Absolute Minimal-Bestattung?

  • Hallo,


    ich lebe in Graz und soweit ich sehe, kommt die billigste Feuerbestattung auf stolze 1975 €:
    http://www.grazer-bestattung.a…ise_1002/preise_feuer.pdf
    Das Paket inkludiert:
    Stadtüberführung, Kremation
    8 Kerzen elektrisch, 6 Kirschlorbeer, Einbettung, hygienische Versorgung: will ich alles nicht
    Sarg: WOZU????????


    Theoretisch müßte es also wesentlich billiger gehen. Ich bin davon überzeugt, daß wir nach dem Tod nichts weiter sind als nutzlose Zellen, die keiner Würdigung bedürfen und ich empfinde es als Verletzung meiner persönlichen Freiheit und Menschenwürde, bestattet werden zu müssen. Daher meine Frage: was ist die absolute Minimalbestattung? Kann man sich z.B. ins Ausland fliegen lassen, wo man zusammen mit anderen verbrannt wird und die Asche verstreut oder als Dünger eingesetzt wird? Wäre für jeden Tip dankbar.


    Liebe Grüße,
    Petra

  • Liebe Petra,


    naturgemäß teile ich Deine Einstellung bezüglich dem Umgang mit dem toten Körper nicht, aber eine Bestattung günstiger durchzuführen ist sicherlich möglich. Bei den Dingen die Du aufgezählt hast, scheint eine Trauerfeier stattzufinden. Diese kann man natürlich weglassen. Die Überführung ins Krematorium ist notwendig, der Sarg ist für den Transport und die Beisetzung vorgeschrieben - in unseren Krematorien kann ohne Sarg nicht eingeäschert werden - nähere Informationen zum Prozess findest Du hier


    Du kannst die Asche gegen einen kleinen Beitrag anonym beisetzen oder nach Holland / Schweiz schicken und diese dort verstreuen lassen.


    Der Transport des Körpers ins Ausland ist mit einem vielfachen der Kosten für eine einfache Bestattung hier verbunden, daher fällt diese Möglichkeit wohl weg. Tritt der Sterbefall aber im Ausland ein, kann natürlich auch am Sterbeort feuerbestattet und dann eine Beisetzung in diesem Land gemäß den dortigen Bestimmungen durchgeführt werden.


    Wenn Du weitere Fragen hast, jederzeit gerne! Bezüglich der Einstellung, dass jegliche besondere Maßnahmen rund um den toten Körper "überflüssig" sind, möchte ich Dir gerne einen Artikel meiner Kollegin ans Herz legen, der da heisst: "Warum werft ihr die Toten nicht auf den Komposthaufen?


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Hallo,


    erstmal danke für die Antwort, der Artikel hat meine Einstellung aber nicht geändert. :) Ich habe auch gar nichts daran auszusetzen, wenn jemand ein schönes Begräbnis haben will. Aber ich hätte halt gerne auch die Möglichkeit, meinen Wünschen nachzugehen.


    Ich hätte aber noch eine Frage bezüglich des Sarges: Was genau zählt denn schon als "Sarg"? Ich meine, tut's eine einfache Holzkiste auch? Ich finde es einfach unerträglich, daß Menschen an einem wunderschönen Sarg arbeiten, der dann ohne guten Grund zerstört wird, anstatt daß sie mehr von ihrem Leben genießen können. Und wenn's um die "Verbrennungsenergie" geht, müßte es ja normales Brennholz auch tun, oder?


    Liebe Grüße,
    Petra

  • Liebe Petra,


    tatsächlich tut es eine "einfache Kiste" auch. Es gibt für die Kremation sehr einfache Särge, die in der Regel auch im Verkauf so günstig sind, dass sich "Do it yourself" nicht lohnt, da der Einkauf des Holzes schon teurer ist. Wichtig ist, dass der Sarg keine besonderen Beschichtungen (Lacke) hat und nicht aus Verbundstoff mit hohem Leimanteil (Sperrholz) besteht. Innen ist auf eine Ausstattung zu achten, die saugfähig ist und die den Sarg so dicht halten, dass Flüssigkeiten nicht nach außen treten können.


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Hallo Petra,



    Deine Einstellung gegenüber einen toten Menschen hat mich sehr entsetzt...


    Besonders der Satz; nutzlose Zellen die keine Würdigung bedürfen ,ist für mich unverständlich und verletzend.



    Diese'''nutzlose''Zellen"'ist ein Mensch gewesen der geliebt worden ist ,und eine würdige Verabschiedung verdient hat ...
    Und ich hoffe das es auch bei mir so sein wird ...(das muss nicht die welt kosten)



    Sonst kann man wirklich gleich auf dem Komposthaufen …



    Mara.

  • Liebe Petra!
    Ich möchte dir deine Einstellung nicht ausreden,aber ich muss sagen,ich bin -um es auf den Punkt zu bringen-entsetzt.
    Sprichst du eigentlich von der Vorsorge zu deiner eigenen Bestattung irgendwann einmal?
    Denn wenn ich mir vorstelle über meinen Vati,meinen Bruder oder gar über mein vor 8Wochen verstorbenes Kind so zu denken,wird mir richtig schlecht.
    Bitte nimm mir meine ehrlichen Worte nicht übel,aber so ist meine Einstellung dazu.
    Wie mara sagt,diese Menschen wurden unendlich geliebt.
    Liebe Grüße
    Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Hallo,


    ja, ich habe in erster Linie von meinem eigenen Begräbnis gesprochen. Wenn die Entscheidung über die Begräbnisse anderer bei mir läge, würde ich es auch so handhaben. Wenn mir der Betreffende allerdings vorher sagt, wie er es haben möchte, dann richte ich mich nach seinen Wünschen. Immerhin ist es ja sein Begräbnis.


    Trotzdem solltet Ihr verstehen, daß mich Eure Meinung ebenso entsetzt wie Euch die meine. Was habt Ihr denn an diesem Menschen geliebt? Haut, Haare, Fett, Leberzellen,…? Oder das, was er Euch gegeben hat? Die Gedanken, die er mit Euch geteilt hat, die Freude, die er geschenkt hat... Das sind die Dinge, die meiner Meinung nach von einem Menschen bleiben sollten, und die kann man gar nicht zerstören, selbst wenn man wollte. Ich finde Begräbnisse, so wie wir sie zelebrieren, einfach nur wahnsinnig oberflächlich und sinnlos. Sie haben nichts damit zu tun, wieviel man von einem Menschen hält, sondern sind ein gesellschaftlicher Zwang. Wie oft wart Ihr schon auf Begräbnissen, obwohl Ihr eigentlich gar nicht gehen wolltet???


    Liebe Grüße,
    Petra

  • Hallo .


    Was wir an diesen Menschen geliebt haben?ALLES,und da gehören auch die Haut,Haare,und Leberzellen dazu .Und weil wir geliebt haben gehört auch ein würdiges Begräbnis dazu.


    Ich finde es ziemlich schockierend was du so von dir gibst und ich frage mich ob du schon mal einen nahe Angehörigen verloren hast .


    Es stört mir auch nicht wie du über Beerdigungen denkst ,sondern wie respektlos du über verstorbene Menschen sprichst.



    Mara.

  • Hallo,


    was genau verstehst Du denn unter "Tod"? Wenn jede einzelne Zelle eines Menschen der Mensch selber ist, egal wie sehr sie sich verändert, oder wie "tot" sie auch ist, dann verletzt Du die Würde von Menschen von Minute zu Minute. In den letzten Tausenden von Jahren sind viele Menschen gestorben, deren Zellen nicht einfach verschwinden, sondern weiterhin in der Natur zu finden sind. Du steigst auf sie drauf, Du trinkst sie, Du ißt sie. Deiner Definition nach sind wir offensichtlich alle Kannibalen. Ganz abgesehen davon, daß wir auch während des Lebens Zellen verlieren: auf natürlichem Wege oder durch Operationen. Dann müßtest Du also auch gegen die Medizin sein und mit einem großen Plastiksack umhüllt herumlaufen, damit Du nichts von Dir verlierst. Wenn Du wirklich etwas von Menschen hältst, dann kannst Du nicht im Ernst glauben, daß ein toter Mensch der gleiche Mensch ist, der gelebt hat.


    Ich versuche ja, Eure Auffassung zu verstehen, aber egal von welcher Seite ich es auch angehe, die Art, wie wir mit unseren Toten umgehen macht nicht den geringsten Sinn. Was ist z.B. wenn ein Mensch in einem Feuer umkommt und verbrennt? Muß man dann die gesamte Asche vergraben? Und wenn ja, ist es tragbar, daß dieser Mensch zusammen mit dem Haus vergraben wird, das ihn getötet hat?


    Was ist mit der Tatsache, daß sich Menschen nach dem Tod verändern? Egal, ob man sich gleich verbrennen läßt oder eine Erdbestattung hat, der tote Körper verändert sich auch ganz ohne unser Zutun. Wieso können wir die natürlichen Zersetzungsvorgängen nicht akzeptieren und dementsprechend handeln? Alles, was wir in bezug auf Begräbnisse veranstalten, sind Traditionen, die keine rationale Begründung haben. Und wenn Dir nicht jemand gesagt hätte, wie Du zu handeln hast, würdest Du wirklich alles genauso machen wie jetzt? Würdest Du automatisch, von DIr aus, auf die Idee kommen, einen toten Menschen zu verbrennen, in ein Tongefäß zu füllen, zu vergraben, einen Stein drauf zu setzen, Kerzen anzuzünden und Blumen zu pflanzen?


    Und was ist mit anderen Kulturen? Sind alle Kulturen, die Tote anders behandeln als wir, von schlechten Menschen gebildet worden? Und wenn ja, was genau macht uns so moralisch überlegen?


    Ich habe schon Menschen verloren, die mir viel bedeutet haben, aber das heißt nicht, daß ich deshalb mein Hirn ausschalten muß. Natürlich vermissen wir diese Menschen, aber nichts, was wir tun, wird sie zurückbringen und ich habe nicht das Bedürfnis, meinen "Respekt" offen zu zeigen. Wenn wir Blumen auf Gräber legen, ist das höchstens 10 % wahrer Respekt und 90 % "hoffentlich reden die Verwandten nicht schlecht über mich". Darauf kann ich verzichten. Im Leben und im Tod.


    Liebe Grüße,
    Petra

  • Auch andere Kulturen haben respekt vor den Toten und haben ihre eigene Rituale.
    Und nüchtern betrachtet magst du Recht haben ,aber der Mensch hat zum Glück ,dank unsere Hirnzellen,auch Gefühle.
    Nochmals.Es ist nicht deine Ansicht über Begräbnisse und Gedenkstätten die mich so stört ,sondern der Satz ;






    Tote Zellen ,die keine Würdigung bedürfen ... :!:


    Ich für mich beende hiermit diese Diskussion ...



    Mara.

  • Liebe Petra,


    eigentlich wollte ich in diese Diskussion nicht einsteigen, aber das muß ich jetzt doch loswerden.


    ALLES was ich am Grab meines Vaters mache, jedes "Geschenk" das ich dort hin bringe, geschieht zu 100% aus Respekt (und Liebe)! Und zwar aus Respekt vor den Gedanken, die wir geteilt haben, der Freude, die er mir geschenkt hat, dem, was er mir gegeben hat! Respekt und Liebe dem gegenüber was, wie du ja selbst schriebst, von einem Menschen bleibt. Wäre es nicht so, würde ich es lassen, und es wäre mir sehr egal, was die Verwandtschaft oder der Rest der Menschheit davon halten!
    Und ich "bilde mir jetzt mal ein", daß so gut wie alle, die wir hier schreiben, meiner Meinung sind.


    Und - ich "wollte" noch auf kein einziges Begräbnis gehen. Ich "wollte" immer, daß dieser Mensch, der da verabschiedet wird, noch lebt. Ich ging auf diese Begräbnisse aus Liebe und aus Respekt vor den Gedanken, ....
    Wäre es nicht so gewesen, hätte ich es gelassen!


    Natürlich - jedem seine Meinung - so auch dir. Doch deine Wortwahl war schon sehr "unglücklich". Du klingst sehr verbittert.
    Darf ich dich fragen, aus welchem Grund du dich mit deinem Begräbnis beschäftigst?


    Liebe Grüße
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Hallo,
    ich möchte mich Jutta und mara in vollem Umfang anschließen,hätte es nicht besser auf den Punkt bringen können.
    Mehr gibt es für mich nicht zu sagen.
    Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Hallo,


    meine Aussage, daß tote Zellen keiner Würdigung bedürfen, kann ja wohl nicht das Problem sein. Haare sind tote Zellen, aber die allerwenigsten sammeln jedes ausgefallene Haar, um ihm dann zu huldigen. Meiner Meinung nach sind tote "Menschen" eben überhaupt keine Menschen mehr, sie sind nur tote Zellen. Der Mensch selbst ist nicht mehr da. Das ist ja irgendwie die Definition von "tot", zumindest meiner Auffassung nach, und deshalb kann ich den Menschen gar nicht entwürdigen, egal, was ich mit seinen körperlichen Überresten mache. Und wenn Du es schon an Worten aufhängen willst: Ich habe tatsächlich keinen Respekt vor den Toten, sondern vor den Menschen, die jetzt leider nicht mehr da sind.


    Und Jutta: wenn Du wirklich alles freiwillig machst - und ich will das gar nicht anzweifeln - dann ist das ja ok, aber da bist Du eine Ausnahme. Meiner Erfahrung nach ist es eben so, daß Leute (außer den allerallerengsten Verwandten) nicht aus Respekt zu Begräbnissen geben. Zitat: "Ein alter Arbeitskollege von mir ist gestorben und da muß ich mich beim Begräbnis anschauen lassen." Das heißt man "will nicht" (im Sinne von: "ich gehe aus eigenem Antrieb heraus") hingehen, tut's aber trotzdem. Wegen des gesellschaftlichen Drucks. Außerdem sehe ich, daß Du 930 Beiträge in diesem Forum geschrieben hast. Das heißt Du mußt ein überdurchschnittliches "Interesse" (bitte geeigneteres Wort einsetzen) an diesem Thema haben, was meine Familienangehörigen, Freunde und Bekannte sicher nicht haben.


    Warum ich mich damit beschäftige? Man sagt immer, man soll sich möglichst früh mit dem Tod und seinem eigenen Ableben beschäftigen, weil es uns ja jeden Tag treffen kann. Und wenn das einer dann wirklich tut ist das so ungewöhnlich?


    Liebe Grüße,
    Petra

  • Liebe Petra,


    ja, "leider" ist es ungewöhnlich und kommt nicht gar so oft vor, daß sich jemand "ohne Grund" damit beschäftigt.
    Sorry, wollte dir nicht zu nahe treten.


    Wow - 930 Beiträge schon. :P Ja wirklich, mußte erst nachsehen, schau da echt nicht darauf.
    Das Wort "Interesse" kannst du schon stehen lassen. Allerdings nicht als Interesse am Thema, denn da wäre es wirklich nicht treffend. Sondern als Interesse an den Menschen, denen ich antworte.
    Ich bin in dieses Forum in einer Zeit gekommen, in der es mir echt dreckig ging. Ich wurde liebevoll aufgenommen, konnte mich mit Menschen austauschen, die ähnliches erlebt haben und verkraften müssen. Das hat mir sehr geholfen.
    Und ich versuche, die Hilfe die ich erhalten habe, jetzt an andere weiterzugeben. So "einfach" ist das.


    Auf alles andere möchte ich gar nicht näher eingehen, es bringt nichts, wenn wir weiter darüber diskutieren.


    LG
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Liebe Petra,
    sei als Mensch und Zellhaufen auf jeden Fall willkommen geheißen, wenn ich auch deine Meinung nicht teile, so mag ich solch provokante Diskussionen einfach gerne und ich finde sie nicht nur interessant, sondern es auch wichtig, solche Positionen offen zur Diskussion zu stellen! :D


    @ all:
    Hui, den Thread hab ich echt übersehen (danke Markus für den Tipp) und lese jetzt erst, dass hier ja richtig die Post abgeht! Ein hochphilosophische Diskussion. Da muss ich natürlich auch noch meinen Senf dazugeben :rolleyes: aber heute schaff ichs nicht mehr, denn ich bin volle müde! Also bitte um etwas Geduld, dann sag ich auch noch, was ich mir denke.
    Versteh schon, dass ihr verärgert und entsetzt seid hier, aber diese Position gibt es af dieser Welt und als solche darf sie auch diskutiert werden.


    AL
    Christine

  • Liebe Petra und @ all
    Rein rechtlich gesehen ist eine Leiche tatsächlich ein Gegenstand, eine Sache. Genaugenommen eine Sache, die entsorgt werden muss. Allerdings hat der Gegenstand „Leiche“ einen Sonderstatus im Sachrecht. Er ist nämlich eine Sache, an der gewisse Persönlichkeitsrechte weiter wirksam sind. D.h. die Leiche wird wie eine Sache behandelt, aber doch nicht ganz. Z.b. darf ihre Totenruhe nicht gestört werden.


    Näheres dazu unter


    Pietät ist ... Leichenethik für den Alltag


    Das ist dann nebenbei auch meine Meinung, nämlich, dass ein Leichnam ein "Rückstand der Person" ist und also solcher eben auch respektvoll zu behandeln. Die Minimalbestattung, so wie du haben willst, ist sicher kostengünstig zu haben, wie Markus dir geschildert hat. Du kannst diese Minimalbestattung meinetwegen sogar als „Entsorgung“ bezeichnen. Ich finde nur, auch wenn ein Bestatter nur den rechtlich vorgeschriebenen Minimalaufwand durchführt, dann muss das nicht gleich eine Entsorgung sein. Wie auch immer – jede Entsorgung – auch die von Autos oder Kühlschränken – kostet Geld, so natürlich auch die eines Menschen.


    Hallo,
    Alles, was wir in bezug auf Begräbnisse veranstalten, sind Traditionen, die keine rationale Begründung haben. Und wenn Dir nicht jemand gesagt hätte, wie Du zu handeln hast, würdest Du wirklich alles genauso machen wie jetzt? Würdest Du automatisch, von DIr aus, auf die Idee kommen, einen toten Menschen zu verbrennen, in ein Tongefäß zu füllen, zu vergraben, einen Stein drauf zu setzen, Kerzen anzuzünden und Blumen zu pflanzen?


    Ich habe schon Menschen verloren, die mir viel bedeutet haben, aber das heißt nicht, daß ich deshalb mein Hirn ausschalten muß.


    Du argumentierst hier extrem rational, das ist eine typ. philosophische Herangehensweise an ein Problem. Ich habe halt die Erfahrung gemacht, dass eine rein rationale Herangehensweise an Themen des Lebens zwar im Elfenbeinturm der Philosophie funktioniert und auch sehr spannend ist, in der Realität aber nicht funktioniert. Wir haben nämlich auch Emotionen und die sind mit Rationalität zwar regulierbar oder man kann sie eine Zeit auch wegschieben, aber das rächt sich mit der Zeit, denn man kann sie nicht dauerhaft ausschalten oder entfernen, weil sie uns angeboren sind und als psychische Kräfte vernünftiges Handeln und Denken erst möglich machen. Das Paradoxe ist: Über Jahrhunderte hat man versucht uns über die Philosophie einzubleuen, dass wir Gefühle ausschalten müssen, um vernünftig sein zu können. Heute weiß man, dass wenn man Gefühle ausschaltet (z.B. durch Verletzungen im Gehirn, Tumore oder Medikamente) unser Verhalten sogar irrational werden kann.
    Die Traditionen und Rituale im Umgang mit dem Tod sind weltweit sehr unterschiedlich, aber eines haben Menschen gemeinsam, dass sie ihre Verstorbenen nicht einfach liegen lassen, sondern beisetzen. Das ist für mich nicht nur ein Zeichen dafür, dass das weitergegebene Traditionen sind, die einfach übernommen werden, sondern das ist ein menschliches Spezifikum, das uns vom Tier unterscheidet.
    Dass viele Trauerfeiern oberflächlich wirken, hat m.E. damit zu tun, dass die alten Traditionen starr und leer wirken und nicht mehr zu den Bedürfnissen der Menschen heute passen. Hier finden schon Änderungen statt, aber bis sie sich durchsetzen, das dauert halt.


    Zum unützen Zellhaufen hätte ich eine Frage: Wann genau deiner Meinung nach wird ein Mensch zu einem unützen Zellhaufen?


    AL
    Christine