Beiträge von Tine73

    Auch das kommt mir so bekannt vor ... Natürlich war ich in dem Leben "davor" auch alleine unterwegs, spazieren, fotografieren, in der Stadt bummeln, mit Freunden usw., aber eben immer in dem Bewusstsein, dass meine Mutter da ist und ich sie hinterher anrufen kann, um ihr von meinen Erlebnissen zu berichten und zu hören, wie es ihr geht und was sie so macht. Jetzt habe ich zu nichts mehr Lust und kann mich kaum dazu aufraffen, das Haus zu verlassen ...

    Ja, das ist bei mir genauso. Sitze auch hier auf Mamas Sofa, auf dem ich aktuell auch schlafe und drehe mich im Kreis. Immer wieder die Zeit im Krankenhaus - immer wieder die Momente, in denen ich das Gefühl hatte, wir kriegen dort nicht richtig geholfen und müssen in eine andere Klinik. Dann wieder neue Station, neuer Versuch, die Entscheidung: “ok, wud versuchen es, in eine andere Klinik können wir immer noch”. Jetzt breche ich dabei in Panik aus: wir hatten diese Zeit nicht mehr, aber das konnte ich damals nicht ahnen und uns hat das niemand gesagt. Mittlerweile weiß ich, dass sie meiner Mutter nicht ausreichend geholfen haben. Beinahe wäre sie schon auf Normalstation gestorben, wenn ich nicht interveniert hätte. Dann die 10 Tage Intensivstation - sie konnte stabilisiert werden - zum ersten Mal dachte ich, uns wird geholfen - es wirkte zuversichtlich- dann wieder schlimme Ärzte - ich dachte, gu, es sind noch 2-3 Tage hier, sobald wir auf Normalstation können, lassen wir uns verlegen. Aber die Ärzte haben mir verschwiegen, dass Wasser in der Lunge war und sie nichts dagegen getan haben. Es haette punktiert und die Atmung unterstützt werden müssen, damit sie es schafft. Das wäre möglich gewesen. Jetzt bin ich voller Selbstvorwürfe, dass ich sie aus dieser Horror-Klinik nicht rausgeholt habe, das nicht erkannt habe, sie nicht retten konnte. Ich dachte, aus der Intensivstation verlegen sei zu riskant, aber ich hätte auf mein Bauchgefühl hören müssen….und natürlich erst recht in den Wochen zuvor…die vielen Abzweigungen, die ich hätte nehmen können, um sie zu retten. Ich habe sie nicht beschützen können und sie war doch das Wertvollste was ich hatte…


    Es wirkt hier unstrukturiert / mündlich könnte ich es besser erklären - aber meine Mutter würde leben, wäre sie richtig behandelt worden und ich Härte sie retten müssen, früher konsequent eine Verlegung organisieren müssen. Aber ich habe mein Bauchgefühl zurück gestellt gegenüber rationalen Argumenten (Oberärztin nimmt sie persönlich auf ihre Kardiologie, von ihr wurde sie in OP überwacht, dirt haben sie alle Daten, den ganzen Verlauf). Es war aber falsch, sue ist dann dirt fast gestorben und dann Intensiv. Immer wieder drehen sich meine Gedanken um diese Fehlentscheidung…werde verrückt …MAMA ❤️!

    Ich kann diese Gedanken und quälende Selbstvorwürfe so gut nachvollziehen ... Entscheidungen, die man nicht zurücknehmen kann. Man kann nichts daraus lernen und es einfach beim nächsten Mal anders machen, weil es kein nächstes Mal gibt ... Diese Endgültigkeit tut so weh ...

    Ich weiß, es hilft nicht wirklich, aber: Ich leide auch sehr - im Moment fast schlimmer als in den ersten Tagen ...

    Fühl Dich fest umarmt!

    Nein, das bist Du definitiv nicht! Ich sitze hier und grübele und mache mir Vorwürfe und wünschte mir so sehr, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Ich weiß nicht, wie ich da wieder rauskommen soll ...

    Bei mir sind es zwar nicht so dramatische Entscheidungen, die ich getroffen habe oder eben nicht, sondern ganz banale Alltagsentscheidungen, die vielleicht daran Schuld sind, dass meine Welt zerbrochen ist. Wenn ich an dem Montag mittags nicht in die Kantine gegangen wäre, dann hätte ich nicht neben der Kollegin gesessen, die sich einen Tag später mit einer heftigen Corona-Infektion krankgemeldet hat, dann hätte ich mir keinen Kopf wegen einer möglichen Ansteckung gemacht und hätte den Freitag doch wie geplant freigenommen, um den Tag mit meiner Mutter zu verbringen. Wir wären nach ihrem Arzttermin wie geplant frühstücken und einkaufen gegangen, und wahrscheinlich hätte sie dann wie so oft bei mir übernachtet. Und wenn sie dann auch bei mir in der Nacht gestürzt wäre, dann wäre ich da gewesen und hätte sofort einen Arzt rufen können. Oder wir hätten vielleicht in der Stadt nach neuen Hausschuhen geguckt, nach denen sie schon länger gesucht hatte, dann wäre sie vielleicht nicht gestolpert - wenn es denn das war, was passiert ist. Dass ich das nicht weiß und die Frage, ob es durch eine einzige andere Entscheidung hätte verhindert werden können, machen mich völlig fertig ...

    Ich danke Dir fürs Zuhören!

    Bin heute morgen wieder schweißgebadet aufgewacht - fühle mich unendlich alleine. Heute sind es genau vier Wochen, aber gefühlt gestern. Es kommen mittlerweile immer mehr Ängste in mir hoch / immer mehr Sehnsucht / weil ich die Realität immer wieder versuche nicht anzuerkennen / ich will und kann es nicht wahrhaben/ ich hoffe, sie kommt wieder/ und leide wie ein Hund/ ich kann nichts essen, möchte nur liegen bleiben - und hoffe, es ist irgendwie nicht wahr, man kann noch irgendetwas tun, es gibt noch eine Lösung, sie kommt wieder…

    Und immer wieder gehen wir im April ins Krankenhaus - sehe ich Szenen und Gespräche wie im Film und frage mich, wo wir hätten anders abbiegen müssen, um jetzt woanders zu sein und dabei bin ich völlig nervös…dann überlege ich Sugar kurz in die Klinik zu fahren, sie zu suchen, um dann völlig verzweifelt zu sein 😩

    Ach, liebe Du_und_ich, ich könnte fast jeden Satz von Dir unterschreiben. Ich liege im Moment auch nur auf dem Sofa, und meine Gedanken kreisen um meine Mutter und an ihre letzte Woche und welche Fehler ich da gemacht habe, was man anders hätte machen können/sollen, warum ich nicht anders gehandelt habe, warum ich so blöd war, und ob durch eine einzige andere Entscheidung das Schlimmste hätte verhindert werden können. Diese Gedanken und Selbstvorwürfe machen mich noch wahnsinnig ...

    Aber mir überkommt das Gefühl mein Leben wäre zu Ende. Was erwartet mich noch?

    Liebe Sternenstaub,


    mir ging/geht es heute auch nicht gut ... Freitage und vor allem Samstage sind im Moment schwer zu ertragen ...

    Und genau solche Gedanken und Fragen, wie Du sie Dir stellst, gehen mir zurzeit auch immer wieder durch den Kopf. Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass das Leben noch irgendetwas Schönes für mich mich bereithalten könnte. Was sollte das auch sein? Im Moment sehe ich nur lange Jahre, vielleicht Jahrzehnte, voller Trauer und Einsamkeit vor mir, dann kommt irgendwann das Alter mit seinen diversen Einschränkungen und Krankheiten, und schließlich der Tod.

    Und selbst wenn es vielleicht noch schöne Tage mit der Familie oder schöne Abende mit Freunden geben sollte, ändert das doch nichts an dieser Grundtraurigkeit.


    Heute ist wirklich kein guter Tag ...

    Ach, wie sehr kommt mir das bekannt vor ... Dass ich meine Mutter nichts mehr fragen und ihr nichts mehr erzählen kann, schmerzt so sehr. Wie oft denke ich im Moment, "ach, das würde sie jetzt interessieren" oder "was würde sie jetzt dazu sagen?" Sie hat sich immer für alles interessiert, ich konnte ihr jeden banalen Kleinkram erzählen, sie hat mir immer zugehört ...

    Wir konnten über alles reden, wir haben mit der Brille des anderen geschaut, haben über ernste Themen in der Tiefe sprechen können, genauso wie Späße machen. Mit niemanden war das Leben so selbstverständlich, so unverstellt, so verdammt gut und leicht sich anfühlend. Wir teilen unsere Liebe zu schönen Dingen und Mode. Alles wurde sich sofort gegenseitig gezeigt. Wenn ich auf Reisen oder beruflich unterwegs war, dann wurde morgens und abends zumindest kurz gesprochen, wir hatten eine Standleitung. Niemand hat mich so unterstützt und bedingungslos geliebt. Und umgekehrt war mir meine Mama das Wichtigste. Ich sagte mal, "ohne Dich kann ich nicht leben" und was soll ich sagen, es ist genauso. Mein Leben ist sinnlos und ich fühle mich amputiert. Habe keine Struktur und alles tut weh. Die Rituale fehlen, der Einkauf zum Wochenende, der gemeinsame große Capuccino im Lieblingscafe Freitag- oder Samstagnachmittag. Das Wissen, das sie da ist. Das Gute Morgen, das gute Nacht. Ich sehe und vermisse sie jede Sekunde. Ich will es nicht wahrhaben, ich hoffe nur, sie kommt wieder. Alles andere ist nicht vorstellbar.



    Liebe Du_und_ich,

    ach, ich kann das alles so gut verstehen und könnte fast jeden Satz über Deine Mutter und Dein Leben mit ihr unterschreiben. Ich bin auch völlig ohne Vorwarnung aus meinem Leben herauskatapultiert worden, und es ist so schlimm, dass meine Mutter plötzlich nicht mehr da sein soll. Ich kann das immer noch nicht begreifen ... Heute sind es genau drei Wochen, und ich stehe noch völlig neben mir. Ich habe keine Ahnung, wie ich jemals wieder in einen Alltag (ohne meine Mutter) finden soll.

    Heute ist wirklich ein schlechter Tag, meine Gedanken fahren gerade Achterbahn, und ich kann gar nicht richtig aufschreiben, was ich fühle.

    Für heute wünsche ich Dir erstmal ganz viel Kraft - und wie Linchen schon geschrieben hat: Hauptsache man überlebt erstmal jeden einzelnen Tag.

    Fühle Dich umarmt

    Tine