• im März dieses Jahres habe ich mich mit den unterschiedlichsten Gefühlen in diesem Forum angemeldet ... in dem tröstenden Wissen, dass alle Menschen hier in einer Situation sind, die Trauer, Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit, Wut und eine ganze Palette an Emotionen erleben (müssen) ....

    Erst einmal möchte ich allen, die mir geschrieben und auch weitergeholfen haben, danken!


    Mein Sohn und seine Freundin sind vergangenes Wochenende in das Haus eingezogen, in dem sein Vater sich das Leben genommen hat. Es hat für meinen Sohn nie einen Zweifel daran gegeben, dass er es zumindest versuchen wird ... in dem Haus zu leben. Mit der ganzen Situation noch näher konfrontiert zu werden ...
    die zwei haben einiges verändert, um sich auch wohlzufühlen ... mein Sohn sagt, er wird die Auffindesituation natürlich nie vergessen, doch gerade, weil er nun so nah ist, falle es ihm irgendwie auch leichter .... er träumt nicht mehr so oft davon ....
    für uns alle gibt es sehr viele Momente der Fassungslosigkeit und der Trauer; ich selbst habe beinahe täglich vor dem Einschlafen den Anruf meines Sohnes im Ohr, als er mich gebeten hat, zu kommen, weil sein Vater sich erhängt habe ... und ich weiß, dass ich ebenfalls noch einiges zu verarbeiten habe.
    Dem gegenüber steht diese Freude über den Mut, den die zwei "Jungen" bewiesen haben, mit welchem Optimismus und gleichzeitig Realitätssinn sie es anpacken. Und welche Freude sie auch mit dem geleisteten haben .... der Anteil an Trauer in dieser Freude wird bleiben ... und das ist uns allen klar.
    Dennoch blicken wir alle mit Mut in die Zukunft, wir lachen zusammen, wir feiern zusammen und irgendwie ist mein (ehemaliger) Mann/ Martins Vater bei uns .... und das ist gut so.


    Ich schreibe das auch, um anderen zu zeigen, dass es trotz allem irgendwie weitergeht ... selbst wenn man zunächst glaubt, es gäbe keinen Weg und kein Licht ...


    allen einen ganz herzlichen Gruß


    Martha

  • Ich danke auch dir - auch du hast einen dir nahestehenden Menschen verloren - und irgendwie gibt es da diesen ( sehr "schmalzigen" :whistling:) Begriff vom Tal der Tränen ... doch irgendwie trifft die Bezeichnung wirklich zu ... mein Sohn sagt oft, es habe ja keinen Sinn, im "Loch" hocken zu bleiben ... und dass man selbst sehr viel dazu tun muss ... und ich habe festgestellt, dass ich ihn in mancherlei Hinsicht unterschätzt habe ( Mütter :S ) und er wirklich den Mut hat, auch sehr unangenehmes anzupacken .... ganz ehrlich ... ich bin nicht sicher, ob ich das auch so könnte ....


    ich wünsche dir gerade jetzt, wo wieder diese nebligen Tage kommen, ganz viel innerliche Sonne und Wärme!!
    Lieben Gruß - Martha

  • danke dir.
    Vielleicht kann angefügter Text noch mehr verdeutlichen, was ich meine:


    Wieder Vertrauen in das Leben haben heißt nicht, den Menschen vergessen, um den du trauerst.
    Denn wieder neu an die Zukunft glauben kann auch Ausdruck deiner Dankbarkeit dafür sein,
    dass du seine Nähe erfahren und ein Stück des Weges mit ihm gehen durftest;
    es kann Zeichen deines Glaubens an die alles überwindende Liebe sein, die keinen Abschied für immer kennt.
    Es kann Ausdruck deines Mutes sein, ihn loszulassen - freizugeben für das andere Leben.


    aus " Grenzen des Lebens, aber nicht der Liebe" von Irmgard Erath


    Herzliche Grüße


    Martha

  • ja - es ist so manchesmal Schwerstarbeit - auch und besonders an sich selbst. Und ich glaube, erst einmal muss die erste Zeit der vielen unbeantworteten Fragen nach dem Warum überstanden werden ..... und auch diese kommen natürlich immer wieder.... in Varianten ....


    wir hatten sehr viel Unterstützung von ganz vielen Seiten ... es war immer jemand da, mit dem mein Sohn und auch ich mit jemandem reden konnte(n) .... oder auch "einfach" ein paar Arme, in denen man weinen durfte .... das erleichtert sehr vieles und ich haben jeden einzelnen davon ganz fest in mein Herz geschlossen .... ich glaube, darum sind wir auch schon " so weit" ....
    ich wünsche allen solchen Beistand !! ( den man auch hier im forum immer wieder finden kann!!)


    Martha

  • Hallo Martha.
    Weist Du, ich wundere mich über mich selbst.
    Habe seit Mamas Tod schon sehr viel unternommen. Nachdem der erste Schock vorüber war, hab ich mein Leben versucht neu auf die Reihe zu kriegen.
    Gerade heut waren wir wieder mit den Hunden im Wald. Da trafen wie den Hundetrainer wieder, den ich kurz nach Mama Abbleben das erste Mal gesehen habe.
    Wir haben uns wieder lange unterhalten. Meine Freundin mit ihren Hunden war auch dabei und so hatten wir eine nette Runde. Mit 4 Hunden.
    Martha, unsere Liebe freuen sich bestimmt in ihrer neuen Welt, wenn wir weiter leben.

    Eine Stimme die so vertraut war, schweigt.


    Ein Mensch, der immer da war, ist nicht mehr


    Was bleibt, sind dankbare Erinnerungen,


    die niemand nehmen kann.




    Susanne

  • ... es ist schön zu lesen, dass du dich trotz des Verlustes deiner Mama nicht verkrochen hast!!


    Dazu ein - so glaube ich - sehr passendes Gedicht:


    Auch wenn du von mir gegangen bist,
    bin ich verpflichtet gut zu leben.
    Verpflichtet mir und vor allem dir;
    denn du würdest es hassen und mich schimpfen,
    wäre mein Leben dunkel und nicht mehr lebenswert.


    Kristiana Allert-Wybranietz


    ich wünsche dir in diesem Sinne ein lebensfrohes und -freudiges Wochenende -
    mit herzlichem Gruß
    Martha

  • Liebe Martha,


    schön, wieder von dir zu hören, besonders daß es euch soweit "gut" geht.
    Den Mut deines Sohnes finde ich bewundernswert, ich wünsche ihm und seiner Freundin, daß sie sich weiterhin in diesem Haus wohlfühlen.


    ... denn du würdest es hassen und mich schimpfen,
    wäre mein Leben dunkel und nicht mehr lebenswert.
    Ja - das passt so gut - danke für diese Zeilen.


    Dir und den beiden "Jungen" alles Liebe
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Liebe Martina.
    Danke für die schönen Zeilen.
    Das Gedicht werde ich mir kopieren. Das passt ganz genau.


    Ich glaube, meine Schwestern haben genau das von mir erwartet. Sie dachten wohl, ich würdemich jetzt ins dunkle Kämmerchen verkriechen.
    Die mittlere ist immer sehr konsterniert, wenn ich mal nicht da bin, wenn sie anruft, oder um 20,30 noch Besuch habe.


    Wünsche Dir und Deinen Kindern einen schönen Sonntag.

    Eine Stimme die so vertraut war, schweigt.


    Ein Mensch, der immer da war, ist nicht mehr


    Was bleibt, sind dankbare Erinnerungen,


    die niemand nehmen kann.




    Susanne

  • mir gehts durchwachsen .. es gibt Momente, wo ich ganz unbeschwert das Haus betreten kann, dann wieder macht es mir sehr Mühe und Schmerz ... wo ich mich frage, wie mein Sohn das schafft, tagtäglich daran vorbeizugehen ... mit diesem Bild im Kopf ...
    glücklicherweise kann ich mit meinem Partner gut darüber reden und nach so einem Gespräche gibt es wieder Abende, wo ich ohne den Gedanken daran einschlafe ...
    einiges wird wohl auch noch unverarbeitetes aus der Beziehung sein .. dem ich nun nicht mehr ausweichen kann ....
    alles braucht seine Zeit, heißt es doch irgendwo ... und ich gebe sie mir ....


    Ich wünsche dir ein ausgeglichenes, zufriedenes Wochenende


    lg Martha

  • Liebe Martha,
    "durchwachsen" ist normal. Du hast ja einiges zu verarbeiten und es wird so sein, wie du sagst, dass da noch Unverarbeitetes aus der Beziehung da ist. Wichtig ist, dass du auch gute Phasen hast, dann bist du in einem gesunden Prozess.
    Ich denke, dass dein Sohn damit so gut klar kommt, hat damit zu tun, dass er ein sehr realistisches Bild von der Auffindungssituation hat (und damit weniger Spielraum für Phantasien, die meist viel belastender sind) und andererseits hat er sich von Anfang an konfrontiert und keine Vermeidungsstrategien angewandt, welche den Verarbeitungsprozess blockieren. Wahrscheinlich kann er inzwischen schon an der Stelle vorbeigehen, ohne das Bild vor Augen zu haben.
    Du hast deinen verstorbenen Ex-Mann nicht mehr gesehen, hab ich das richtig verstanden?
    AL
    Christine

  • entschuldige erst mal, dass ich gestern nicht die ganz korrekte Anrede verwendet habe ...
    ja, ich habe meinen mann nicht mehr gesehen; ich habe mich damals dem Wunsch meines Sohnes gebeugt, was ich heute bereue ... doch damals in der ganzen Situation wollte ich nicht noch zusätzliche Probleme machen ... mein Sohn hat sich damals vehement dagegen gesperrt, dass ausser den aufnehmenden Beamten noch jemand den Erhängten sieht .. ich kann das auch irgendwie verstehen ... manchmal denke ich mir, ob ich darum bitten soll, die polizeilichen Erhebungsfotos zu sehen ... möglicherweise würde man mir es sogar erlauben ... nur müsste ich das hinter dem Rücken meines Sohnes tun und das will ich nicht ... er würde dies verständlicherweise als Vertrauensbruch sehen ...


    Ich denke, die guten Phasen überwiegen schon. Nur die Abende sind manchmal schwierig ... doch auch das wird sich legen. Und vermutlich ist eine erneute Beschäftigung mit meiner damaligen Beziehung zu meinem Mann auch irgendwie gesund und wichtig ... und das Gute daran ist, dass sich in Gesprächen mit meinem Sohn auch manchmal Themen ergeben, die ihm nach meinem damaligen weg-gehen noch auf der Seele liegen ....


    wichtig ist mir, dass ich trotz den vielen Gedanken lachen kann, mich freuen kann, das Leben positiv sehe und mit Mut in die Zukunft sehe .. nicht nur in meine, sondern auch in die von Martin ... alles andere muss meine Seele und mein Verstand erst mal auf die Reihe bringen ... was seine Zeit braucht ... und auch die nötige Ruhe ...


    Ich wünsche dir einen erholsamen Sonntag Abend, herzlichen Gruß
    Martha

  • der Fotos hab ich ihn noch nicht speziell darauf angesprochen. Er hat sich die ganzen Fotos und Protokolle angesehen, und meinte, sein Papa sähe "einfach traurig" aus ...
    in der damaligen Situation meinte er, es sähe schrecklich aus und es wäre pervers, sich den Toten nochmals ansehen zu wollen ...


    ich selbst habe für mich entschieden, dass ich - wenn es mich wirklich nicht in absehbarer Zeit nicht mehr so beschäftigt - ihn darauf ansprechen werde. Sollte er sich wirklich dagegen aussprechen, werde ich das natürlich akzeptieren . Ob ich es im Fall der Fälle auch wirklich schaffe, die Bilder anzusehen, steht wieder auf einem anderen Blatt ...


    danke dir für die mutmachenden Zeilen -
    Martha

  • Liebe Martha,
    pervers ist da gar nix dran. Ich weiß wie quälend es sein kann, wenn man sich kein "Bild" von der Realität gemacht hat.Das Fragezeichen, das dadurch ensteht, macht es einfach schwerer von Pahnatasien loszukommen. Dass er "traurig" ausgesehen hat, das liegt in der Natur der Sache, ein Suizid ist traurig!


    Ich habe ein bissl ein Problem mit Männern, die sich das Recht herausnehmen, sich alles ansehen zu dürfen (weil sie sich für stark genug halten) und so ihre Verarbeitung vorantreiben und dann Frauen "schützen" davor wollen, weil sie angeblich zu schwach sind ... oder was auch immer. Damit verhindern sie eine gesunde Konfrontation und Bewältigung. wenn es für dich wichtig ist, die Bilder zu sehen, dann kannst du da ruhig ein bisschen Gas geben und ihm erklären, warum es für dich wichtig ist und du selber weißt, was für dich gut ist ...
    :)
    AL Christine

  • ich werde es mir zu Herzen nehmen , was du geschrieben hast. Ich hab wohl auch den Konflikt damit, dass ich ihn in meinem Gefühl immer als mein Kind sehe .. nicht als Mann *lach*
    und du hast recht, die Vorstellungen sind manchmal quälend ....


    Danke ...
    Martha

  • Liebe Martha,


    wie es so oft mein "Problem" ist, verstehe ich beide Seiten.
    Es liegt wohl in der Natur der (meisten) Männer, die Frauen "beschützen" zu wollen, da können sie wohl nicht aus ihrer Haut. Und prinzipiell finde ich es ja lieb und fürsorglich von Martin, daß er dich vor dem - wahrscheinlich nicht sehr schönen - Erlebnis "schützen" möchte (ich glaube, daß mein Sohn auch so handeln würde.)
    Doch wenn dich die Phantasien (so wie Christine es schreibt) zu sehr quälen, dann würde ich an deiner Stelle es ihm genau so erklären - daß die Bilder deiner Phantasie wahrscheinlich "schrecklicher" sind, als die Realität. Und ich bin mir eigentlich sicher, daß er das verstehen wird - und wenn er es nicht sofort versteht, dann "gib Gas" ;) und laß dich nicht gleich "abschrecken"! Bin auch der Meinung, daß "wir Frauen" selbst entscheiden können, was gut für uns ist.


    Ich wünsche dir die Kraft, den für euch alle richtigen Weg zu finden.
    Alles Liebe
    Jutta


    PS: jetzt hab ich so lange mit meiner Antwort gebraucht, daß ich deine übersehen habe.
    Ja- das liegt wohl in "unserer Natur" ;) - daß wir unsere Söhne, egal wie alt sie sind, nicht als "Männer", sondern eben als unser Kind sehen.
    Meiner wird heuer 30, doch für mich ist er immer noch "Kind" :D

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.