Beiträge von Tine73

    Ist es nicht eigentlich unfassbar, wie mühsam das Leben von einer Sekunde auf die andere geworden ist? Man muss sich einen Grund suchen, um morgens aufzustehen, man muss sich ablenken, damit man den Tag irgendwie übersteht, die Vorfreude auf Wochenenden, Feiertage und Urlaub ist weg, Gespräche mit Freunden und Kollegen werden anstrengend, man muss so tun, als wäre alles halbwegs normal, man muss irgendwie funktionieren - eigentlich will ich so nicht leben. Und ich weiß auch nicht, wie ich das aushalten soll ...

    Danke, liebe Lilifee, das tut so gut! Hier wird man tatsächlich verstanden und aufgefangen, während man "draußen" so schnell wie möglich wieder normal sein soll und/oder die Ratschläge und Vorschläge der anderen doch bitte auch umsetzen möge. Wenn ich z. B. einer Freundin schreibe, dass es mir gerade so schlecht geht, dass ich nur auf dem Sofa liegen kann, kommt als Antwort gerne "aber das geht doch nicht, du musst doch mal raus und unter Leute, das wird dich ablenken". Oder jemand fragt, ob ich Lust hätte, spazieren zu gehen, und wenn ich dann antworte, dass es mir nicht gut geht und es nicht schaffe spazieren zu gehen, kommt darauf: nichts mehr. Ich hab immer das Gefühl, man darf zwar trauern, aber es darf einem nicht schlecht gehen ...

    Ich frage mich wo ich in diesem Augenblick mit meinen Gedanken wäre, wenn die Welt noch schön wäre.
    Was würde ich tun? Lachen? Das WE planen? Mich auf was zukünftiges freuen?

    Angstfrei sein…

    Egal was, ich wäre frei

    Ich weiß tatsächlich, was ich gerade machen würde, wenn meine Welt noch heil wäre: Ich wäre gerade mit meiner Mutter beim Augenarzt, würde dann noch ein paar Stündchen arbeiten, wäre froh, dass schon Donnerstag ist und dass die Kollegin, die ich gerade vertreten würde, zum Glück nächste Woche wieder zurück wäre, und vor allem würde ich mich auf den Urlaub mit meiner Mutter freuen und jede Menge Listen schreiben, was ich mitnehmen will, was ich nächste Woche noch einkaufen muss usw. Es wäre ein richtig schöner Tag heute ...

    Liebe Du_und_ich,


    das klingt nach einem sehr anstrengenden und kräftezehrenden Treffen. Ich vermute, die Leute meinen es tatsächlich gut und können sich überhaupt nicht vorstellen, wie wenig hilfreich solche Sätze oder Fragen sind. Ich werde, wenn das Gespräch überhaupt mal auf mich und meine Situation kommt, eher mit praktischen Vorschlägen in Sachen Wohnungsauflösung beglückt. Mit dem Thema können die Leute wahrscheinlich noch am ehesten umgehen, allerdings auch nur mit der praktischen Seite. Was so eine Wohnungsauflösung emotional für mich bedeutet scheint niemand zu verstehen bzw. verstehen zu wollen.


    Und nur mal aus Neugier: Wie investiert man denn in seine Zukunft ... ? Kamen dazu noch Infos, oder hat es sich auf diese Floskel beschränkt?

    Ach, das Leben ist so mühsam geworden ... 😔

    Ich kann doch nicht mit Menschen reden, so als ob nichts wäre. So als ob nicht von meinem Herz ein Stück für immer weg wäre.

    Liebe Esmussweitergehen,


    das kommt mir so bekannt vor ... Bei Gesprächen mit anderen weiß ich oft nicht, was ich will. Wenn mich jemand von der ersten bis zur letzten Minute zutextet, ohne auch nur einmal zu fragen, wie es mir geht oder wie ich zurechtkomme, bin ich beleidigt, und wenn jemand mit trauriger Miene das Thema anspricht, denke ich, muss das jetzt sein, da fange ich doch nur gleich wieder an zu weinen. Trauernden kann man es wahrscheinlich nicht recht machen, aber ich habe mir vorgenommen, wenn das nächste Mal jemand in meinem Umfeld trauert, ich fragen werde, ob er darüber sprechen möchte, oder lieber über etwas komplett anderes.

    Ich hoffe, dass unsere Lieben nicht weinen, sondern dass es Ihnen dort, wo auch immer sie sind, gut geht, und dass sie von denen, die vorausgegangen sind und die sie geliebt haben, voller Freude und mit offenen Armen empfangen worden sind. Und genauso hoffe ich, dass ich eines Tages von meiner Mutter (und meiner Oma) in Empfang genommen werde und wir ein Wiedersehen feiern können. <3

    Ohne diese Hoffnung würde ich das alles hier nicht aushalten.

    trotzdem stelle ich mir die Frage, wie es andere schaffen. Es gibt Menschen, die finden wieder ein "normales Leben" und fühlen sich gut.

    Das frage ich mich tatsächlich auch. Wie schaffen es manche Menschen, Verluste zu verarbeiten und wieder ein "normales" Leben zu führen. Ab einem gewissen Alter haben die meisten Menschen z. B. keine Eltern mehr und die meisten können mit diesem Verlust offenbar irgendwie umgehen. Oder auch Menschen, die ihren Partner verloren haben, auch da finden viele ja ein neues Glück oder haben einen Sinn im Leben. Wie machen die das? Aber natürlich kann man den Leuten auch nur vor den Kopf gucken - wer weiß, wie es in ihnen aussieht ...

    Liebe Anja,


    ich verstehe Dich so gut, ich möchte auch so gerne Dinge tun, einfach weil ich daran Spaß habe und nicht, weil ich denke, dass mich das vielleicht ablenkt. Und wenn ich mich dann tatsächlich mal zu einem Stadtbummel oder einem Spaziergang aufraffe, laufe ich entweder rum wie Falschgeld (zwischen lauter Paaren und Familien, die mir meine Einsamkeit noch mal so richtig vor Augen führen) und will eigentlich nur noch nach Hause, oder meine Gedanken bleiben in einer Spirale stecken, die sich immer schneller dreht. Und auch dann will ich einfach nur noch nach Hause. Dort kann ich zumindest den Fernseher anmachen, um meine Gedanken ein wenig zu übertönen.

    Ich will einfach mein altes Leben zurück 😔


    Herzliche Grüße

    Tine

    Lieber Billi,


    das was Dir offenbar die Musik war, waren mir immer die Bücher und das Lesen. Meine ganze Wohnung besteht im Prinzip nur aus Bücherregalen, und es hat eigentlich keinen einzigen Tag gegeben, an dem ich nicht wenigstens ein paar Seiten gelesen habe. Und nun kann ich mich kaum richtig auf ein Buch konzentrieren. Und wenn ich lese, dann sind es Bücher, die mich eigentlich gar nicht interessieren. Im Moment gilt: Je seichter, desto besser. Manchmal bekomme ich die Meldung, dass die Bücher, die ich vor vielen Wochen (als meine Welt noch heil war) vorgemerkt hatte, nun in der Bücherei verfügbar wären. Ich schaffe es noch nicht mal, sie runterzuladen, geschweige denn, sie zu lesen. Es macht einfach nichts mehr Freude. Und im Moment kann ich mir auch überhaupt nicht vorstellen, dass ich jemals wieder echte Freude empfinden kann. Im Moment geht es tatsächlich nur darum, irgendetwas zu finden, mit dem man sich betäuben und den Tag rumkriegen kann. Jetzt geht es statt um leben nur noch um überleben.


    Herzliche Grüße

    Tine

    Ihr Lieben,


    ich versuche auch, mich mit Freunden zu treffen oder mich mit lesen oder fernsehen abzulenken, aber ehrlich gesagt macht mir die Aussicht auf ein Leben, in dem ich mich ständig ablenken muss und gar nicht mehr richtig zur Ruhe komme, ein wenig Angst. Mein altes Leben war von außen betrachtet vielleicht langweilig, aber es war mein Leben, und es war gut. Und jetzt liegt alles in Scherben - und selbst wenn ich es irgendwie/irgendwann reparieren kann, weiß ich nicht, ob mir eine Version mit Rissen und Narben gefallen wird. Es fühlt sich alles so unendlich mühsam an ...


    Herzliche Grüße

    Tine

    Was für ein berührender Spruch, liebe Lilifee. Ich erzähle auch so gerne von meiner Mutter - allerdings habe ich oft das Gefühl, dass den anderen das unangenehm ist und sie meist schnell das Thema wechseln. Ganz so, als würde ich noch trauriger werden, wenn ich von ihr spreche. Dabei ist es genau umgekehrt, ich werde noch trauriger, wenn mir niemand zuhört ...

    Ich bin auch so dankbar, Euch gefunden zu haben! Gerade an so Tagen wie heute, wenn die Tränen fließen und man denkt, man ist der einzige Mensch auf dieser Welt, der trauert und sich verloren fühlt, während alle anderen glücklich und sorglos durchs Leben gehen.

    Heute stehe ich wirklich völlig neben mir und habe keine Ahnung, wie ich dieses andere Leben, das sich gar nicht anfühlt wie ein Leben, aushalten soll.

    Ich gehe zu denen die ich liebte, und die, die ich liebe, erwarte ich.


    Habe ich soeben in einer Traueranzeige gelesen.

    Dieser Gedanke wäre mir tatsächlich ein großer Trost: zu wissen, dass meine Mutter von ihren vorausgegangenen Lieben in der anderen Welt mit offenen Armen empfangen worden ist - wenn ich ihr schon nicht helfen bzw. in ihren letzten Momenten nicht bei ihr gewesen bin ... 😔

    Mischi, was würde ich ohne solche Menschen wie Dich, Eyla, Tine, Linchen Pia, Nicole, Sternenstaub, Duundich,Bettinalein, Kathi und all die, die mir schon Seelentrost gaben, nur tun?

    Ich bin so verloren.

    Ich verstehe Dich so gut! Ich fühle mich seit knapp fünf Wochen so verloren in dieser Welt - und weiß nicht, wie ich so manche Tage ohne dieses Forum und ohne Euch alle überstanden hätte ...

    Liebe Karin, lieber Ralph,


    da kann ich mich nur anschließen: Von manchen Leuten in meinem Umfeld bin ich tatsächlich etwas enttäuscht. Von manchen kam nach dem obligatorischen "meld dich, wenn was ist" überhaupt nichts mehr, kein "wie geht's dir?" oder "ich denke an dich". Andere melden sich zwar und versuchen sich zu kümmern, aber wenn man sich dann trifft, sind mein Verlust und meine Trauer überhaupt kein Thema. Dann soll ich offenbar auf Teufel komm raus abgelenkt werden. Und dafür, dass ich in den Redefluss reingrätsche und sage "ich möchte dir gerne erzählen, wie es mir geht und ich würde mich freuen, wenn Du mir zuhörst", fehlt mir meistens die Energie.

    Wirklich verstehen tun mich wahrscheinlich nur zwei Leute - die ich aber auch nicht überstrapazieren möchte. Gut, dass ich Euch und dieses Forum habe!


    Herzliche Grüße

    Katrin