Ich habe keinen Bruder mehr

  • Hallo Liebe Forummitglieder,
    ich schreib jetzt einfach mal drauflos...


    am Sonntag ist mein einziger Bruder (21) gestorben, ich weiß im Momment einfach nicht weiter.
    Bei mir ist bisher noch nie jemand gestorben, nur mein Uropa aber den habe lebend nur wenige male gesehen, deswegen hat mich das damals auch nicht so getroffen. Im großem und ganzem war mir schon immer klar dass irgentwann auch jemand sterben muss der mir nahe steht, wir leben ja nicht ewig, aber mein großer Bruder ist erst 21 ...wir haben uns die letzten Jahre sehr gut verstanden, ich habe oft bei ihm im zimmer gesessen und mit ihm über alles mögliche geredet, er hat mir immer zugehört. Obwohl er ein ziemlicher chaot war und schon vieles angestellt hatte war er mein Vorbildweil er immer so selbstbewusst war und es bestimmt irgentwann mal sehr weit gebracht hätte. Zwar waren wir nicht immer gleicher Meinung aber wir waren froh uns gegenseitig zu haben. Mein Freund hat sich auch sehr gut mit ihm angefreundet, auch mit der Freundin meines Bruders verstehe ich mich super, es war immer so schön wenn Er und Sie noch Abends heimgekommen waren und wir zu dritt in der Küche geredet und Tee getrunken haben. Mein Bruder war sozusagen mein Beschützer, schon als wir kleine Kinder waren. Ich war,und bin unheimlich stolz auf meinen Bruder. Und ihm war es nicht peinlich gewesen vor seinen Freunden zu sagen dass er mich gern hat. Nur letzte Zeit war ich manchmal sauer auf ihn gewesen, wegen Kleinigkeiten. Lag aber auch daran dass er stress mit seiner Freundin hatte und schlecht gelaunt war. Mein Bruder war immer mein Ratgeber, (und wenn er mich mal was fragen musste war ich auch insgeheim unheimlich stolz) und wenn er mal gemein war, hatte er ein schlechtes gewissen, er zeigte es nicht aber ich habe es ihm angemerkt. Ich habe auch gerne erzählt was für einen tollen Bruder ich habe und dass ich nicht wüsste was ich ohne ihn machen sollte.


    Naja..


    Am Samstagmorgen bin ich mit meinen Eltern und meinen Freund in den Urlaub losgefahren, mein Bruder wollte zu Hause bleiben und arbeiten. Als wir schon über einem Tag unterwegs waren (Fahrt sollte insgesammt 48 stunden dauern) rief mein Onkel an und sagte es gäbe große schwierigkeiten, wir sollten SOFORT umkehren, meinem Bruder sei was zugestoßen. Ob er noch lebte oder nicht wollte er nicht sagen. Die vielen Stunden der Heimfahrt waren schrecklich und wollten einfach nicht umgehen, es wurde nicht wirklich geredet, ab und zu hatten wir hoffnung dass mein Bruder noch lebt ...als wir endlich wieder Netz hatten erfuhren wir was passiert war; mein Bruder war auf einer Party vom Balkon gestürzt, er war sofort tot.
    nach den unendlichen stunden fuhren wir zu meiner Oma, mein Onkel und meine Tante waren so schnell es ging zu ihr gekommen. Es war so schrecklich, es ist immer noch schrecklich vor allem dass meine Mama weint, sie ist eine Frau die sonst auf dem Boden bleibt...mein Papa frisst den schmerz in sich rein...


    Ich bin jetzt ganz alleine, ich hab keinen Bruder mehr, aber noch schlimmer ist dass ich angst habe dass meine Eltern nie wieder glücklich werden ... Meine Eltern haben meinem Bruder und mir alles gegeben es hat uns nie an etwas gefehlt. Sie hatten es so schwer als wir nach Deutschland gekommen sind, meine Eltern haben geschuftet, und meine Mama war oft unglücklich und ich hatte mir vorgenommen dass wenn ich auf eigenen Beinen stehe dass ich ihnen auch mal ein Paar wünsche erfüllen kann, weil ich dachte dank ihnen bin ich glücklich und das will ich zurückgeben... aber den Tod meines Bruders werden sie nie vergessen können, ich habe angst dass siesich nie wieder freuen.
    Ich will meine Eltern unterstützen aber dass ist wie verhext, ich kann meine Mama nicht mal in den Arm nehmen, ich weiß selbst nicht warum...ich kann mit ihnen auch nicht wirklich darüber ...ich habe immer gewartet bis ich alleine bin dann konnte ich alles rauslassen aber dann wollte ich wieder nicht alleine sein...wie gesagt es ist wie verhext, ich will reden aber wenn es dazu kommt klappt es nicht weil ich nicht in Tränen ausbrechen möchte, vor allem weiß ich dass meine Mama gerade weißgottwas durchmacht, schliesslich hat sie ihn getragen, geboren, großgezogen und das alles ...
    Ich weiß dass Zeit rumgehen muss und dass es gerade am Anfang am schlimmsten ist, aber ich weiß im Moment nicht was ich tun soll, ich fühle mich ins Leere geschleudert.



    Danke fürs Lesen


    Olalee

  • Liebe Olalee,


    es fällt mir jetzt sehr schwer, Worte zu finden, aber ich möchte dir von ganzem Herzen mein Mitgefühl ausdrücken.
    Du hast so gut beschrieben wie nahe ihr euch seid, wie lieb ihr euch habt, auch wenn ihr einmal gegenteiliger Meinung gewesen seid. Es tut mir so leid!


    Ich kann gut verstehen, daß du dich nicht getraust zu reden weil du Angst hast, dann in Tränen auszubrechen. Aber - oftmals ist es "leichter" gemeinsam zu weinen.
    Versuche es, deine Mama in die Arme zu nehmen und mit ihr zu weinen. Es ist für beide Teile sehr schwierig, wenn man denkt, vor dem anderen nicht weinen zu "dürfen", weil es für sie/ihn dann noch schwerer ist.


    Es ist schön, daß du zu uns ins Forum gefunden hast, wir alle verstehen deinen Schmerz und hören dir immer gerne zu, wenn du etwas auf dem Herzen hast und es uns erzählen möchtest. Wir begleiten dich gerne ein Stück auf deinem Weg.


    Ich wünsche dir viel Kraft für diese schwere Zeit, und wenn du magst, fühle dich lieb in den Arm genommen
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Liebe Olalee


    Ein Willkommen im Forum.
    Es tut mir leid, das du deinen Bruder verloren hast.


    Du schreibst so lieb über deinen Bruder und ich finde es schön , das ihr euch so gut verstanden habt.


    Ich kann es nachvollziehen, das du nicht weiter weißt.
    Du hast deinen Bruder,einen Freund und Ratgeber verloren und das ist einfach schlimm.


    Schreib deine Empfindungen,wann immer dir dannach ist, es hilft sehr.
    Du kannst dir auch ein Tagebuch anlegen und deine Gefühle niederschreiben.


    Trauer zu verarbeiten braucht eine sehr lange Zeit.
    Dein Schmerz ist groß, aber ich kann dir versprechen du lernst damit zu leben.


    Das du jetzt noch nicht mit deinen Eltern drüber sprechen kannst, verstehe ich.
    Als mein Sohn mit 21 Jahren starb, haben meine Kinder zu mir gesagt, ich wäre so ziemlich die Letzte mit der sie über ihre Trauer sprechen würden.
    Sie hatten immer das Gefühl, sie tun mir damit noch mehr weh.


    Hast du Freundinnen mit denen du reden kannst? Das ist ganz wichtig.


    Fühl dich umarmt
    Chrisi

  • Liebe Olalee,


    auch ich möchte dir mein herzliches Mitgefühl für deine Situation mitteilen. :24:


    Ich kann gut nachvollziehen, dass es für dich im Moment sehr schwer ist, damit umzugehen. Denn vor allem in unserem Alter haben wir meistens noch nicht so viele "Erfahrungen" mit dem Tod geliebter Menschen. Wenn Großeltern oder Urgroßeltern sterben, dann hatten die doch schon ein langes und erfülltes Leben und man rechnet schon eher damit, dass sie von uns gehen werden. Wenn es aber dann Menschen aus unserer "eigenen" Familie betrifft (bei mir ist mein Papa mit 51 Jahren gestorben) und die dann auch noch viel zu jung sind, ist das ein zuvor noch nie erfahrener, und unvorstellbar großer Schmerz.


    In diesem Forum bist du aber gut aufgehoben. Hier sind so viele nette Menschen die dich auffangen und einfach da sind, wenn du sie brauchst. Schreib dir alles von der Seele was dich bedrückt, woran du dich erinnern möchtest, wovor du Angst hast... es wird immer jemand da sein, der hilfreiche oder tröstende oder einfach nur mitfühlende Worte für dich hat.


    Und die Sorgen um deine Eltern kann ich auch nur zu gut verstehen. Wenn wir sehen, wie unsere Eltern ihr Leben lang hart gearbeitet haben, um sich etwas aufzubauen und uns ein schönes Leben zu bescheren, dann möchte man das irgendwann auch zurück geben und die Eltern glücklich machen! Und wenn das schon durch einen so tragischen Vorfall für lange lange Zeit nicht mehr möglich scheint, dann möchte man zumindest jetzt da sein und helfen wo man nur kann. Aber dann kommt das Gefühl, dass man selbst nicht die Kraft hat, um jemand anderen zu unterstützen und zu helfen. Aber denke daran, auch du darfst jetzt schwach sein und darfst weinen. Ich habe auch manchmal Schwierigkeiten, vor meiner Mama meine Trauer zu zeigen... Als sie mich aber vor ein paar Tagen gefragt hat, ob sie mir mit ihrer ständigen Weinerei auf die Nerven geht, hab ich mal zu Denken begonnen... Anscheinend hat mein "stark sein wollen" bei ihr den Eindruck hinterlassen, als würde sie mir mit Ihrer Trauer zur Last fallen... Liebe Olalee, versuche mit deinen Eltern zu reden und auch zu weinen. Du musst jetzt nicht stark sein, denn vielleicht ist deinen Eltern jetzt mehr geholfen, wenn sie sehen, dass auch du deinen Bruder vermisst und deine Trauer mit ihnen teilst, als wenn du versuchst stark zu sein.


    Ganz liebe Grüße
    Claudia

    Tretet her, Ihr meine Lieben,
    nehmet Abschied weint nicht mehr,
    Heilung war mir nicht beschieden,
    meine Krankheit war zu schwer,
    wär so gern bei Euch geblieben,
    die Ihr wart mein ganzes Glück,
    doch ich musste von Euch scheiden,
    lasse Euch allein zurück.


    Schmerz hat man nicht gespürt, solange man nicht einen lieben Menschen verloren hat.

  • Liebe Olalee,


    ich glaube, ich habe von dem Unglück Deines Bruders gelesen und vorallem von den ungeklärten Umständen, wie das passieren konnte - war das bei uns im Tirol? Auch von mir ein Kraftpaket in dieser schwierigen Zeit - kannst Du (oder hast Du schon) Dich in einer guten Atmosphäre von Deinem Bruder verabschieden können? Ihm noch einen Brief in den Sarg legen, etwas mitgeben - einfach nochmal mit ihm zusammensein?


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Liebe Olalee,
    mein tiefste Anteilnahme. Ich schicke Dir viel Kraft.
    Katrien

    Alles wird gut. Es gibt viel Trauriges auf der Welt und viel Schönes. Manchmal scheint das Traurige mehr Gewalt zu haben, als man ertragen kann, doch dann stärkt sich indessen das Schöne und berührt wieder unsere Seele. (Hugo von Hofmannsthal)

  • Liebe Olalee !
    Meine aufrichtige Anteilnahme am Verlust Deines Bruders,ich kann Deinen Schmerz nachvollziehen,mein Sohn starb vor zweieinhalb Jahren mit 24 Jahren.
    Deine Worte über Deinen Bruder haben mich sehr berührt,Dein Bruder starb auch an ungeklärten Umständen wie mein Sohn und das macht alles noch unerträglicher weil man nicht weiss wie etwas passieren konnte.
    Das Du Dich ins Leere geschleudert fühlst kann ich gut verstehen,auch die Sorge um Deine Eltern,aber ihr leidet alle sehr darunter,niemand von Euch kann jetzt stark sein,ich habe den Fehler gemacht als mein Sohn starb,das ich meine beiden anderen Söhne in Ihrer Trauer alleine gelassen habe,weil ich so mit mir beschäftigt war,heute sehe ich das mit anderen Augen.
    Wenn ihr zusammenhält wird vielleicht vieles leichter.
    Das Du Deine Mama nicht in den Arm nehmen kannst,ist deine eigene Trauer und Dein Schmerz.
    Ich wünsche Dir viel Kraft in Deiner schweren Zeit,alles Liebe Chrisu :30:

  • Liebe Olalee,


    zuerst ein herzliches beileid auch von mir!


    es ist schlimm, wenn man schon in frühen jahren mit dem tod eines familienmitgliedes konfrontiert wird.


    mein mann ist vor fast zwei jahren verstorben und unser sohn war damals 15 jahre jung. er wollte mich auch nie weinen sehen; er meint, er will nicht, dass ich traurig bin. aber ich denke es ist wichtig, gemeinsam zu trauern und auch weinen zu können. die trauer muss raus; runterschlucken ist nicht sehr gut und es belastet noch zusätzlich die seele.


    wir sind hier im forum immer für dich da!


    lg
    Regenbogen :30:

  • Liebe Olalee, ich wünsche dir und deinen Eltern viel kraft für die kommende Zeit Und ich wünsche euch Freunde, die euch helfen in euer Trauer Meine Schwester ist auch bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen, ich kann also nachvollziehen was du durchmachst. ich wünsch dir die kraft, dass du die barriere zwischen dir und deinen eltern überbrücken kannst, dass ihr gemeinsam trauern könnt. wenn ich dich richtig verstehe, willst du vor deinen eltern nicht weinen, weil du irgendwie das gefühl hast, du müsstest sie trösten, weil sie ja die mutter deines bruders ist? zumindest schreibst du, du kannst sie nicht in den arm nehmen usw. aber du musst sie nicht in den arm nehmen, ihr könnt euch auch gegenseitig in den arm nehmen und einfach heulen. auch wenn du weinst, stützt ihr euch gegenseitig in eurer trauer. was mir geholfen hat in der ersten zeit (und auch jetzt noch immer, ist ja erst 2 monate her) sind bücher und texte, z.B. [url]http://www.amazon.de/Meine-Trauer-wird-dich-finden/dp/3783125855/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1281047322&sr=8-1[/url] [url]http://www.amazon.de/Ohne-dich-Trauer-besonders-schmerzt/dp/3466368537/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1281047361&sr=8-2[/url] und vor allem folgender Text: When I come to the end of the road And the sun has set for me I want no rites in a gloom-filled room. Why cry for a soul set free? Miss me a little–but not too long And not with your head bowed low. Remember the love that we once shared, Miss me–but let me go. For this is a journey that we all must take And each must go alone. It's all a part of the Master's plan, A step on the road to home. When you are lonely and sick of heart Go to the friends we know And bury your sorrows in doing good deeds. Miss Me–But Let me Go Vor allem der Satz "Why cry for a soul set free?" hat's mir angetan - ja, wieso weinen wir, wenn die Seele vom Körper losgelöst wird und doch weiterlebt? Ich weiß nicht ob du damit was anfangen kannst, ob ihr an Gott glaubt oder nicht, ob du (auch wenn du an keinen Gott glaubst) an ein Weiterleben nach dem Tod glaubst - ich tu's seit dem Tod meiner Schwester, weil ich das so intensiv gespürt habe, dass sie weiterhin da ist nur halt nicht mehr körperlich, sondern "nur" noch die Seele. Und weil ich auch gespürt habe, dass Gott uns weiterträgt und hilft, wenn wir ihn darum bitten. Und ich war vorher kein sondern gläubiger Mensch. "Du bist nicht tot, Du wechselst nur die Räume. Du lebst in uns und gehst durch unsere Träume." (Michelango) Hab vorhin auch diesen Thread in diesem Forum gefunden [url='http://www.aspetos.at/forum/index.php?page=Thread&threadID=651']Umfrage: Nachtod-Kontakte[/url] wo's um Nachtod-Kontakte geht - vielleicht hilft dir das ja, wenn du da ein bißchen reinschmökerst Alles alles Gute und viel viel Kraft für die nächste Zeit
  • Liebe Butterfly,


    ein liebes Willkommen hier im Forum und meine aufrichtige Anteilnahme zum Tod deiner Schwester.


    Du schreibst, es ist erst zwei Monate her. Magst du uns ein bissel was erzählen? Wie geht es dir und deinen Eltern?
    Ich möchte dich aber bitten, ein neues Thema zu eröffnen, dann habt du und deine Schwester euren "eigenen Platz"
    Dein Gedicht gefällt mir so gut, ich habe mir erlaubt, es in unsere Sprüche- und Gedichtesammlung einzufügen. Du findest es hier:
    Gedichte, Sprüche und Geschichten
    Ich hoffe, du bist mir nicht böse darüber.



    Liebe Olalee,


    darf ich dich fragen wie es dir geht? Und deinen Eltern?


    Euch alles Liebe
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.