Wenn Kinder vor den Eltern sterben

  • Hallo,


    ich werde versuchen in Worte zu fassen, was ich denke;


    Eigentlich wollte ich jatzt schreiben, Hallo ihr lieben,


    ich habe jetzt in der Früh gedacht, schaust einmal wieder vorbei, heute gehst ja wieder zur Therapie und dann stelle ich mich meist dafür ein, dass ich es wieder zu lassen kann in all dem Alltagstrott meinen Gefühlen freien lauf lassen kann.
    Nun habe ich eure lieben Beiträge gelesen und so gar nicht das Gefühl, dazu zu gehören, ihr schreibt in einer Art miteinander als würdet ihr euch seit Jahren kennen und ich empfinde es als sehr schwer in eine eingefleischte Gruppe meine Gefühle lassen zu können. Haben die hier Platz, wollen die hören, dass es mir unendlich schlecht geht?
    Es ist leichter die Beiträge zu lesen als selbst zu schreiben, dass es einem Hundsmiserabel geht.
    Ja, ich habe bestimmt den Fehler gemacht, mich am Anfang mit einer gewissen Oberflächlichkeit hier in das Forum einzutragen und auf meine HP aufmerksam zu machen, ich wollte zeigen, wie stark ich schon bin, wieder einmal zeigen, wie hart und wie ernst ich meine Trauerarbeit nehme und vielen Eltern helfen will.
    Doch habe ich zu wenig zugelassen, dass es auch bei mir noch nicht allzulange her ist und meine Wunden eigentlich zum Teil noch bluten. Da ist meine erste Erfahrung mit einem Forum und es ist für mich (wenn ich mir den Start ansehe) eigentlich in die Hose gegangen, denn so wie ihr euch schreibt, habe ich ausser von Christine, Kate und Markus kaum eine Antwort bekommen.
    Ich nehme jetzt all meinen Mut zusammen und möchte mich hiermit für euch öffnen und mich vorstellen, auch wenn ihr meine HP vielleicht schon gesehen habt, hier bin ich, der Mensch und die Mutter, die zu tiefst verletzt und erschüttert darüber ist, dass mein Kind tot ist.
    Ich bin traurig und zerrissen, ich habe furchtbare Angst, dass es die letzte Chance für mich war ein 2.Kind zu bekommen. Ich habe furchtbare Angst meinen großen zu verlieren und werde niemals so sein wie vorher.


    Danke, für eure Zeit.

  • Liebe Darina,


    danke für Dein sehr offenes Posting. Ich bin froh, dass Du einige Dinge jetzt ein wenig in das rechte Licht gerückt hast. Tatsächlich hatte ich am Anfang den Eindruck, dass Du Dich gerne als "Fachfrau" präsentieren möchtest und mir hat ein wenig Deine Einfühlsamkeit bei anderen Geschichten gefehlt. Doch ich wollte einfach auch zuwarten und Dir nicht gleich eine Rückmeldung geben.


    Ich bin überzeugt davon, dass Du in die Gemeinschaft dieses Forums aufgenommen bist und freue mich auf Deine weiteren Beiträge!!


    Einen guten Tag wünscht Dir,
    Markus

  • liebe darina,


    auch von mir ein herzliches dankeschön für deine ehrlichen worte. ich kann mich nur an markus anschließen, ich hatte leider den gleichen eindruck.


    aber ist es nicht immer so, dass man sich hinter einer fassade versteckt, damit man nicht verletzt wird, oder dass ja niemand sieht, wie schlecht es einem wirklich geht? es ist manchmal so schwer wieder aus seinem versteck rauszukommen und die trauer zuzulassen, denn es tut einfach weh.


    ich finde es schön, dass du dich heraus getraut hast und uns deine ehrlichen gefühle mitgeteilt hast. und hab keine angst, wir sind kein "eingeschworener haufe", es ist für alle platz und wir freuen uns auf jeden der hier ist - auch auf dich, liebe darina.


    schreib einfach, egal wie es dir geht, schreib uns deine ängste, deine sorgen - wir hören dir gerne zu. aber auch wenn du was schönes erlebt hast, wir freuen uns mit dir, wir sind für dich da.


    sei einfach du, hier sind alles liebe menschen, die dich verstehen.


    alles liebe
    petra

    Und alles was bleibt ist Liebe, diese Liebe lässt euch niemals sterben.
    Mama & Papa - ich liebe euch!

  • Vielen lieben Dank,


    ich komme heute gar nicht mehr aus dem Weinen. Ich bin voller Schmerz, ich habe heute bei der Psychologin erzählt, wie ich mit 14 Jahren missbraucht wurde. Das ist auch der Grund, darauf kamen wir, dass ich immer alles perfekt machen möchte, weil ich etwas erlebt habe, das absolut nicht richtig und somit unperfekt ist.
    Es ist auch nicht dieses richtig sein, dass das Kind vor einem stirbt.


    Ich danke euch für eure lieben Worte, ich bin offen und ehrlich, weil nicht ich damals etwas falsch gemacht habe sonder mir etwas falsches zugefügt wurde und ich mich dafür nicht schämen muss, sondern jemand anderer.


    Ich habe heute wieder gehört und gelernt, wenn jemanden etwas ganz schlimmes passiert, mit dem man nicht zurecht kommt, weil man es nicht zurecht rücken kann, dann kommen auch andere Erlebnisse zum Vorschein, die man verdrängt hat, deshalb wundert es mich auch nicht, dass man manches erst nach Jahren zulassen kann. War das verständlich?


    Ich danke euch, dies hier offen schreiben zu können, es geht mir heute wirklich grauenhaft.


    Alles Liebe an euch.

  • Liebe Darina!


    Schön, dass Du ein bisschen aus Dir rauskommen konntest!


    Es tut mir sehr leid, was Dir in Deiner Kindheit passiert ist.
    Nur pass auf, dass Du die beiden Dinge nicht durcheinander bringst!


    Ich habe selbst eine Therapie gemacht, denn auf Jan’s Tod folgten noch
    mehrere unangenehme Vorfälle, mit denen ich zusätzlich nicht fertig wurde.
    Natürlich sind dann auch Dinge von früher hochgekommen, aber die hatten nichts
    mit der aktuellen Situation zu tun.

  • Liebe Kate,


    vielen Dank. Nein, ich vermische diese beiden Erlebnisse nicht miteinander, aber ich kann nun eher so manches Verhalten von mir, besser verstehen, so auch die Zurückhaltung wie bei euch, das ist mir nicht zum erten mal passiert, dass ich mich eher anders zeige, als mein Herz zu öffnen, das ist Schutz: Mir kann nicht mehr wehgetan werden.


    Ich habe heute schon viel nachgedacht und gemerkt, dass der Schutz dem ich meinem Kind geben wollte verloren habe. Das ist es, was so schmerzt. Auch wenn ich es nicht verhindern hätte können, steckt doch eine tiefe Schuld in mir, die ich ablegen muss, dass ich als Mutter mit meinem Körper, dieses Kind nicht genug schützen konnte.
    Deshalb auch die Therapie.


    Alles Liebe
    Darina

  • Liebe Darina,


    dein Posting heute war sehr wichtig, ich dank dir dafür. Außerdem war es super-mutig! Du hättest dich ja auch ausklinken können. Ich glaube, alle hier können dich jetzt besser einschätzen.
    Mir ist es ebenso ergangen wie den anderen: Ich hatte den Eindruck, du kreist sehr um dich selbst (was ja verständlich ist, wenn es dir sehr schlecht geht), es hat aber auch nicht echt gewirkt - irgendwie. Ich konnte das aber nicht fest machen und hab dauernd überlegt, was ich dir schreiben soll ... Und mir fehlte auch die Empathie den anderen gegenüber.


    Ich denke, der Bann ist aber jetzt gebrochen und das hast du selber getan. Sei nochmal herzlich aufgenommen in die Runde.


    :-)
    Christine

  • Liebe Chris!


    Ich muss mich an dieser Stelle wirklich bei Dir bedanken!
    Deine Postings haben mir sehr geholfen, aus meinem Tief die letzten Tage wieder rauszukommen!


    Nach Jan’s Tod war plötzlich nichts mehr, wie es war! Leider musste ich
    die Erfahrung machen, dass meine Arbeitgeberin und etliche Kollegen nicht mit
    der Situation umgehen konnten.
    Wenn es nach meiner Chefin gegangen wäre, hätte ich gleich am nächsten Tag wieder
    arbeiten sollen, denn das hatte Sie nach dem Tod Ihres Mannes (den sie nie verwunden hat)
    auch so gemacht.
    Es fehlte total an Verständnis, und es kam auch zu heftigen Auseinandersetzungen.
    Das I-Tüpfelchen war dann, dass sich eine ehemalige Arbeitskollegin meinen Posten
    erschlich und ich unter diesen Umständen nicht mehr in der Firma arbeiten konnte.
    Der Umstand, dass mich mein Ex-Partner dann auch noch stark belastete, hat dann letztendlich zu meinem totalen Zusammenbruch geführt.
    Ich musste aus diesem riesen Scherbenhaufen, wieder langsam etwas aufbauen, und das
    war sehr mühsam. Auch mein Vertauen in die Menschen war natürlich empfindlich gestört.
    Daran knabbere ich heute noch!


    Den Beitrag bei „Thema“ habe ich nicht so locker vom Hocker gemacht.
    Wenn die Zusammenarbeit mit Martina Wolf nicht so angenehm gewesen wäre,
    hätte ich die Sache abgeblasen.
    Auch war mir Markus eine große Hilfe. Er hat es mir zugetraut, und er hat mich ja schon in einem schlimmeren Zustand erlebt.
    Mir fällt es nämlich manchmal schwer, mich selbst richtig einzuschätzen.


    Ich denk auch an Dich, Chris und danke!
    Kate

  • Liebe Kate,


    wenn ich dich ein bisschen aus deinem Tief holen hab können, so freut mich das wirklich.
    Eigentlich seltsam, mir haben wieder deine Postings so geholfen. Ich bewundere deine intensive Trauerarbeit so!
    Und auch das du dich einfach auch mal wehrst und nicht alles mit dir geschehen lässt!


    Ach, wie oft hört man den Satz... "Arbeit hilft" ... dabei ist man während der Arbeit dann nur ein Schauspieler der den anderen das vorspielt was sie gern sehen möchten.
    Aber was wirklich dahinter steckt, das fragt keiner. (wahrscheinlich weil sie es gar nicht wissen möchten)


    Ein Jobwechsel ist da sicher nicht schlecht - da kann man dann der Mensch sein - der man wirklich ist?!?


    Du hast es ja probiert... und??


    ... das Vertrauen in Menschen wieder zu bekommen, sich wieder blind öffnen und alles zulassen... das ist ein weiter Weg.


    Diesen Weg hab ich nie gefunden...
    Ich hab alles fest eingeschlossen, nach aussen bin ich eine ganz Andere als die, die tief in mir sitzt.
    Durch das Forum hab ich erkannt, dieses Schauspiel spiel ich schon so lang, das kann ich schon fast besser als "echt" zu sein. Hier bin ich mehr ich...


    Du schreibst, die fehlt manchmal die Selbsteinschätzung? Wie meinst du das?


    meine Gedanken sind bei dir
    und eine dicke Umarmung
    deine Chris

  • Hallo, liebe Chris,


    ich kann es ja doch nicht lassen, hier vorbeizuschauen und eure Beiträge zu lesen, vor allem, weil ich gerade wieder ein bißchen an Michael gedacht habe.


    Du hast geschrieben: ...nach Aussen bin ich eine ganz andere...
    Verstehst du mich ein wenig?
    Es ist leichter jemand anderer zu sein, wenn man damit einen gewissen Schutz spürt.
    Wenn ich zeige, wie es in mir drinnen aussieht und zeige wo genau mein wunder Punkt ist, mache ich mich verletzbar.
    Und es gibt leider genug Menschen, die das ausnutzen.


    Hier im Forum ist das anders, denn ich kann mich fallen lassen und werde aufgefangen, doch woher sollte ich wissen, dass dies auch für mich gilt?


    Ich denke an dich und an alle anderen. ;)

  • Liebe Chris,


    Zuvor möchte ich noch kurz schreiben, dass wir (mein Freund und ich) im Spital "bekannt" waren, da es sehr schnell die Runde machte, dass mein Kind IM Spital starb, das hatte sämtliche Ärzte und Schwestern getroffen und wir wurden mit Samthandschuhen behandelt.
    Als ich damals in meinem Krankenbett lag, kam eine ganz liebe Schwester zu mir sie sagte: "Ich bin für sie da, ich bin ausschließlich für sie da. Ich werde ihnen jeden Wunsch erfüllen. Wenn sie nur reden oder weinen wolen, rufen sie mich."


    Diese Schwester hat mein Kind gebadet, angezogen, fotografiert und mich Gott sei Dank dazu überedet, dass ich ihn sehen will.


    Zuerst hatte ich Angst, doch es war noch eine Psychologin dabei.
    Ich hätte es bereut, ihn nicht gesehen zu haben!!!
    So wie ich manchmal darüber nachdenke, dass ich ihn nicht berührt habe, doch das konnte ich damals nicht. Ich hätte gespürt, dass er tot ist und so hat er für mich nur geschlafen.


    Puh, das geht wieder ans Herz.
    Ich vermisse ihn!!!!!!

  • Liebe Chris,


    Den alten Job zu kündigen war die einzige Möglichkeit, da die Bedingungen
    dort für mich nicht mehr auszuhalten waren!
    Es fällt mir auch jetzt noch schwer, davon zu erzählen! Ich bin nur froh darüber,
    dass ich mich gewehrt habe, sonst hätte ich all meine Grundsätze und auch meinen Sohn verraten!
    In meiner jetzigen Arbeitsstelle muss ich mich nicht verstellen, und es herrscht ein starker Zusammenhalt unter den Mitarbeitern!


    Ich persönlich finde ja nicht, dass Du Dich verstellen musst, aber ich kann es nachvollziehen, dass es manchmal nötig ist, um nicht verletzt zu werden!
    Du musst meine Trauerarbeit nicht bewundern, denn Du bist ja auch hier und setzt Dich mit Deiner Trauer auseinander!!


    Mit der schlechten Selbsteinschätzung meine ich, dass mir andere oft mehr zutrauen, als ich mir selber! Daran muss ich auch noch arbeiten :) !


    Alles Liebe,
    Kate


    Liebe Darina!


    Es freut mich sehr zu hören, dass Du dich von Michael verabschieden
    konntest! Ich hoffe, Du kannst mit einem guten Gefühl daran zurückdenken!
    Ich bin mir sicher, er hat es gespürt, dass Du nochmal bei Ihm warst!


    Ich muss oft an unsere Verabschiedung denken, und auch daran, wie es jetzt wohl wäre,
    wenn wir diese Möglichkeit nicht wahrgenommen hätten.
    Es ging ja alles so schnell an dem Tag… - ich glaube dass ich es nicht ausgehalten hätte, wenn ich ihn nicht noch mal hätte sehen dürfen!
    Ich weiss noch, mein erster Gedanke war, als ich ihn so vor mir sah: „Mein Gott, er ist ja schon so gross geworden!“
    Jan konnte weder stehen noch laufen und war der Kleinste im Kindergarten. Da war mir das vorher nicht so aufgefallen!


    Puhh … muss jetzt Pause machen!


    Lg
    Kate

  • Liebe Kate,


    Trauerarbeit:
    ich habe es versucht.. habe jedem erklärt das ich unendlich traurig bin und das ich jetzt erst merke das ich den Tod von meinem Sohn noch nie verarbeitet habe, das ich keine Trauerarbeit machen habe dürfen.
    Ich habe zwar "verständnisvolles Nicken" zurückbekommen... (mit meinen Aussagen war ich schon knallhart :) ) aber ich habe gemerkt, da kommt selten was zurück
    (meistens nur von Menschen die auch einen lieben Menschen verloren haben..)
    das sind die "verwandten Seelen"


    Manchmal, wenn ich alleine bin, kommen Erinnerungen und ich weine vor mich hin, aber wenn ich unter Menschen bin, dann habe ich mich im Griff. Weniger wegen der Verletzung, mehr deswegen weil ich mit meiner Trauer so auch nicht weiterkomme.


    Du hast recht, im Forum setze ich mich damit auseinander... aber ich weiß ich bin noch ganz am Anfang.


    :) Hey.... nach deinem Thema Bericht traue ich dir fast alles zu!
    Ich bin ein Mensch, wenn eine Kamera surrt... dann hab ich nur noch PANIK :)
    Wenn dir andere Menschen mehr zutrauen als du dir selbst, dann deshalb weil du es auch schaffst?


    Kate, darf ich dich was fragen?
    Du hast ja deinen Jan auch tot im Bett gefunden...
    als ich meinen Kleinen Zwerg tot gefunden habe, bin ich aufgewacht mit dem "Wissen" (oder Gefühl)
    mein Kleiner ist tot....
    Wie hast du diese Situation erlebt?
    Kann man das ahnen? Oder war es nur so, weil er länger geschlafen hat als normal?


    schön das es dich gibt
    deine Chris

  • Liebe Chris!


    Tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte, aber war die
    letzten Tage krank im Bett und hab zuhause kein i-net!


    Über den Moment als ich Jan fand zu schreiben, fällt mir nicht leicht, aber ich versuche es trotzdem!


    Ich muss aber etwas weiter ausholen.
    Wir hatten von Samstag (10.03.) auf Sonntag eine horrormäßige Nacht. Jan wollte nicht schlafen und war total zornig! Ich wusste nicht, was mit ihm los war und wir waren beide total verzweifelt. Irgendwann gegen 3.00 Uhr sind wir beide total fertig eingeschlafen und ich musste um 05.00 schon wieder raus, weil ich Dienst hatte!
    Ich kann mich nur noch erinnern, dass sich beim Aufstehen das ganze Szenario, das sich dann letztendlich am Dienstag abgespielt hatte, vor mir sah! Ich bin dann zu Jan ins Zimmer und er hat geschlafen - ich war total erleichtert und zugleich wütend auf mich, wie ich nur so etwas denken konnte! Jan's Oma kam und ich fuhr in die Arbeit.
    Im Laufe des Tages bekam Jan Fieber und am Montag sind wir mit Ihm zum Kinderarzt gegangen, weil er auch wieder so stark hustete. Der Arzt horchte Ihn ab, nahm Blut ab und verschrieb ein Antibiotikum. Er sagte, dass er nichts abnormes beim Abhorchen hören konnte, also waren es nur die oberen Atemwege. Wir gingen nach hause und Jan genoss die Fahrt in der Sonne, es war ein milder Tag.
    Der Abend verlief ganz normal, ausser dass er keinen besonderen Appetit hatte. Er bekam das Antibiotikum und wir inhalierten noch 2 mal. Wir kuschelten noch vor dem Zubettgehen, wie jeden Abend aber er war schon sehr müde.
    Ich hoffte, dass die Nacht ruhig verlaufen würde, und ging ca. 1 Stunde nach ihm zu Bett.
    Und tatsächlich sollte es eine ruhige Nacht werden...
    Ich weiss nur, dass ich zwischen 2 und 3 kurz wach wurde, und dachte: "Soll ich aufstehen? Nein, heute schläft er gut!" Ich wurde dann aber vor dem Wecker um 4:45 wach und ging auf dem Weg ins Bad an seiner Tür vorbei um zu horchen, ob er noch schläft! Seine Tür war immer einen Spalt offen, und man konnte Ihn in der ganzen Wohnung schnarchen hören.
    Nur nicht an diesem Morgen! Ich wusste sofort, etwas stimmt nicht, hab es aber erst gesehen, als ich näher kam!


    Ich weiss nicht, ob die Gedanken zwei Tage zuvor der Mutterinstinkt waren. Ich kann es mir nicht erklären! Ich weiss nur, dass ich mir die größten Vorwürfe gemacht habe, weil ich ja noch überlegt habe, ob ich aufstehen soll! Die Zeit danach war Schlafen für mich gleichbedeutend mit Tod!
    Heute denk ich mir, wenn ich aufgestande wäre, hätten die Ärzte ihn nur mit Wiederbelebungsmassnahmen gequält und es hätte aber nichts mehr gebracht, denn die Ärzte sagten, dass die gesamte Lunge kollabiert ist und niemand mehr hätte was tun können.
    Ich bin froh, dass er daheim in seinem Zimmer einschlafen konnte und nicht angehängt an Schläuchen, wie er es bei seiner Geburt hatte.
    Das einzige was mich heute noch quält ist, dass er hoffentlich keine Angst haben musste!


    Puh, das war ein Kraftakt!


    Lg Kathi

  • Liebe Kathi


    puh.... du hast recht...
    Jedesmal wieder, wenn man sich an die Minuten erinnert... ist das ein Kraftakt und man merkt... es wird und wird nicht leichter


    Du schreibst der Montag war ein milder sonniger Tag.
    Als mein Sohn geboren wurde, hat es geschneit, geregnet und gestürmt.
    Als er gestorben ist... da war der Himmel blau und die Sonne hat gescheint.
    Irgend jemand hat mir gesagt "Als der Himmel seinen Engel hergeben musste, hat er geweint.... als er wieder zurückgekommen ist, hat der Himmel gelacht"



    Diese Selbstvorwürfe kenn ich..
    Gott sei Dank haben auch mir die Ärzte erklärt was passiert wäre, wenn ich eine Stunde früher aufgewacht wäre und das auch ich keine Chance gehabt hätte sein Leben zu retten.


    Kathi, glaubst du wirklich das man Angst hat bevor man stirbt?
    Da hab ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht.
    Er hat so friedlich ausgesehen, als ob er schlafen würde..
    Ich glaube eher das die Angst und der Schmerz bei der Geburt ein viel größerer ist.
    Ich für mich freue mich auf diesen Zeitpunkt, aber ich weiß ja auch was mich erwartet...
    endlich wieder mein Kleiner Zwerg!


    Und .... wann der Tag kommt entscheidet jemand anderer... jemand Anderer hat unsere Lebenskerze angezündet und dieser Jemand wird sie auch auslöschen.


    Geht´s dir den gesundheitlich schon wieder etwas besser?
    und... nichts brauch dir leid tun!
    Ich freu mich das du schreibst..
    ich frage manchmal sehr direkt (ich hoffe nicht "zu" direkt?)


    ich umarme dich
    deine Chris

  • Hallo Kate und Chris,


    endlich komm ich wieder ein bissl zum Verschnaufen, die Woche war ganz schön hart! Und: Dann les ich eure beiden Geschichten und denk mir seither: Was soll ich dazu sagen? Ich weiß es nicht. Ich bin ja selber Mutter, da schnürt es mir alles ab, wenn ich das les, da fehlen mir die Worte.


    Ich finde es aber toll, dass ihr beide diese schrecklichen Ereignisse so offen im Forum diskutiert.


    Hut ab!
    Christine

  • Liebe Kate,


    seit Tagen überlege ich, was ich hier schreiben könnte, ich bin genau in dieser Situation, in der so viele sind, wenn sie meine Geschichte oder von jemanden anderen hören, dass er nicht mehr lebt. Ich möchte dir etwas von mir zum Ausdruck bringen und kann gar nicht, weil ich (mit)fühle, was dir passiert ist. Ich kenne "nur" die Angst, dass das Kind nicht mehr atmet. Habe nach dem Tot meines 2.Kindes, beim großes oft nachgeschaut, weil ich diese Angst hatte. Und wie du es beschrieben hast, ist es so mutig und so unglaublich von dir. Es ist so tragisch, was dir passiert ist und es tut mir leid. Ich kann gar nicht so ausdrücken, was ich dir eigentlich damit sagen will.
    Ich denke seit Tagen an das, was du und Chris geschrieben habt.


    Ich denk an euch!!
    Alles Liebe!!!

  • liebe kate,
    liebe chris,


    mir geht es wie christine, ich lese hier immer mit und bin total gerührt. ich bin ja selber auch mutter eines 2-jährigen und eure erzählungen berühren mich sehr.


    ich finde es sehr schön, dass ihr euch hier austauschen könnt und was mich besonders freut, dass du chris, immer mehr aus dir herauskommst. das tut so gut!!


    und kate, für mich bist du eine sehr sehr mutige und starke frau.


    ich bewundere euch zwei sehr, ihr habt meinen vollsten respekt!!


    alles liebe
    eure petra

    Und alles was bleibt ist Liebe, diese Liebe lässt euch niemals sterben.
    Mama & Papa - ich liebe euch!

  • Liebe Chris!


    Ja, es ist nicht leicht, wenn man sich wieder an das schreckliche Ereignis erinnert.
    Ich finde auch nicht, dass Du mich zu direkt fragst. Wenn nicht wir offen darüber schreiben,
    wer dann? Ich hoffe nur, dass es für die anderen nicht zu hart ist!


    Ich spüre da gibt es auch einen Unterschied, ob man „nur“ daran denkt oder es niederschreibt.
    Gedanken kann man leicht ablenken, aber das Geschriebene hat schon mehr Bestand!
    Im Moment ist es hart, wenn ich darüber schreibe, aber danach fühle ich mich schon irgendwie befreit.
    Ich habe für Jan ein Erinnerungsbuch angefangen, weil ich Angst hatte,
    alles zu vergessen, was wir zusammen erlebt haben. Manchmal ist es zu schwer etwas hineinzuschreiben und ich muss es lassen und manchmal geht es dann wie von selbst . . .


    Ich glaube, dass die Selbstvorwürfe nie ganz verschwinden werden, denn
    als Eltern fühlen wir uns für unsere Kinder verantwortlich. Auch wenn man nicht 24 Stunden,
    jede Sekunde auf Sie aufpassen kann und es halt einfach Dinge gibt, die nicht in unserer Hand liegen.


    Jan hat auch friedlich ausgesehen, als ich ihn fand. Ich hoffe schon, dass es im Schlaf passiert ist. Aber es macht mir schon zu schaffen, dass mir darauf niemand jemals eine Antwort geben kann, was genau passiert ist.
    Es ist für mich schwer, da ich bei seiner Geburt auch nicht „da“ war (Narkose) und er seinen letzten Weg auch alleine gehen musste!
    Jan hatte einen ganz furchtbaren Start in Leben, deshalb hoffe ich schon, dass sein letzter Weg nicht so beschwerlich für ihn war!


    Ich glaube auch fest daran, dass wir unsere Kinder irgendwann wiedersehen werden!


    Chris, hast Du manchmal das Gefühl, Dein Kleiner ist bei Dir? Sind Dir nach seinem Tod auch Dinge passiert, wo du dachtest, das kam jetzt von ihm?



    Liebe Darina!


    Ich glaube nicht, dass Dein Verlust ein anderer ist, als unserer!
    Ich muss auch oft an Dich denken und überlege, wie es für Dich gewesen sein musste,
    als Du vom Tod deines Kindes erfahren hast.
    Kind bleibt Kind und egal in welchem Alter oder ob es während der Schwangerschaft passiert, es ist unfassbar . . .
    Ich kann mir gut vorstellen, dass Du danach Angst um Deinen älteren Sohn hattest.
    Ich weiss jetzt auch noch nicht, wie ich mal damit umgehen werde, sollte Jan mal ein Geschwisterchen kriegen . . .



    Liebe Christine, liebe Petra!


    Ich hoffe nur, dass meine Beiträge Euch nicht zu sehr an die Nieren gehen!
    Als Jan noch da war, sind mir solche Geschichten immer unheimlich nahe gegangen!!


    Deshalb finde es sehr mutig von Euch, dass Ihr unsere Beträge mitverfolgt!
    Und ich glaube nicht, dass wir so offen darüber schreiben könnten, wenn wir
    uns hier im Forum nicht wohl fühlen würden!


    Liebe Grüsse
    Kate

  • Liebe Kate, liebe Petra, liebe Darina, liebe Christine (einfach in der Reihenfolge eurer Einträge)
    und an alle leisen Mitleser


    Wie Kate schon geschrieben hat... ich hoffe auch das es euch nicht zu hart ist unsere Beiträge zu lesen
    aber jemanden zu finden der ähnliches erlebt hat und auch darüber reden will, ist zum Glück und leider so selten.


    Kate, du hast so recht, wenn man es niederschreibt, dann bricht es einem das Herz... wieder und immer wieder... die Augen füllen sich mit Tränen.. es kommen einfach die Erinnerungen wieder hoch.


    Das mit dem Erinnerungsbuch finde ich wunderschön!! Aber du brauchst keine Angst haben, du wirst nichts vergessen - es bleibt für immer in dir.


    wegen keine Antwort geben können: Ehrlicher ist es, wenn sie einfach sagen das sie es nicht genau wissen was passiert ist. (<-- war bei mir auch so) Viel schlimmer wäre wenn du später drauf kommen müsstest das sie dich angeschwindelt haben um dich zu beruhigen...
    dann fängt man nämlich alles an in Frage zu stellen.


    Als ich meinen Kleinen Zwerg fand hatte er die Bettdecke über dem Mund. 6 lange Stunden (bis zur Obduktion) war ich der Meinung er sei erstickt und ich hätte schuld....
    Viele Menschen haben mir gesagt, sie möchten keinen Obduktion, aber für mich war es die Beruhigung, er ist nicht erstickt... sein Herz hat einfach aufgehört zu schlagen... keiner weiß warum, einfach so, ohne Grund.
    Aber dieses Gefühl der Schuld... phuu...


    Den allerletzten Weg sind wir mit unseren Kindern schon gegangen.... vielleicht wollten sie uns schonen - vielleicht haben sie gewusst das wir sie nicht gehen lassen würden wenn wir dabei gewesen wären?


    Mein kleiner Zwerg begleitet mich schon seit 22 Jahren.. er ist immer wieder irgendwie bei mir. Ich rede auch immer wieder von ihm (egal ob die Leute das jetzt gerade hören wollen oder nicht <-- meistens wollten sie das nicht)
    Es sind so viele Dinge passiert das ich eben nicht mehr an Zufälle glaube. Manchmal schäme ich mich wenn ich ihn wieder mal bitte das er mir hilft.. aber mein Englein ist immer für mich da..


    Weißt du was ich auch komisch finde? Er bleibt immer 8 1/2 Monate alt.. ich kann mir nicht vorstellen das er groß geworden wäre. Ich kenne einen Jungen der nur 2 Tage jünger ist... aber ich kann es mir bei meinen Zwerg nicht vorstellen das er schon so groß ist.


    Darina, du hast immer den Vergleich zu deinem Großen... Die Angst um den Großen kann ich gut verstehen, wenn man einmal den Verlust erleben hat müssen... dann wird man wahrscheinlich übervorsichtig? Wie gehst du damit um?
    Es muss doch unglaublich schwierig sein, das "normale" Familienleben zu führen?
    Wie geht dein Großer mit dem Schmerz seiner Mama um?
    Findest du bei deinem Freund Verständnis?


    ich denke an euch
    eure Chris


    das Größte Geschenk ist wohl das es Menschen gibt die mit uns fühlen und an uns denken