Liebe Christine!
Ja, es stimmt schon für die meisten Tage meines Lebens.
Es ist Ruhe eingekehrt, und wir alle haben ganz viele schöne Stunden zusammen.
Es überfallen uns alle, das höre ich auch von meinem Mann, immer wieder viele, viele Erinnerungen und ganz oft der Wunsch,
Andreas könnte all die vielen Dinge, die jetzt passieren, mit uns teilen.
Manchmal ganz unerwartet denke ich, das muss ich ihm jetzt noch schnell sagen....
Und was für mich so wichtig ist, ganz viele liebe Erinnerungen an Andreas, so weh sie auch immer wieder tun,
sie gehören einfach unbedingt dazu.
So kann ich, so können inzwischen ganz viele bei uns keine Omeletten kochen, ohne an unseren Andreas zu denken.
Ich hatte es, glaube ich, schon erzählt: ich hab ihm einmal vorgejammert, dass ich die ersten zwei Omeletten immer verhaue und wegschmeißen muss. Und er hat mir dann erklärt, dass ich zu ungeduldig bin und das Fett nicht heiß werden lasse.
Seitdem habe ich keine Omelette mehr "verhaut".
Seine Lieblingsspeisen und sein Lieblingskuchen, seine ungeheure Freude am Essen.... all das findet immer wieder Platz bei uns. Sein Lachen, seine Lebensfreude, seine Basteleien,........
Und immer wieder kommen dann trotzdem die Tränen.
Ich war am Anfang der Sommerferien in Israel. Das habe ich mir schon so lange gewünscht.
Es war ein gewaltiges Erlebnis für mich:
Erstens - ganz alleine weg von meiner Familie - die Kontrolle abgeben und nicht immer dazusein. Das hat mich schon vor Beginn der Reise so viele Nerven gekostet, dass mein Körper beinahe auch nicht mehr mitgespielt hat. So weit weg! Wenn nun zu Hause etwas passiert!
Zweitens - eben ganz alleine - ohne einen Menschen den ich kenne, ohne jemanden zu haben, dem ich mich anvertrauen kann. Es war manchmal ganz, ganz schwer, aber ich bin daran gereift.
Drittens - einige Tage hatten es ganz schön in sich. Dinge, die ich sonst nicht mache, Höhlen, Klettersteig,.... alles geschafft.
Ich habe viel geweint in diesen Tagen, aber die Zeit trotzdem sehr genießen können.
Alles ist gut gegangen, und wir alle leben noch.
Eine liebe Freundin hat mir einmal erzählt, dass ein Mann im Rollstuhl gesagt hat: ich bin nicht der Erste, ich bin nicht der Letzte, ich bin in der Reihe.
Das hat mir zu denken gegeben.
Denn seit Andreas' Tod habe ich so viele Menschen kennengelernt, denen es auch so geht wie uns, die ein ähnliches Schicksal haben.
Es sind Gäste, die zu uns kommen und auch sonst Menschen, die mir begegnen.
Es wird sie auch schon früher gegeben haben. Aber jetzt fallen sie mir auf, jetzt können wir miteinander reden, jetzt teilen wir uns mit, jetzt gehen wir aufeinander zu, jetzt bin ich offener geworden und bekomme deshalb auch mehr Schicksale zu hören.
Trotz allem, was gut ist und gut tut, ......einmal noch so einen liebevollen Drücker von Andreas zu bekommen..........
Elisabeth