Ich hab keine Kraft mehr

  • Ich bin seit gestern neu hier. Mein Mann ist im Februar mit 50 Jahren an einem Herzinfarkt plötzlich verstorben. Ich war bei ihm als das passierte, habe alle Erste Hilfe Maßnahmen eingeleitet, auch die Ärzte haben ihr bestes gegeben, aber nach drei Tagen verstarb er.

    Die ersten Wochen verliefen wie in Trance, man musste erledigen, was zu erledigen ist und ich "funktionierte" irgendwie.


    Wir haben eine 19jährige Tochter, die 2018 die Diagnose Epilepsie erhalten hat. Vor einiger Zeit bekam sie mentale Probleme. Diese zeigten sich auch durch nicht-epileptische Krampfanfälle. Auslöser können mentale Probleme sein. Das alles haben wir als Familie immer irgendwie gestemmt bekommen.


    Seit ein paar Wochen bekommt sie diese Art Krampfanfälle sehr häufig, manchmal aller zwei Tage und überall wo sie sich gerade aufhält. Das heißt immer verbunden mit RTW-Einsatz, also eine zusätzliche Belastung on top für uns beide.


    Ich schreibe diesen Aspekt deshalb hier dazu, weil ich gerade diese Doppelbelastung habe und ich gar nicht weiß, wie ich das schaffen soll.


    Mein Mann und ich waren seit der Schulzeit zusammen und hatten ein glückliches gemeinsames Leben. Auch wir hatten Höhen und Tiefen und selbstverständlich war es schwierig mit der Diagnose unserer Tochter lernen umzugehen. Aber das alles haben wir immer gemeinsam gemeistert. Nun muss ich das alles irgendwie alleine stemmen. Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass ich mal sage "Ich kann nicht mehr'.

    Ich habe ei en tollen Freundeskreis, die immer für mich da sind und sich auch Sorgen um mich machen. Wegen der Belastung durch die Krampfanfälle meiner Tochter komme ich gar nicht dazu, meine Trauer zu verarbeiten. Hatte bereits eine Panikattacke und gestern einen Kreislaufkollaps.

    Am Anfang hat mich auch mein Glaube getragen, bin mit Freunden spazieren gegangen, aber im Moment weiß einfach nicht, wie ich das alles schaffen soll. Ich bin vor allem auch körperlich richtig schwach. Es ist einfach alles so schlimm im Moment.

  • Hallo liebe Manu,

    erstmal mein Beileid für den schlimmen Schicksalsschlag. Und es tut mir sehr leid, daß Du Deine Trauer wegen der zusätzlichen Belastung durch die Krankheit Deiner Tochter bislang nicht verarbeiten konntest.


    Hier in diesem Forum sind sehr viele Menschen,die ein ähnliches Schicksal teilen.

    Ich habe vor knapp 8 Monaten die Liebe meines Lebens verloren. Und ich habe 7 Monate gebraucht um hier in diesem Forum zu landen.


    Du bist hier ganz herzlich willkommen . Und hier sind Menschen,die Dir zuhören werden.

    Und es tut mir auch sehr leid, daß es Dir gesundheitlich nun sehr schlecht geht.

    Und ich hoffe, daß Dir der Austausch hier Kraft und neuen Lebensmut gibt.


    Liebe Grüße

    Matthias

  • Liebe Manu,

    willkommen in diesem Forum und auf unserer Insel der zurückgelassenen Seelen, wie ich es gerne nenne. Dein schmerzhafter Verlust tut mir sehr leid. Wir alle hier wissen, wie weh es tut. Wir kennen das Leid und all diese furchtbaren Gefühle, die du gerade durchlebst. Ich habe nach dem Verlust meines Liebsten noch ein paar Tage irgendwie durchgehalten, ich stand unter Schock, kann mich an vieles gar nichts mehr erinnern. Nach 6 Tagen endloser Quälerei hat mich der Notfallarzt, der mich an dem Unfalltag behandelt hat, in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch, er hat die Reißleine gezogen, wer weiß was sonst mit mir passiert wäre. Wenn gar nichts mehr geht und die Überforderung zu groß wird, holt euch (professionelle) Hilfe. So ein Schicksalsschlag ist ein richtiges Trauma. Ohne die Klinik hätte ich mir wahrscheinlich was angetan und das Weihnachtsfest nicht überlebt. Sie haben mich gerettet. Meine Familie war selbst überfordert und konnte mir nicht mehr helfen, alle waren hilflos.

    Ich hoffe sehr, dass ihr Wege und Orte, wie z. B. dieses Forum, findet und durch diese schwere Zeit kommt. Irgendwann soll es wieder hell werden, zumindest sagte man mir das. Ich hoffe es sehr für uns alle hier 🙏

  • Liebe Manu,


    willkommen in diesem Forum. Ich schließe mich Susanne an, wenn es gar nicht mehr geht sich in die Klinik

    zu begeben.


    Ich dachte, dass ich es ohne Klinik schaffe, aber dann kam mein Zusammenbruch kurz nach Weihnachten,

    weil mein Sohn auch noch einen Autounfall in Istanbul hatte. Die Klinik hat mir sehr geholfen, weil auch

    ich nicht mehr leben wollte.


    Geholfen haben mir anfangs gute Freunde, meine Trauergruppe und natürlich dieses wunderbare Forum.


    Die zus. Belastung durch die Erkrankung Deiner Tochter tut mir sehr leid. Bestimmt gibt es irgendeine

    Form von Hilfe dafür, vielleicht vom Jugendamt, oder Deiner Krankenkasse.


    Hier kannst Du immer schreiben, was Dich gerade bewegt.



    Liebe Grüße


    Rita

  • Liebe Manu,

    mein tiefstes Mitgefühl zu deinem furchtbaren Verlust,und ein leises Willkommen in diesem Forum wo eigentlich niemand von uns sein möchte.

    Mein Mann ist im November plötzlich verstorben.

    Hier kannst du immer schreiben wenn dir danach ist,und es gibt immer jemanden, der schnell antwortet.

    Ich wünsche dir ganz viel Kraft.

    Glg🌻Elke

  • Ich danke Euch sehr. Auch Euer Verlust tut mir sehr leid. Ich hoffe, es tut mir gut, mich hier mit Euch auszutauschen. Es ist schlimm zu lesen, welche Schicksale wir miteinander teilen, aber es gibt auch ein bisschen Hoffnung, dass es mit der Zeit besser werden kann. Ich vermisse meinen Mann jeden Tag. Wir waren so lange zusammen. Und zu wissen, dass unsere Tochter ihren geliebten Papa mit nur 19 Jahren verloren hat, bricht mir als Mutter das ❤️ Ich habe eine Reha beantragt u d hoffe, dass ich bald Post bekomme. An arbeiten ist bei mir noch längst nicht zu denken.

    Manu

  • Liebe Manu ,

    hier denken jetzt ganz viele liebevolle Menschen an Dich und Dein schlimmes Schicksal.

    Ich wünsche Dir so sehr, daß es Dir wieder besser geht. Du hast ja eine Tochter,die Dich braucht.

    Ich habe nach dem Tod meiner geliebten Frau sehr lange gebraucht,um Schritt für Schritt wieder einigermaßen ins Leben zu finden. Hab auf der Arbeit nur funktioniert.

    Aber ich hatte meiner Frau versprochen, daß ich weiterlebe und vielleicht irgendwann wenn es mir wieder besser geht anderen helfe,die in einer ähnlichen Situation sind.


    Und vor ca. einem Monat hat mich dieser Herzenswunsch in dieses Forum geführt.


    Liebe Grüße

    Matthias

  • Hallo liebe Manu,

    fühl dich ganz lieb umarmt und willkommen in diesem Forum. Ich kann so gut verstehen, dass es sehr viel ist, neben seiner Trauer auch noch die Sorge um das Kind zu haben.
    Mein Mann ist Mitte März mit 51 Jahren ganz ohne Vorwarnung am plötzlichen Herztod verstorben. Er war sofort tot.

    Auch ich habe inzwischen Panikattacken kennengelernt und Kreislaufprobleme .
    Das war in den Momenten, wo zu viel auf einmal auf mich zu gekommen ist, was ich bewältigen musste. Das hat mich überfordert und völlig überlastet.

    Ich habe einen fünfzehnjährigen Sohn, für den der Papa sein bester Kumpel war.

    Ich kann so gut nachfühlen, dass es dir das Herz bricht, dass deine Tochter ihren Papa so früh verloren hat. Die Trauer unserer Kinder ist für uns zusätzliche Trauer.

  • "Muckelchen", so nenne ich unsere Tochter mit Spitznamen, so habe ich sie auch im Handy abgespeichert. Das ich diesen Namen hier lese, finde ich irgendwie ganz wunderbar.

    Wir haben wohl ähnliches erlebt bzw. sind noch mittendrin...

  • Ich sitze hier auf meiner Terrasse, genieße einfach nur das tolle Wetter und brauche einfach nur Ruhe, habe Termine mit Freunden/innen abgesagt, weil mir einfach seit drei Tagen ständig übel ist. Zwischendurch geht es wieder, aber dann - irgendein Gedanke an meine schlimme Situation - wird mir wieder übel. Kennt Ihr das auch? Ich glaube es ist gerade eine immense Überforderung für mich. Ich wollte so stark sein, hab die ersten Wochen viel geschafft und plötzlich überrollt mich diese Welle, wo ich das Gefühl habe, wie soll ich da jemals wieder raus kommen? Komme ich da überhaupt wieder raus?


    Es tut mir gut, mich hier mit euch auszutauschen. Ich wünsche Euch schöne Pfingsttage, so wie jeder es für sich gebrauchen kann. Habts gut !

  • Hallo Manu,

    ja ,das kenn ich auch. Immer so eine leichte Panik. Man hat das Gefühl auf einem Seil zu balancieren, bei dem man den Endpunkt nicht sieht, rechts und links der Abgrund. Man hat sein Ziel und seinen Halt verloren. Und das spürt man auch körperlich. Ich wünsche Dir, dass Du die Ruhe findest.

    Liebe Grüße

    Dietlind

  • Liebe Manu,

    ja ich kenne das nur zu gut . Der Verlust schnürt einem die Kehle zu und man glaubt kaum noch atmen zu können.


    Es ist gut für Deine Seele auf der Terrasse in der Sonne zu sitzen und zur Ruhe zu kommen.

    Das mache ich auch gerade.


    Die Trauerwellen kommen immer wieder. Da kann man nichts dagegen machen. Ich war ein halbes Jahr nach dem Tod meiner Liebsten wie gelähmt.


    Dieses Forum hilft . Ich bin froh , daß Du hierher gefunden hast.


    Liebe Grüße

    Matthias

  • Hallo Manu,genauso geht es mir auch,ich habe auch viel mit Übelkeit zu kämpfen....

    Wenn mich jemand fragt wie es mir geht sage ich immer:stell dir vor dein Hund rennt jetzt gerade auf eine voll befahrene Straße genau dieses Panik Angst und Schock Gefühl habe ich durchgehend...

    Es geht einfach nicht weg.Ich weiß auch nicht warum weil das schlimmste ja passiert ist,er ist ja tot.Aber es fühlt sich immernoch so an als ob ich Angst hätte das er stirbt....

  • Guten Morgen,


    ich hatte gestern einen schönen Tag. Erst war ich bei meinem Lieblingsbäcker, später saß ich an der Nordsee

    und dann habe ich endlich meinen Sohn abgeholt aus Hamburg abgeholt. Ich stand ständig im Stau, auch

    im Elbtunnel, wo ich etwas Panik bekam, aber ich habe versucht ruhig durch zu atmen und laut

    Musik gehört.


    Wir waren im Baumarkt und wollten einen neuen Rasenmäher kaufen. Ich bin stolz auf mich. Ich habe dem

    engagierten Verkäufer gesagt, dass der bei Lidl 50,00 Euro günstiger ist und habe nicht aus Höflichkeit den

    überteuerten gekauft. Für mich ist das mutig.


    Mein Telefon ging ständig und meine Eltern machten sich Sorgen, warum ich mich nicht melde. Ich möchte

    ja weg von diesen negativen Daueranrufen, außerdem fühle ich mich kontrolliert, aber ich habe mich kurz

    gemeldet, weil sonst mein Vater die Polizei anrufen könnte, dass ich gerade suizidal bin.


    Mein Sohn hat spontan beschlossen, zu grillen und wir haben alles dafür eingekauft. Ich habe hier noch

    nie gegrillt.


    Als wir so in der Küche waren und die Knoblauchbaguettes vorbereitet und in den Ofen geschoben

    haben, fing ich an zu weinen, als mein Sohn nicht dabei war.


    Es fühlte sich alles an, wie mit Gerhard. Ich koche ja seit 1 Jahr nicht mehr, weil mich das immer an ihn

    und sein fröhliches rumwirbeln erinnert.


    Gestern war genauso eine schöne Stimmung. Es war fröhlich, es war voller Energie und schnell.

    Ich hatte immer Bedenken, dass die Nachbarn sich beschweren, weil doch eine starke Rauch-

    entwicklung war, aber es hat sich keiner blicken lassen.


    Ich habe wieder festgestellt, wie schön ich doch wohne. Als mein Sohn den Rasen gemäht hat, habe

    ich vor Freude geklatscht. Der Rasen war schon so hoch, dass sich dort Tiere verstecken konnten. Nichts

    gegen die perfekten Golfrasen links und rechts, auch da bestimme ich mein eigenes Tempo.


    Natürlich ist diese ganze Hin und Her Fahrerei anstrengend. Es ist wie eine Fahrt nach Frankfurt, aber

    ich mache es ja nicht jeden Tag, außerdem haben wir die besten Gespräche im Auto. Links und rechts

    die schöne Landschaft mit den Kühen und den Schafen und den Tierkindern.


    Ich nerve ein bißchen mit meinen Ängsten um meinen Sohn. Fahr keinen Quad, da ist der Sohn von ...

    mit gestorben. Pass mit dem Meer auf in Kroatien, da ist Gerhard fast ertrunken.


    Ich habe so starke Verlustängste. Ich will das nicht noch einmal erleben müssen, aber es kann auch

    sehr nerven, also beiße ich auf die Zunge und lasse ihn einfach machen. Er hat mich gefragt, ob ich

    die Beiden zum Flughafen bald fahre.


    Ich freue mich, dass ich wieder Mutter bin und helfen kann. Ich bin gestern selig und müde ins

    Bett gegangen. Habe an meinen Mann gedacht und war dankbar für den schönen Tag.


    Lieben Gruß und schön, dass es Euch gibt, als nichts mehr ging wart ihr alle für mich da.


    Rita

  • Ihr Lieben,


    ich bin froh, dass es mir ein wenig besser geht. Die Übelkeit hat zum Glück nachgelassen. Ich hoffe, dass ich die Panikattacken und Kreislaufprobleme auch weiter im Griff habe. Meine Tochter war wegen ihrer Krampfanfälle einige Wochen stationär, so dass ich ein bisschen die Möglichkeit hatte, zu trauern und Ruhe zu finden. Jetzt ist sie wieder zu Hause und hat mich gefragt, ob wir Papas Sachen demnächst mal aussortieren wollen. Für sie wäre es für den Trauerprozess wichtig. Unter Tränen habe ich dem zugestimmt. Schauen wir mal, wie das wird. Mir graut ein bisschen davor. Habe noch seine vom Rettungsdienst zerschnittenen Sachen liegen, auch die konnte ich bisher nicht wegtun.


    Endlich habe ich auch unser Auto verkauft bekommen, in dem mein Mann seinen Herzinfarkt hatte. Nun habe ich ein anderes Gebrauchtes.


    Ich bin nach wie vor noch krankgeschrieben, weil ich immer noch völlig kraftlos bin. Musste bei meiner Hausärztin gestern weinen, weil ich ein bisschen ein schlechtes Gewissen habe, so lange krankgeschrieben zu sein, aber ich schaffe es einfach nicht. Andererseits weiß ich, dass ich gar kein schlechtes Gewissen haben muss. Ich bin - wie ihr - in einer absoluten Ausnahmesituation und zum Glück war ich in 29 Berufsjahren bei meinem Arbeitgeber sehr sehr selten krank. Jetzt warte ich auf meine Reha. Genehmigt ist sie, fehlt noch der Termin. Parallel habe ich zum Glück bereits eine Therapeutin gefunden. Und wir haben einen lieben Freundeskreis und Nachbarschaft. Die sind wirklich immer ansprechbar, egal wie ich/wir es brauchen. Dafür bin ich sooooo DANKBAR.


    Ich wünsche Euch einen ruhigen Abend, so, wie es euch gut tut.


    Manu