Liebe Noor,
ja das habe ich auch mal gelesen und gehört, dass der Krebs im Alter langsamer wächst. Es ist schön, dass ihr noch zusammen etwas Zeit verbringen konntet, auch wenn es natürlich super schwer war, deinen Schwager an derselben Diagnose und deinen Opa zu verlieren.
Ich bin auch manchmal richtig in Zwiespalt. Die Eltern meiner Mama leben beide nicht mehr. Auch meine Oma und mein Opa hatten Krebs. Auch das ist etwas, was mich sehr beschäftigt. Doch einige Krebsfälle in meiner engsten Familie. Ich versuche das nicht so an mich heran zu lassen, obwohl es mir manchmal echt schwer fällt. Die Eltern meines Papas leben beide noch. Zu beiden habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Ich treffe mich regelmäßig mit ihnen, wenn ich in der Heimat bin und wir telefonieren gemeinsam. Ich weiß gerade ehrlich nicht wie alt die beiden genau sind, aber Mitte 80 sollte ungefähr hinkommen. Natürlich freue ich mich Zeit mit ihnen zu verbringen, aber meine Mama ist einfach nicht mehr da und sie war gerade einmal 51, als sie verstarb.
Ich fand es damals auch schön, dass sie wollte, dass ich da bin und da bleibe. Sie hat nicht oft ihre Gefühle gezeigt und zugelassen. Ich habe sie auch gefragt, ob sie gern nochmal jemand anderen sehen möchte. Ihre Schwestern, Nichten und Neffen oder so, aber das verneinte sie. Sie wollte immer niemanden zur Last fallen, deswegen war es für sie ein großer Schritt mir zu sagen, dass ich bleiben soll.
Ich fand das Team auf der Palliativstation auch wirklich super. Einem wurde immer geholfen und die Schwestern waren sehr einfühlsam. Nur bei den Ärzten hätte ich mir manchmal mehr gewünscht. Aber sie müssen ja auch zusehen, nicht zu viel mit nach Hause zu ihren Familien zu nehmen.....
Vielen Dank für die ganzen offenen und ehrlichen Schilderungen beim Verlust deines Schwagers. Es war gut, dass du da warst und ihm letztendlich helfen und ihn durch die Medikamente entlasten konntest. Ich habe so etwas leider auch nicht zu meiner Mama gesagt. Wahrscheinlich weil ich ja alles noch nicht so richtig realisiert hatte und sie ja auch eigentlich noch nicht gehen lassen wollte, obwohl ich wusste, dass man ihr nicht mehr helfen kann. Das verärgert mich ein wenig. Ansonsten habe ich meiner Mama eben immer viel vom Tag berichtet, was ich eben so erlebt habe, oder wer zu Besuch da war usw. Jetzt, im Nachhinein und mit etwas Abstand, hätte ich ihr gern noch 1.000.000.000 Dinge sagen wollen. Das nimmt mich auch sehr mit. Natürlich habe ich ihr gesagt wie lieb ich sie habe. Und, dass sie eine tolle Mama ist. Aber SO viele Sachen habe ich als selbstverständlich hingekommen, die es nicht waren.....
Mein jüngerer Bruder war nicht so präsent, weil er auch gerade einmal 18 Jahre alt war. Als unser Opa verstarb war er noch nicht geboren und als unsere Oma von dieser Welt ging, war er gerade einmal 12 und wurde von allen geschont. Er war auch nicht auf der Beerdigung unserer Oma damals. Deswegen war er sicherlich überfordert..... mit ihm habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Wir schreiben regelmäßig und sehen uns, wenn ich in der Heimat bin. Auch letzten Dienstag, am ersten Todestag unserer Mama, haben wir miteinander geschrieben, weil es ihm auch nicht gut ging. Mit meinem älteren Bruder habe ich nur sporadisch Kontakt und meist meldet er sich nur, wenn er etwas von mir will. Ich melde mich auch kaum, das ist richtig, aber ich habe auch nichts worüber ich mit ihm sprechen kann und mag. Er vermittelt mir oft ein schlechtes Gewissen, dass ich Schuld daran wäre, dass es ihm und seiner Familie finanziell gesehen nicht so gut geht. Wir alle drei Kinder meiner Mama hatten alle die selben Voraussetzungen und jeder hat daraus das gemacht, was er gern wollte. Aber ich bin in seinen Augen nur ein Klugscheißer, ein wandelndes Wörterbuch, magersüchtig und laut seinen Aussagen auch das Lieblingskind meiner Mama.....
Sehr gern kannst du mehr schreiben, wenn du magst. Deine Erzählungen berühren mich immer sehr und helfen mir glaube ich, mit allem ein wenig besser klar zu kommen. Natürlich nur, wenn dir danach ist und du dich gut dabei fühlst.
Liebe Grüße