Lieber Kitesurfer,
Es tut mir furchtbar leid.
Was du gerade erlebst ist der reinste Horror.
Du hast einen kolossal schweren Rucksack zu tragen und deine Mutter bürdet dir einen zweiten, kaum zu tragenden, Rucksack auf. Und egal was du tust, es ist - für dein Gefühl - verkehrt. Du sitzt quasi gesagt in der Falle. Grenzt du dich von deiner Mutter ab und weißt sie in ihre Schranken, dann fühlst du dich sicherlich hartherzig, verantwortungslos, als schlechter Sohn. Gehst du auf deine Mutter ein - so wie sie es will - dann wirst du über kurz oder lang , zusammenbrechen, krank werden und ihr gar nicht mehr helfen können. Dann fühlst
du dich auch beschixxxen...
Deine Mutter und du - ihr seid beide in einer extrem schlimmen Stresssituationen. Ihr beide trauert und sie klammert sich ängstlich an dich. Sie ist in einer Ausnahmesituation.
Kann ich gut verstehen. Ich bin auch Mutter und muss ganz arg aufpassen, mich nicht an meine Kinder zu klammern, ihnen meinen Kummer aufzuladen und sie in meiner Trauer emotional zu "missbrauchen".Das fällt mir an manchen Tagen sehr schwer. Aber sie können weder mein Leben leben noch ihren verstorbenen Vater ersetzen.
Was für meine Kinder gilt, gilt auch für dich!
Du bist nicht nur Sohn. Du
hast dein eigenes Leben und du bist vor allem für Dich selbst verantwortlich. Deine Mutter ist für sich verantwortlich. Punkt.
Dass du für sie da bist, hast du ihr bisher genug bewiesen und wenn sie das nicht einsieht, ist das ihre Sache. Darauf hast du keinen Einfluß - egal wie gut du ihr zuredest. Egal was du tust - für sie wird es immer nicht genug sein.
Lass dich nicht manipulieren - hart ausgedrückt - erpressen. Was deine Mutter gerade macht, ist Erpressung und grenzt fast an Terror. Bitte entschuldige die harten Worte, aber das ist meine Sichtweise.
Die Frage ist: wie weit muss man sich von dem seelischen Zustand eines Angehörigen vereinnahmen lassen?
Anscheinend weigert sich deine Mutter beharrlich Hilfe von einer anderen Stelle zu holen, ist auch zu nichts zu motivieren und macht dir Angst und bange.
Irgendwie bekommt sie dadurch auch viel Zuwendung von dir (durch deine Versuche sie zu trösten, sie liebevoll "auf die Beine" zu bringen etc). Sie wird sozusagen für ihr Verhalten "belohnt". Warum sollte sie was ändern?
Es gibt keine einfache Lösung. Du steckst, was deine Mutter betrifft, in einer Zwickmühle.
Vielleicht wäre es gut, eine Beratungsstelle aufzusuchen oder eine Selbsthilfegruppe. Irgendeine Einrichtung, wo man dir akut helfen kann. Bei der Telefonseelsorge, oder einer psychiatrischen Klinik kann man dir sicherlich Kontaktadressen nennen. Du musst da nicht alleine durch.
Es ist wichtig, dass du dir professionelle Hilfe suchst.
Sei in erster Linie fürsorglich dir selbst gegenüber. Es ist ein Akt der Notwehr, wenn du dich jetzt abgrenzt. Du musst dich schützen.
Leider kann ich dir nicht besser helfen.
Ich wünsche dir die Kraft und den Mut, zwischen dir und den Interessen deiner Mutter abzuwägen und dabei keine Schuldgfühle zu entwickeln.
So wie ich dich hier erlebe, bist du ein guter Sohn.
Alles Liebe
blaumeise