und das ist für immer in meinem Herzen gespeichert; und das ist ein grosser Schatz, dieses kostbare Geschenk, von dem Dietrich Bonhoeffer schreibt.

    Und deshalb habe ich das Gedicht zum Foto dazugehängt. Ich bin noch lange nicht soweit, das vergangene Schöne ist noch immer ein Stachel, aber es hat sich ein kleines Bisschen in die Richtung der stillen Freude bewegt. Es gibt mir Hoffnung. Und es zeigt mir, dass sich etwas verändert, auch wenn es ganz langsam ist.

  • Ihr Lieben hier


    Vor ein paar Tagen hat mir mein Bruder ein Video gezeigt von meinem Vater. Er war damals erst 36 Jahre alt, genauso alt wie mein Bruder jetzt. Das Video hat er im Internet gefunden; mein Vater hatte mit seiner damaligen Firma ein bisschen Berühmtheit erlangt und kam im Fernsehen. Dieses Video zu sehen von ihm, wie er in seinen besten Jahren, jung, stark, vital gesprochen und sich bewegt hat, hat mich in meiner Trauer wieder voll gepackt. Seine Stimme zu hören, seinen unverwechselbaren Dialekt, seine Wortwahl. Seit da fühle ich mich richtig zurückgeworfen, weine wieder viel und hadere extrem mit allem, was passiert ist. Ich will nicht glauben, dass er einfach nicht mehr da ist. So gern würde ich ihn fragen, wie das war damals. So gern würde ich alles wissen. Ein Leben geht einfach zu Ende, so schnell. Das kommt mir unheimlich vor. Egal, was man geleistet hat, egal, was für ein guter Mensch man war oder wie positiv man die Welt verändert hat - man muss sterben. Irgendwie alles so sinnlos.


    Nein, nein, nein will ich nur hinausschreien in die Welt.


    Am Samstag fahren wir für 10 Tage in den Urlaub. Meine Tochter freut sich sehr und zählt schon die Tage. Ich jedoch möchte am liebsten einfach nur hierbleiben und weiter traurig sein können.

  • Liebe Silvia!

    Ja da kommt alles wieder hoch.Und es ist schlimm ,das es niemals eine Antwort auf alle Fragen gibt.

    Ich hätte Ralf auch noch soviel fragen und sagen wollen,aber leider müssen wir damit leben.

    Der Urlaub wird dir sicher gut tun.Ich habe dir schon mal schönes Wetter bestellt,hoffe das

    kommt auch.Ich wünsche euch jedenfalls einen schönen Urlaub und da wirst du etwas auf

    andere Gedanken kommen und dich ablenken.Alles Gute .Liebe Grüße Helga

  • Liebe Silvia!


    Ich freue mich, von dir zu lesen.

    Besonders freue ich mich aber, dass du ein wenig in Urlaub fährst:thumbup:


    Am Samstag fahren wir für 10 Tage in den Urlaub. Meine Tochter freut sich sehr und zählt schon die Tage. Ich jedoch möchte am liebsten einfach nur hierbleiben und weiter traurig sein können.

    Dass es zwiespältig ist, liegt auf der Hand, und doch ist es gut, aus seinem Trott herauszukommen. Du wirst gute Momente im Urlaub haben, dich an der Freude deiner Kleinen erfreuen und dadurch einen Sinn erspüren; einen Sinn, trotz allem auch glücklich sein zu dürfen.

    Ich kann selten mit meinem Mann gemeinschaftlich in den Urlaub, denn einer muss sich für gewöhnlich um die Viecherl kümmern;)

    Doch vergangenes Jahr, gerade dieses zweite beginnende Trauerjahr, war so dermaßen schwer für mich, dass ich mich vollständig ausgelaugt und entkräftet fühlte. Außerdem war ich entsetzlich gereizt und bin bei den kleinsten Dingen schon ausgerastet.

    Aus Verzweiflung darüber habe ich mir kurzerhand eine Busreise nach Tirol geleistet. Allein.

    Ich hatte ein wenig Angst davor, trotzdem wollte und musste ich unbedingt was anderes sehen.

    Diese Reise war die schönste, die ich seit langer Zeit gemacht habe. Das beste Wetter, ein super Hotel, nette Mitreisende, mit denen ich mich sehr gut unterhalten konnte.

    Aber das Allerbeste war: Ich konnte wirklich mal abschalten. Ich bin morgens mit einem ganz ruhigen Magen aufgewacht, wo ich doch sonst immer Magenkrämpfe hatte bzw. mich übergeben musste. Das Trauergefühl war ebenfalls sanfter. Wirklich eine Erholung:)

    Ich denke auch, dass meine Mutter mir die Inspiration für die Reise gegeben hat, denn ich war mir seltsamerweise von Anbeginn absolut sicher, dass sie gut werden würde.

    So gern würde ich ihn fragen, wie das war damals

    Witzig, mir erging es heute beinahe gleich!

    Ich habe zusammen mit meinem Mann entrümpelt und dabei alte Schulzeugnisse meines Vaters aus den Jahren 1931-1938 gefunden; Gymnasialzeugnisse;)

    Als er ein Teenie war, waren seine Noten nicht sooo berauschend, aber in der letzten Phase bis zum Abi nur noch gute Noten!

    Ich musste laut lachen, weil ich sofort die Worte meiner Mami in Erinnerung hatte: "Ja, er war faul als Bub, und seine Mutter hat ihn mehr als einmal vom Sportplatz (Fußball) geholt und ihm die Leviten gelesen:D!!!"

    Tja, erst habe ich gelacht, als ich an diese Worte denken musste, und dann, urplötzlich musste ich total weinen ...

    In dem Moment hatte ich eine heiße Sehnsucht danach, wieder diese wunderbar vertrauten Gespräche mit meiner Mami zu führen.

    Diese Trauergefühl hat mich umgehauen, und ich kann wieder einmal nicht begreifen, wieso mein Leben jetzt so anders sein muss;(


    Liebe Silvia, dieses Hin und Her wird uns ganz bestimmt noch lange begleiten.

    Seit da fühle ich mich richtig zurückgeworfen, weine wieder viel und hadere extrem mit allem, was passiert ist.

    Ja, das kann ich verstehen.

    Aber dieses "sich zurückgeworfen fühlen" passiert zunehmend auf einem anderen Level.

    Die Schwere und Tiefe der Trauerlöcher nimmt ab.

    Oder, die andere Variante, es ist so, dass man trotzdem genauso tief herunterfällt, man aber viel geschickter und schneller wieder aus dem Loch herauskommt.

    So erlebe ich es zumindest.

    <3<3<3