Beiträge von Trommlerin

    Hallo Ihr Lieben, hallo Herzschmerz,


    ich habe mich gestern mit der Witwe des ehemaligen Kollegen getroffen. Es ist erschreckend was in Arztpraxen und Krankenhäusern alles falsch gemacht wird. Aber diese Erfahrung habe ich bzw. Ursel auch schon gemacht. Leider ist es auch schwierig für viele Menschen mit Trauernden umzugehen. Diese Erfahrung muss jetzt auch Elke machen. Die beiden hatten einen relativ großen Bekanntenkreis, keiner dieser Menschen hat sie mal kontaktiert seit Winfried ging. Wenigstens ist sie einigermaßen versorgt, sie hatten vor ein paar Jahren geheiratet. 51 gemeinsame Jahre und jetzt allein. In ihrer Familie sind alle gestorben. Gestern konnte sie mal ihr Herz ausschütten und ich hoffe ich konnte ihr ein paar Ratschläge geben.

    Ich kann mir vorstellen in ein paar Jahren Trauerbegleiter zu werden. Ursel würde das bestimmt gefallen.


    Liebe Grüße von Dieter

    Liebe Elster,


    nach dem Krankenbesuch war ich sehr erschöpft und müde. Ich musste das tun, erstens freut sich der Kollege über den Besuch - er hat auch eine Sepsis, seine offenen Beine haben sich infiziert - und zweitens wollte ich erfahren wie es mir dabei geht. Ich bin dann sogar noch in die Cafeteria und hab' wie schon dutzende Male eine Kleinigkeit gegessen. Das war noch schwerer, das war so ein bisschen Flashback, aber ich bin auch etwas stolz auf mich, irgendwann musste ich mich der Situation stellen. Ich weiß, ich bin jetzt ein winziges Schrittchen weiter. Natürlich hab ich das später Ursel erzählt und ich bin sicher sie war auch stolz auf mich.

    Vor 2 Wochen ist ein ehemaliger Kollege, den ich schon sehr lange kenne gegangen. Seine Witwe, mit der er 51 Jahre zusammen war, ist am Boden zerstört. Sie rief mich gestern an, ob ich am Sonntag mit ihr spazieren gehen würde, sie würde sich gerne mit jemand über das Sterben ihres Winfrieds unterhalten. Ich habe zugesagt, ich weiß ja wie sie sich fühlt und wie sehr man in dieser Situation jemand zum Reden braucht. Mal sehen was das mit mir macht. Und ich werde ihr das Büchlein von Wilhelm Schmid schenken, das war so sehr tröstlich für mich.


    Liebe Grüße von Dieter und danke für's Seifenblasenmachendenken

    Ihr Lieben,


    heute vor einem halben Jahr um 6:15 ist Ursel auf die andere Seite gewechselt.

    Die abgrundtiefe Verzweiflung überfällt mich nicht mehr so häufig. Das kommt bestimmt auch daher weil ich sehr oft mit ihr spreche und ich immer wieder mal plötzlich spüre dass sie in meiner Nähe ist. Das äußert sich - jetzt bitte nicht lachen - durch den intensiven Geruch nach Schuhcreme, Schuhe putzen tat sie total gerne. Das passiert auch öfters beim spazieren, wo soll da der Geruch sonst herkommen. Jeden Abend berichte ich ihr von meinem Tag und was sich im Viertel so alles verändert und von den Eichhörnchen. Ich weine jeden Tag um meine geliebte Ursel, und das wird auch so bleiben, das spüre ich.

    Heute besuche ich einen Kollegen im Krankenhaus, auch zur Traumaverarbeitung, er liegt in dem selben Gebäude in dem Ursel die ersten 7 Wochen lag.


    Viele liebe Grüße von Dieter

    Geliebte Ursel,


    heute vor 19 Jahren haben wir geheiratet. Ein heißer Tag, die kleine Feier im Garten der Frankenstube, ich erinnere mich noch an jede Kleinigkeit. Die Lederhose - die mir längst nicht mehr passt - hebe ich für immer auf. Den 18. Hochzeitstag "feierten" wir voriges Jahr mit alkoholfreiem Sekt im Krankenhaus. Beim Verlassen des Krankenzimmers klingelte mein Handy - ein Notruf, die Mama von 3 Eichhörnchenbabys war tödlich verunglückt - mit Hilfe von unserer lieben Freundin Sandra konnten wir sie retten. Sie springen längst im Wald durch die Bäume. Seit Deinem Weggang ist jetzt fast ein halbes Jahr vergangen, ein halbes Jahr in dem ich jetzt auch eine kleine Entwicklung spüre. Die Flashbacks aus dem Krankenhaus werden weniger und ich kann auch mal Fotos von Dir angucken, mit Wehmut und auch Tränen, aber es geht.

    Heute Abend werde ich wie jedes Jahr mit einem Gläschen Rotkäppchen-Sekt mit Dir anstoßen. Süße, Du fehlst mir unendlich, aber irgendwann werden wir wieder vereint sein. So, jetzt kann ich die Tastatur nicht mehr erkennen. Mach's gut meine Süße und lass' es gerne mal wieder nach Schuhcreme riechen, ich würde mich freuen.

    Liebe Christine, liebe Linchen, liebe Elster und liebe Bettinalein,


    vielen Dank für Eure Kommentare, das bestärkt mich in meinem Glauben an das Weiterleben unserer Seelen und ein späteres "Wiedersehen" in welcher Form auch immer. Ich stehe trotzdem mit beiden Beinen im Leben, verarbeite weiter das Erlebte am Ende von Ursels irdischem Leben und bleibe weiter in Kontakt mit ihr. Ich freue mich über die Wahrnehmung von Gerüchen Eurer Liebsten, denn das zeigt mir dass ich mich nicht irre bei diesen Zeichen.


    Viele liebe Grüße von Dieter

    Liebe Linchen,


    das ist eine super Einstellung. Soweit bin ich noch nicht. Ich klammer mich noch an jeden Strohhalm und glaube ganz fest an ein Wiedersehen wo auch immer. Ich lese sehr viel über Nahtoderfahrungen, da erleben Menschen wie es ist ganz nah am Jenseits zu sein und wollen oft gar nicht mehr zurück. Es kommt wie es kommt sage ich mir manchmal, manchmal geht es mir dann besser, manchmal nicht.


    Liebe Grüße von Dieter

    Guten Morgen Ihr Lieben,


    kurz nach Ursels Tod roch es morgens mal intensiv nach ihrem Haarwasser, obwohl ich die Flasche nicht aufgemacht hatte.

    Heute Morgen roch es nach Schuhcreme, ich habe aber schon lange nicht mehr Schuhe geputzt. Schuhe putzen war Ursels Lieblingstätigkeit im Haushalt.

    Das kann doch nicht immer Einbildung sein. Das macht mich total unsicher, auch weil ich gestern einen total schlechten Tag hatte.

    Gestern Abend hatte ich sie noch gebeten mir mal ein Zeichen zu geben, aber Gerüche....hat so etwas ähnliches schon mal jemand von Euch erlebt?


    Es grüßt ein verunsicherter Dieter

    Hallo Ihr Lieben,


    heute ist Ursel 5 Monate nicht mehr in dieser Welt. Ich vermisse sie unendlich, weiß aber auch dass ich sie bis an mein Lebensende nicht mehr erleben werde. Das sind die Tage wo ich am liebsten in ihre jetzige Welt schauen würde. Ob es wirklich so schön ist, wie Menschen beschreiben, die kurz hineingeschaut haben bevor sie wieder zurück mussten. Diesen Monat kommen noch unser Hochzeitstag und ihr Geburtstag. Das werden schwere Prüfungen.


    Liebe Grüße von einem sehnsüchtigen Dieter

    Liebe Cathrin,


    die Erinnerung an schöne Erlebnisse tun momentan ganz besonders weh, habe ich festgestellt. Das Lächeln dazu kommt bestimmt irgendwann zurück. Jetzt überwiegt noch das Gefühl des Verlustes. Mein größter Wunsch ist es dass es Ursel gut geht, da will ich gerne dran glauben.


    Liebe Grüße von Dieter

    Liebe Elster und liebe Sonnenstrahl,


    ich habe heute viel über Freundschaft nachgedacht. In diesen Situationen des Schmerzes, der Trauer, bleiben nicht mehr viel wirkliche Freunde übrig. Mein bester Freund lebt in Hamburg und ist als freier Journalist viel beschäftigt, deshalb können wir nur telefonieren. Ein wahrer Freund ist jemand mit dem man auch am Telefon weinen kann, finde ich. Und das kann ich mit Artur ohne jede Peinlichkeit.


    Liebe Sonnenstrahl, Dir und Deiner kranken Katze wünsche ich baldige Besserung.

    Liebe Elster, danke für die guten Wünsche.

    Ihr Lieben,


    heute übermannt mich mal wieder die Sehnsucht so schwer, dass es ganz arg weh tut. Als ob jemand mit einem Messer in den Eingeweiden stochert. Übermorgen sind es 5 Monate dass meine Lebenspartnerin gegangen ist. Was ist das für ein Leben ohne die geliebte Partnerin? Es ist kein Leben, es ist vegetieren, die restliche Zeit absitzen oder wie man es auch nennen mag. Ich weiß, es sind erst 5 Monate, noch ganz frisch. Ich wüsste so gerne, wie es da ist, wo sie jetzt ist, ob es ihr gut geht. Aber ich bekomme keine Antwort, wie auch.


    Genug gejammert, vielleicht bringt mich die Kirchweih in Kleinreuth h.d.V. auf andere Gedanken, da treff ich mich mit meinen Buchenbühlern

    Liebe Sonnenstrahl,


    schmerzhaft muss das Sterben heutzutage nicht mehr sein. Da gibt es gute Medikamente, Palliativpflege usw. Die wenigsten Menschen sterben so plötzlich wie Dein Lebensgefährte, der sicher ganz schnell ohne Bewusstsein war. Bei Ursels Sterben hab' ich mich sehr mit dem Sterbeprozess beschäftigt und darüber informiert. Bei den meisten Menschen geht dieser Prozess schon wochenlang vorher langsam los. In der finalen Phase hat man weder Durst noch Hunger mehr. Ursel konnte die letzten 7 Tage nichts mehr trinken oder essen weil in dieser Phase auch der Schluckreflex versagt. Dann verabschiedet sich ein Organ nach dem anderen. Bei Ursel dauerte das sehr lang, eine ganze Woche. Der Arzt, der ihr dann Morphium zur Verbesserung der Atmung und gegen Angst verschrieb, fragte sie in einem wachen Moment wie es ihr ginge. Die Antwort werde ich nie vergessen: "Och, ganz gut". Er sagte dann zu ihr: "Madla, du bist ein Phänomen." Da arbeiteten schon die Nieren und die Leber nicht mehr. Das Morphium musste ich ihr unter die Zunge träufeln. Die letzten 2 Tage summte sie ständig immer dieselbe Melodie. Ein glücklicher Tod.

    Langfristige Planungen mache ich auch nicht mehr, lebe auch von Tag zu Tag. Ich gehe nach der Arbeit (Minijob) viel spazieren, zum Abschluss dann in den Biergarten wo ich arbeite und trinke mein Mitarbeiterbier. Kaum habe ich dann die Wohnungstür hinter mir geschlossen, kommen mir regelmäßig die Tränen, weil keine Ursel mich liebevoll begrüßt.


    Liebe Grüße von Dieter aus Nürnberg

    Liebe Cathrin,


    Danke für's Mutmachen, Du beschreibst das so zutreffend. Manchmal gelingt mir auch einiges was ich mir vor ein paar Monaten überhaupt nicht vorstellen konnte. Als ich vor zwei Wochen zwei Weggefährten traf, die ich Jahrzehnte nicht gesehen hatte, konnte ich die ganze Situation ein bisschen nach hinten schieben und auch herzlich lachen bei unseren Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit. Geduld hab' ich nur mit anderen, mit mir leider nicht. Da muss ich dran arbeiten. Das mit dem hinterher gehen kenne ich auch. Schritt für Schritt ist ein gutes Motto, das werde ich mir zu Herzen nehmen. Ich gehe viel raus, spazieren oder Rad fahren, das nach Hause kommen ist dann das schlimmste für mich. Wo früher ein liebevolles "hallo Süßer" kam,ist jetzt nur Stille. Auch da dran werde ich mich langsam gewöhnen.


    Liebe Grüße von Dieter

    Liebe Sonnenstrahl, liebe Christine und lieber Billi,


    herzlichen Dank für Eure Zeilen, ja - die Zeit heilt keine Wunden. Wer ist eigentlich auf diese Floskel gekommen? Es bleibt uns nichts anderes übrig als die Zeit herum zu bringen und die Schmerzen auszuhalten bis wir wieder mit unseren Liebsten vereint sind. Manchmal geht's etwas leichter, meistens aber nicht. Auf jeden Fall hab' ich die Angst vorm Sterben verloren und warte auf den Tag an dem ich wieder mit meiner Ursel verbunden bin.


    Ganz liebe Grüße von Dieter

    Hallo Ihr Lieben,


    wie kann man das je akzeptieren, verinnerlichen oder verstehen dass sich der geliebte Mensch, unsere zweite Hälfte, quasi in Luft aufgelöst hat. Man wollte das ganze Leben mit ihm teilen, von einer Minute auf die andere ist man allein. Natürlich kann ich funktionieren, arbeiten gehen, die Wohnung einigermaßen in Schuss halten, relativ regelmäßig essen, aber das ist nicht mehr das Leben das ich geliebt habe. Weil der Mensch den ich liebe nicht mehr da ist. Ich weiß, es sind erst knapp 5 Monate, aber ich kann mir nicht vorstellen dass das in 5 Jahren anders ist. Die Sehnsucht wird bleiben, eher noch stärker werden, da bin ich mir sicher.


    Liebe Grüße von Dieter