.... und die Welt dreht sich einfach weiter

  • ..... schon der zweite ohne ihn. Ich habe gehofft, dass es beim zweiten Mal einfacher ist. Ich habe versucht, nicht an die Bedeutung, die dieser Tag für mich hat, zu denken, ihn als ganz normal anzusehen. Ich bin in der Früh aufgewacht und der erste Gedanke war: Heute ist unser Hochzeitstag!
    Er hat in 21 Jahren kein einziges Mal darauf vergessen!!! Ich kann mich leider nicht mehr an jeden einzelnen erinnern, aber ich möchte euch gerne ein paar "Highlights" erzählen:
    Zum ersten Hochzeitstag bekam ich ein AMC-Starterpaket geschenkt. Das ist dieses tolle Edelstahlgeschirr ("Kochen mit System"), von dem er total begeistert war. Im Laufe der Zeit wurde das Sortiment erweitert und irgendwann gab es nur noch AMC bei uns.
    Vor einem unserer Hochzeitstage stritt er mit seinem Vater. Wir halfen immer bei den Frühlings- und Herbstfesten seines Vereins aus, und in diesem Jahr fiel das Fest ausgerechnet auf unseren Hochzeitstag. Als mein Mann seinem Vater erklärte, dass er diesen besonderen Tag mit mir alleine verbringen möchte, anstatt mit den Leuten aus dem Verein, erwiderte dieser wütend: "Du wirst noch mehr Hochzeitstage haben. Wirst schon sehen, was du davon hast, du wirst es schon noch billiger machen".
    Meistens gingen wir "nur" fein essen, manchmal auch noch ins Kino, vor allem in der Zeit als die Kinder noch klein waren und wir auf Babysitter angewiesen waren. Bei einem dieser Essen bestellte er ein Pferdefuhrwerk, das uns durch die halbe Stadt nach Hause führte. Das war sooooooo romantisch! Einmal fühlte ich mich nicht so besonders wohl. Ich bekam vom pipifeinen Essen kaum einen Bissen herunter und wollte eigentlich nur heim in mein Bett. Am nächsten Tag hatte ich eitrige Bronchitis. Ich erinnere mich an einen Besuch im Zirkus Knie mit den Kindern, bei dem die Karten doppelt verkauft wurden und ich damit drohte das Zirkuszelt abzubauen, wenn wir nicht sofort hinein gelassen werden.
    Zum 10. Hochzeitstag verbrachten wir eine gemeinsame Woche in London & Liverpool. Es war nach sieben Jahren der erste Urlaub ohne Kinder und obwohl es damals bei uns begann etwas zu kriseln, war es ein unvergessliches Erlebnis.
    Wir machten eine Fahrt mit dem "Gourmet-Express" - eine Zugfahrt mit einer nostalgischen Eisenbahngarnitur, bei der auf der Heimfahrt ein mehrgängiges Menü serviert wurde. Auch mit dem Schiff unternahmen wir eine Themenrundfahrt auf der Donau mit piekfeinem Essen und ein anderes Mal organisierte er einen Abend im Kasino in Baden.
    Zum 20. Hochzeitstag überreichte er mir einen Strauß mit 20 langstieligen, dunkelroten Rosen. Er wollte neue Eheringe für uns besorgen, weil er seinen kurz zuvor verloren hatte, aber weil wir erst ein Jahr zuvor mit dem Hausbau fertig geworden waren und das Geld knapp war, vertröstete ich ihn auf die Silberhochzeit, auf die er sich unbändig freute und immer neue Ideen dafür entwickelte. Stattdessen machten wir eine Donaukanal-Donau-Rundfahrt, von der ich schon so oft geschwärmt hatte.
    Zu unserem letzten gemeinsam Hochzeitstag vor zwei Jahren kochte er zu Hause groß auf. Es gab in Speck gehüllte Schweinefilets mit Bratkartoffeln und Gemüse. Mmmmmhhhh!!! Danach verbrachten wir einen gemütlichen Nachmittag und Abend in unserem lange geplanten und erarbeiteten Traumhäuschen. Für den nächsten Urlaub beschlossen wir einen Besuch im damals neu eröffneten Madame Tussaud's Museum. Dazu sollte es nicht mehr kommen - eine Woche davor passierte das Unfassbare.
    Diese unvergesslichen Erlebnisse spuken mir heute den ganzen Tag durch den Kopf und treiben mir immer wieder die Tränen in die Augen. Und wenn ich an dem Kalender vorbei gehe, den er gekauft hat, bevor er gestorben ist, und das Bild ansehe, muss ich lächeln:

  • Die Tage verrinnen unaufhaltsam. Einer nach dem anderen vergeht und schwupps, schon ist wieder eine Woche um. Und gleich darauf noch eine und eh man sich's versieht ist ein Monat vorbei. ?(
    Manchmal kommt es mir vor, als wäre es schon ewig her, dass wir diese glückliche, zufriedene Familie waren und gleich darauf fühlt es sich an, als ob es erst gestern geschehen wäre, dass unser geliebter "Herr und Meister" (so nannte ich ihn oft zum Spaß) uns für immer verlassen hat. :13:
    Der Schmerz, die Trauer und die Sehnsucht werden mit der Zeit nicht weniger oder leichter, aber man "gewöhnt" sich an die ständigen Begleiter und lernt mit ihnen zu leben.
    Ach ja, mein Lieber, du fehlst uns! Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht an dich denken und immer wieder sagt jemand "Weißt du noch, wie der Gerhard .....". Du wirst immer ein Teil von uns bleiben. ICH HAB DICH LIEB!!!
    Viele liebe Grüße und an alle die es brauchen eine liebevolle :24: von eurer
    Dschina

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Es tut so schrecklich weh, als ob es erst gestern geschehen wäre. Keine Ahnung warum. Ist mir auch total egal. Ich will nur, dass es endlich aufhört.
    :95: :13: :95: :13: :95: :13: :95: :13: :95: :13: :95: :13: :95: :13: :95:

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Ach Dschina,


    :24: :30: auch von mir.


    Auch nach vielen Jahren gibt es immer wieder mal solche Tsunamis. Nur fallen dann die "Aufräumarbeiten danach" meist leichter als am Anfang. Also - ganz, "für immer aufhören" - das wird es wohl nicht. Doch es wird besser - :24:


    Ich schicke dir eine große Portion Zuversicht - und eine Schaufel und Spitzhacke zum wegräumen der Trümmer.
    Alles Liebe
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Liebe Dschina, auch von mir eine ganz liebe Umarmung :24: :30:
    Ich hoffe doch auch ständig dass das endlich aufhört... :13:

    Immer, wenn wir von dir erzählen,
    fallen Sonnenstrahlen in unsere Seelen.
    Unsere Herzen halten dich gefangen,
    so, als wärst du nie gegangen.
    Was bleibt, sind Liebe und Erinnerung.


    Es ist schwer, dass Du gegangen bist,
    aber es ist schön, dass es Dich gegeben hat.

  • :2: , vielen Dank für eure aufmunternden Worte! Es ist schön zu wissen, verstanden zu werden.
    Heute war bei uns in der Gartenanlage wieder ein Frühschoppen und ich war natürlich dort, um einfach ein wenig zu plaudern und abzuschalten. Hat gut getan.


    Ansonsten läuft bei uns alles in geordneten Bahnen ab: aufstehen, arbeiten gehen, heimkommen, kochen, essen, fernsehen, schlafen, Hausarbeit, werkeln im Garten usw. Einfach Alltag eben. Im Grunde genommen lebe ich nicht anders als vorher, nur eben ohne Partner.


    Manchmal plane ich kleine Projekte, wie zum Beispiel ein neues Vorzimmer oder ausmalen, aber letztendlich fehlt mir dann dazu die Kraft. Mein Schatz war bei uns zu Hause der Handwerker und mit ihm gemeinsam waren solche Sachen ein Kinderspiel. Als Team haben wir uns gegenseitig ergänzt und ich traue mich noch nicht allein drüber. ?(
    Gestern hat meine Tochter gemeint, dass sie manchmal darauf vergisst, dass der Papa gestorben ist. Ich halte das für ein gutes Zeichen, denn sie hat mit seinem Verlust sehr zu kämpfen gehabt. Es ist für sie ein großer Schritt in eine hoffentlich glückliche Zukunft.
    Viele liebe Grüße von eurer
    Dschina

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Hallöle Dschina,

    na sowas... du gehst ja aus! Du warst auf dem Frühschoppen! Super! Ausgehen heißt ja nicht nur nachts in einer Bar abzuhängen.... *smile.

    Erzähl mal vom neuen Projekt.....wird's was mit dem Ausmalen? Wenn ja, ich hätte auch noch ein Haus das gemalt werden will. Eh nur innen. Vielleicht komm ich zu dir malen helfen und du zu mir...
    Weißt du, es geht mir ähnlich. Die alltäglichen Dinge gehen mittlerweile recht gut von der Hand. Zum Glück war ich immer mal wieder der "Handlanger" wenn mein Mann Männerarbeiten erledigt hatte, da hab ich mir doch so Einiges abgeschaut. Wehe aber eine Maschine streikt, oder solche Dinge, wie malen, usw. wären zu tun, dann hört bei mir das Handwerkerinnendasein auch auf. Diverse "Kleinigkeiten" haben die Kinder geholfen, Büsche schneiden zum Beispiel, oder Dachrinnen ausräumen. Für´s Malen werde ich mir dann wohl einen sonstigen Helfer holen müssen.

    Liebe Grüße und Motivationspower
    schnee

  • Er war fast 98 (!) Jahre alt und die letzten Jahre waren für ihn sicher kein Genuss mehr. Eine rechte "Plaudertasche" ist er noch nie gewesen und seit ich mich erinnern kann, war er schwerhörig, was sich im hohen Alter fast bis zur völligen Taubheit entwickelte. Deshalb konnte oder wollte er in den letzten Jahren nicht mehr am Leben um sich herum richtig teilnehmen. Er verstand kaum, was erzählt wurde, lächelte immer nur, wenn man ihn etwas fragte und nickte freundlich dazu. Meine Oma beschwerte sich oft darüber, dass er den ganzen Tag nur in seinem Fernsehsessel herumhängt und schläft.


    Das letzte Mal habe ich die beiden zu Ostern gesehen. Da ging es ihm schon nicht mehr besonders gut. Er schmatzte seine Jause, machte ein Nickerchen und wollte sehr bald wieder heim. Kurz darauf stürzte er nachts und musste ins Krankenhaus, wo er aufgepäppelt wurde. Nachdem er wieder nach Hause kam, folgte fast wöchentlich ein Anruf, dass es ihm wieder schlecht ginge, dass er nichts isst, dass er schon wieder gestürzt ist. Nach nochmaligem dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt organisierte mein Onkel für Opa und Oma einen Platz auf einer Pflegestation, wo sie beisammen sein konnten und er rund um die Uhr betreut wurde.


    Es war schon längere Zeit absehbar, dass er uns demnächst für immer verlassen würde, aber als ich es dann erfuhr, erschrak ich trotzdem. Noch viel mehr erschreckt es mich, dass dabei ich ein erleichtertes "endlich" dachte. Ja, gut, er war alt, aber er war doch mein Opa. Als kleines Kind hat er mich auf seinen Knien geschaukelt. Später spielten wir oft Tischtennis und als er nicht mehr so beweglich war, amüsierten wir uns beim Canasta. Er hat es verdient, dass ich über seinen Verlust traurig bin, aber irgendwie beansprucht der Verlust meines Mannes nach wie vor meine gesamte Gefühlswelt für sich.


    Alles Liebe wünscht euch eure im Moment sehr nachdenkliche
    Dschina ?(

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Liebe Dschina,


    meine aufrichtiges Beileid!


    Ich kann mir gut vorstellen, dass es irgendwo doch auch eine "Erleichterung" ist, wenn ein alter, kranker Mensch sterben darf auch wenn es sich um jemanden handelt den man liebt! Ich würde mir vielleicht denken, nun gut er hat ja sein Leben gelebt... (das waren zumindest meine Gedanken als mein Opa kurz nach meinem Papa verstorben ist). Und ich konnte damals auch über seinen Tod nicht richtig trauern weil ich einfach zu sehr mit der Trauer über meinen Papa beschäftigt war.


    Ich wünsche dir trotzdem viel Kraft und alles Liebe! :24:

    Immer, wenn wir von dir erzählen,
    fallen Sonnenstrahlen in unsere Seelen.
    Unsere Herzen halten dich gefangen,
    so, als wärst du nie gegangen.
    Was bleibt, sind Liebe und Erinnerung.


    Es ist schwer, dass Du gegangen bist,
    aber es ist schön, dass es Dich gegeben hat.

  • Liebe Dschina,


    Es tut mir sehr leid, dass dein Opa gestorben ist.


    Als mein Mann noch lebte, aber schon schwer krank war, starb mein Onkel, den ich sehr liebte. Aber er war schon weit über achtzig und irgendwie habe ich erwartet oder gewußt, dass er vor mir sterben wird, wenn alles "normal" läuft. Es hat mir zwar auch weh getan und ich habe getrauert, aber es lief so nebenher, mein Mann, wir, unser leben war mir viel wichtiger.
    Als mein Mann dann starb und meine tante dann sagte, sie versteht, was ich durchmache, verspürte ich ehrlich gesagt, sogar etwas Neid, Wut oder enttäuschung über die vielen Jahre, die sie und ihr Mann hatten und wir nicht.
    Wir haben unseren Mittelpunkt verloren, ich denke darum spielt sich alles andere nur am Rand ab,


    Alles liebe
    Akelei

  • Liebe Dschina, liebe Akelei,


    in der Trauer tauschen viele Gefühle auf und dürfen auch auftauschen. Erleichterung ist ein typischen Gefühl in der Trauer, das wir haben, wenn ein Leidensweg zu Ende geht. Es ist der Tod ja oft auch eine Erlösung. Und Wut und Neid und Eifersucht sind auch ganz normal, erlaubt und VERSTÄNDLICH!!!!
    Ihr müsst nicht erschrecken, das alles ist allzumenschlich

    :24:

    AL Christine

  • Die ganze Woche habe ich versucht, die Gedanken daran zu verscheuchen, aber je näher der Samstag kam, umso unruhiger wurde ich. Freitag Nacht habe ich sogar eine halbe Beruhigungstablette eingeworfen, um einschlafen zu können. Deshalb war ich dann am Tag der Tage relativ entspannt. Ich stand spät vormittags auf und stürzte mich nach einem kleinen Frühstück sofort auf die Gartenarbeit, die ich letzte Woche sträflich vernachlässigt habe. Meine Kinder haben mir dabei einiges geholfen und am Nachmittag sind sie entschwunden, um etwas mit Freunden zu unternehmen. Zum Glück haben auch meine Eltern nicht vergessen, was für ein bedeutungsvoller Tag war, und meine Mama und ich haben ihn mit zwei Flascherln Wein begossen und viel beredet, sowohl Schönes, als auch Trauriges. Um ein Uhr früh kam noch mein Papa vorbei (er ist Musiker und durfte so lange arbeiten) und half uns, den letzten Rest auszutrinken. Um viertel drei gingen sie heim und ich ins Bett. :sleeping:
    Heute habe ich dementsprechend lange geschlafen und erledige schöööön langsam die notwendige Hausarbeit (Wäsche waschen, staubsaugen). Meine Kinder haben auswärts übernachtet und so war ich bis vor kurzem ganz alleine daheim. Dabei dachte ich natürlich wehmütig daran, wie sehr sich mein Liebster darüber gefreut hätte, dass wir Zeit für uns hätten. Andererseits hätte es, wie jedes Jahr, eine Geburtstagsparty im kleinen Kreis (mit so ca. 15 - 20 Leuten gegeben), denn bei ihm wurde keine Gelegenheit für ein Festl ausgelassen.
    Alles in allem habe ich den Tag mit Hilfe von selbst auferlegter Beschäftigungstherapie und meinen Eltern recht gut über die Runden gebracht. Die wilde, stürmische Verzweiflung des letzten Jahres ist einem dumpfen, wehmütigen Schmerz gewichen, der mich rund um die Uhr begleitet. :33:
    Viele liebe Grüße aus dem noch hochsommerlich heißem Wien von eurer
    Dschina

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Dank deiner Kraft und der Unterstützung deiner Lieben hast du diesen Tag offensichtlich recht gut gemeistert.
    Der Geburtstag des Verstorbenen ist ein unausweichlicher Fixpunkt in der Trauerzeit. Das ist vermutlich nicht nur im ersten Jahr ein Tag, der sämtliche Erinnerungen hochschäumen lässt, sondern auch in den Folgejahren.
    Mir steht dieser Tag in nicht allzu ferner Zukunft zum ersten Mal bevor. Das Geschenk, das er von mir im letzten Jahr bekam konnte er nicht mehr einlösen. Gedacht war ein Ausflug für Zwei. Der Gutschein gilt aber noch und ich werde seine Fahrkarte einer unserer langjährigsten Freundinnen, der Patin unserer Tochter geben und sie bitten, mich zu begleiten. Wir werden somit fern ab von Familie und Krimskrams an ihn denken und ihm sogar näher sein, als sonst. Freilich werde ich unsere Kinder auch dazu bitten, wenn sie wollen. Auf jeden Fall möchte ich an dem Tag nicht alleine sein.
    Du lässt außerdem etwas anklingen, das auch immer wieder in meinem Kopf rumspukt. Dein Mann wäre glücklich über mehr Zweisamkeit gewesen. Lange, lange Jahre waren wir zu Viert und nun werden die Kiddies flügge. Das wäre auch für uns als Paar eine ganz besondere Zeit geworden, mehr Zweisamkeit, mehr Freiheiten. Wir haben das sehr genossen. Ein kleiner Vorgeschmack hat unser Urlaub im letzten Jahr gegeben, der letzte mit ihm, nach langer Zeit der erste als Paar.....

  • Mein geliebter Schatz,
    am Mittwoch war es auf den Tag genau zwei Jahre her, dass du dich zum letzten Mal von mir verabschiedet hast. Wir wussten damals beide nicht, dass es ein Abschied für immer sein würde. Du hast dich auf den Weg in den Nachtdienst gemacht und ich habe dich gefragt, ob wir uns am nächsten Tag noch sehen werden, bevor ich zur Arbeit gehe und du hast fast ein wenig unwirsch geantwortet: "Na sicher, warum net", um danach zärtlich hinzuzufügen "Des müsst sich schon ausgehen". Das waren die letzten Worte, die ich von dir zu hören bekam.


    Wenn ich bei unsere Haustüre hinausschaue, sehe ich dich oft vor meinem geistigen Auge dieses letzte Mal in deiner Dienstuniform über den Parkplatz gehen, ohne Sakko und Krawatte, weil es so heiß war, mit deiner großen, schweren Arbeitstasche, die du immer mitgeschleppt hast. An diesem Tag hast du einiges aus der Tasche geräumt, um sie leichter zu machen, weil dich dein rechtes Bein den ganzen Tag lang quälte. Am Tag darauf wolltest du sogar deswegen zum Arzt gehen. Meine Güte, woher hätten wir denn wissen solle, was wirklich mit dir los war und du daran gleich stirbst!


    Über den Tod hattest du deine dir eigene Ansicht, von der sich viele vor den Kopf gestoßen fühlten. "Hin ist hin, und das Leben geht weiter", hast du gesagt. Oh, wie recht du damit hattest. Aber du wirst nie erfahren, wie es ist, ohne einen geliebten Menschen weiter zu leben. Wie schwierig ganz alltägliche Dinge werden, wie sich Kleinigkeiten zu scheinbar unüberwindbaren Hindernissen entwickeln. Du wirst nie den Schmerz des unendlichen Vermissens fühlen und die Trauer wird dir niemals den Boden unter den Füßen wegziehen. Du wirst nie hilflos in diesem Wellenmeer der Verzweiflung treiben, wie ein kleines Schlauchboot ohne Ruder oder Motor auf hoher See.


    Die Zeit ohne dich kommt mir vor, wie eine Ewigkeit und gleichzeitig ist es, als ob es erst gestern passiert wäre. Kein Tag vergeht, an dem ich nicht an dich denke und ich dich vermisse. Wir sind über 26 Jahre lang Seite an Seite durch's Leben gegangen, und deshalb fällt es mir jetzt um so schwerer, dass du nicht mehr bei mir bist. Wir beide wollten gemeinsam alt werden und hatten noch soooooo viel vor. Vieles geschieht, was du mit uns gemeinsam erleben solltest und es tut unsagbar weh, es nicht mit dir teilen zu dürfen. Ohne dich ist alles nur halb so viel wert.


    Wir haben uns mit dem Leben ohne dich in unserer Mitte arrangiert - was bleibt uns auch anderes übrig? Meistens schwanke ich zwischen "Ich schaff das nicht" und "Des pack ma schon". Unsere Kinder sind mir dabei eine große Stütze. Ohne die beiden gäbe es mich wahrscheinlich nicht mehr. Wir können zu Recht stolz auf sie sein. Die Phasen, in denen es mir "den Umständen entsprechend gut" geht werden immer länger, aus den "Trauerkrisen" kämpfe ich mich immer schneller heraus und die Abstände dazwischen werden auch immer länger, aber ich werde mein ganzes Leben lang nicht aufhören dich zu vermissen.


    In Liebe,
    deine Frau

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)