Hallo, ihr Lieben!
Ich habe am 09.09. kurz vor Mitternacht meine Oma an Bauchspeicheldrüsenkrebs verloren. Vor fünf Jahren hatte sie bereits Magenkrebs, der weitesgehend entfernt werden konnte. Vor einigen Wochen ist er erneut ausgebrochen. Ende August kam Oma dann ins Krankenhaus. Fakt war, dass es Krebs war, aber im Nachhinein haben wir erst erfahren, um welchen es sich genau handelte. Die bösartigste Sorte, die man sich vorstellen konnte. Oma hatte keine Chance. Ich bin fast jeden Tag bei ihr gewesen. Entweder meine Mutter und Opa, oder ich. Am Ende bin ich täglich dort gewesen und habe gesehen, wie es ihr immer schlechter ging, wie sie gelber im Gesicht wurde und am Ende gar nicht mehr sprechen, essen und trinken konnte. Es war so schreckliches Leid gewesen. Mir fällt es immer noch schwer, darüber zu sprechen oder zu schreiben, geschweige denn überhaupt mich daran zu erinnern. Uns ist allen klar gewesen, dass Oma sterben wird, ihr auch. Und dennoch hatte sie sich so gewünscht, noch zu leben. Sie wollte uns nicht alleine lassen. Vor allem Opa nicht, weil sie wusste, wie sensibel er ist und wie sehr er trauern wird.
Ich möchte gerne kurz etwas zu meiner Oma erzählen. Meine Oma ist ein gutmütiger und herzensguter Mensch gewesen. Impulsiv. Wie eine Löwenmutter. Sie hat viel in ihrem Leben erdulden müssen. Flüchtlingskind damals im 2. Weltkrieg, eine Mutter, die sie immer sehr stiefmütterlich behandelt hat, Fehlgeburten, ein Schwiegervater, der nie etwas Gutes an ihr ausließ und zum Schluss eine Tochter (meine Tante), die sie im Stich ließ. Sie hat immer nur gegeben und nie erwartet. War ein sehr bescheidener Mensch. Meine Oma bedeutet mir sehr viel, weil sie sich immer um mich gekümmert hat, wenn meine Mutter arbeiten war. Wir haben damals alle zusammen auf einem Bauernhof gelebt. Es war chaotisch, aber trotzdem immer sehr schön gewesen.
Ihr Tod wirft mich vollkommen aus der Bahn. Mir fällt es sehr schwer, diesen zu verarbeiten. Kurz nach ihrem Tod stand ich unter Schock. Ich habe irgendwie funktioniert, kaum geweint oder gefühlt. Und einen Tag nach der Beerdigung, ist es dann richtig aus mir herausgebrochen. Es ging gar nichts mehr.
Ich frag mich immer, ob ich nicht mehr für meine Oma hätte tun können. Ob ich nicht stärker hätte sein können, denn ich habe die Besuche nie lange "ausgehalten". Ihr Leid war für mich untragbar. Es fiel mir schwer, sie so zu sehen, weil sie eine unfassbar starke Frau gewesen ist. Trotz ihrer Vergangenheit hat sie immer nach vorne geguckt und getan und gemacht. Sie wurde im Krankenhaus zu einem Pflegefall und sie weinte so sehr, weil sie es nicht mal mehr alleine auf Toilette konnte. Ich wünsche mir jetzt noch, ich hätte ihr etwas von dem Leid abnehmen können.
Omas Tod wirft insbesondere meinen Opa aus der Bahn. Er muss das Haus verkaufen, weil er es nicht mehr halten kann. Er droht damit, sich etwas anzutun, ist ungnädig zu meiner Mutter, die macht und tut und mir sind die Hände gebunden, weil ich 60km entfernt wohne. Ich bin traurig, weil es meine Mutter so fertig macht und sie mit allem alleine ist. Sie weint und weiß nicht, was sie wegen Opa tun soll. Und wünscht sich von ihm Hilfe. Aber er trauert natürlich für sich und ist zu nichts zu gebrauchen. Er kann nicht mehr. Opa und Oma sind 53 Jahre verheiratet gewesen. Er hat sie sehr geliebt, obwohl sie sich oft gestritten haben.
Für mich ist das eine schwere Situation, aber ich kann nur erahnen, wie es für meine Mutter und meinen Opa ist, die Oma länger kannten als ich. Vielleicht habt ihr ja noch eine Idee, wie ich ihnen helfen kann. Denn ich weiß nicht mehr weiter. Ich fühle mich momentan unnütz, weil ich nichts tun kann. Meine Mutter meinte, ich kann ihr nicht beim Ausräumen oder so helfen. Opa müsste ihr helfen. Das einzige, was ich derzeit tun kann, ist Mama zuhören, wie sie am Telefon weint, weil sie so geschafft ist.