Verwaiste Eltern

  • Liebe Darina!


    Ich denke, dass kein Mensch auf dieser Welt einfach nur mehr positiv denken,
    nur mehr fröhlich sein und nach vorne schauen kann!


    Ich habe Jan auch nicht gesagt: "Du kannst jetzt gehen!"
    In meiner Vorstellung gibt es einen Platz, wo er jetzt ist - bei
    seiner Uromi. Für mich ist er dort, und vielleicht darf er mich ja
    manchmal besuchen - ich hoffe es zumindest....
    Ich weiss, dass es ihm dort gut geht und das gibt mir ein
    schönes Gefühl. Mein Oma passt jetzt auf ihn auf und ich
    "darf" auch wieder lachen und Dinge tun, die ich gerne mache!
    Vielleicht habe ich ihn dadurch losgelassen?


    Und alles Neue macht manchmal auch ein bisschen Angst.
    Das Ungewisse, eine neue Situation - es lohnt sich aber schon,
    es auszuprobieren. Du hast dadurch nichts zu verlieren...!


    Ich drück' Dich ganz fest!


    Deine Kate


    Den Spruch von vorhin habe ich mal in einem Film gehört,
    und nie mehr vergessen können - er passt genau...!

  • Hallo Darina,


    Das Schwierige, wenn Kinder sterben, ist: Die Mutter-Kind-Bindung bleibt ja und "Loslassen können" scheint ein Widerspruch zu sein, was aber nicht der Fall ist.


    Mein Bild dazu: Wir tragen unsere Kinder wie einen Drachen an der Schnur.


    Bei manchen Müttern und Kindern ist die Schnur sehr kurz: Das kann schön sein, wie es bei Manuela und bei Petra und ihren Müttern war. Das kann aber auch anstrengend sein - v.a. für die Kinder, wenn die Mutter grundsätzlich nur eine sehr kurze Schnur vorgesehen hat.


    Bei manchen ist die Schnur so lang, dass man sich grad noch im Blick hat und wenn's mal sehr stürmisch wird oder gar eine arge Flaute ist, dann kann man ja mal die Schnur verkürzen und sich näher als sonst sein.


    Wenn ein Kind stirbt, ist die Schnur so lang, dass man es nicht mehr sieht (wie bei Kate, Chris und Darina), aber über den Faden dennoch spürt.


    Ich glaub nicht, dass Trauerbewältigung nach dem Tod eines Kindes so aussieht, dass wir den Faden (die Bindung) loslassen oder gar abreißen lassen sollen. Loslassen heißt hier vielleicht, dass ihr irgendwann einmal akzeptieren könnt, dass die Schnur einfach viel, viel länger ist als ihr das je gewollt hättet.


    Kannst du damit was anfangen?
    (Habe gerade einen sehr lebendigen etwas früh(reifen), extrem am Faden zerrenden jungen Drachen in meinen mütterlichen Fängen ... und mir ist Angst und Bang dabei.)


    LG
    Christine

  • Liebe Christine!


    Danke für Deine Worte.
    Ich bin echt baff, wie Du das gerade beschrieben hast...


    Danke und wünsch' Dir eine gute Nacht!


    Deine Kate

  • Guten Morgen,


    zuerst möchte ich schreiben, dass sich wohl meine Schmerzpause, von selbst beendet hat, ich wache morgens auf, grübel bereits und könnte schon wieder weinen.
    Von selbst, deshalb, weil ich es gar nicht möchte, und sie aber nicht mehr einhalten kann.


    Dann möchte ich mich bei euch beiden ganz herzlich bedanken.
    Eure Worte tun mir gut.


    Ich finde es auch toll, wie du mir und uns diese Bilder schenkst, Christine.
    Wellenmeer, Geschirrschrank und nun Drachen.
    Ich kann damit sehr gut, bin ja auch in der Bildertherapie,
    dort hab ich vom Brunnen gelernt, mit Rucksack und mit Leiter.


    Ich bin gestern noch draufgekommen, wo der Unterschied, zwischen Kate und mir liegt.


    Kate kann sich darauf einlassen, sich Zeit zu nehmen, zu weinen, sie weiss, dass es ihr danach besser geht, sie hat diesen Weg gefunden und auch dieses Vertrauen, dass es ihr danach wieder besser geht, quasi, das Ventil zu öffnen, damit der Druck weggehen kann.
    Ich habe das noch nicht, ich habe noch die furchtbare Angst und deshalb halte ich eher krampfhaft den Kopf über Wasser, weil ich glaube, dann schwerer wieder aus dieser Weinzeit zu kommen.
    Ich habe es geschafft, mich so unter Kontrolle zu haben, dass ich auf der Straße und in manchen Situationen die Beherrschung habe, und mich mit einem Gedanken selbst zu stärken, wenn ich eine blöde Meldung höre.
    Die Angst liegt darin, dass ich diese Kontrolle nicht verlieren will.


    Und dann wäre noch dieses trotzige Kind, das ihn zurück haben will.
    Und die erwachsene Frau, die weiss, dass er nicht kommen wird.


    Ich kann euch nicht sagen, in welcher Phase, der Trauer ich mich befinde, ich kann sagen, dass ich diese Ohnmacht, dieses; Das kann doch nicht wahrsein,
    hinter mir habe.
    Vielleicht ist es jetzt diese Loslass-Phase, dieses erst einmal bewusst sein, zu wissen, und vor allem zu wollen, dass es mir besser gehen soll.
    ich wünsche es mir.
    Klar möchte ich an mein Kind denken können und traurig sein, denn er fehlt mir ja.
    Ich möchte es schaffen, dass ich den Schmerz kontrollieren kann und nicht er mich.


    Ich bin neidisch, auf alle, die Erinnerungen haben, ich hab keine. Ich hab die Schwangerschaft, und den Ausgang der Schwangerschaft, ich weiss nicht, wie mein Kind gerochen hat, ich hab kein Lächeln von ihm, ich hab das Bild, als er tot vor mir lag.


    Puh, und wieder reiss ich mich zusammen, um schreiben zu können.


    Da kommen sie schon, ich spür den Schmerz im Hals, die Augen werden feucht. Die Tränen rinnen.
    Ich spüre ihn wieder, den Schmerz.


    Michael ich vermisse dich.

  • Liebe Leutz,


    habe jetzt gerade lange und eindringlich den Thread studiert und wollte Euch einfach nur mitteilen, dass ich grossen Respekt vor Euch habe. Die entstandenen Bilder sind sehr tief und vielsagend... Da ich selber keinen Geschirrschrank habe und niemand an meiner Drachenleine zerrt, erspare ich mir einfach einen g´scheiten Kommentar - er wäre deplatziert!


    Gute Nacht,
    Markus

  • Guten Morgen, meine Lieben,


    eine neue Woche fängt an. Wird sie ruhig bleiben? Kommen Wellen? Jede Woche, die selben Fragen.


    Ich hab mir überlegt, was für mein Leben wohl vorgesehen ist.
    Ich hab das gestern zu Manuela gesagt, denn hätte ich sie jemals getroffen, wenn Michael zur Welt gekommen wäre? Hätte ich mich jemals in dieses Forum eingetragen? Hätte ich meine Arbeit aufgegeben? Hätte ich die Stärke bekommen, die ich jetzt habe?
    Um es in den Bildern auszudrücken, die wir bisher bekommen haben.


    Gott hat mir eine viel zu lange Leine in die Hand gedrückt, so dass ich mein Kind gar nicht sehen kann, doch als "Ersatz", um mich hie und da an etwas erfreuen zu können, wird mir manchmal ein Regenbogen geschenkt, eine Sonnenblume, Steine, die ich bekomme, oder selbst bemale, ich habe meinen Geschirrschrank kaputtgeschlagen und die vielen Teller wieder zusammengeklebt, ich sehe Sonnenuntergänge noch viel bewußter und suche und finde Zeichen, die mich mit einem Lächeln an mein Kind denken lassen.


    Ich bin heute sehr dankbar dafür, dass ich das alles überlebt habe, ich bin dankbar dafür, dass ich Marcel habe und jeden Tag diese Drachenschnur ein wenig lockerer lassen kann, denn er kommt von selbst immer wieder ein Stück näher, dann fliegt er wieder höher,..


    Ich bin dankbar dafür, dass ich kein abgestumpfter Mensch bin, der Gefühle einfach wegschiebt, um einfach für andere zu funktionieren, sondern in mich gehen kann und ausleben kann, was ich spüre, zu sehen, mag ich das?, kann ich damit leben?, oder nicht?.
    Ich kann wählen, welchen Weg ich gehen möchte und muss nicht einen Weg beschreiten, der mir von jemanden vorgegeben wird, wenn auch die Entscheidung schwer fällt.


    Somit hat sich für mich auch bestätigt, dass es keinen Sinn macht, nach dem WARUM zu fragen, sondern mit all den Antworten, was ich anstelle von Michael erhalten habe, nach dem WOZU zu fragen.


    Mit positiven Gedanken beginne ich diese neue Woche und wünsche euch allen ein ruhiges Meer, ich warte im Hafen auf euch!!!


    Alles Liebe ;)
    eure

  • Zitat

    Original von Darina
    Gott hat mir eine viel zu lange Leine in die Hand gedrückt, so dass ich mein Kind gar nicht sehen kann, doch als "Ersatz", um mich hie und da an etwas erfreuen zu können, wird mir manchmal ein Regenbogen geschenkt, eine Sonnenblume, Steine, die ich bekomme, oder selbst bemale, ich habe meinen Geschirrschrank kaputtgeschlagen und die vielen Teller wieder zusammengeklebt, ich sehe Sonnenuntergänge noch viel bewußter und suche und finde Zeichen, die mich mit einem Lächeln an mein Kind denken lassen.


    Liebe Darina!


    Das hast wirklich schön gesagt, und ich freue mich
    über Deine überwältigend positiven Gedanken und darüber,
    dass Du sie mit uns teilst!


    Drück' Dich!


    Gute Nacht,


    Deine Kate

  • ;) Guten Morgen, Kate,


    ich kann dir nicht sagen warum ich diese Gedanken habe.


    Seit gestern beflügelt mich ein derart gutes Gefühl und ich weiss nicht woher es kommt.


    Ich bin total zufrieden und lächle die ganze Zeit. :]


    Es ist wohl etwas wunderbares mit mir geschehen und dafür bin ich sehr dankbar. ;)


    Ich drücke dich ganz lieb
    und denke an dich,


    deine

  • Liebe Darina!


    Ganz egal woher die positiven Gefühle nun kommen mögen -
    geniesse sie!


    Ich wünsch' Dir, dass sie noch laaaange anhalten und
    Dich für den nächsten Sturm stärken!


    Ich denk' auch an Dich!


    Deine Kate

  • Guten Morgen, meine Lieben.


    ich möchte euch erzählen, wie es mir gestern ergangen ist, als ich das Grab von Michael gestaltet habe.


    Mit Sack und Pack stellte ich mich vors Garb und fing eigentlich gleich an, das Reisig, das als Schutz im Winter diente weg zu räumen, es hat wirklich seinen Dienst erfüllt.


    Ich hab dann den weissen Kies aufgeschüttet und da strahlte das Grab richtig. Dann hab ich mit Seramis einen Weg gezogen auf den ich dann die selbstbemalten Steine legte. Mit Deko hab ich das dann noch alles ganz liebevoll verziert.
    In der ganzen Zeit hatte ich nicht einmal traurigen Gedanken. Es ging mir total gut und mit einer gewissen Freude, ihm wieder einen schönen Garten machen zu können und ihn Besuchen zu können war wirklich schön.


    Was mich etwas entsetzt, sah ich, wie viele Gräber schon wieder dazu kamen. Vor einem Jahr, war hinter mir eine große leere Wiese und nun?
    Wieder eine neue Reihe. So viele traurige Schicksale.


    Diesesmal verlies ich nicht gleich den Friedhof, die Stimmung passte und auch die Sonne schien so herrlich, dass ich noch zu den Ehrengräber schräg gegenüber ging.
    Ich fand auch das von Hans Hölzl (Falco).
    Ich war echt beeindruckt, viele Rosen (Plastik) waren zu sehen und ich dachte an...Petra ;)


    Ich möchte euch noch sagen:
    Jedesmal, wenn ich das Grab gemacht habe, verlasse ich es mit einem guten Gefühl. Ich bin beruhigt, weil ich weiss, jetzt ist es wieder in Ordung. Eine Kerze brennt, Blumen blühen. Wenn ich wieder kommen werde, macht es mir nichts aus, dass es nicht mehr so frisch aussieht, deshalb komme ich ja um es wieder in Ordnung zu bringen.


    Wichtig ist es, mit einem guten und zufriedenen Gefühl gehen zu können.


    Michael, ich liebe und vermisse dich.



    alles Liebe
    eure

  • Liebe Darina!


    Das Grab ist sehr schön geworden - danke für die Fotos,
    und danke, dass wir jetzt alle bei Michael sein dürfen!


    Drück' Dich!


    Deine Kate

  • Liebe Kate, liebe Chris, liebe Manu,


    ich bedanke mich für eure lieben Worte,


    Chris, du hast recht, dieses Herumwerkel tut gut, in "seiner" Erde zu wühlen schafft Nähe, auch wenn ich hie und da eine Spinne oder ein ekliges glitschiges Etwas entdecke, wäh! ( dann sag ich immer: was schickst du mir da, du weisst doch das ich die nicht mag! Ach Kinder!)


    fühlt euch auch von mir umarmt


    eure


  • Liebe Chris, liebe Darina,


    auch uns geht es oft so, dass wir im Beruf das Gefühl "Nicht schon wieder..." Trotzdem ist es - wie Ihr geschrieben habt - so, dass endlich auch darüber geredet werden kann, dass Menschen, die ähnliches erlebt haben, untereinander reden können und - was mir auch sehr wichtig ist - dass immer mehr Kinder auch ein eigenes und würdevolles Begräbnis bekommen können, wie jeder erwachsene Mensch auch. Und von daher ist es gut, dass es auch bei jungen Eltern, die ein Kind verlieren, immer mehr Bewusstsein dafür gibt, dass es entsprechende Rituale braucht!


    My 2 cents,
    Markus

  • Liebe Chris, lieber Markus,


    es gibt mir, als betroffene Mutti, die Kraft und dieses beruhigende Wissen: Ich bin nicht alleine damit; so traurig das auch ist.


    Diese Stärke, durch Erfahrungsaustausch und Vorschläge, kann ich sosehr nutzen, das regt zum Nachdenken an, zum Ausprobieren und das ist einfach prima, dass wir hier die Möglichkeit dazu haben.


    Was ich beim Treffen auch gelernt hab ist, dass wir mit den Nichtbetroffenen oder MITbetroffenen viel reden müssen. Erklären, was gut tut, was verletzt, damit das Thema TOD keine Tubuthema bleibt.


    Markus, ich hab das Gefühl nicht nur hier: ..nicht schon wieder.. sondern auch, wenn ich am Babygrabfeld stehe, mich umdrehe und dort wo vor einem Jahr noch eine leere Wiese war, viele weitere Kindergräber sehe, das tut weh und ich denke mir und frage Gott: Muss das denn sein??


    Weil ich weiss, wie es sich anfühlt und es niemanden wünsche, diesen Schmerz erfahren zu müssen.
    Aber durch das Forum hab ich auch gelernt und erfahren, wie schmerzhaft es für jemanden ist, nicht nur sein Kind zu verlieren, sondern einfach, einen Menschen, den man lieb gehabt hat. Und die bisher bedeutungslosen Gräber, der Erwachsenen, scheinen nun auch so unnötig zu sein, weil ich durch eure Erzählungen, trauernde Menschen kenne, denen ein lieber Verwandter oder Freund fehlt.


    ich grüße euch ganz lieb ;)


    eure

  • Lieber Michael,


    wie gerne wäre ich am Sonntag dankbar dafür, dass mich deine Kinderaugen anlachen.


    wie gerne würde ich morgens aufstehen und sehen, dass die Welt in Ordnung ist.


    wie schön wäre es, wenn ich schmerzlos, diesen Tag genießen könnte.


    Ich muss mich mit einem Regenbogen zufrieden geben, den du mir hoffentlich schenkst.
    Und wenn nicht? Dann hab ich nicht einmal den, der mich daran erinnert, dass du nicht da bist.
    Der mich daran erinnert, dass ich nicht auf dich aufpassen kann, sondern du auf mich.


    Ich vermisse dich, jeden Tag.


    deine Mama

  • Liebe Darina!


    Ich wollte Deine Gedanken nun mal ein bisschen so stehenlassen...


    Ich wünsche Dir, dass Dich jeden Tag ein Regenbogen begleitet und Dir ein Lächeln ins Gesicht zaubert!


    Deine


    Kate

  • Gekommen aus den Sternen,
    gestrandet auf dieser Welt.
    Erkannt als Mensch unter Menschen.
    Erschaffen aus den Sternen und zurückgegangen zu seinen Wurzeln - zu den Sternen.


    Liebe Darina, all ihr lieben "Sternenkindermuttis"
    Ich schenke euch ein Päckchen Glück
    könnt ihr einsetzten, wenn das Pech euch mal wieder besucht!
    Ich schenke euch ein Säckchen Liebe,
    könnt ihr eintauschen, wenn euch der Hass begegnet!
    Ich schenke euch ein Körbchen Stärke,
    könnt ihr gebrauchen, wenn ihr schwach seid!
    Ich schenke euch eine Tüte Hoffnung,
    für die Momente, wo ihr den Glauben verliert!
    Ich schenke euch ein Päckchen Taschentücher,
    für eure Tränen, die ihr heimlich weint!
    Ich schenke euch ein Lächeln,
    das soll euch auf all euren Wegen begleiten!


    Darina, ich werde am Sonntag ganz fest an dich denken!
    Auch an all die andren lieben Mütter von Sternenkindern!

    Notwendig ist im Augenblick des Todes ein unbesiegbarer Glaube voll höchster geistiger Gelassenheit.