Liebe Luise,
an sich mache ich ja keine Pläne mehr, sondern nur das was unbedingt sein muss... mich hat dieses sich ständig etwas zu überlegen und
zu kämpfen, das ich eine zeitlang probiert habe nur noch trauriger und kraftloser gemacht.
Ich kann dieses "ein bißchen besser" einfach nicht wollen... und dass dann diese ganzen Aktivitäten kein Ziel haben bzw. eines nach dem ich nicht "greifen" kann hat es für mich irgendwie nur noch schlimmer gemacht....
Es ist ja nicht so, dass ich das "Schöne am Leben" nicht sehen kann oder vergessen hätte. Im Gegenteil ich nehme alles, jede kleinste Kleinigkeit wahr - doch ich kann sie nicht "greifen" ...
Mein Wochenendplan:
Ich bekam gerade eine SMS, dass ein befreundetes Paar heute ab 16:00 Uhr bei einem Heurigen um die Ecke ist.
Sie sind ohnehin da und ich muss es nicht entscheiden vor 16:00 Uhr. (Sonst hätte ich abgesagt.)
Allerdings weiß wirklich nicht, ob ich gehen soll.
Einerseits ja, denn ich sollte natürlich die Menschen, die sich die Mühe machen mich zu treffen natürlich nicht auch noch abweisen.
Sonst melden sie sich irgendwann nicht mehr.
Andererseits mir tut die Gesellschaft von Menschen nicht wirklich gut.
Es gibt allerdings auch unter meinen Freunden oder Bekannten niemanden, der je die gleiche Erfahrung gemacht hat.
Ich habe seit dem 27. August auch noch niemanden außer die Menschen im Forum getroffen, der je eine vergleichbare Erfahrung machte.
Ich halte mich zwar dann im Gespräch ganz gut, aber eigentlich bin ich tief traurig, weil es mich an mein früheres Leben erinnert ...
Bei Gesprächen weiß nie, ob es besser ist zu erzählen wie sich alles für mich anfühlt oder über anderes zu reden.
Wenn ich erzähle wie es sich für mich anfühlt, dann neige ich dazu von Veränderungen, bürokratischen und rechtlichen Aktivitäten zu erzählen. Damit sich das nach "Fortschritten" oder zumindest nach Dynamik anhört bzw. Dinge, die sie zumindest - auch wenn ihnen selbst
die Erfahrung fehlt - nachvollziehen können. Und es auch für sie irgendwie interessant ist, denn immerhin ist es ihre Lebenszeit, die sie in ein Treffen mit mir investieren.
Über anderes zu reden geht mittlerweile auch, aber es lenkt mich in negativer Weise ab. Ich verdränge dann, dass P. nicht mehr da ist emotional gänzlich, sonst wäre ich wahrscheinlich gar nicht in der Lage zu sprechen - zwischen den einzelnen Sätzen durchfährt mich immer wieder "DIE WAHRHEIT". Wenn ich dann nach Hause gehe bin ich völlig erschöpft und verzweifelt. Am nächsten Morgen ist es dann noch schlimmer. Daher bin ich solchen Treffen gegenüber mittlerweile mehr als ambivalent.
Nun habe ich ausführlicher berichtet als ich geplant, Luise.
Daher meine ich das wirklich ernst, dass ich Deine Dynamik so bewundere. Du kämpft und wehrst Dich. Findest Worte für Deine Gefühle...
Ich schreibe zwar manchmal diese abstrakten und sperrigen Texte, aber für das was in meinem Herzen passiert finde ich keine Worte.
Mein Kopf rotiert pausenlos, meine Gefühle haben keine Nuancen - es gibt nur vollkommene Verzweiflung oder Leere. Tonnenschwere Leere.
Ich frage mich manchmal, ob es anderes wäre Menschen zu treffen, die die gleiche Erfahrung gerade machen oder machten?
Vielleicht ist das auch eine Illusion, die wir uns im Forum ganz gut erhalten können?
Denn mir fällt gerade ein, es stimmt nicht, dass ich niemanden traf.
Ein enger Freund von mir starb vor drei Jahren nach einem halben Jahr schwerer Krankheit.
Ich organisierte - weil er auch ein Kollege war - seine offizielle Begräbnisfeier (es mussten mehr als 1000 Personen eingeladen werden)
und unterstütze seine Frau in der Folge. Und hielt auch seither Kontakt mit ihr.
Ich habe sie seit meinem Verlust nur zu Begräbnis gesehen, sonst nicht .... anfänglich war ich wirklich sehr enttäuscht, dass ausgerechnet sie mich so im Stich ließ. Keine SMS kein Telefonat - nichts. Nach dem wir ein Mal nach ca. drei Monaten telefoniert haben, bin ich nicht mehr enttäuscht. Sondern verstehe sie.
Sie trauert noch immer so stark, dass sie es nicht schafft irgendetwas zu tun. Sie hatte Angst mit mir in Kontakt zu kommen und hat sich gleichzeitig natürlich Vorwürfe gemacht, dass sie die Person, die sie in ihrer ersten Trauerzeit am meisten unterstütze so im Stich ließ und läßt.
Danke fürs Lesen, Luise,
ich werde viel am Computer sein am Wochenende und wir werden es gemeinsam verbringen.
Sei umarmt,
Tery